Gesetzentwurf: 'Zuweisung' von Therapieform und Therapeut geplant

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Rosie47
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Gesetzentwurf: "Zuweisung" von Therapieform und Therapeut geplant

Beitrag So., 25.11.2018, 19:08

Der deutsche Bundesgesundheitsminster plant eine Gesetzesreform, die gravierende Konsequenzen für Psychotherapie-PatientInnen hätte.
Berufsverbände und der Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten starten eine Petition gegen den Gesetzentwurf.
Aus einem Informationstext des Bundesverbandes (s.u.):
"Psychisch kranke Menschen dürfen dann also nicht mehr direkt zum Psychotherapeuten, sondern müssen stattdessen in einer solchen Voruntersuchung gegenüber einem fremden Menschen, den sie nicht kennen und der sie dann auch nicht weiter behandeln wird, ihre Not umfassend darstellen, um entsprechende weitere Zuweisungen oder Behandlungsberechtigungen zu bekommen. Ausgerechnet jenen Menschen, die über oft enorme, hoch schambesetzte und intime seelische Belastungen sprechen müssen, wird ein Hürdenlauf zur Psychotherapie aufgebürdet. Ein neues Nadelöhr im Zugang zur Behandlung wird geschaffen."

(Leider kann ich keine links posten. Die Seite des Bundesverbandes der Vertragspsychotherapeuten kann man aber rasch googeln. Unter "Aktuelles" findet man die Informationen und einen link zur Bundestagspetition.)

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Jenny Doe
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Beitrag So., 25.11.2018, 19:44

Hier der Link: https://bvvp.de/aktuell/

Ich kann die Bedenken verstehen, sehe es aber nicht so negativ und einseitig, wie es der Bvvp darstellt.
Das würde auch Vorteile mit sich bringen für Klienten, die in einer Krise stecken, dringend schnelle Hilfe brauchen und nicht die Kraft haben sich erst mal damit rumschlagen zu müssen, welches Therapieverfahren für sie das richtige wäre. Sie müssten sich nicht mehr stundenlang vors Internet setzen um sich über die Therapieverfahren zu informieren. Professionelle würden ihnen dabei helfen dem richtigen Verfahren zugewiesen zu werden.
Hürden haben Klienten auch jetzt schon, wie z.B. die Hürde, dass sie monatelang auf einen Therapieplatz warten müssen, rumtelefonieren müssen um zu erfragen wer einen Platz frei hat. Diese neue Vorgehensweise hätte den Vorteil, dass Klienten, die in Not sind, schnellen Zugang zur Psychotherapie erhalten würden und dass Menschen, die auch anders versorgt werden könnten (z.B. Beratungstellen) keine Therapieplätze besetzen würden.
Wenn in einer Vorstufe entschieden werden würde, ob Therapie oder nicht, könnte das Gutachterverfahren entfallen. Klienten müssten nicht mehr bangen ob die Therapie bewilligt wird oder nicht.
Im Prinzip ist das bisherige Gutachterverfahren ja auch nichts anderes als eine "Behandlungsberechtigung" bekommen. Der Gutachter entscheidet ja auch ob die Therapie bewilligt wird oder nicht. Einen direkten Zugang zur Psychotherapie haben Klienten somit auch jetzt schon nicht. Der Gutachter steht zwischen dem Therapeuten und dem Klienten. Er entscheidet ob jemand Therapie machen darf oder nicht.

Wichtig fänd ich, dass sich Klienten nach wie vor mehrere Therapeuten angucken können. Denn die Passung und die Chemie zwischen Klient und Therapeute müssen stimmen, sonst bringt das beste Therapieverfahren nichts.
Wir müssen das Leben loslassen, das wir geplant haben, damit wie das Leben leben können, das uns erwartet (Joseph Campbell). Manche Leute glauben, Durchhalten macht uns stark. Doch manchmal stärkt uns gerade das Loslassen (Hermann Hesse).


shesmovedon
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Beitrag So., 25.11.2018, 20:09

Der Spahn beweist jedesmal auf's Neue, dass er so dumm wie Brot ist.

