Unverarbeitetes Trauma?

Körperliche und seelische Gewalt ebenso wie die verschiedenen Formen von Gewalt (wie etwa der Gewalt gegen sich selbst (SvV) oder Missbrauchserfahrungen) sind in diesem Forumsbereich das Thema.
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Erinnerungen1989
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Unverarbeitetes Trauma?

Beitrag Di., 17.08.2021, 10:56

Guten Tag,
ich bin auf dieses Forum aufgrund einer ergebnislos Google-Suche gestoßen. Mich beschäftigt seit längerem das Thema, ob ich unverarbeitet Traumata habe oder vielleicht als Kind sexuellem Missbrauch erlebt habe.

Ich wurde in eine sehr unruhige Zeit geboren. Meine Eltern hatten sehr hohe Schulden, da mein Vater spielsüchtig war, er hat auch einen Selbstmordversuch unternommen, wurde aber gefunden. Ich bin in die schlimmste Phase "hineingeboren", es wurde dann aber besser. Inzwischen sind meine Eltern schuldenfrei und wir haben ein sehr gutes Verhältnis.

Als Kind im Grundschulalter kamen meine ältere Schwester und ich in Therapie da wir verhaltensauffällig waren. Ich habe sehr viel geweint und von einer hellen und dunklen Seite gesprochen und auch anscheinend viel masturbiert 🙈 Anscheinend kam aber "nur" heraus das ich die Beerdigung von meinen Opa bei der ich mit 5 Jahren dabei war nicht gut verkraftet habe und das masturbjeren mit fehlender Aufmerksamkeit zusammenhing etc.. Mit 13 habe ich das alles so richtig erfahren und schämte mich im Nachhinein sehr, da ich mich an einiges gar mehr erinnern konnte. Auf den sexuellen Missbrauch komme ich da ich mich zum Beispiel daran erinnere das wir als ich ein Kind war mal in Urlaub waren und dort das Lied "Küss mich nicht" von Tic Tac Tor lief und ich das einfach nicht hören konnte. Jetzt noch habe ich beim Text lesen ein ganz komisches Gefühl im Bauch. Oder als ich dann später als Jugendliche auf Selbstbefriedigung kam fühlte ich mich immer total schmutzig danach, ich weiß aber nicht ob deshalb weil ich mich wegen dem als Kind so geschämt habe oder eben wegen einem eventuellen Missbrauch oder weil Sexualität in unserer Familie so schambehaftet war. Meine Schwester bezeichnet sich selbst übrigens als asexuell, sie hatte als sie ca. 16 war eine sehr schlechte Erfahrung mit einem Date aus dem Internet über die sie aber nicht spricht. Auch erinnere ich mich an Momente in denen ich nicht mehr leben wollte, ich weiß aber nicht mehr warum und das treibt mich total um manchmal. In meiner frühen Jugend entwickelte ich dann eine Zwangsstörung mit Zwangsgedanken, hier war ich aber nicht in Therapie. Ca. mit 12/13 hörte ich ein Gespräch meiner Eltern mit in denen es darum ging das meine Mutter entdeckt hatte das mein Vater heimlich Pornos guckt, das hat mich sehr mitgenommen und ich hatte immer Angst in mal dabei zu erwischen. Es ging wohl darum das meine Mutter keinerlei Sexualität mehr zuließ, was meinen Vater sehr traurig machte und er versuche sich dann immerhin so zu helfen (was ich im Nachhinein sogar verstehe, besser als Fremdgehen). Das Männerbild meiner Mutter ist sehr schlecht, vielleicht habe ich da auch einiges übernommen. Meine Eltern waren aber sehr genant, ich erinnere mich nicht daran meinen Vater jemals nackt gesehen zu haben und meine Mutter nur sehr selten. Dennoch hatte ich besonders meinem Vater gegenüber früh Vorbehalte oder erinnere mich daran das ich ihm misstrraute, was mich aber sehr traurig macht das es zumindest in meiner Erinnerung wirklich keinen Anlass dazu gab. Kann es sein das ich hier das Verhalten meiner Mutter übernommen habe? Jetzt habe ich inzwischen seit kurzem ein eigenes Kind und beobachte sehr genau wie mein Vater sich ihr gegenüber verhält, das macht mich wirklich traurig. Ich war zweimal in Therapie als ich erwachsen war (Mitte zwanzig und Anfang 30)(wegen Zwängen und depressiven Verstimmungen) und mein Therapeut äußerte mal den Verdacht das mein Vater vielleicht sehr unsicher war ab einem bestimmten Alter meiner Schwester und mir gegenüber und das ich das vielleicht gespürt und als sehr sensibles Kind dann so aufgenommen habe. Meine Mutter hatte mir das als ich es mal angesprochen habe auch bestätigt, also er war wohl auch unsicher wie lange er uns als wir älter wurden knuddeln darf ohne das es seltsam ist etc. Ich war schon immer sehr sensibel für Stimmungen und habe als Kind auch oft Träume die ich hatte für real gehalten (Beispielsweise wenn ich geträumt habe das ich einen Brief bekommen habe)

