Burnout ?

Das Leben ist wesentlich durch unsere Arbeit geprägt. Der Job kann jedoch auch Quelle von Ärger und Frustration sein, oder persönliche Probleme geradezu auf die Spitze treiben...
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madame mim_666
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Burnout ?

Beitrag Di., 21.06.2011, 10:15

ich bin neu hier und im moment stehe ich komplett neben mir.

erst vor kurzem war ich auf urlaub. nach nur 1 tag zurück im büro habe ich es nicht mehr geschafft in die arbeit zu gehen. allein über meine situation zu reden bringt mich zum weinen und zur verzweiflung. seit einigen monaten stecke ich beruflich in einer situation wo ich nun ein spielball von machtspielen geworden bin und von jeder seite wird an mir "gezerrt". mir persönlich ist aber klar dass ich da nur kanonenfutter sein werde wenn ich da weiter mitmache.
das ist nun die aktuelle situation.

generell habe ich seit über einem jahr keinerlei freude oder motivation mehr bei meiner arbeit. mir ist alles zuviel und zuwieder, jedes mail nervt mich bevor ich es öffne, telefon möchte ich am liebsten gar nicht mehr abheben. in meiner abteilung geht es nur um *performance* und auch viel um selbstdarstellung - wobei das fast für die komplette firma gilt. es gibt null struktur, die führungsebene lässt alle ihre uneinigkeiten ungefiltert nach "unten" und selbst langjährige, gute mitarbeiter werden behandelt wie austauschbare schachfiguren.
feedback zur arbeit oder anerkennung gibt es nicht, ansprechpersonen bei wichtigen fragen sind nicht definiert, man wird mit arbeit nur noch zugepflastert. wie bei vielen unterehmen wurden etliche leute entlassen und die arbeit auf die verbleibenden verteilt.
einsetzen für irgendwas lohnt sich nicht da sowieso nur passiert was bestimmte leute wollen. andererseits wundert man sich aber wenn viele nur noch das machen was gemacht werden muss und keinerlei loyalität mehr zur firma haben.

privat schaffe ich es kaum mich zu organisieren und kümmere mich nur um das notwendigste. am liebsten will ich nur daheim sitzen, gerade meine tanzstunden schaffe ich noch weil es das letzte ist was mir noch spass macht.
über meine situation spreche ich nur mit meinem partner und ich weis das er absolut hinter mir steht. trotzdem habe ich das gefühl dass weder er noch jemand anderer so wirklich verstehen kann wie es mir geht.

im letzten sommer ging es mir extrem schlecht, am weg in die arbeit sind mir die tränen runtergelaufen, ich war nur noch ganz mies drauf, ich habe privat nichts mehr unternommen und oft tagelang nichts geredet. sogar innerhalb der firma haben mich kollegen angesprochen, ich sei nicht wiederzuerkennen und hätte mich total verändert.
nach einem urlaub im winter ging es mir 2-3 monate besser aber seit einigen monaten geht es wieder bergab.
im urlaub jetzt konnte ich mich fast nicht entspannen oder abschalten, einige tage ging es mir recht schlecht. erholt habe ich mich von meinem gefühl her überhaupt nicht. der erste tag nach dem urlaub war die hölle, es war noch schlimmer als davor.
am abend nach meinem ersten tag habe ich lang geweint und irgendwann nur noch gezittert.
und jetzt sitze ich daheim, weis nicht was ich tun soll. nach 3 wochen urlaub lasse ich meine kollegen im stich aber ich kann einfach nicht mehr.
gehe ich zum hausarzt? was sage ich in der firma? man muss zwar nichts über die krankheit sagen aber sie wollen die voraussichtliche dauer des krankenstands wissen.
kann das burnout sein? oder bin ich "einfach" nur überfordert? ich bin komplett planlos und weis einfach nicht mehr was ich tun soll

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nightmare
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Beitrag Di., 21.06.2011, 10:40

