Kann man potentielle Amokläufer erkennen?

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Meereszauber
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Kann man potentielle Amokläufer erkennen?

Beitrag Di., 17.03.2009, 13:23

Hallo zusammen,

in Anlehnung an diesen Thread:
viewtopic.php?f=26&t=7871
geht mir folgende Frage im Kopf herum:

Kann ein Fachmann (Psychiater/Psychologe) einen Amokläufer wirklich schon "vorzeitig" erkennen?

Ich stelle die Frage in den Raum, weil neulich über die psychiatrischen Sitzungen des Amokläuferst berichtet wurde.
Es wurde -so wie ich es verstanden habe- eine Art "Frühwarnsystem" seitens der Fachkräfte gefordert.

Meinem Verständnis nach war der junge Mann nur 5x beim Psychiater und ich stelle für mich in Frage, dass selbst der qualifizierteste Psychiater nach 5 Sitzungen keinen potenziellen Amokläufer "erkennen" kann.
(Es sei denn, der Klient teilt ihm sein Vorhaben mit).


Persönlich wird da etwas von einer Berufsgruppe verlangt, das sie in der Art möglicherweise gar nicht leisten "kann".

Was meint Ihr (klar würde mich auch die Meinung von hier anwesenden Fachkräften interessieren - ich werde vielleicht auch mal einen mir bekannten Psychiater oder Psychologen fragen).
Herzliche Grüße
Meereszauber





Vergangenheit ist gegenwärtige Erinnerung.
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Augustinus

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Dornröschen Dorn
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Beitrag Di., 17.03.2009, 15:15

Hmm..das würde mich auch mal interessieren. Aber ich weiss auch nicht recht wie man das machen könnte..
Nämlich man kann ja auch nicht jeden Aussenseiter oder so durchchecken oder so. Hmm ich hab gerade keine Ideen, sorry..

LG
Erfahrungen sind die Schlüssel zu noch mehr Glück und Vollkommenheit, für alle Schlösser, die das Leben mir noch bringen wird..



Lieben Gruss und bis bald!

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querkopf
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Beitrag Di., 17.03.2009, 15:30

meine These dazu: der Amokläufer ist dadurch auffällig, dass er ganz und gar unauffällig ist. Im Inneren stapelt sich etwas, turmhoch. Und dann wird in einem Schwall ALLES ausgespült und die gewalt eskaliert, in logischer Konsequenz dann Rundumschlag und schließlich Exitus (der ultimative Schlag gegen sich selbst)

Es hilft also allenfalls, bei den unauffälligen Anpassern auf deren Zwischensignale zu achten. Die kriegt aber nur das nahe Umfeöld mit. Das wiederum ist häufig abgeschottet, ignorant oder verständnislos und kalt. Deshalb ja auch das Stapeln der Probleme nach innen und dann die Eruption.

Herr Fritzl oder der Krampusch-Entführer waren ja auch nette Nachbarn und absolut unauffällig. Na gut der Fritzl war etwas herrisch, aber das sind 30% der österreichischen Hausmeister auch.
ich will alles, und zwar sofort!

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stilleswasser
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Beitrag Di., 17.03.2009, 17:35

querkopf hat geschrieben:der Amokläufer ist dadurch auffällig, dass er ganz und gar unauffällig ist. [...]Es hilft also allenfalls, bei den unauffälligen Anpassern auf deren Zwischensignale zu achten.
ich versuche auch, nicht aufzufallen und führe ein ziemlich unauffälliges leben. aber bin ich dadurch ein potenzieller amokläufer? ^^ ich denke, da spielt noch ne ganze menge haß und wut ne rolle.

stilleswasser
*
Ich bin gerade sehr empfindsam und schnell verletzt. Ich bitte dies zu berücksichtigen, wenn du mir antworten möchtest, da mir achtlose, grenzüberschreitende Kommentare sehr weh tun können u ich aber weiterhin im Forum bleiben möchte. Danke.
*

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Gast
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Beitrag Di., 17.03.2009, 18:36

Kann ein Fachmann (Psychiater/Psychologe) einen Amokläufer wirklich schon "vorzeitig" erkennen?
M. E. Nein. Ganz einfach, weil tatsächlich niemand weiß, was in der Zukunft passiert. Auch Fachleute nicht. (Die bekanntlich durch ihre Fähigkeit gekennzeichnet sind, dass sie nachher genau erkläeren können, weshalb ihre Prognose nicht eingetroffen ist. ) Allerdings meine ich schon, dass Fachleute eher Wahrscheinlichkeiten abschätzen können. Im Sinne von beurteilen, wer "das Potential" dazu hat. Ich denke aber, so war die Frage auch gemeint.