Ich habe eigentlich ein glückliches Leben, kämpfe zwar immer mal wieder mit meinen Zwängen und Zwangsgedanken aber manchmal komme ich dann in so Grübelfallen und denke "Aber vielleicht war da ja doch was" und dann fühlt es sich an wie ein blinder Fleck und als ob ich erst glücklich werden würde wenn der gelöst ist. Meine Mutter meinte sie würde es mir wirklich sagen aber sie weiß von keinerlei Vorfällen, was ich ihr auch glaube. Kann es sein das einfach die allgemeine Unsicherheit die ich als Baby durch die Notsituation meiner Eltern gespürt habe zu so etwas führen kann? Oder das ich unbewusst vor allem meinen Vater dafür die Schuld zuspreche (weil er ja Spielsüchtig wurde und uns beinahe alleine gelassen hätte?). Da ich gerade selbst Mutter wurde beschäftige ich mich viel mit Bindungen, Sicherheit etc. vielleicht beschäftigt es mich deshalb gerade so.

Vielen Dank im Voraus!

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peppermint patty
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Beitrag Di., 17.08.2021, 11:59

Hallo Erinnerungen1989,

Niemand hier kann dir sagen was dir in deinem Leben widerfahren ist - das wäre schier unseriös. Du (oder deine Eltern) bist die einzige Person die es wissen kann.

Für mich hört es sich aber eher nach zu starken Grübeleien, also dem was könnte alles NOCH passiert sein. Und dass du dafür alle vermeintlichen Indizien zusammenträgst. Das halte ich, ähnlich wie induzierte Erlebnisse, für gefährlich, da Missbrauchserfahrungen sehr schwer zu verarbeitende Themen sind. Ich frage mich wofür dieses Grübeln steht? Damit sage ich nicht, dass es diesen Missbrauch nicht gab, aber alle genannten Symptome können eine völlig andere Ursache haben.

Ich kann mir vorstellen, dass die Beziehung zu deinem Vater für dich noch nicht geklärt ist und du deshalb evtl. solche Gedanken hegst. Ist aber auch rein spekulativ. Vielleicht hast du die damalige Angst noch nicht verarbeitet.

Zu bedenken gebe ich auch, dass die Vermutung des Missbrauchs auch viel mit deinem Umfeld macht und Einfluss auf deine Beziehungen zu anderen hat. Sie implizieren ja auch Täterschaft. Mir würden dafür die genannte Indizien nicht reichen.

Ich finde es sehr gut, dass du durch diese Gedanken ein besonderes Augenmerk auf dein Kind hast. Allerdings gebe ich auch hier zu bedenken, dass „die Qualität“ an Augenmerk beeinflusst wie es sich auf das Kind und andere Bezugspersonen auswirkt.

LG, pp

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MisterZett
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Beitrag Di., 17.08.2021, 13:59

Hallo, liebe Erinnerungen1989!

Erinnerungen1989 hat geschrieben: Di., 17.08.2021, 10:56 Mich beschäftigt seit längerem das Thema, ob ich unverarbeitet Traumata habe oder vielleicht als Kind sexuellem Missbrauch erlebt habe.
Letzteres wird dir gewiss keiner mit Sicherheit sagen können, aber nicht nur Sexualität ist in deiner Familie wohl ein Reiz- oder gar ein Streitthema, weshalb einem der Gedanke eines Missbrauchs wegen eigener, bei sich beobachteten Schwierigkeiten kommen kann.

Tic Tac Toe waren ja eine jugendliche Gesangsgruppe, die sich nicht nur in ihrer Rolle görenhaft verhielten. Sie lehnten in ihren Songs kratzbürstig vieles ab, was typisch ist fürs Teenageralter, und setzten sich mit "Küss mich nicht" mit der Frage nach Nähe und Distanz auseinander. Ich schätze, das war auch dir eine bewegende Frage, was aber nicht unbedingt auf einen Missbrauch hinweist, sondern es kann generell bewegend gewesen sein nach der Frage die Liebkosung, denn in deiner Familie gab es nach deiner Beschreibung sinnbildlich wohl nicht viele Küsse.

Jetzt habe ich inzwischen seit kurzem ein eigenes Kind und beobachte sehr genau wie mein Vater sich ihr gegenüber verhält, das macht mich wirklich traurig.
Da ich gerade selbst Mutter wurde beschäftige ich mich viel mit Bindungen, Sicherheit etc. vielleicht beschäftigt es mich deshalb gerade so.
Ja, ich glaube auch. Selbst in der Mutterrolle zu sein, lässt aus dieser Position anders und wohl auch besser beobachten und dadurch holt man für sich selbst auch etwas nach.


Herzliche Grüße von
MisterZett
Der Weise äußert sich vorsichtig, der Narr mit Bestimmtheit über das kommende Wetter.
Wilhelm Busch

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Pianolullaby
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Beiträge: 2246

Beitrag Mi., 18.08.2021, 19:18

Ich stimme zu, niemand von uns kann das wissen, das wäre pure Hellseherei. Schlichtweg unseriös.
Träume nicht Dein Leben, lebe Deinen Traum

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