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Anna-Luisa
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Beitrag So., 25.11.2018, 20:17

Ich finde, das klingt schlimmer als es ist. Letzlich wird einem, so wie ich das verstehe, weder ein Therapeut noch eine Therapieform zugewiesen - sondern es erfolgt lediglich eine Beratung durch eine unabhängige Person. Und es ist nicht erforderlich mit dieser über intime oder andersweitig schambesetzte Themen zu sprechen. Ich glaube, in einigen Ländern wird das bereits praktiziert - und die Vorgehensweise gilt auch für Selbstzahler.
Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben.
(Konfuzius)

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sandrin
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Beitrag So., 25.11.2018, 20:33

Ich finde das ehrlich gesagt auch eher sinnvoll als schlecht. Es ist ja auch nicht so, dass jeder in einer Krise ist, automatisch eine längere Therapie benötigt. Vielleicht hilft da ein kurzzeitiges, pragmatisches Coaching eher. Was die Therapeuten, welche die Petition gestartet haben, ärgert, ist, dass sie in ihrer Entscheidungsfreiheit eingeschränkt werden. Zum Teil schon auch verständlich, aber Leute, die eine Therapie benötigen, haben die Gelegenheit, zunächst umfassend aufgeklärt zu werden. Auch in probatorischen Sitzungen (von denen manche ja welche bei verschiedenen Theras machen) erzählt man nicht die intimsten Details von Anfang an. Insofern kann ich das Argument nicht verstehen.

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stern
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Beitrag So., 25.11.2018, 20:44

Ich und andere sehe das so, dass die freie Arztwahl und der freie Zugang zu einer Therapie konterkariert wird. Welche Hürden will man denn noch auflegen? Es gibt schon die Sprechstunden, wo jemand etwas empfiehlt... wie als ob Psychotherapeuten nicht in der Lage sind, selbst Indikationen zu stellen. Es geht schlicht darum, dass weiterhin bestritten wird, dass es zu wenige Plätze gibt... und Spahn bisher vielmehr so argumentierte, dass PT Rosinen picken. Na ja , konservative Sparpolitik eben und keine Sozialpolitik.
Gesundheitsminister Jens Spahn hatte in seinem Kabinettsentwurf des TSVG, dessen erste Lesung im Bundestag am 3. Dezember 2018 vorgesehen ist, in letzter Minute und ohne Einbeziehung von Fachverbänden, einen Zusatz zum Absatz 6a des § 92 Sozialgesetzbuch V (SGB V) eingeführt. Dieser sieht vor, dass besonders qualifizierte Ärzte und psychologische Psychotherapeuten – und nicht etwa der spätere Behandler – in Voruntersuchungen festlegen, zu welchem Hilfe- oder Therapieangebot die Betroffenen gehen dürfen.
https://biermann-medizin.de/verbaende-s ... g-entwurf/

Sonderlich wundert mich das aber nicht... denn es gibt schon seit längerem Bestrebungen zur weitergehenden Steuerung.
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stern
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Beitrag So., 25.11.2018, 23:28

https://epetitionen.bundestag.de/petiti ... chnen.html

Mich wundert, wie man das gut finden kann?! Wobei... mich wundert bald gar nichts mehr.

Wenn es zu wenig Therapeuten gibt (siehe hierzu die Kritik an der Bedarfsplanung schon seit vielen Jahren), so ist das mMn kein Problem schlechter Organisation von Therapeuten (weswegen man die Sprechstundenpflicht u.a. vorsah) und auch kein Problem von Rosinenpickerei (die Spahn ferner vorwirft). Was hat die Sprechstundenregelung denn gebracht: Patienten erhalten zwar zeitnah ein erstes Gespräch, aber dann wartet man eben dann auf einen Platz... also ein Therapieplatz wurde damit noch lange nicht geschaffen (auch dazu gab es die letzte Zeit Artikel). Wow, was für ein Fortschritt.

Und selbst wenn ich aktuell Probleme habe: Wenn es nicht unbedingt sein muss, würde ich nicht zum nächstbesten Therapeuten gehen wollen, mit dessen Vorgehensweise ich evtl. nicht kann und mit dem ich evtl. persönlich nicht kann... nur weil dort etwas frei ist. (Für Ärzte sehe ich das genauso. Die freie Arztwahl ist eine Errungenschaft). Psychotherapie funktioniert auch nicht zwangsweise besser, je größer eine Krise ist... dann kann vielmehr ein Klinikaufenthalt indiziert sein.