Gruß
Anastasius

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R.L.Fellner
Psychotherapeut
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Beitrag Mi., 18.03.2009, 09:43

Hallo Meereszauber,

ich schicke voraus, daß ich ja nur ein "einfacher, kleiner Psychotherapeut" bin, und nicht so hochdekoriert wie mancher der Proponenten, die hier derartiges fordern. Als solcher aber bezweifle ich die Sinnhaftigkeit dieser Vorschläge, und zwar aus vielerlei Gründen.

Prinzipiell waren fast alle GewalttäterInnen, vor allem solche, die erweiterten Suizid, Amokläufe etc. begehen, schon vor ihrer Tat in einer bestimmten Weise "auffällig" - in Schlüsselsituationen, also z.B. im Umgang mit Behörden, Nachbarn etc. aber wird der hohe innere Druck meist exzellent kompensiert bzw. kaschiert. Fast alle betr. TäterInnen hatten vor der Tat auch Kontakt zu Behörden, Psychologen, dem Jugendamt usw. Haben diese also an sich sichtbare "Warnzeichen" übersehen oder sogar ignoriert? Warum sollten sie sie mit "Frühwarnsystem" plötzlich besser wahrnehmen oder ernster nehmen?

Darüber hinaus ergibt sich auch noch ein indirektes Problem - wenn jeder Bürger, jede Bürgerin eine potenzielle Gewalttäterin ist, dann "macht das etwas" mit uns... es entfremdet, macht Angst, man mißtraut anderen mehr ebenso, wie andere einem vielleicht selbst mehr mißtrauen. Und das, obwohl so ein Frühwarnsystem letztlich nicht viel mehr als eine weitere der vielen Maßnahmen unserer heutigen Politik wäre, die in erster Linie nur ein subjektives Gefühl von Sicherheit bzw. "es wird etwas getan" vermitteln würden, denn tatsächlich mehr reale Sicherheit zu garantieren. Eines immanentes Problem des Lebens, nämlich daß man "vorzeitig" sterben kann - etwa wenn Dritte durchdrehen, einen in einen Unfall verwickeln oder man auf einem Abhang ausrutscht und zu Tode stürzt - wird vermutlich auch in 100 Jahren und bei 1000 zusätzlichen Gesetzen und Regeln nicht gelöst sein.

Alles in allem handelt es sich meiner bescheidenen Ansicht nach bei den konkreten Vorschlägen aber um das Applizieren von Fachsprech-Pampe auf ein massives und wachsendes strukturelles Problem in unserer Gesellschaft, dessen Wurzeln und Zusammenhänge von all diesem Gerede überhaupt nicht tangiert werden. Was bleibt, ist der Eindruck, daß hier einige Personen die Publicity, die die aktuellen Gewalttaten bringen, dazu nutzen, um sich selbst ins Rampenlicht zu stellen oder neue Koordinatorenjobs an Land zu ziehen.

All dies vorausgeschickt, möchte ich jedoch hervorstreichen, daß ich Prävention und "Hochsensibilität" in der Exekutive, dem Sozialbereich usw., und ggf. frühzeitige Unterstützungsmaßnahmen bei der Aufdeckung von Gewalt, Mißbrauch etc. für in höchstem Maße wichtig halte. Dazu würde aber das vorhandene Wissen an sich ausreichen, es muß nur auch genutzt und die erforderlichen Maßnahmen auch von der öffentlichen Hand unterstützt werden. In beiden Bereichen - der Wahrnehmung durch Außenstehende und effizienter der Prävention und Therapie für das gesamte betroffene soziale System - existieren aber heute erhebliche Lücken, und diese werden leider immer größer, statt geschlossen zu werden.

Ein sogenanntes "Frühwarnsystem" - idealerweise komplett an sog. "Experten" ausgelagert - würde diese Entwicklung aber vermutlich noch verschlimmern, statt die Sozialkompetenz und soziale Nähe innerhalb der Bevölkerung zu verbessern.