Deine Situation kommt mir bekannt vor. Hatte auch schon einige Zusammenbrüche und Weinanfälle in der Arbeit, aber natürlich sieht das niemand – weil man versucht ständig alles zu unterdrücken und es interessiert eh niemanden. Fühl mich oft völlig allein und gleichzeitig überwacht in der Arbeit. Einfach eingesperrt, mein Leben zieht an mir vorrüber weil ich kaum mehr Kraft für anderes aufbringe. Finde nur mehr selten Freude im Leben, weil ich mir zu sehr auf die Arbeitssituation fixiere, die mich wenig erfüllt. Und hier ist auch niemand mit dem man reden kann, hab mich selbst zugegeben auch schon recht zurückgezogen, weil ich mir immer wieder denke, es interessiert sowieso niemanden. Hatte deshalb auch nie wirklich Urlaub genommen, weil ich Angst hatte dann erst recht in ein tiefes Loch zu fallen und einem dann wieder alles bewusst wird was alles nicht passt und irgendwann geht es sowieso weiter, es wäre keine Lösung, weil Urlaub eh nur begrenzt ist. Eine Auszeit wäre mir am liebsten, aber das kann ich mir nicht so recht leisten. Und so schleppt man sich täglich auf`s neue in die Arbeit und setzt sich ständig unter Druck und findet kein Ventil. Kann nicht mal Abends was unternehmen, weil ich dann schon wieder an den nächsten Arbeitstage denke, auch das Wochenende kann selten entspannt sein.
Naja, vielleicht ist es bei dir ja ähnlich. Ob, es burnout ist kann ich nicht sagen. Hast Du schon mal versucht etwas an der Situation zu verändern/verbessern? Eine zeitlang vielleicht weniger Stunden zu arbeiten?
Würd mich selbst sowas nie ansprechen trauen..

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Ive
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Beitrag Di., 21.06.2011, 12:15

Oh schöne neue Arbeitswelt ... Es ist so typisch, was Ihr schreibt. Und schwer anzugehen.

Arzt und/oder Psychologen hinzuziehen - das ist meine Empfehlung; mit diesen gut durchsprechen und durchdenken ... Wenn es direkt an die körperliche oder seelische Gesundheit geht, rechtzeitig die Notbremse ziehen. Eine Arbeit dürfte sich wieder finden lassen, mit 28 auf jeden Fall, aber selbst mit 40 noch.

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nightmare
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Beitrag Di., 21.06.2011, 12:33

Irgendwie mittlerweile auch schon zu verweifelt und da leidet natürlich auch das Selbstwertgefühl, weil man sich oft erniedrigt fühlt in manchen Arbeitssituationen was das dann wieder dazu führt, dass man sich zurückzieht, nicht mehr recht rausgehen mag. Angst hat sich was neues zu suchen, Angst vor neuem Job..ein Teufelskreis!
Ja, Therapie wäre immer gut, nur kann sich sowas nicht jeder leisten. Wenn ich mir denke, wieviel eine Stunde bei nem Therapeuten kostet, der einen vielleicht nicht mal wirklich versteht..eine Selbsthilfegruppe hab ich schon oft angedacht, was ich dazu so gefunden habe, ist meist immer erst später am Abend und da kommt dann wieder der Gedanke, dass man ja am nächsten Tag wieder früh raus muss und fit sein muss. Ständig nur innerlicher Druck.

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Rezna
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Beitrag Di., 21.06.2011, 14:27