Natürlich muss man in der Lage sein, seine Situation bereits von Anfang möglichst umfassend darzustellen, wenn man passend zugewiesen werden will... egal wer vor einen sitzt... Schamgefühle, Ängste, die manche erst in der Therapie ablegen, hat man also besser nicht. Und wie kommt man überhaupt auf die Idee, das eine externe Person das das passende Angebot besser beurteilen und aushandeln kann als der PT und Patient? Die freie Arztwahl war eine Errungenschaft. Und wer kann garantieren, dass ein Zuweiser frei ist von persönlichen Präferenzen ist, hmmm. Ich sehe es so, dass die Passung (von Therapeut und Patient und die Vorgehensweise) wichtig für den Erfolg ist.

Das Gesetz macht eben jemand, der noch nie eine Therapie machte... und die Zuweisung soll kaschieren, dass es in Wirklichkeit mehr Ärzte und PT bräuchte (die Facharztsituation ist ja auch nicht besser). Sparpolitik.
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~~~
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Beitrag So., 25.11.2018, 23:46

In meinem Kopf macht das irgendwie gar keinen Sinn, es gibt ja scheinbar zu wenig Therapieplätze.

Ne zentrale Meldstelle, wo man freie Therapieplätze melden MUSS plus Angaben von fachlicher Ausrichtung/Schwerpunkt, hätte es auch getan. Könnte man dann als ständig aktualisierte Liste online oder über die Krankenkasse anfordern oder so.

Wahrscheinlich wartet man dann erst mal monatelang auf einen Termin bei diesem Vermittler. ( wie viele sind dass denn dann? Wartet man dann nicht länger als auf einen Therapieplatz, wenn da ALLE hinmüssen?).. und dann kommt dazu die Wartezeit auf einen Therapieplatz.

Wie soll dieser Vermittler Menschen gezielt sortieren, wenn das eigentliche Problem die langen Wartezeiten sind?

Und nach was sortiert der dann?

Coaching wird von der Krankenkasse nicht bezahlt...

Und die Anträge für z. B. eine Kurzzeittherapie muss ja dann jeder Psychotherapeut selbst schreiben, was ja für die nicht so schweren Fälle ist.

Und sooo viele von der krankenkasse anerkannte Therapieformen gibt es auch nicht, dass der dann großartig sortieren kann... nach was denn genau?


Verstehe ich nicht. Habe mich aber auch nur oberflächlich damit befasst.

Entweder werden die Menschen immer dümmer oder ich ... aber ich verstehe den konkreten Nutzen nicht. Dadurch sind doch nicht mehr Plätze da...

Aber vielleicht schicken sie dann alle erst mal in die Ergotherapie, Arbeitstherapie... oder ähnliches. Da kann man ja im Prinzip 50 Menschen pro Therapeut beschäftigen... dann muss man sich auch nicht um mehr Psychotherapeuten kümmern. Praktisch. Ja, vllt ist so was ähnliches der Plan.

Quasi nach dem Vorbild vom Arbeitsamt in Deutschland... alle sind in irgendwelchen sinnlosen Maßnahmen und aus der Statistik raus. Problem der Arbeitslosigkeit gelöst...







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"You cannot find peace by avoiding life."
Virginia Woolf

