Wie empfinden Geschwister ihr behindertes Geschwister?

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Kimba&Blacky
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Wie empfinden Geschwister ihr behindertes Geschwister?

Beitrag So., 24.06.2018, 10:10

Hallo

ich würde gerne wissen, wie es sich für Geschwister anfühlt, mit einem älteren behinderten Geschwister aufzuwachsen.
Folgende Fragen hätte ich dazu:

- Ist es normal, dass das nicht-behinderte Geschwister seinem Bruder / seiner Schwester gegenüber aggressiv ist?

- Ist es normal, dass das behinderte Kind ausgeschlossen wird?

Ist es normal, dass das nicht-behinderte Geschwister sich für seinen Bruder / seine Schwester schämt?

Gruß

Kimba&Blacky

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ENA
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Beitrag So., 24.06.2018, 10:41

Ich würde sagen, das kommt auf das Verhältnis zwischen beiden an, wie sie aufgewachsen sind,... .
Wenn man von klein auf den Eindruck hat, dass man durch das Geschwister Nachteile hat, ist es sicher etwas Anderes, als wenn man mitbekommt, dass das Sein mit dem Geschwister auch schöne Seiten hat.
Ebenso spielt es sicher eine Rolle, wie sehr man auch heute noch belastet ist, wieviel man für das andere Geschwister teilweise "tun muss" oder wieviel Freiraum dennoch da ist? Kann das Geschwister ohne einen, gibt es gefühlt viele Sorgen und wenig Freude (wie kann die entstehen?), gibt es Freiraum für alle?
Es ist ja nichts dagegen einzuwenden, wenn jemand mehr Unterstützung braucht, als der andere, aber der andere braucht halt auch seinen Freiraum.
Ich weiß z.B. von jemanden, der sagt, dass er als Kind eine Weile unter dem behinderten Geschwister gelitten hat. Ich denke, das hatte etwas mit Aufmerksamkeit durch die Eltern zu tun, die dann noch übrig blieben. Unschön kann ich mir auch Situationen vorstellen, wo das nichtbehinderte Kind mitbekommt, wie andere darauf reagieren, dass es ein behindertes Geschwisterkind gibt. Z.B. in der Schule oder auf dem Spielplatz,...oder wenn Freunde nach Hause kommen, die mit Behinderung bisher wenig zu tun hatten. Da kommt es aber auch auf die Eltern an, wie sie damit umgehen.
Bei jener Person, die ich kenne, hat das irgendwann nachgelassen und sie konnte erkennen, wieviel sie eigentlich für sich durch das Sein mit diesem Geschwister gelernt hat.
...und später im Leben, trennen sich die Wege immer mehr. Da kommt es eben auch darauf an, wieviel man den Eindruck hat "tun zu müssen" und wieviel dann noch vom "tun wollen" übrig bleibt.

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Kimba&Blacky
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Beitrag So., 24.06.2018, 11:16

Aber ist es auch normal, dass sich das nicht-behinderte Geschwister unerlaubt in das Leben des behinderten Geschwister einmischt und es seelisch und körperlich misshandelt?
Sowie vor seinen Freunden schlecht redet?


kaja
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Beitrag So., 24.06.2018, 12:17

Die Frage ist vermutlich rhetorisch, oder?
After all this time ? Always.

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ENA
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Beitrag So., 24.06.2018, 12:25

"Normal"? Also dass es der Regel entspricht? Ich habe da keine Statistik drüber. "Normal" ist es vermutlich nicht. Allerdings gibt es da wohl auch keine Norm zu, wie sich Geschwister zu einander verhalten.

Bleibt ja auch noch die Frage, was passiert, wenn das andere Geschwisterteil "ne Bremse" zieht, "nein" sagt, auf Distanz geht,...und wie es dann weiter geht. ...aber das ist sowas von individuell, dass es wohl auch da kein "normal" gibt. ...sondern maximal: Schade, gut, angenehmer, vorteilhafter, schwieriger, unproduktiver,...was auch immer.

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Kimba&Blacky
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Beitrag So., 24.06.2018, 12:50

Nein, die Frage ist nicht rhetorisch.

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Broken Wing
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Beitrag So., 24.06.2018, 13:07

OK, sicher hast du auch das nicht ausgelassen.
Ich habe behinderte Geschwister und bin selbst von einer Behinderung betroffen. Bei derselben Behinderung gabs keine Probleme. Aber bei denen, die sie zusätzlich hatten, sehr wohl. Das betraf vor allem die psychischer Art. Noch heute gehen mir Psychos, die ihre Probleme nicht mit sich ausmachen, schwer gegen den Geist. Schlechte Noten? Zahlungsaufforderung? Ärger mit Freunden und Familie? Klar, die Eltern schreien oder schlagen zu, ist bei Gesunden oder weniger behinderten nicht anders gewesen. Aber so ein Anfall beeindruckt und wirkt wunder. Irgendwann, nachdem diese Strategie auch bei Konflikten zwischen mir und derjenigen bei ihr zu Anfällen führte, habe ich mich gewehrt: Mir doch egal, dann werd halt bewusstlos, laber Blödsinn und was dir sonst noch so einfällt, die Differenzen werden sich dadurch nicht in Wohlgefallen auflösen und ich werde auch nicht so sein, wie du mich haben willst.
Die Folge waren zunächst filmreife Anfälle und die Rabenschwester, aber da steht man cool drüber. Es legte sich mit der Zeit und ihre Anfälle passieren auch nur dann, wenn ich nicht alleine da bin. Von mir ist diesbezüglich keine Hilfe zu erwarten außer, dass ich die Rettung rufe. Aber das will sie aus gutem Grund nicht. Ihre Entscheidung, die ich nur in so weit berücksichtige, wie mich das nicht in Konflikt mit dem Gesetz bringt.