Du weisst es bereits. Gut wäre, zu kündigen. Dir einen anderen Job suchen.
Ich weiss aber, dass sich das leichter sagt, als getan. War in der selben Situation und mir wurde es geraten und ich habe nicht gekonnt. Auch bei mir war schon während dem Aufenthalt im letzten Job dieses Wissen da: Ich schaffe keinen weiteren. Einen neuen Job anfangen, das ist Stress pur. Wie soll man das bewältigen, wenn man bereits am Zahnfleisch daher kommt? Weiters braucht es für Bewerbungen Selbstvertrauen und Zuversicht. Ja woher nehmen, wenn einem die aktuelle Firma schon eine ganze Weile zugesetzt hat, und den letzten Rest Selbstachtung gerade mit Besen und Schaufel beseitigt?
Weg, Flucht, einfach nur weg von da, das wäre der beste Weg. So eine Firma ist selbst für gesunde, starke Menschen eine Zumutung. Und ich denke, du warst wohl auch einmal gesund und stark. Und die die es noch sind, werden ebenfalls zerbrechen. Genug zumindest.
Den Gedanken, oder die Angst, seine Kollegen in Stich zu lassen kenne ich. Ehrlich: Würde ich nie wieder so sehen. Nie wieder als einen Grund/Ausrede her nehmen, meine eigene Gesundheit, mein eigenes Seelenheil aufs Spiel zu setzen. Ich leide unter Burnout - und hat das je einen Kollegen irgendwie gekümmert? Hat mich einer angerufen, besucht, gefragt was ich brauche, persönlichen Einsatz gezeigt? Nein! Ich habe mich ausgebrannt und das Argument der geforderten Kollegen benutzt. Es war eine Ausrede um mich nicht um mich zu kümmern. Um die Kollegen musst nicht du dich kümmern, sondern die Firma. Wie die Kollegen ihre Arbeit schaffen, ist nicht deine Verantwortung, sondern die der Chefs. Gerade in einer so chaotischen Firma wird ja gerne genau darauf spakuliert: Auf die Menschen die das dann in die Hand nehmen, sich für alles Verantwortlich fühlen und damit das Rädchen am Laufen halten. Dazu ein bisschen Angst schüren, durch Entlassungen, sodaß jeder weiß, es geht um Kopf und Kragen, und der Cocktail für eine kleine Burnoutwelle ist gemixt. Das gesündeste ist Aussteigen. Nicht mitmachen.
Was passiert, wenn du mitmachst? Die Probleme werden nicht weniger. Die Situation ändert sich nicht. Solange du nur irgendwie Kraft hast (und man kann erstaunlich lange durchhalten) wirst du sie einsetzen. Aber irgendwann ist es aus. Und dann ist keine Reserve mehr da. Keine Möglichkeit mehr, sich zusammenzureissen. Kein freier Wille. Dann kannst du nicht mehr arbeiten, dann bleibt dir die Auszeit. Es braucht von da unten viel Zeit, wieder hoch zu kommen.
Was, wenn du aussteigst: Zunächst wirst du auch noch kraftlos sein, weil der Anfang ist gemacht. Ebenso wirst du eine weile nicht arbeiten können. Aber du hast noch Reserven. Du kannst entscheiden. Du kannst dich besser um deine Genesung kümmern. Du kannst früher Perspektiven und Visionen entwickeln wie es weitergeht.
Auf jeden Fall bleibt eines: Die Auszeit. Entweder freiwillig, oder erzwungen. Schlimmstenfalls kündigt dich der Chef, weil du nicht mehr ans Telefon kannst, keine Emails mehr abrufen, den halben Tag heulend am Klo sitzt und jede Woche einen Tag Krankenstand hast, weil du es vor lauter Beschwerden nicht mehr schaffst.
Das Selbstwertgefühl ist selbstverständlich im Eimer.
Hol dir Verstärkung. Bilde ein Team, solange du dazu in der Lage bist. Hausarzt, Psychiater, Therapeut - eventuell Sozialarbeiter, vielleicht Arbeiterkammer. Und sorge dafür, dass deine privaten Kontakte das positive Gegengewicht in deinem Leben bilden, eine Ressource.
EIGENTLICH kommst du nicht darum herum.
»Nimm niemals Böswilligkeit an, wenn Dummheit hinreichend ist.« [Hanlon's Razor]
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Ive
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Beitrag Di., 21.06.2011, 14:35

@ nightmare

Möchtest Du vielleicht am Ende lieber mit Deinem Leben bezahlen? Das ist nicht zynisch - Herzinfarkt und Schlaganfall, Suizid und Sucht, all das und viel mehr kann am Ende des Weges stehen für den, der "durchhält". Das ist es NIE wert!

