Nokia-Boykott

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kalika
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Nokia-Boykott

Beitrag Fr., 18.01.2008, 12:45

Aus aktuellem Anlaß bin ich nun auch am Überlegen, ob ich mich am Boykott beteiligen soll?

Pro:
- Nokia wirbt mit ihrer sozialen Verantwortung. Das kann man so auslegen, daß sie Rumänien fördern wollen. Aber auf der anderen Seite verliert der deutsche Arbeiter. Ergo: Ich muß mir überlegen: ich (Deutschland) oder die anderen (Rumänien). Da ich an mein Überleben denke, bin ich natürlich für Deutschland.
- Andere Länder kämpfen auch mit unredlichen Waffen. China verlangt z.B., daß 80 % der Wertschöpfung eines Produktes (ich hoffe, die Zahl habe ich noch richtig im Kopf?) im Land erfolgen muß. In folge dessen müssen alle Firmen, die diesen Markt erschließen wollen, dort auch produzieren... und zwar ziemlich viel. Würden wir mit ähnlichen Waffen kämpfen, was würde wohl dann passieren? Da die Regierung offiziell nicht so reagieren darf, kann das doch die Gesellschaft machen. Außerdem könnte ja Verantwortung auch zum modischen Trend werden... sie wollen doch über ihre Werbung ein Lebensgefühl vermitteln, oder? Nokiaprodukte haftet nun wohl der Mief von Geldhaien, Kälte, Sterilität, Verantwortungslosigkeit, Unzuverlässigkeit (trotz guter Produkte, aber die Konkurenz schläft ja bekanntlich auch nicht ), etc. an. Damit kann ich mich nun mal gar nicht identifizieren.

Contra:
- ganz Europa müßte mit boykottieren und das über mehrere Monate. Aber schon früher wurde mir gesagt, daß eine Person nicht viel erreichen wird. Heute schreibt sich sogar die CDU Umweltschutz auf ihre Fahnen. (Das hätten wir uns damals nie träumen lassen!!! Also, Leser, was denkst Du? Machst Du mit?)
- Teure Endprodukte für den Käufer. Aber wer soll die Produkte ohne Geld kaufen? Die Rumänen könnten das dann, wenn ihre Gehälter über das nächste Jahrzehnt ansteigen. Aber wir können das dann nicht mehr.


Fallen Euch auch noch Pro und Contrapunkte ein?

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Pitt
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Beitrag Fr., 18.01.2008, 16:47

Hi,
ein politisches Thema, wie schön.
Ich bin leider nicht ausreichend informiert. Die Kommentare in den Medien sind gemischt. Hauptvorwurf gegen Nokia ist meines Erachtens die Subventionsabzocke. Die schöne Formulierung Subventionsheuschrecke wurde kreiert. Nun wird das Thema juristisch. Es geht meines Erachtens darum, welche Bedingungen an die Subventionen geknüpft wurden, - und ob diese eingehalten wurden. Sofern von Nokia alle Bedingungen erfüllt hat, hat der Subventionsgeber einen schlechten Vertrag gemacht. Und man müsste eigentlich den Subventionsgeber kritisieren und seine Kompetenz anzweifeln. Und diesen dann (auf dem Stimmzettel) "bestreiken".
Ach ja, es geht meines Erachtens auch um das Thema Treue, - und da schließt sich der Kreis zu Beziehungsproblemen...
Soweit meine Ansicht auf unzureichender Informationsbasis.
So long
Pitt

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UncleK
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Beitrag Fr., 18.01.2008, 16:58

Hallo!

Zu dem von Kalika eingebrachten Thema hier ein brandaktueller (und ich denke auch einige Fragen/Gedanken Kalikas beantwortender) Artikel des Online-Magazins Telepolis:

"Nokias Lumperei"
Die politische Empörung über Nokias Rückzug ist ein Resultat der Diskrepanz zwischen Globalisierungsvermittlung und tatsächlicher Globalisierung
[hr][/hr]
Die Boykottaufrufe deutscher Politiker scheinen auf den ersten Blick Solidarisierungsinstrumente der Mächtigen mit den Ohnmächtigen zu sein. Obwohl Politiker wissen, dass Nokia lediglich macht, was die internationalen Finanzmärkte verlangen, wird suggeriert, dass sich Unternehmen auch in Zeiten allumfassender Konkurrenz an moralischen Maßstäben messen lassen müssen, obwohl diese nicht mehr existieren.