Freundliche Grüße,
R.L.Fellner

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Meereszauber
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Beitrag Mi., 18.03.2009, 12:35

Hallo Herr Fellner,

vielen Dank für die ausführliche und für mich in jeglicher Hinsicht nachvollziehbare Antwort - oder so herum ausgedrückt:
insgeheim habe ich mir genau so eine Antwort erhofft , denn ich sehe das genauso wie in Ihrer Antwort dargestellt!

Den ganzen "Aktionismus", der momentan drumherum betrieben wird, empfinde ich eher als zusätzliche Panikmache und energieraubend.
Ich sage ganz offen, dass ich meine Kinder auch nach dem Amoklauf ohne Bedenken in die Schule schicke, ich mache mir da wirklich keinen Kopf drum.

Ich glaube nämlich auch, dass viel in die Schuhe von Fachleuten geschoben wird (dadurch, dass ich selbst ja viel als Pflegemutter mit dem Jugendamt zu tun habe, bekomme ich ja auch immer wieder mit, dass z.B. "das Jugendamt grundsäztlich an allem Schuld ist") und dadurch die Eigenverantwortung von sich gewiesen wird.


Persönlich denke ich eben auch, dass weder verschärfte Gesetze noch das geforderte Frühwarnsystem bei Experten, solche Amokläuft in Zukunft verhindern können.

Die Wurzel dieser Tragödien sehe ich eben auch in der immer mehr sich zurückentwickelnden allgemeinen Sozialkompetenz....
da wäre auch meiner Meinung nach der richtige Ansatzpunkt.

Alles andere sind für mich eher die Nebenschauplätze.
Herzliche Grüße
Meereszauber





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Augustinus

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comus
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Beitrag Mi., 18.03.2009, 13:06

Es wäre natürlich schön, wenn sich ein potentieller Amokläufer so einfach erkennen ließe. Dass das ein reines Wunschdenken ist, hat Herr Fellner schon treffend beschrieben.
Zum Thema Wahrnehmung habe ich einen Link anzubieten - es ist eine sehr interessante Power Point Präsentation die die Schwierigkeiten die in der Wahrnehmung auftreten können näher beleuchten. Besonders wird darin auch auf die Lehrer - Schüler Beziehung eingegangen.

http://www.uni-saarland.de/fak5/ezw/per ... ehmung.ppt

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münchnerkindl
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Beitrag Mi., 18.03.2009, 13:32

Meereszauber hat geschrieben:
Die Wurzel dieser Tragödien sehe ich eben auch in der immer mehr sich zurückentwickelnden allgemeinen Sozialkompetenz....
da wäre auch meiner Meinung nach der richtige Ansatzpunkt.
Die ist ein Produkt eines gesellschaftlich und von Politikern gewollten Systems. So lange Konkurrenzkampf, Konsum und Selektion die Gesellschaft bestimmen wird die Gesellschaft auch solche "Abfallprodukte" wie Amokläufer produzieren.

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querkopf
Helferlein
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Beitrag Mi., 18.03.2009, 15:10

stilleswasser hat geschrieben:
querkopf hat geschrieben:der Amokläufer ist dadurch auffällig, dass er ganz und gar unauffällig ist. [...]Es hilft also allenfalls, bei den unauffälligen Anpassern auf deren Zwischensignale zu achten.
ich versuche auch, nicht aufzufallen und führe ein ziemlich unauffälliges leben. aber bin ich dadurch ein potenzieller amokläufer?
nein. Meine These war umgekehrt die, dass der eine Amokläufer unter 100 potenziellen und 10.000.000 Mio. Mitmenschen schlicht nicht rausgefiltert wrden kann, da er eben recht unauffällig ist.

Würdest Du den Amokläufer 1 Monat vorher fragen, ob er es tut, er würde es nicht nur (möglicherweise) dementieren, sondern er wüßte es selber noch nicht.

Es ist, wie der Dr. Fellner ganz richtig ausführt, eben ein (im Übrigen sehr geringes) Lebensrisiko, durch Taten irgendwelcher durchgeknallten Ver-rückten zu Tode zu kommen, genauso wie durch Blitzschlag oder den Ziegel, der vom Dach fällt, oder einstürzende Archivgebäude.