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stern
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Beitrag Mo., 26.11.2018, 10:08

~~~ hat geschrieben: So., 25.11.2018, 23:46 In meinem Kopf macht das irgendwie gar keinen Sinn, es gibt ja scheinbar zu wenig Therapieplätze.
In meinem Kopf auch nicht, und für mich als Patient, der ich bin, ebenfalls nicht (das ist die für mich primär relevante Perspektive). Dazu muss wohl man sich in den Kopf der Gesundheitspolitik versetzen... neben Spahn (CDU) dürfte federführend auch Lauterbach (SPD) mitwirken... aus meiner Sicht ein weiteres Armutszeugnis für die SPD, wenn sie hierbei richtungsweisend mitwirkt.

"Schnell noch wichtige Gesundheitsgesetze beschließen, ehe die Koalition zerbricht"
https://www.medical-tribune.de/meinung- ... zerbricht/

Aber vielleicht schicken sie dann alle erst mal in die Ergotherapie, Arbeitstherapie... oder ähnliches. Da kann man ja im Prinzip 50 Menschen pro Therapeut beschäftigen... dann muss man sich auch nicht um mehr Psychotherapeuten kümmern. Praktisch. Ja, vllt ist so was ähnliches der Plan.

Quasi nach dem Vorbild vom Arbeitsamt in Deutschland... alle sind in irgendwelchen sinnlosen Maßnahmen und aus der Statistik raus. Problem der Arbeitslosigkeit gelöst...
Guter Vergleich. Nicht zu vergessen: Gruppentherapien, was ja auch ausgeweitet werden soll. Geschlossen aus div. Threads zu Gruppentherapien liegt das nicht jedem User/Patienten, wenn eine Gruppentherapie zugewiesen wird, oder Anna-Luisa? :anonym: Oder noch ein bisschen in die Zukunft gedacht: Internetpsychotherapie, die ja auch zunehmende erprobt wird. Stichwort: Digitalisierung:

https://www.aerzteblatt.de/archiv/14751 ... ibles-Feld

Oder: Gehen sie zum Hausarzt (womit auch mitunter bei Fachärzten Patienten weggeschickt werden). Oder wenn die Störung ganz angezweifelt wird, könnte das Coaching ins Spiel kommen. Und das macht mir niemand weis, dass ein Koordinator gleich beim Erstkontakt besser beurteilen können soll als der konsultierte psych. Therapeut oder Facharzt (als Patient ist man dann jedoch stärker abhängig). Oder man denke an Persönlichkeitsstörungen... ein Gutachterguru kann das natürlich in Rekordzeit diagnostizieren... und es passiert im Bereich der PT natürlich auch nie, dass Probleme sich erst im Verlauf (deutlicher) abzeichnen. Der dringende Patient geht vllt. besser in die Klinik. Und Medikamente gibt es ja auch noch (und die fungieren bereits heute häufiger als Alternative anstelle indizierter Ergänzung).

Um nicht falsch verstanden zu werden: Solche Maßnahmen haben sicherlich ihre Berechtigung für manche Patienten... ich sehe aber eher die Gerahr, dass damit PT über Gebühr rationiert wird, um Defizite im System zu kaschieren. Man braucht nur schauen, dass es auch in der Körpermedizin nicht unbedingt so läuft, wie es sollte, wenn man man auf eine Behandlung angewiesen ist (Facharztproblematik). Und ich zweifele daran, dass ausgerechnet der Koordinator unfehlbar oder 'besser" sein soll.

Ich hoffe, dass sich PT nicht nur für ihre Interessen, sondern auch für Patienteninteressen stark machen gegen solche Vorhaben.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
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Jenny Doe
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Beitrag Mo., 26.11.2018, 11:47

Hallo Stern
Gruppentherapien, was ja auch ausgeweitet werden soll.
In Kliniken findest Du sie fast nur noch und dennoch kommen Klienten aus den Kliniken in einem verbesserten Zustand zurück. So schlecht können Gruppentherapien nicht sein.
Es gibt durchaus Klienten, für die eine Gruppentherapie genau das richtige ist. Ich befürworte, dass vor Therapiebeginn individuell geguckt wird, was das Beste für den Klienten wäre, ob Gruppe oder Einzel oder Klinik, ob VT oder PA, ... Denn auch die Klienten, die von einer Gruppentherapie profitieren würden haben das Recht auf einen Zugang zu diesem Behandlungsangebot.