Zum Artikel

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kalika
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Beitrag Fr., 18.01.2008, 18:46

Das ist der Punkt!
Gibt die Globalisierung den Arbeitgebern das Recht, sich von der Gesellschaft und der damit verbundenen Verantwortung loszukoppeln und nur nach Gewinnmaximierung zu streben?

Schauen wir uns die Mechanismen an:
Wird der Markt globalisiert, nutzt das der Unternehmer und spielt die Länder, bzw. deren Menschen gegeneinander aus. Diese haben ja noch keine Weltregeln festgemacht, bzw. sich in weltumspannende Gewerkschaften organisiert. Diese Lücke wird also schamlos ausgenutzt. Die Frage ist also: Darf man alles machen, nur weil es machbar ist?
Soziologisch gibt es interessanterweise Mechanismen, die das Individuum bei Fehlverhalten bestraft. Wir Deutschen empfinden, daß Nokia sich falsch verhält und handeln aus einem inneren Bedürfnis heraus.
So, wie das 'Individuum Nokia' das Bedürfnis nach Gewinnmaximierung hat, haben wir das Bedürfnis nach fairem Verhalten (nicht jede Regel muß aufgeschrieben werden, das Prinzip hinter den Regeln ist bestimmend, weshalb viele Paragraphen nach ihrem Sinn angewendet werden). Wäre das Werk unrentabel gewesen, dann hätte man vermutlich die Schließung traurig akzeptiert. So regt sich nun Volkes Zorn!
Ich frage mich, wie stark die Welle wird und was sie bewegen wird?
Unter uns, ich habe schon seit Nizza darauf gewartet

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Selene
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Beitrag Fr., 18.01.2008, 19:39

Nokia wird immer seinen Gewinn maximieren wollen unter den gegebenen Bedingungen. Und diese Bedingungen werden nicht nur von der Globalisierung gesetzt, sondern auch von der Politik. Letztlich ist das Wirtschaftssystem auch nur eine Entscheidung der Gesellschaft. Unsere soziale Marktwirtschaft ist eine unter vielen Möglichkeiten.
Die Frage ist also in meinen Augen gar nicht mal:
Gibt die Globalisierung den Arbeitgebern das Recht, sich von der Gesellschaft und der damit verbundenen Verantwortung loszukoppeln und nur nach Gewinnmaximierung zu streben?
Sondern: Geben wir (vermittelt über den Gesetzgeber) den Arbeitgebern das Recht, nur noch nach ihren Gewinnen zu gehen? Oder sagen wir: Moment, wir wollen aber auch Umweltschutz und Sicherheitsstandards und Sozialstandards. Markt und Effizienz ist ja nicht alles, wir lassen ja auch niemanden verhungern, der nicht mehr arbeiten kann und also nur noch ein Kostenfaktor ist.

Schwierig wird es nur, wenn auch die Politik eigentlich immer für mehr Markt ist, und den Sozialstaat so einschneidet, dass die Arbeitslosigkeit erst zu einer Katastrophe wird, die sie eigentlich nicht sein müsste. Es ist ja eigentlich nur fair, dass die anderen, ärmeren EU-Staaten aufholen. Deutschland ist ein sehr reiches Land, wenn hier Handys nicht so billig produziert werden können, dann eben nicht, wir haben genug Arbeit und genug Wohlstand. Ich sehe das Problem eher in der Verteilung dieser Dinge in Deutschland selbst.
Und schwierig ist es auch, wenn der Konsument das Nokiaverhalten letztlich belohnt, weil er nur nach dem Preis geht. Insofern wäre ein Boykott schon ein Anfang.
Viele Grüße
Selene
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kein Übermaß an Wissen,
und kein Übermaß an Schönheit
Ralph Waldo Emerson

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comus
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Beitrag Fr., 18.01.2008, 19:49

