Hallo Pianolullaby
Wieso dürfte man das nicht sagen? Ich glaube jeder Traumatisierte dem es schlecht geht, würde gerne hören, dass es auch besser werden kann.
Zumindest wenn man nicht in der Opferhaltung bleiben möchte
Meine Erfahrung diesbezüglich ist genau das, was du im zweiten Satz schreibst, nämlich die Erwartung, dass ich in der Opferrolle bleiben muss. Es bestehen, meiner Erfahrung nach, bestimmte Vorstellungen davon, wie sich Menschen, die etwas Schreckliches erlebt haben, zu verhalten haben. Verhalten sie sich nicht so, wird ihnen "nicht wahrhaben wollen", "Verdrängung", "Grühle unterdrücken", "Täter unterstützen" usw. vorgeworfen. So zumindest meine Erfahrung in meinen Psychotherapien.
Meine Kindheit war nicht rosig. Manche Erfahrungen waren gewiss auch schlimm. Trotzdem bin ich aus diesen Erfahrungen nicht so hervorgegangen, wie es "sich gehört". Das haben mir Psychotherapeuten übel genommen. Sie hatten gewisse Vorstellungen, wie es mir gehen müsste, ... Aber ich entsprach so gar nicht dem Bild, das sie von einem "Opfer" haben. Ich hatte das Gefühl, dass sie auf Biegen und Brechen versuchten mich in die Opferrolle zu drängen und mich dort zu halten. U.a. durch so Sätze wie "Sie wollen nicht wahrhaben, dass sie ein Opfer sind", "Sie müssten Wut spüren, ....; sie unterdrücken diese Gefühle". Lange war es für mich schwierig zu erkennen, ob ich nun wirklich halbwegs unbeschadet aus meiner Kindheit hervorgegangen bin oder ob meine Therapeuten Recht damit haben, dass ich die Gefühle, die ich eigentlich erwartungsgemäß fühlen müsste, unterdrücke.
Es war für mich viele Jahre ein Kampf zwischen fühlen was ich fühle und den Erwartungen, was ich fühlen sollte und wie ich mich als Opfer verhalten sollte.
Inzwischen, seit vielen Jahren, ist mir klar, ich gehöre nun mal nicht zu denen, die dem Opferbild entsprechen. Ich habe immer auch das Positive an meinen negativen Erfahrungen sehen können, u.a. die, dass ich heute die bin, die ich bin und nicht so geworden wäre, wie ich heute bin und mich selber mag. Ich habe aufgrund meiner negativen Erfahrungen Fähigkeiten wie z.B. Problemlösung, Kreativität, Einfühlvermögen, Schreiben, Malen u.v.m. entwickelt. Aber wenn ich das Psychotherapeuten erzählte sprangen die mir an den Hals mit Sätzen wie, ich würde schön reden, ich würde Täter unterstützen, ich würde verdrängen, unterdrücken, und und und. Meine Erfahrung ist, dass es nicht sein darf, dass ein Opfer unbeschadet und gestärkt aus negativen Erfahrungen hervorgeht. Es darf nicht sein, dass man sein Augenmerk auch auf das Positive richtet. Dabei ist genau das was einem helfen kann aus der Opferrolle rauszukommen.
Wir müssen das Leben loslassen, das wir geplant haben, damit wie das Leben leben können, das uns erwartet (Joseph Campbell). Manche Leute glauben, Durchhalten macht uns stark. Doch manchmal stärkt uns gerade das Loslassen (Hermann Hesse).