Handeln muss der Staat da, wo solche Risiken zu groß werden, also z.B. Raserei oder Alkohol am Steuer, wo tausende gefährdet sind und die Menschen sich zum größeren Teil durch Geld- oder Haftstrafandrohnung 'steuern' lassen .

Wo dagegen relativ gesehen wenige gefährdet sind und sich durch Strafandrohung gar nichts steuern läßt (Beispiel: Selbstmordattentäter) darf die gemeinschaft nicht in absurden Aktioniosmus verfallen, sondern muss erkennen, dass das Wegsteuern jeglicher Lebensrisiken schlicht und einfach unmöglich ist, und Aufwand-Nutzen-Rechnungen auch beim Schutz von Menschenleben nicht mit Denkverbot belegt werden dürfen. Das Leben ist per se lebensgefährlich

Die Wahrscheinlichkeit für solche Taten kann man nur möglichst niedrig halten, das hierzulande z.B. dadurch, dass nicht jeder frei Waffen wie er lustig ist besitzen darf, wie in USA, wo, bei gleicher psychischer Grundstruktur von Schülern und Erwachsenen eben viel öfters jemand durchknallt und dann rumknallt, weil es ihm schlicht, rein technisch, einfach möglich ist.

Und wir erinnern uns, mit fanatischem persönlichem Willen und technische Kenntnissen sowie einigen Fertigkeiten (z.B. ein Flugzeug steuern zu können) ist es auch möglich, mit Teppichmessern als Waffe Hochhäuser in NY zum Einsturz zu bringen. Keine Schusswaffe wurde verwendet.

Der Sicherheitswahn mit Metalldetektoren vor US-Schulen oder den max. 100 ml Flüssigkeit im Flug-Handgepäck ist kaum sicherheitserhöhend, aber stark paranoiafördernd
ich will alles, und zwar sofort!

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Thread-EröffnerIn
Meereszauber
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Beitrag Mi., 18.03.2009, 15:32

Der Sicherheitswahn mit Metalldetektoren vor US-Schulen oder den max. 100 ml Flüssigkeit im Flug-Handgepäck ist kaum sicherheitserhöhend, aber stark paranoiafördernd

Hallo Querkopf,

genau darin sehe ich auch ein Problem, das schwerwiegende Folgen haben kann (wird...?):
Die Förderung der Paranoia.
Es kann immer und überall etwas "Tödliches" passieren.
Ich kann morgen vor ein Auto rennen, mir kann morgen ein Stein auf den Kopf fallen....

vor 5 Jahren ist es uns tatsächlich passiert, dass wir in Washington am Flughafen gesessen sind und tatsächlich unser Flug von einer Sprengstoffdrohung direkt und "todernst" betroffen war.

Das Ganze hat in eine natürlich lästige Warterei von 12 Stundan am Dulles-Flughafen verursacht, Flugzeug musste komplett ausgetauscht werden usw. usw.

So - ich bin trotzdem wieder geflogen ohne mir auch nur eine Sekunde lang einen Kopf zu machen, ob das wieder passieren könnte.

Es ist eben passiert was passiert ist - ich kann jetzt auch nicht den Rest meines Lebens Flugzeuge meiden, weil wir einmal tatsächlich scheinbar in Gefahr waren.

Wir sind irgendwie jeden Tag in Gefahr, man muss das aber nicht "marktmässig" noch mehr dramatisieren.

Zweifelsohne ist jeder Amoklauf eine grauenhafte Tragödie und selbstverständlich hoffe ich inständig, dass es meine Kinder nie trifft.
Aber genauso inständig hoffe ich, dass meine Kinder auch nicht vom Blitz getroffen, vom Auto überfahren oder gar von einem Kometen erschlagen werden.....

Ich denke, man kann die Gefahr eines Amoklaufes genausowenig ausschalten, wie die Gefahr eines einschlagenden Meteoriten o.ä.

Was natürlich trotzdem wünscheswert ist: die -hier auch erwähnte- Sozialkompetenz in der Bevölkerung zu fördern und zu unterstützen.
Herzliche Grüße
Meereszauber





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Augustinus

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Flying Dutchwoman
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Beitrag Mi., 18.03.2009, 18:39

Noch mal zur eigentlichen Frage zurück:
Selbst wenn es möglich wäre potentielle Amokläufer vorher zu erkennen, wirft das auch ein riesen Organisationsproblem auf. Ein potentieller Amokläufer wird sich wohl kaum freiwillig zu einem solchen Test begeben. Man müsste ja alle Schüler in Deutschland untersuchen ob sie irgendwelche Anzeichen erkennen lassen und das nicht nur einmal sondern regelmässig, weil sie könnten sich ja im Laufe der Zeit doch zu einem Amokläufer entwickeln. Das ist aber schlicht und einfach nicht möglich.