So, wie das 'Individuum Nokia' das Bedürfnis nach Gewinnmaximierung hat, haben wir das Bedürfnis nach fairem Verhalten
Ja, als Slogan ist das gut, die Realität sieht m.E. anders aus. Mir wäre noch nie aufgefallen das sich jemand aufregt wenn er jährlich ein neues "Gratishandy" bekommt oder wer in Rage gerät weil der DVD Player aus China beim "Geiz ist geil" bloß ein paar Euro kostet.
Tatsache ist die Leute kaufen billigen Elektroschrott, je billiger desto besser und das sowas hierzulande um das Geld nicht produziert werden kann ist eine unverrückbare Tatsache.
Daher Nokia da einen Vorwurf zu machen, halte ich für eine Heuchlerei.
Und gleichzeitig muss ich sagen wir haben hierzulande eine äußerst bedenkliche Entwicklung. Was früher als Luxus galt, eben elektronische Spielereien werden immer billiger während die Lebenserhaltungskosten bei Wohnen und vor allem den Grundnahrungsmittel in die Höhe schießen.
Und das ist viel schlimmer, da auf ein Nokia Handy kann ich verzichten, aber ein Dach über dem Kopf und was zum Essen brauche ich.

Und ein Nokia Boykott funktioniert ganz einfach, das eigene Handy länger benützen und kein neues holen, brauch ich wirklich das neueste Handy mit der superscharfen Kamera, MP3 Player, etc. Oder reicht mir eines zum telefonieren und solange es geht verwende ich es?
Daher meine Meinung wir alle als Konsumenten sind markt bestimmend, überlegter kaufen und alles wird gut.

LG, comus

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Pitt
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Beitrag Fr., 18.01.2008, 21:05

Hi,
ich habe - immer noch - den Eindruck, dass der Hauptknackpunkt der ganzen Aufregung nicht die Tatsache ist, dass Nokia nun in Rumänien produzieren lässt. Sondern, - die SUBVENTIONEN, die Nokia für die Ansiedlung in Bochum erhielt. Wenn Nokia sagte - und das wird es natürlich nicht machen -, wir zahlen die 80 Millionen zurück, kein Mensch würde mehr aufschreien.
80 Millionen geteilt durch 2000 Mitarbeiter = 40000 Euro pro Arbeitsplatz.
Keine schlechte Abfindung, würde ich mal sagen.
Pitt

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Goldbeere
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Beitrag Fr., 18.01.2008, 21:28

aus dem Telepolis-Artikel
Der widersprüchliche Zusammenhang postmoderner Polyinteressen offenbart sich darin, dass die Mehrheit der Arbeitnehmer das Verhalten Nokias vermutlich verwerflich findet, gleichzeitig aber an billigen Preisen interessiert ist und sich zudem darüber freut, wenn der durch die Riester-Rente geförderte Telekommunikationsfonds die Rente sichert.
Wenn es immer so einfach wäre, was "gut" und was "böse" ist, dann hätten wir das "Böse" doch schon längst untergekriegt ...
Ring the bells that still can ring
Forget your perfect offering
There is a crack in everything
That's how the light gets in
Leonard Cohen

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kalika
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Beitrag Sa., 19.01.2008, 13:35

Würden wir uns gegen ein Handy entscheiden, weil es 10 Euro mehr kostet? Ich denke nicht, da man dieses Handy nur alle paar Jahre kauft. Beim Kauf eines solchen Produktes nimmt man auch nicht das Billigste. Es wird nach Design, Technik, Anwendung, Haltbarkeit, etc. gekauft. Hierzu gibt es bereits Foren, die die Handy-Produkte bewerten. Der deutsche Kunde kauft auch nicht mehr nur billig, sondern schaut auch auf die Qualität - v.a. bei Produkten, die man längere Zeit nutzen möchte.
Nokia wird seine Handys nun nicht billiger verkaufen, sondern sie wollen die Gewinnspanne vergrößern. Das geben sie freimütig zu. Mir ist hier auch aufgefallen, daß es für Produkte einen Mindestpreis gibt. Es müßte doch neue Rechner geben, die für 100 Euro zu kaufen sind (keine Spielerechner!). Aber seit ich denken kann, halten sie sich im selben Preissegment auf, obwohl sie eigentlich günstiger werden müßten. Bei Handys läuft das ähnlich. Für ein solches Produkt gibt es eine psychologische Schwelle für die Wertigkeit. Diese Dinge sind ja auch ein Statussymbol.