Meine Befürwortung einer Vor-Therapie-Beratung schließt für mich keineswegs aus, dass es mehr Therapeuten auf dem Markt geben müsste. Es gibt zu wenige Therapeuten. Aber das ist für mich ein anderes Thema als eine Vor-Therapie-Beratung. Es kann gerne auch beides geben.
Internetpsychotherapie, die ja auch zunehmende erprobt wird.
Du musst es ja nicht machen, wenn dir das nicht zusagt. Ich finde dieses Angebot ebenfalls sehr gut. Denn es gibt z.B. auch Klienten bei denen die Ängste so stark ausgeprägt sind, so dass sie es gar nicht schaffen zum Therapeuten in die Praxis zu fahren.
Solche Maßnahmen haben sicherlich ihre Berechtigung für manche Patienten
Ganz genau. Ich finde, man sollte nicht alles gleich verteufeln und auch nicht zu sehr von sich selbst ausgehen. Auch andere Klienten haben Rechte, auch das Recht die Behandlung zu bekommen, die ein Klient braucht.

Für die Klienten, die sich mit Psychotherapie auskennen und klar wissen was sie wollen und brauchen, ist das sicherlich eine nervige Hürde. Aber es gibt auch andere Klienten, die erst mal umherirren bis sie irgendwann mal da landen wo sie richtig sind.

Und zu dem Argument, mann müsse wildfremden Menschen die eigene Geschichte erzählen. Ja müsste man, aber das muss man auch jetzt schon, wenn man sich selbst auf Therapeutensuche begibt und sich mehrere Therapeuten anguckt.
Wir müssen das Leben loslassen, das wir geplant haben, damit wie das Leben leben können, das uns erwartet (Joseph Campbell). Manche Leute glauben, Durchhalten macht uns stark. Doch manchmal stärkt uns gerade das Loslassen (Hermann Hesse).

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stern
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Beitrag Mo., 26.11.2018, 12:20

Jenny Doe hat geschrieben: Mo., 26.11.2018, 11:47
In Kliniken findest Du sie fast nur noch und dennoch kommen Klienten aus den Kliniken in einem verbesserten Zustand zurück. So schlecht können Gruppentherapien nicht sein.
Na ja, das ist keine statistisch haltbare Beweisführung. Auch hier gilt: Für den es passst (was ich nicht abstritt, dass damit manchen gedient sein kann). Gruppenkonzepte haben aber durchaus auch Kritiker, zB in der Traumatherapie (gegenseitiges Antriggern zum Beispiel). Und und und. Das würde hier zu weit führen bzw. siehe den Thread von Anna-Luisa bei weitergehendem Diskussionsbedarf. Ein Kritikpunkt ist, dass durch exzessive Gruppenangebote wiederum Kosten gespart werden sollen, aber eine Gruppe eben nicht unbedingt für jeden Einzelnen passt. Klar, so ist eine Massenabfertigung möglich. Für Patienten, für die Einzeltherapie besser passen würde, gibt es bereits heute in Kliniken hingegen nur sehr begrenzte Möglichkeiten dem Rechnungen zu tragen, wenn überhaupt. Und das wird ambulant wohl auch verstärkt so werden. Nicht aus Liebe zum Patienten... sondern schnöde Ökonomisierung, wie sie bereits in vielen Bereichen der Gesundheitspoltik eingezogen ist. Konservative Sparpolitik zum Wohl der schwarzen Null.
Ich befürworte, dass vor Therapiebeginn individuell geguckt wird, was das Beste für den Klienten wäre, ob Gruppe oder Einzel oder Klinik, ob VT oder PA, ... Denn auch die Klienten, die von einer Gruppentherapie profitieren würden haben das Recht auf einen Zugang zu diesem Behandlungsangebot.
Ich auch. Aber das geschieht bereits... mittlerweile sogar doppelt. In der Sprechstunde und der Behandler prüft ebenfalls nochmals die Indikation. Der Zugang zu Gruppentherapien ist bereits heute möglich.

Im Moment schränkt man die frei Arztwahl zunehmend ein und Behandlern wird abgesprochen, dass der behandelnde Arzt/PT die Indikation stellen kann... stattdessen unterstellt man, dass ein zuweisender Gutachterguru, dass besser könne.
Es gibt zu wenige Therapeuten. Aber das ist für mich ein anderes Thema als eine Vor-Therapie-Beratung. Es kann gerne auch beides geben.
Das hängt zusammen... Schon seit Jahren versucht man einer Aufstockung zu entgehen, indem man etwas kreiiert, was wieder nichts besser macht, sondern stattdessen für mehr Bürokratie sorgt. Auch das Hausarztmodell war übrigens eine Fehlgeburt, wie man heute erkennt.