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Mass Effect
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Beitrag Di., 21.06.2011, 15:05

@Arta

Das was du beschreibst kenne ich zu 100% aus eigener Erfahrung.
Bei mir war letztes Jahr der Super Gau, in zusammenhang noch mit einer Körperlichen Krankheit, und mein erster Gedanke war "Was werden die ANDEREN denken oder von mir halten wenn ich arbeitslos werde?" ... ich habe damals keinen Moment an mich gedacht ob ICH mir das überhaupt leisten kann.

Fast 4 Monate war ich im Krankstand, hab gegen mich selber angekämpft gegen den Körper wie den Geist. Aber Schlussendlich habe ich kapituliert und meinen Job gekündigt bzw war eine beiderseitige auflösung damit kein stress beim AMS ist (obwohl der Firma egal gwesen wäre wenn ich nochmal 4 Monate stand gwesen wär, kein wunder nen Arbeitstrottel wie mich der alles macht mit "Ja & Amen" verliert ma ungern)

Ich habe aber dann noch immer nicht erkannt gehabt das ich wirklich auf MICH schaun muss nein im Gegenteil ich bin sofort zum AMS und hab um ne Umschulung gebeten das ich vom Handel weg komm. Ergebniss war das ich dort grad mal 3 Wochen durchhielt und dann der nächste Crash kam.

Schlussendlich hat es jetzt fast 1 Jahr gedauert bis ich die nötige, nennen wirs mal Gleichgültigkeit entwickelt habe um wirklich auf mich zu schaun. Ich scheiß derzeit auf eine Arbeit ja ich sage sogar "Ich will nicht Arbeiten" auch wenn dieser Satz enorm viele Vorurteile bringt in der Gesellschaft aber ICH bin mir derzeit wichtiger und ich steh dazu.

Ich hab Jahrelang nach jedem Rückschlag einfach nur das zerstörte Haus neu aufgebaut, einfach auf die spröden Mauern neuen Mörtel und Ziegel gegeben ohne das ich die Risse ebenfalls reparierte. Weil ich immer dachte schnell wieder Kraft haben um weiter zu machen um eben wie du schriebst "Kollegen nicht im stich lassen, Familie Freunde und Arbeit nicht zu enttäuschen"
Aber diesmal hab ich mir n neues Grundstück gesucht und will komplett neu aufbauen und ich bin grad erst am Keller ausheben.
Demnächst komme ich auch in ein Psychologisches Reha Zentrum.... hoff ich jedenfalls, der Antrag läuft zumindest schon ^^

Gesellschaftlich gesehen ist dies für fast 99% untragbar das man so eine lange Auszeit braucht aber man muss dafür einstehen egal was andere sagen.
Man muss einfach ein wenig egoistisch werden.
Zuletzt geändert von Mass Effect am Di., 21.06.2011, 15:40, insgesamt 1-mal geändert.

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bittersweet
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Beitrag Di., 21.06.2011, 15:18

hallo!
ich kann mich meinen vorschreibern nur anschließen. nimm dir zeit, lass dich krankschreiben, so lange es dauert. kommt dann die kündigung vom arbeitgeber, bevor du dich wieder fit fühlst, ist es nicht zu ändern. gesundheit geht vor. allerdings würde ich nicht von mir aus kündigen aufgrund der finanziellen nachteile.
viel zuversicht
lg
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Aeskulap
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Beitrag Di., 21.06.2011, 21:05

@nightmare, ich kann Dich total verstehen, ähnliche Situation bei mir. Ständige Gedanken an den Job bzw. was denn die Alternative dazu wäre, Depris, Rückzug im privaten Bereich.
Psychotherapien habe ich schon einige durch, beim Thema Job hat mir das gar nix gebracht. Irgendwann wurde mir die Tatsache zuviel, dass ich das mühselig verdiente Geld beim Therapeuten gelassen habe, der für 50 min Zuhören soviel verdient hat wie ich den ganzen Tag in der Arbeit.

Raten kann ich Dir nun nichts, ich bin ja in derselben Situation. Ich spiele mich mit dem Gedanken an ein Sabbatical, habe aber natürlich Angst vor dem beruflichen Wiedereinstieg danach, d.h. wieder eine Stelle zu finden.