Meiner Meinung nach wird hier einfach versucht eine tolle Lösung für ein Problem zu finden, dass man ohnehin nicht lösen kann, nur weil man in der heutigen Zeit mit unserem Technikstand nicht eingestehen will, dass es Probleme gibt, gegen die man machtlos ist. Genauso wie immer sofort davon die Rede ist, dass ein Amokläufer Computerspiele gespielt hat. Dass Computerspiele in gewisser Weise eine Gefahr mit sich bringen, weil sie abhängig machen und zu Realitätsverlusten führen können, mag ich nicht abstreiten, aber in diesem Zusammenhang finde ich das etwas an den Haaren herbeigezerrt bloss um eine Ursache für das Problem zu finden und so dazustehen als habe man etwas dagegen unternommen.
"You'll have the chance to do something…something courageous. And when you do, you'll discover something: that you're a good man." ― Elizabeth Swann

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querkopf
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Beitrag Mi., 18.03.2009, 19:31

Es ist super, dass in diesem Forum für geistig Gestörte, in dem jeder von uns sein Päckchen zu tragen hat, so kluge, klare und stimmige Überlegungen zum Threadthema ausformuliert werden (gut, gebe zu, ein Therapeut hat mitgearbeitet ).

Mögen sich die Politiker, und Journalisten, und vor allem die Populisten unter ihnen, ein Beispiel daran nehmen
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münchnerkindl
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Beiträge: 9508

Beitrag Mi., 18.03.2009, 21:39

Meereszauber hat geschrieben: Zweifelsohne ist jeder Amoklauf eine grauenhafte Tragödie und selbstverständlich hoffe ich inständig, dass es meine Kinder nie trifft.
Aber genauso inständig hoffe ich, dass meine Kinder auch nicht vom Blitz getroffen, vom Auto überfahren oder gar von einem Kometen erschlagen werden.....

Ich denke, man kann die Gefahr eines Amoklaufes genausowenig ausschalten, wie die Gefahr eines einschlagenden Meteoriten o.ä.

Was natürlich trotzdem wünscheswert ist: die -hier auch erwähnte- Sozialkompetenz in der Bevölkerung zu fördern und zu unterstützen.
Vor allen Dingen, vor 100 Jahren war das Leben noch so viel gefährlicher. Jede kleine Verletzung konnte durch Blutvergiftung zum Tod führen, Krankheiten die nicht heilbar waren, Kriege, Kindbett, Arbeitsunfälle. Und heute ist der Teufel los weil ab und an eben mal solche Sachen passieren.
An anderen Enden der Welt sterben die Menschen in Massen an Bagatellkrankheiten. Nicht nur ein Duzend, sondern millionenweise. Aber das steht nicht gross als Schlagzeile in der Zeitung.

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Pitt
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Beitrag Mi., 18.03.2009, 23:02

querkopf hat geschrieben: Die Wahrscheinlichkeit für solche Taten kann man nur möglichst niedrig halten, das hierzulande z.B. dadurch, dass nicht jeder frei Waffen wie er lustig ist besitzen darf, wie in USA, wo, bei gleicher psychischer Grundstruktur von Schülern und Erwachsenen eben viel öfters jemand durchknallt und dann rumknallt, weil es ihm schlicht, rein technisch, einfach möglich ist.
Auch ich möchte dieses Argument noch mal betonen.
Die Korrelation zwischen der Anzahl/Einwohner an Morden (in einem Staat) und der Verfügbarkeit von Schusswaffen ist hoch, (auch wenn die Waffenlobby die Ausreisser dieser Statistik hervorhebt).
Ohne den relativ unproblematischen Zugang zur Waffe wäre auch das "Schulmassaker" nicht passiert. Schlecht vorstellbar, dass sich ein Schüler eine Waffe "im grauen Markt der Unterwelt besorgt hätte", oder dass irgendetwas ähnliches mit dem "Fahrtenmesser" möglich gewesen wäre.
Lg
Pitt

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