Du musst es ja nicht machen, wenn dir das nicht zusagt.
Im Moment. Wenn aber die freie Arztwahl zunehmend ausgehölt wird, hat man weniger Wahlmöglichkeiten und Selbstbestimmung. Angebotsknappheit schränkt ferner die Wahlmöglichkeiten ein. Der Trend ist klar.
Ganz genau. Ich finde, man sollte nicht alles gleich verteufeln und auch nicht zu sehr von sich selbst ausgehen. Auch andere Klienten haben Rechte, auch das Recht die Behandlung zu bekommen, die ein Klient braucht.
??? Indikationen wurden auch bisher gestellt. Und mittlerweile zeigt sich auch, wovor bereits von Anfang an gewarnt wurde, dass durch die Neuregelung die Wartezeit nicht verkürzt wurde. Will heißen: Vieles war und ist bereits vorher absehbar gewesen, was sich nun bestätigte - was nichts mit verteufeln zu tun hat, sondern mit Weitsicht.
Zuletzt geändert von stern am Mo., 26.11.2018, 12:40, insgesamt 1-mal geändert.
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Jenny Doe
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Beitrag Mo., 26.11.2018, 12:36

Hallo Stern
Und mittlerweile zeigt auch, wie bereits von Anfanf an gewarnt wurde, dass durch die Neuregelung die Wartezeit nicht verkürzt wurde.
Das kann man, meiner Meinung nach, erst nach einiger Zeit wirklich beurteilen. Ich kann mir vorstellen: Wenn Klienten sofort der richtigen Behandlung zugeführt werden, dann entfallen deren Mehrfachtherapien, die nötig werden, weil man die falsche Therapie gemacht hat und diese nicht hilfreich war.
Nicht aus Liebe zum Patienten... sondern schnöde Ökonomisierung in vielen Bereichen der Gesundheitspoltik.
Sicher ist auch das einer der Gründe. Aber auch ich kann nicht mehr ausgeben als ich auf meinem Konto verfügbar habe. Der Bedarf an Psychotherapie steigt immer weiter, die Einnahmen der Krankenkassen hingegen nicht. Es muss somit überlegt werden, wie man das Problem löst. Man könnte die Kassenbeiträge erhöhen und das mehr eingenommene Geld in PT investieren, man könnte an anderen Stellen kürzen (z.B. bei der Krebsbehandlung) und das dort gekürzte Geld (zu Lasten der Krebspatieten) in Pyschotherapie stecken, man könnte gucken, wie man möglichst viele Klienten gleichzeitig behandelt (Gruppentherapie), damit man den Kassenbeitrag nicht erhöhen muss, ...
Egal was die Gesundheitspolitik tut, es gibt immer Verlierer und Gewinner. Man kann es nicht allen Recht machen.
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Kaonashi
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Beitrag Mo., 26.11.2018, 12:47

Ich würde befürchten, dass dann möglichst viele Patienten der Verhaltenstherapie zugewiesen werden, weil die kürzer ist und weniger kostet.


Jenny Doe
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Beitrag Mo., 26.11.2018, 12:51

Hallo Kaonashi
Ich würde befürchten, dass dann möglichst viele Patienten der Verhaltenstherapie zugewiesen werden, weil die kürzer ist und weniger kostet.
Kann sein, kann aber auch sein, dass die Klienten zwar der PA zugewiesen werden, aber nicht mehr als z.B. 100 PA-Stunden bewiligt werden.
Wenn das der Fall wäre, dann wäre das gewiss sehr kurzfristig gedacht. Das würde kurzfristig zur Kosteneinsparung führen, aber langfristig nicht.
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Kaonashi
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Beitrag Mo., 26.11.2018, 13:08

Langfristige Folgen haben die Politik noch nie interessiert.
Es ist ja auch so, dass Psychiatrie-Aufenthalt immer kürzer werden, obwohl man genau weiß, dass die Leute dann instabil entlassen werden und nach kurzer Zeit wieder stationär sind, was am Ende mehr kostet als hätte man sie einmal richtig behandelt.
Oder es werden lange Wartezeiten auf Therapie in Kauf genommen, obwohl man damit rechnen kann, dass die Probleme in der Zeit größer werden.
Politiker denken nur über einen Zeitraum von vier Jahren maximal.

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