Bedürfnis nach Schmerzen / Tod

Fragen und Erfahrungsaustausch über sexuelle Problembereiche wie Sexualstörungen, rund um gleichgeschlechtliche Sexualität und sexuelle Identität, den Umgang mit sexuellen Neigungen wie Fetischismus, S/M usw. - ausser Aufklärungs-Fragen.
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Marlyn
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Bedürfnis nach Schmerzen / Tod

Beitrag Do., 17.05.2018, 10:59

Hallo,
ich weiß nicht wirklich ob dass hier rein passt, aber ich fang jetzt einfach mal an:

damals mit 16 fing bei mir alles an. Ich hatte meinen ersten Freund, der damals 28 war und hatte mit ihm auch mein erstes Mal. Er war eigentlich immer lieb zu mir, aber ich wollte immer das er mir, während dem Sex weh tut. Am Anfang war es noch ganz normal, ein paar kleine klapse hier und da, aber ich wollte immer mehr. So dass ich während dem Sex manchmal gedacht habe, dass er mich gleich umbringt, weil ich so schmerzen hatte. Aber ich fand gefallen daran. Als die Beziehung dann nach ca. 2 ½ Jahren beendet war, bin ich gleich schon wieder in die nächste Beziehung gerutscht. Mein neuer Freund ist wirklich ein guter Mensch und anfangs meinte er auch das er mir nicht weh tun will. Er wusste das ich diesen gewissen schmerz brauche und wollte mir alles recht machen, also hat auch er langsam angefangen mir weh zu tun. Und wenn er es nicht tun wollte, habe ich ihm eben weh getan (Fingernägel in den Körper gerammt) nur das er mir mehr weh tut.

Anfang des Jahres ist meine Mutter mit mir umgezogen, in ein Mehrfamilienhaus. Über uns wohnt ein 26-Jähriger Mann, der (würde ich behaupten) ein ziemliches Alkoholproblem hat. Von meinem Freund wusste ich auch, dass dieser ziemlich schnell Aggressiv wird. Ich habe das selber auch schon ein paar Mal mitbekommen, weil er ziemlich laut und aggressiv gegenüber seiner Mutter war.

Seitdem wir hier in dem Haus wohnen, kreisen meine Gedanken nur noch um den Nachbar. Ich stell mir manchmal vor das ich mit ihm alleine bin und er mir weh tut. Manchmal gehen meine Gedanken schon so weit, dass ich mir vorstelle wie er mich umbringt. Aber nicht aus Angst, sondern ich wünsche es mir so. Ich stell mir manchmal einfach vor das er mich entführt und mich am ganzen Körper aufschlitzt und ich langsam und qualvoll daran sterbe. Das ist kein Gedanke den ich immer mal habe, sondern ich habe ihn ständig. Vor allem wenn ich allein mit ihm bin. Ich fühl mich auch sexuell zu ihm angezogen, aber eben nur weil ich denke das er mir vielleicht den schmerz gibt, den ich will bzw. brauche.

Gestern Abend habe ich versucht meine Gedankengänge zu erklären, hab überlegt ob es irgendein psychisches Problem ist. Mir ist auch aufgefallen, dass ich seit meiner ersten Beziehung ziemlich viele so Gedankengänge habe. Jedes Mal, wenn ich in einer komischen Situation mit einem Mann bin, hoffe ich das er ein „Psycho“ ist und er mir weh tut bzw. mich umbringt. Ich liebe diesen Gedanken hilflos zu sein und einem Mann ausgesetzt zu sein. Was auch immer er mit mir anstellen würde. Andererseits finde ich den Gedanken so komisch. Normal bin ich kein Mensch, der sich gefahren Situationen aussetzt, ich habe sogar ziemlich oft angst mir an irgendwas weh zu tun. Ich habe auch eine unglaubliche Angst vor Messern, wenn jemand anderes eins vor mir in der Hand hält. Nur was Männer angeht, wünsch ich mir für mich selbst nur das schlechteste und qualvollste was man mir antun könnte. Ich würde nur gerne verstehen was mit mir los ist und ob ich deswegen vielleicht mal zum Psychiater sollte und ich vielleicht antworten bekomme, ob es normal ist oder abartig.