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madame mim_666
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Beitrag Di., 21.06.2011, 21:27

@arta

das *perverse* ist, mir ist klar dass ich nicht für meine kollegen verantwortlich bin und dass die firma genau mit diesem verantwortungsgefühl kalkuliert. trotzdem muss ich mir das immer wieder bewusst in erinnerung rufen.

das jeder ersetzbar ist weis man ja im kopf auch. trotzdem kniet man sich rein, geht krank zur arbeit, lässt sich viel zu viel aufladen.

bei uns gab und gibt es einige burnoutfälle, zum teil mit monatelangen krankenständen. einige sind auch von selber gegangen. all das kümmert anscheinend auch keinen, die arbeit wird einfach verteilt.
es ist so was von sinnlos egal ob man sich reinkniet oder sich den arbeitstag gemütlich macht, es interessiert niemanden. feedback oder so was wie anerkennung sind ein fremdwort. man wird gnadenlos verheizt, immer mehr mehr mehr....die stimmung an der basis leidet da auch schon extrem darunter.

ich gehe morgen zu meiner hausärztin und hoffe sie schickt mich nicht einfach mit stimmungaufhellern heim.

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Rezna
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Beitrag Di., 21.06.2011, 22:19

Wenn es eh egal ist, dann geh in Krankenstand. Wenn es keinen interessiert, dann umso besser. Lass los.
Ich weiss, irgendwo rational ist es da, aber emotional ist man anders geprägt. Man hat noch die Tugenden im Ohr, von wegen Fleiß, und Loyalität, und Anstand... und so weiter. Ich habe immer große Augen gemacht, wenn jemand gesagt hat: Los, nutz es aus. Los, du bist ja abgesichert, bleib daheim. Ich fand das unehrlich. Immerhin will ich ja ein GUTER Mensch sein der GUTES tut und nicht so niederträchtig ist wie die in der Firma. Nicht auf deren Niveau herablassen. Aber weder Anstand, noch Fleiß, Loyalität oder sonstiges hat irgend einen Wert dargestellt. Chefs lassen einen bei der ersten Gelegenheit wie eine heisse Kartoffel fallen. Völlig egal, wie deine privaten Umstände sind, es dir seelisch oder körperlich geht, wie lange du bei der Firma warst. Der GUTE Mensch der kannst du sein: DIR SELBER gegenüber und jenen Menschen, die es verdient haben, die selber Anstand haben.
Anders: Ist es besser einem schlechten Menschen zu dienen, oder ihm den Dienst zu verweigern? Ist es besser, Komplize zu sein, oder derjenige, der aussteigt? Verrate dich nicht selber. Es ist schwer. Manchmal sind innere Manipulationen stark - vor allem am falschen Platz stark. Oder anders ausgedrückt: Manchmal fühlt sich normal werden wie verrückt sein an. Weil man anders handelt als man es gewöhnt ist. Wenn man entgegen seiner Manipulation agiert, fühlt es sich logischerweise falsch an. Auf sich selber zu schauen, sich selber zu achten - das ist in vielen Fällen entgegen der Manipulation. Oft von der Angst besetzt: Werde ich jetzt ein selbstsüchtiger, egoistischer Schmarotzer? Eigentlich müsste man sagen: Na und wenn schon! Wem nützt es, wenn ich drauf gehe? Wäre es meinen Lieben lieber, ich sterbe - oder ich lebe aber achte dabei auf mich?
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nightmare
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Beitrag Mi., 22.06.2011, 07:32