Gleich, ob jemand das simuliert oder nicht, sowas ist nicht tragbar. Der Mensch tut mir ja leid, weil er sich offensichtlich nicht anders zu helfen weiß. Die Folgen sind dennoch katastrophal.

Was Körperbehinderte angeht, habe ich kein Problem damit, sofern sich diese Menschen wirklich um ihre Selbstständigkeit bemühen, die anderen nicht für ihre Behinderung verantwortlich machen und dennoch sich nicht ins Eck drängen lassen.
Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir. [Nico Semsrott]

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Noenergetik
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Beitrag So., 24.06.2018, 13:31

Wenn sich ein gesundes Geschwisterkind gegenüber einem behinderten Geschwister auffällig (aggressiv) verhält dann ist es sinnvoll zu gucken was es für ein Problem hat.
Es ist ja nicht gerade selten das gesunde Kinder in solchen Fällen vernachlässigt werden weil das behinderte Geschwisterkind viel Aufmerksamkeit benötigt.
Und wenn es sich schämt, dann schämt es sich.
Das ist ein Gefühl. Daran kann nichts verkehrt sein.


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Kimba&Blacky
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Beitrag So., 24.06.2018, 14:12

Aber warum schämen sich manche dafür?
Kann ich absolut nicht nachvollziehen.

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Noenergetik
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Beitrag So., 24.06.2018, 14:18

Scham ist ein Gefühl, man kann es nicht unbedingt begründen.
Das ist auch nicht wichtig.
Und man muss es auch nicht nachvollziehen können.
Es wird schon seine Gründe haben.
Wichtig ist dem Geschwisterkind liebevoll zu begegnen.
Sehr hat da ja einen Link gesetzt, da stehen auch noch einige wertvolle Informationen zu dem Thema wie ich finde.

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ENA
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Beitrag So., 24.06.2018, 15:18

Vielleicht weil sie das selber als einen "Makel" erleben, der auf sie zurück führt. In der Kindheit z.B. ein Erleben wie, dass xy ja nicht mit zum Spielen von.... gehen kann, weil er ja einen behinderten Bruder hat. ...oder andere Kinder das behinderte Geschwister nicht einordnen können und meinen:" Der ist komisch. Der macht solche komischen Gesten"...und dann darüber vielleicht auch lachen. Dem betroffenen gesunden Geschwisterkind ist das dann vielleicht peinlich und schämt sich dafür, dass es ein behindertes Geschwisterkind hat. Einmal vielleicht wegen dessen Verhalten, was andere nicht einordnen, nachvollziehen können und dann vielleicht auch, weil es selber gerne "normal" sein würde. "Normal" in dem Sinne, dass es genauso frei sein, tun und lassen möchte, wie andere in seinem Alter vielleicht auch.
...Vielleicht kommt auch die Frage auf, warum ausgerechnet in der eigenen Familie jemand so anders ist.

Das sind aber alles mögliche Erklärungen für ein paar Situationen von vielen. ...und es macht auch einen Unterschied, um welche Behinderung und um welches Alter es sich handelt. Vielleicht ist auch die Sehnsucht da, genauso ein tolles Geschwisterverhältnis zu haben, wie x und y oder auch von einander zu lernen. Nur in der eigenen Familie geht es halt nicht.
...Sind alles Beispiele. Ich vermute nur, es lässt sich nicht genau klären, weil für den individuellen Fall die konkreten Beteiligten gefragt werden müssten... .

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Krümmelmonster
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Beitrag So., 24.06.2018, 16:00

Kimba&Blacky hat geschrieben: So., 24.06.2018, 14:12 Aber warum schämen sich manche dafür?
Kann ich absolut nicht nachvollziehen.
Warum kannst du es nicht nachvollziehen?
Ich habe mich auch geschämt für meine Geschwister, es war für mich sehr schwierig mit Behinderungen umzugehen vor anderen Kindern. Einfach anders sein und abgestempelt zu werden von anderen Kindern, ich bin auch nicht normal. Da ich auch Defizite hatte und mein Verhalten nicht normal war, wollte aber dazu gehören bei normalen Menschen.

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Noenergetik
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Beitrag So., 24.06.2018, 16:04

Ich denke auch es gibt viele Gründe dafür weshalb sich das Geschwisterkind schämt.
Bitte verurteile es nicht dafür.

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ENA
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Beitrag So., 24.06.2018, 16:19

Ich hab die weiteren Threads von Kimba nicht wirklich gelesen (wobei, in ein oder zwei habe ich sicherlich mal mitgelesen und was geschrieben), so dass ich nun nur vermuten kann, dass es darum geht, dass ihre Geschwister sich vielleicht für sie geschämt haben oder es heute noch tun? Ich weiß es nicht.

...und ja, es mag viele Gründe fürs Schämen geben. Grade bei Kindern geht es ja oft darum, "normal" zu sein, mithalten zu können. Manchmal können sie es nicht, erleben das dann als Makel, wollen nicht "negativ besonders" sein...und schämen sich dann dafür. Ich denke, je mehr abhängig sie davon sind, von anderen anerkannt, gemocht zu werden, normal zu sein (oder vielleicht auch noch "positiv besonders", desto schwieriger wird es, auch etwas anzunehmen, was eben nicht so ist...und dann geraten schon mal die positiven Seiten, die positiven Erlebnisse, die man mit jenem Geschwisterkind hat, in den Hintergrund9.

...aber...ist halt wirklich die Frage, ob es sich um ein Kind oder eine Erwachsene handelt, im welchen Kontext man lebt, wie die sozialen Bezüge sind, etc. .

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