Ich hoffe ihr könnt mich verstehen und sage schonmal danke im Voraus.


shesmovedon
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Beitrag Do., 17.05.2018, 11:11

Das könnte sowas wie ein sexueller Fetisch sein, aber es könnte auch mit Selbstbestrafung zu tun haben. Das ist von außen schwer zu beurteilen. Tendenziell würde ich mehr an ersteres denken, weil du jetzt sonst keine Auffälligkeiten beschreibst. Allerdings kenne ich ja nicht dein ganzes Leben. War da mal in der Kindheit irgendeine Situation, wo ein Mann dich schlecht behandelt hat oder auf diese Art (muss nix sexuelles sein)?
Also wenn's eine Art fetisch ist, dann ist das halt so und dann wirst du dich wahrscheinlich damit abfinden müssen. Manche Menschen brauchen sowas, um zu kommen und Spaß an Sex zu haben.

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Nihilist
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Beitrag Do., 17.05.2018, 12:36

Ich schließe mich hier Schlendrian an, so wie du deine Fantasien beschreibst, klingt das schon ein bisschen nach einem Fetisch. Allerdings kann dem auch mehr zugrunde liegen (traumatische Erfahrungen in der Vergangenheit zum Beispiel). Wenn du diese Fantasien als unangenehm oder besorgniserregend empfindest, wäre es vielleicht gar nicht so verkehrt, mal mit einem Therapeuten darüber zu sprechen.
Du solltest dir halt bewusst sein, dass diese Vorstellung die du von deinem Nachbarn hast, nicht unbedingt mit der Realität übereinstimmen muss (nur weil er ein Alkoholproblem hat, ist er nicht zwangsläufig ein sadistischer Psychopath). Ist es bei dir so, dass du Sex nur auf diese Weise wirklich genießen kannst (also wenn man dir extremen Schmerz zufügt)? Ich hoffe, dass du trotzdem vernünftig und vorsichtig bleibst. Gefährliche, "psychopathische" Männer mögen in der Fantasie zwar anziehend sein, aber in der Realität mag das vielleicht weniger schön für dich verlaufen.

Ich war schon mit einigen Leuten aus der BDSM-Szene befreundet und da waren auch einige sehr extreme Fetische dabei, woran diese Gefallen hatten. Solange du dir Gleichgesinnte suchst, die da auch Spaß dran haben ohne Grenzen zu überschreiten (bzw. die empathisch genug sind um zu erkennen, wenn du dich beim Sex doch nicht so wohl fühlst), und solange es dir dabei auch gut geht, brauchst du dich nicht "abartig" zu fühlen und ein schlechtes Gewissen zu haben. Nur falls es doch mehr latente Selbstbestrafung / Selbstverletzung ist, wäre es ratsam, sich Hilfe zu suchen.

Ich wünsche dir das Beste und hoffe, du begibst dich nicht in gefährliche Situationen, die du am Ende bereust.

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Beitrag Do., 17.05.2018, 20:21

Marlyn hat geschrieben: Do., 17.05.2018, 10:59Jedes Mal, wenn ich in einer komischen Situation mit einem Mann bin, hoffe ich das er ein „Psycho“ ist und er mir weh tut bzw. mich umbringt. Ich liebe diesen Gedanken hilflos zu sein und einem Mann ausgesetzt zu sein.
Also solange es nur eine Fantasie ist und du es zum Beispiel in Form von Rollenspielen auslebst, du dabei trotzdem gut auf dich aufpasst... indem ihr z. B. ein Codewort oder so vereinbart, falls es dir zu weit gehen würde usw. würde ich es nicht als psychisches Problem bezeichnen, weil du dir ja selbst nicht schadest...
"You cannot find peace by avoiding life."
Virginia Woolf

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Möbius
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Beitrag Mo., 21.05.2018, 08:34