@Aeskulap: Weiß leider auch keine rechte Lösung. Hab mich schon viel mit diesem Thema auseinandergesetzt und warum es so gekommen ist und es dann doch immer wieder verdrängt, weil mich die Gedanken verrückt gemacht haben. Oft denk ich mir, dass es ja andere auch schaffen und unter viel schlechteren Bedingungen arbeiten müssen und es uns ja vielleicht eh viel zu gut geht. Meine Eltern sind selbständig, vermutlich hab ich davon auch einen Druck mitgenommen, dass man viel leisten muss im Leben, sie haben selbst auch nie Urlaub oder so gemacht..aber hatten eben andere Freiheiten. Vermutlich versuch ich deshalb immer durchzuhalten, weil ich dabei oft an andere denke, niemanden enttäuschen zu wollen oder als Verlierer dazustehen. Aber oft genug kommen mir die 10 Stunden Tage wie eine Ewigkeit vor, weil kaum eine Pause bleibt und ich freie Zeit nicht mehr genießen kann. Eine Auszeit würde ich mir auch wünschen, aber gleichzeitig kommen dann diese Existenzängste hinzu. Dann hab ich wieder daran gedacht vielleicht im Sozialbereich neu anzufangen, aber dafür fehlt mir noch jegliche Erfahrung, die man vielleicht durch eine ehrenamtliche Tätigkeit finden könnte..Eine andere Möglichkeit wäre vielleicht eine zeitlang Teilzeit zu arbeiten, und eben was anderes zu suchen. OK, das alles kommt mir soweit fern vor..weil mir Wirklichkeit richtige Perspektiven fehlen und ich habe auch keine richtige Ausbildung (Matura und dann Studium abgebrochen), fühl mich alt und kraftlos. In dem Job konnte ich mich kaum weiterentwickeln. Bin immer nur angepasst.
Hast Du überlegt, ob es eine Arbeit gibt, die dich erfüllen könnte? Die für dich kein notwendiges Übel wäre? Und wie du es angehen könntest? Oder vielleicht auch mal nur Teilzeit und sich nebenbei mit Dingen beschäftigen die einem gut tun? Hab auch von vielen Seiten gehört, dass Yoga so gut sein soll..mir fehlt vermutlich sogar dafür die innere Ruhe;-)

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madame mim_666
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Beitrag Mi., 22.06.2011, 08:28

@arta
du hast in worte gefasst was ich nicht kann - es fühlt sich so falsch an obwohl mir bewusst ist dass wir manipuliert werden.
in den krankenstand muss ich sowieso der gedanke in die arbeit zu gehen ist für mich unvorstellbar und nur daran zu denken ist beängstigend. ich beginne zu zittern (manchmal auch ohne dass ich an die arbeit denke) und mir wird richtiggehend übel.
irgendwie möchte ich am liebsten gar nicht aus der wohnung gehen.

was ich noch fragen wollte, hat jemand von euch auch ohrgeräusche (leises summen etc) oder andere körperliche probleme? bei mit ist der nacken extrem verhärtet (teilweise wie ein panzer) und die schultern verspannt. dazu kopfschmerzen, plötzlich auftretender schwindel, magenschmerzen, verdauungsprobleme, einschlafschwierigkeiten. ich wurde durchgecheckt und man hat nichts gefunden. seit ein paar wochen habe ich nun auch ab und zu dieses summen in den ohren, im urlaub war es auch jedoch seltener.

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Rezna
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Beitrag Mi., 22.06.2011, 12:47

