Klinik-Alltag

Hier haben Sie die Möglichkeit, anderen Ihre Erfahrungen zur Verfügung zu stellen - oder sie nach deren Erfahrungen im Kontext von klinischer Psychotherapie, Psychiatrie und Neurologie zu fragen.
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Broken Wing
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Klinik-Alltag

Beitrag Fr., 08.09.2017, 12:19

Hier bin ich ja hauptsächlich für meine Vorurteile bekannt. Nun war ich in einer Klinik und möchte hier meine Eindrücke schildern.

Also ich muss schon sagen, dass ich mich durch die Therapien und tage gequält habe. Zudem hat der stundenlange Psychotest ergeben, dass ich Depressionen habe und keine PS, was die Fragestellung meiner amb. Thera war. Nichts Neues für mich. Ich kann Menschen gut einschätzen, man hätte mich nur fragen sollen.

Das Essen war grauenhaft. Es war schlimmer als ich es befürchtet hatte und alles, womit man geneigt wäre, es zu vergleichen, hätte es geehrt. Alptraum.

Pat. und Theras waren im Allgemeinen wohlwollend und bemüht. Den Theras will ich nicht die Kompetenz absprechen, wohl aber zweifle ich daran, dass die immer was von dem Topfen halten, den sie verzapfen müssen. Lustigerweise war die Gestallttherapeutin die einzige, von der ich mich wirklich wahrgenommen gefühlt habe, obwohl ich natürlich nicht gemalt hatte. Sie unterließ es einfach, meine schlechten Gefühle mit guten aufwiegen zu wollen. Wenns mal nicht um Psycho ging, machte mir auch die Ergotherapie spaß, also wenn ich einfach vor mich hinarbeiten konnte.
Die Theras für Achtsamkeit, Yoga u.ä., sorry. War sicher gut gemeint, aber wer gegen Depressionen mit billigem Aromaöl, Atemübungen und seltsam anmutenden Bewegungen angeht, gehört auf seine Zurechnungsfähigkeit hin untersucht. Übrigens ist es mir wurst, ob am Öl Bio u.u. steht, ich rieche es und in einem Krankenhaus mit derart miesem Essen und schlechter Grundausstattung wird man sicher nicht in qualitativ hochwertige Düfte investieren.

Die meiste Zeit wurde geübt und geatmet. Ich hatte das Gefühl, wahnsinnig zu werden. Vollkommen egal, was das Anliegen war, es wurde je nach wunsch gerochen, geatmet, rumspaziert... Natürlich geht es einem dann viel besser, das war 1 ungeschriebenes Gesetz.

Mich störte außerdem, dass jeden Tag viele verschiedene Therapien angeboten wurden, man zwar auch wenige Therapien haben konnte, jedoch nicht intensiv eine Therapie machen.
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]

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Jenny Doe
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Beitrag Fr., 08.09.2017, 12:45

Hi Broken,

hast aber trotzdem lang ausgehalten und brav mitgemacht? :->

Hat dich noch nie ein Thera gefragt, warum Du Dich freiwillig in Situationen begibst, in denen du leidest? Wenn du bei meiner Ex-Thera in Therapie wärst, dann würde die dich fragen "Wollen sie leiden?" :->
Die meiste Zeit wurde geübt und geatmet.
Boh! Du hast es echt gut. Ich war in ner Therapie, die hat mir buchstäblich den Atem verschlagen :->

Mal eine wirklich ernst gemeinte Frage: Es gibt Menschen, denen Psychotherapie nicht hilft. Warum tust du es Dir trotzdem immer wieder an, wenn du doch todunglücklich bist? Vielleicht brauchste was anderes?
Wir müssen das Leben loslassen, das wir geplant haben, damit wie das Leben leben können, das uns erwartet (Joseph Campbell). Manche Leute glauben, Durchhalten macht uns stark. Doch manchmal stärkt uns gerade das Loslassen (Hermann Hesse).

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away
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Beitrag Fr., 08.09.2017, 13:00

liebe jenny doe,
vielleicht hatte broken auch gehofft, dass es dort in der klinik mehr gibt als atmen und üben? ich habe schon weitaus mehr erlebt und das sogar in einer akut klinik. liegt mit sicherheit auch daran, wer der träger ist. und wie die klinikleitung zu verschiedenen therapiekonzepten usw. steht.
liebe broken wing,
was für eine therapie hättest du denn gerne intensiver gemacht? vielleicht wäre das ein ansatz für zukünftige ambulante therapien?
und war das eher eine psychosomatische oder eine psychiatrische einrichtung?

liebe grüße
away

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Beitrag Fr., 08.09.2017, 13:02

@ JennyDoe: Lang ausgehalten ja, aber nicht die übliche Aufenthaltsdauer. Ich bin gerade einmal 14 Tage geblieben von 3 Monaten. Hast schon recht, das ist lange. Aber ich dachte eben, dass es an der Gewöhnungsphase läge. Aber nach dem x-ten achtsamen Spaziergang und das Hineinhorchen drohte bei mir statt anzusprechender Gefühle das grindige Frühstück hochzukommen, sodass ich die Reißleine zog und sogar das Personal viel Verständnis dafür hatte ;-)

Und ob ich leiden will, ist mehr als nur eine legitime Frage. Ich ritze mich nicht, habe aber anscheinend andere, unauffälligere Arten von SVV.