Der Punkt ist wirklich der, daß sich Nokia wie eine Heuschrecke verhält und Subventionen nimmt, aber seine Vertragspflicht Arbeit zu geben nicht einhält. Hinzu kommt, daß sie mit sozialverträglichem Verhalten werben, aber gleichzeitig anders handeln.
Es ist ja auch einfacher, Millionen Gewinne in Rumänien einzufahren und hier in Deutschland eine Spende in Höhe von 100.000 Euro zu geben, damit die Hartz IV-Empfänger sich vernünftige Bücher, Brillen, Archen, etc. leisten können. Ich glaube, die Arbeitnehmer wären glücklicher, wenn sie diese von ihrer eigenen Arbeit bezahlen könnten. Und nur das wollen sie. Keine Spenden, sondern bezahlte Arbeit und auch ein wenig Respekt.

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Hiob
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Beitrag Sa., 19.01.2008, 14:15

Hmm, ich find deinen Beitrag ganz zutreffend, Kalika.

Wahrscheinlich ist ein Boykott ein Gespenst, was weit größer ist als das was Marx in seinem Manifest hinterm Gebirge herumschleichen ließ. Wie lange würden die auf uniforme Massenbedürfnisse getrimmten riesig dimensionierten Firmen das durchhalten?

Allerdings weiß man in oberen Etagen der Betonpaläste, dass „wir“ dazu mit unserem gut durchdachten Abwägen, dem Maßstab Geld und unserer Unfähigkeit uns irgendwo ernsthaft auszuschließen, garnicht fähig sind. (Oder man wiederholt es so oft, bis es die Menschen glauben.) Die meisten sind m.E. nur zu Seifenblasen fähig, die aus unseren Mäulchen kommen und am „wenn du selbst mal Kinder hast wirst du sehn, wie es ist“...zerplatzen. Dabei brauchen wir doch gerade die Kinder, und vor allem noch mehr und noch mehr Kinder. Warum?

Nicht weil wirklich jemand Angst hat, dass wir Mitteleuropäer aussterben oder wir die Kleinen sooo lieb haben, sondern weil wir sie als Konsumenten für „immer neue Handys“ brauchen. Natürlich für die guten Handys, die mit denen man Blumenwiesen gießen kann und Streuselkuchenwelten erschaffen. Irgendwas ist doch da seltsam.

Hiob

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kalika
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Beitrag Sa., 19.01.2008, 16:43

@Hiob:
Hab Dich nicht 100%ig verstanden.
Wie meinst Du das mit den Kindern?


Ich denke, solange Menschen zufrieden sind, dann bemühen sie sich nicht und sind ruhig. Sobald sie aber unzufrieden sind, stehen sie auf. Als die Sache mit der AEG war, waren viele Leute schon nicht erfreut. Aber was sollten sie tun? Es gab noch zahlreiche Einzelfälle von unbekannteren, kleineren Firmen, die die Subventionssysteme nutzten (Aufkauf einer Firma, Subventionen für neue Maschinen, Verkauf von Patenten und Maschinen, Konkursanmeldung, Subventionsgelder, Schließung und Neueröffnung der Firma in Niedriglohnländern inkl. Subventionen). Dann die Sache mit Airbus, die viele Arbeitnehmer trifft.
So gab es in den letzten Jahren immer neue Geschichten, die zeigten wie machtlos der Bürger ist.

Ich denke, daß die Arbeitnehmer sich ein wenig verars*t fühlen und bei Nokia kann der Bürger ganz einfach zeigen, daß er durchaus Macht hat. Müßte er z.B. auf sein Auto verzichten... das wäre ihm zu viel. Microsoft hat unschlagbar billig PCs verkauft... viele jungen Leute waren gar nicht in der Lage Apple zu kaufen. Aber einfach einen anderen Handyhersteller (bei der großen Auswahl) wählen, das geht einfach - v.a. da man sich zw. den vielen Varianten nie entscheiden konnte.

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expat
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Beitrag So., 20.01.2008, 07:00

Ich würde mir nie mehr ein Nokia-Handy kaufen. "Würde", weil ich sowieso kein Handy haben will.
Das war's
Wo jeder Widerspruch gelöscht wird, scheint alles klar.