Es gibt Symptome, die fast alle burnoutpatienten haben. Zumindest im Austausch mit den Anderen auf der Reha, durchaus aber auch in dem Burnout-Forum in dem ich unterwegs bin, sind einige Symptome immer wiederkehrend, die auch ich selber hatte. Ich war ein Mensch der - im gegensatz wohl zu vielen Menschen - nie Rückenschmerzen hatte. In der Akuten phase hatte ich teilweise solche Schmerzen, dass ich mich mehrmals am Tag irgendwo auf den Boden oder einen Tisch legen musste, weil ich es nicht mehr ausgehalten habe. Normalerweise hatte ich nur Tinnitus, wenn ich starke Kreislaufprobleme hatte, oder nach einem lauten Konzert. In der Akuten Phase hatte ich allerdings ständig Ohrensausen. Hinterher gesehen hatte ich vermutlich sogar einen Hörsturz. Ein paar Tage hatte ich ein so extremes Brummen im Ohr, dass ich selber nicht mehr Sprechen konnte, ohne das Gefühl meine Ohren, mein Kopf würde explodieren. Ich konnte keinen Luftdruckwechsel mehr ertragen, Räume unterschiedlicher Größe wechseln war ein Horror - erst recht, von drinnen nach draussen oder umgekehrt zu gehen. Ich saß auf dem Sofa und dachte, ich falle, ich verliere den Bezug zu Zeit und Raum - eine art Schwindel, der sich aber unterschied von diesem Kreislaifschwindel. Weiters bin ich ein Mensch, der normalerweise einen guten Schlaf hat. In der akuten Phase konnte ich vor fünf Uhr morgens nicht einschlafen, ich wältzte mich mit den schlimmsten Gedanken hin und her. Hatte Angst, war teilweise richtig Panisch wenn ich dachte, in wenigen Stunden beginnt wieder ein Tag. Einerseits war ich so müde, dass das Wachsein schon wehtat, andererseits konnte ich nicht schlafen, weil der Gedanke, dass dann schneller Morgen ist, furchteinflößend war. Naja, und Durchfall sowieso. Beziehungsweise eine extreme Mischung zwischen Verstopfung und Durchfall, denn ich hatte permanent Angst, mal stockte dann alles, blockierte, und mal war einfach nur die Raserei da. Hemmungsloses auslaufen, quasi. Weiters hatte ich Kopfschmerzen, was ich sonst nie habe. Später kamen dann Schmerzen in Händen und Füßen dazu, die mich bis heute plagen. Schon wenn ich an der Haustüre stehe, schmerzen die Fußsohlen, als hätte ich einen Marathon hinter mir. Ich habe bemerkt, dass es besonder schlimm ist, wenn ein "Weg" ansteht, zu einer Behörde oder sowas, und die Schmerzen nachher manchmal blitzartig weg gehen. Ebenso meine Hände, Finger... wenn ich mich zwinge etwas zu tun, dann reagiert mein körper manchmal so, um mich zu zwingen, Ruhe zu geben. Manchmal konnte ich nicht einmal mehr eine Unterschrift tätigen.
Wenn du im Internet zu Burnout recherchierst, wirst du deine Symptome exakt so wiederfinden. Mein Schwager hatte auch Burnout, ohne es zu wissen. Dem sind sie nur aufgrund der körperlichen Symptome drauf gekommen, er wurde durch gecheckt - und die Diagnose schmeckte ihm gar nicht, da er ein "Macher" ist der ständig aktiv sein muss. Er tat, was ebenfalls viele Burnoutler tun: Kompensieren, Missbrauch begehen mit Alkohol, Essen, Tabletten, was auch immer. Ich war beispielsweise die Esserin, habe fast 20 Kilo zugenommen. Er wiederum hat Tabletten in Mengen geschluckt, wo der Arzt die Hände zusammenschlug.
Teil des Heilungsprozesses, oder der Krnakheit ist, irgendwann auch nicht mehr zu wollen. Sich geradezu in Trotz oder Verbitterung zurückzuziehen, nachdem das Nervenbedingte, das Psychisch bedingte leidvolle Zurückziehen nicht mehr vordergründig ist. Und irgendwann, irgendwann kommen dann Ideen und Visionen, wie es weiter gehen könnte. Da kommt der Drang, wieder hinaus zu gehen, zu leben. Und das wirst du als ein Geschenk erleben, wie eine Wiedergeburt. Mir haben Leute aus der Reha erzählt, dass sie teilweise geheult haben wie ein Kind, vor Freude, wieder in einen Supermarkt gehen zu können. Ich selber war gestern Nordic Walken, das erste mal aus eigenem Antrieb und weil ich wollte. Obwohl ich Schmerzen in den Füßen hatte, fand ich es toll, konnte endlich mal wieder die Luft, die Geräusche, die Umgebung wahr nehmen und freute mich tierisch über jeden anderen Sportler den ich sah. Ich fühlte mich auf einmal wieder "in der Welt". Ich denke, das ist nun der Auftakt zur Genesung. Endlich.
Also kann ich dir zumindest bestätigen: Es wird auch wieder einmal anders. Ich konnte das irgendwann nicht mehr glauben, hatte Angst, es würde nunmehr für immer so sein. Aber widerholen möchte ich das keinesfalls.
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Beitrag Fr., 24.06.2011, 11:56

Danke für Deine Schilderungen, Arta!

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