Eigentlich empfinde ich meine amb. Einzeltherapie als äußerst hilfreich, aber Gnä Frau wollte halt, dass ich mal noch intensiver an meinen Problemen arbeite. So hatte sie sich das sicher nicht vorgestellt, 1x Gespräch fände sie viel zu wenig.
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Beitrag Fr., 08.09.2017, 13:06

@ away: Am besten hilft mir derzeit eine modifizierte analytische Therapie mit evtl. Sozialberatung, weil sich bei mir gerade viel tut. Das habe ich aus dem Aufenthalt hier gelernt.
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Jenny Doe
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Beitrag Fr., 08.09.2017, 13:13

Hallo Broken,

verstehe!
Gabs keine wöchentliche mehrsitzige Einzeltherapie, während der Du über Deine Gefühle hättest reden können?
War das eine Klinik, in der Gruppentherapie dominierte?
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Beitrag Fr., 08.09.2017, 13:22

Ich würde auf psychosomatisch tippen, der Körper war das bevorzugte Ausdrucksmittel, nicht das Wort. Medikamente gab es auch, man stand aber, wie ich auch, der Sache eher kritisch gegenüber.
Ich bin ja auch hier als humorvoll, zeitweise als zynisch und grausam wahrgenommen werden. Aber man wird regelrecht dazu angehalten, zu verleugnen. Körper als Ausdrucksmittel schön und gut, aber wenn dieser mit einem grauenhaften Fraß gefüttert wird und der Durchfall nicht als gefühlsausdruck gilt, tu ich mir schwer. Entweder wird man sarkastisch oder man fängt an, die Zeichen zu missachten und sich zu verleugnen.
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Beitrag Fr., 08.09.2017, 13:27

Ja, es dominierte die gruppentherapie mit solchen Methoden, wo nicht viel geredet wurde. Man konnte jederzeit ein Gespräch mit einem Pfleger haben, aber mal ehrlich: Wer ist da so mutig und holt ein Gespräch, wann immer es erforderlich ist?
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Beitrag Fr., 08.09.2017, 13:31

Wer hat dir die Klinik genannt/empfohlen? Klingt so, als wäre eine psychosomatische Klinik für dich die falsche gewesen? Was wäre besser gewesen? Kannst du dort hin wechseln?

Jeder geht anders mit seinen Erfahrungen um. Der eine zynisch, so wie du, der andere (so wie ich) unterdrückt Gefühle, beim nächsten wirken die Texte wie eine Abrechnung, ... Du bist eben so wie Du bist. Daran zu arbeiten und einen anderen umgang damit zu lernen gehört in die Therapie.
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Beitrag Fr., 08.09.2017, 13:37

Empfohlen wurde sie mir von der Akutstation des Krankenhauses. Ich hatte keinen blassen Schimmer und meine thera wollte mich nicht mir selbst überlassen.

Hier in Ö ist es therapiemäßig besch*, ich war zu träge, um mir was im Ausland zu organisieren.
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Beitrag Fr., 08.09.2017, 13:48

Ich verstehe ehrlich gesagt schon, dass die Psychiatrie und Psychotherapie in den wissenschaften ein Bisschen stiefmütterlich behandelt werden. In dieser Klinik konnte man de Fakto einfach seinen Therapieplan zusammenstellen und machte dann mit den anderen, unterschiedlich erkrankten Personen dasselbe Programm. Sowas wie Indikationsstellung gibt es nicht. Selbst wenn mir Verhaltenstherapie verordnet wird, brauche ich deswegen noch lange nicht dieselben Methoden.
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Beitrag Fr., 08.09.2017, 14:07

Ja, Broken. Wenn es sich um Gruppentherapie handelt entfällt selbstverständlich die individuelle und bedarfs- und problemorientierte Behandlung. Kenne ich auch das Probleme, und habe ich in meinem eigenen Blog auch bemängelt, weil ich dadurch Schaden erlitt. Mir wurde z.B. standardgemäß eine Gruppen-Atemtherapie verordnet, obwohl diese in meinem individuellen Fall aufgrund meiner Problematik kontraindiziert war und meine Problematik nachhaltig verstärkt anstatt verbessert hat.
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Beitrag Fr., 08.09.2017, 14:38

Bei meiner Einzel hat die Analytikerin erst mal überprüft, ob ich fähig zur Analyse bin. Ihr Urteil deckte sich nicht mit meinem, aber ich hatte schon das Gefühl, dass sie wusste, was sie tat.
In der Klinik wurde einfach losgelegt mit ein Bisschen Psychoedukation und dann halt allgemein lostherapiert. Indiziert wars halt bei denen, die bis zum Schluss ausgehalten haben und positiv berichten.
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Beitrag Fr., 08.09.2017, 20:37

Gesprächstherapie gabs nur 1x 45 min. Anscheinend waren die Therapien nur ein Beiwerk für die KK, kaum ein Patient nahm sie wirklich ernst.
Die setzen anscheinend viel mehr auf die Gruppendynamik und das Zusammenleben. Die Konflikte untereinander sind auch dort zu regeln und ggf. das Pflegepersonal einzuschalten. Manche Leute waren cool, andere wieder hätte ich gerne ein wenig massiert. Vor allem die Borderliner und andere mit PS, die einen grundlos angehen und auch nach dem zehnten Mal meinen, auf Verständnis zu stoßen. Sowas kann mir gestohlen bleiben. Es ist mir lang wie breit, dass diese Menschen krank sind.
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Ella45
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Beitrag So., 10.09.2017, 13:27

Broken

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