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UncleK
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Beitrag So., 20.01.2008, 17:31

In dem Zusammenhang ist folgende Meldung vielleicht nicht uninteressant. Es handelt sich zwar um den IT-Bereich, zeigt aber, daß sogenannte Billiglohnländer auch nicht sicher vor Arbeitsplatzverlagerung sind:
Der auf Outsourcing spezialisierte indische Dienstleister WiPro Technologies erzielte im vierten Quartal (Oktober bis Dezember) ein Wachstum von 11 Prozent gegenüber dem Vorjahr. [...] Wegen der steigenden Löhne in Indien verlagern indische Outsourcing-Spezialisten ihre Dienstleistungen inzwischen selbst ins Ausland. So unterhält WiPro Entwicklungszentren in Brasilien, Europa, China, Mexiko und Kanada. TCS hat einen Teil seiner Softwareentwicklung kürzlich nach Mexico ausgelagert, wo die Löhne nochmals deutlich niedriger liegen. (Quelle: Heise Newsticker)
Übertragen auf Rumänien könnte dies bedeuten, daß Nokia vielleicht vier, fünf Jahre dort produziert, bevor weiterverlagert wird. Leidtragende sind dann die Rumänen. Es ist also kein Problem Deutschland gegen Rumänien, wie im Startbeitrag anklang. Nicht die Staaten sondern die Manager und die Konzernführung treffen derlei Entscheidungen.

Zu billig wollen sich manche Rumänen jedoch nicht abspeisen lassen:
Ioan Dumitrescu ist desillusioniert. Er wollte sich bei Nokia als Portier bewerben, doch daraus ist nichts geworden. Weniger als 300 Euro im Monat haben ihm die Finnen geboten, außerdem hätte es noch Essensgutscheine gegeben. "Das ist zu wenig", sagt Dumitrescu, "dafür kann ich gleich zuhause bleiben." (Quelle: Spiegel online)
Darüber hinaus wird wohl nicht jeder aus der Region, der gerne wollte, einen Arbeitsplatz erhalten:
Ingenieure aus der Großstadt Cluj hat der Konzern schon eingestellt. Für ungelernte Arbeiter besteht bisher kein Bedarf. (Quelle: Spiegel online)
Und wir wollen nicht so tun, als ob Deutsche am Umzug nicht verdienten:
Die Nokia-Werkshallen im neuen Industriepark bei Jucu, einer kleinen Gemeinde in der Nähe von Cluj, sind bald fertig. Hochgezogen haben sie nicht die Rumänen, sondern eine Firma aus Deutschland: die Goldbeck GmbH, mit Hauptsitz in Bielefeld. (Quelle: Spiegel online)
Das Problem hat sehr viele Ebenen und Verästelungen.

LG
UncleK

PS: Kann auch nicht mitboykottieren. Habe mir im letzten Herbst erst ein neues Handy von der Konkurrenz gekauft. Me culpa, mea culpa, mea maxima culpa

(Vielleicht ist das mit der Firma aus Bielefeld nur ein Hoax. Eingeweihte wissen eh: Bielefeld gibt's gar nicht. )

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kalika
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Beitrag So., 20.01.2008, 18:24

Tja, es gibt viele Ebenen.
Ungarn und Tschechien ist ja nun auch unrentabel geworden. In Polen steigen auch schon die Gehälter. In Polen wird ja sogar bereits Arbeitskraft aus der Ukraine geholt.

Jemand meinte mal als Gag: Man könnte doch Manager mit ihren hohen Gehältern auslagern! Ein Mangager in Indien (z.B.) würde sicherlich um einiges mehr einsparen, als viele Arbeiter!
Man kann sagen, was man will, aber der Punkt trifft es knallhart!
Schaue ich mir z.B. Mehdorns Gehaltszuwachs an (300%), dann muß ich immer an diesen Spruch denken. Wie viele Bahnangestelle könnten von dem Geld leben?

Angesichts der illegalen Grundstücksverkäufe (von denen Mehdorn sicherlich wußte) muß ich sogar sagen, daß er keinen so guten Job macht. Er verdient also nicht wirklich dieses Gehalt. Warum keinen Inder nehmen?

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Selene
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Beitrag So., 20.01.2008, 18:37

Aber kalika, wir wollen doch hier keine Neiddebatte führen!

...das wäre dann das Standard-Totschlagargument der gutverdienenden Herren und ihrer Lobby. (Auf andere Argumente wartet man dann meist vergeblich.) Ich stimme Dir übrigens voll zu.
VG Selene

P.S. Stundenlohn Ackermann
Es gibt kein Übermaß an Liebe,
kein Übermaß an Wissen,
und kein Übermaß an Schönheit
Ralph Waldo Emerson

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