@ Marlyn

Ja - es passt hier rein und ich schließe mich der Meinung an, daß dieser "Zwang", sich wehtun, sich töten zu lassen seinen Ursprung in einem ganz oder teilweise verdrängtem Trauma haben kann. Ein Trauma ist eine Erfahrung, die so heftig - "schrecklich" - ist, daß sie unerträglich wird und von psychischen "Abwehrmechanismen" ins Unbewußte verschoben wird. Diese verdrängte Erinnerung bleibt aber dort nicht passiv, sondern drängt unter dem "Wiederholungszwang" wieder Richtung Bewußtsein, äussert sich in einer Vielzahl möglicher psychischer und psychosomatischer Symptome. Zu "Trauma", "Abwehrmechanismen" und "Wiederholungszwang" - psychoanalytische Fachbegriffe - gibt es gute Artikel bei Wiki, die ich Dir empfehlen möchte !

Ich selbst habe solche "Zwangsphantasien" auch erlebt, erlebe sie heute noch immer wieder, wenngleich in sehr abgeschwächter Form - immerhin bin ich seit 5 Jahren in Psychotherapie.

Meine ersten dieser aggressiven Zwangsgedanken habe ich 2011/12 erlebt - ich wollte anderen zumeist die untere Gesichtshälfte - "die F r e s s e" (Umgehung der Wortsperre) - einschlagen, was einmal bis zu einem regelrechten Tatplan gediehen ist. Meine Zwangsgedanken waren - und sind - also anders als die Deinigen nicht "passiv" erleidend sondern "aktiv", anderen Leid antun.

Die Psychoanalyse hat zutage gebracht, daß diese Zwangsgedanken unter dem "Wiederholungszwang" standen, der auf eines von mehreren Traumata in meiner Kindheit zurückgeht: meine Mutter hatte mich massiv sexuell mißbraucht, regelrecht vergewaltigt und mit u.a. Zungenküsse aufgezwungen, gegen die ich mich verzweifelt zu wehren versucht hatte.

Anderen die untere Geschichtshälfte einschlagen zu wollen, bis sie zu einem schaumigen Matsch aus Blut, Gewebe und Knochensplittern geworden sein würde, war nicht als die Wiederholung dieser Vergewaltigungssituation gewesen und meine "phantastischen" Opfer waren zumeist Frauen gewesen ...

Das ist aber nur ein kleiner und vergröbert dargestellter Ausschnitt aus meiner sehr komplexen Mißbrauchsgeschichte und ihren noch komplizierten Folgen ...

Ich kann auch keine Vermutung wagen darüber, welcher Art das Trauma von Dir sein könnte - wenn es denn eines gibt. Wie schon richtig gesagt wurde - auch nichtsexuelle Traumata können sich in die sexuelle Sphäre "verschieben" und es gibt auch Traumata, die zB durch Vernachlässigung eines Kleinkindes entstehen können, ohne daß diese Vernachlässigungen unbedingt "Gewalt" im rechtlichen Sinne darstellen müssen ... die Möglichkeiten sind sehr vielfältig.

Ich möchte Dir raten, Dich einem Psychotherapeuten anzuvertrauen und aus meiner eigenen Erfahrung rate ich zu einem mit psychoanalytischer Ausrichtung, der eben auch die Indikation einer Psychoanalyse zu stellen hat. Die Psychoanalyse ist ein spezielles, recht aufwendiges und auch belastendes Verfahren, mit dem die Grenze zwischen Bewußtsein und Unbewußtem überwunden und Verdrängtes wieder zur Erinnerung gebracht werden kann.

Vom Ausleben dieser Phantasien in der BDSM-Szene rate ich dagegen dringend ab - man erlebt es zwar als lustvoll, befreiend, diesem Zwang nachgeben zu können, hat für kürzere oder längere Zeit Ruhe, aber: man "braucht es" immer wieder, häufig auch "immer mehr" und jedes dieser BDSM-"Spiele" (so nennen es die BDSMler) stellt eine Re-Traumatisierung dar, presst das Trauma immer tiefer in die Psyche, bildlich gesprochen.

Gruß
Möbius

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