PTBS und Umgang mit eigenen Kindern

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Zora_
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PTBS und Umgang mit eigenen Kindern

Beitrag Mo., 27.05.2019, 11:05

Hallo zusammen,

mich beschäftigt immer wieder ein Thema und es würde mich einfach mal interessieren, wie andere hier im Forum das erleben.
Und zwar geht es um meine Kinder und in wie weit sie durch meine psychische Verfassung "beeinträchtigt" sind...

Bei mir ist es so, dass ich sehr oft ein sehr schlechtes Gewissen meinen Kindern gegenüber habe. Dadurch, dass ich die Traumatherapie in den letzten zwei Jahren neben meinem Alltag durchgeführt habe, wurde mir alles oft zu viel.
Und ich denke, das haben meine Kinder gespürt....leider :cry:
Natürlich habe ich versucht, es mir nicht anmerken zu lassen wenn es mir schlecht ging. Aber das ging nicht immer und Kinder spüren sowas ja eh. Ich habe ihnen dann erklärt, dass die Mama manchmal traurig ist. Dass auch Erwachsene das manchmal sind aber dass es auf jeden Fall nichts mit ihnen zu tun hat....
Leider fehlte mir in den letzten Jahren auch oft die Geduld weil ich einfach keine Nerven mehr hatte.

Jetzt kam noch dazu, dass mein Sohn in die Schule gekommen ist und immer selbstständiger wird. Was natürlich toll ist! Aber dadurch fängt das jetzt eben an, dass er auch alleine in die Schule oder mal zu einem Freund läuft und ich ihn loslassen muß. Und mir ist dann plötzlich so klar geworden, dass ich ihn jetzt nicht mehr vor allem beschützen kann. Und dass ich ihn natürlich davor beschützen möchte, dass ihm nicht etwas ähnliches passiert wie mir damals. Aber das ist realistisch gesehen, nicht möglich. Diese Erkenntins, dass auch ich meine Kinder nicht bis ins letzte beschützen kann macht mich teilweise extrem fertig.
Natürlich lasse ich meine Kinder diese Angst nicht spüren, oder ich versuche es zumindest. Aber es ist schwer...

Mich würde einfach mal interssieren wie ihr das alles empfindet und was für Lösungen ihr vielleicht für den Alltag mit euren Kindern gefunden habt!

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spirit-cologne
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Beitrag Mo., 27.05.2019, 11:37

Nein, du kannst ihn nicht vor allem Übel beschützen. Aber es gibt ja auch Menschen, die "resilient" sind, d.h. die selbst schwierigste Lebenssituationen (incl. MB) bewältigen können, ohne dass sie ernsthafte psychische Folgen davon tragen. Heute weiß man, dass das vor allem damit zu tun hat, ob Menschen über Selbstwirksamkeit verfügen (also der Überzeugung sind, durch ihr eigenes Handeln ihr Leben beeinflussen zu können), sich gesehen und angenommen fühlen und ihrer eigenen Wahrnehmung vertrauen.

Und da kannst du ansetzten. Du kannst deine Kinder so erziehen, dass sie diese Fähigkeiten entwickeln können. Das bedeutet, den Kindern die Möglichkeit zu geben, sich auszuprobieren, sich selbst als kompetent zu erleben, worin auch immer. Und die Kinder nicht zu belügen, auch wenn es darum geht, wie du dich fühlst. Du kannst das natürlich etwas abgeschwächt darstellen und den Kindern signalisieren, dass du das beeinflussen kannst (Selbstwirksamkeit!), aber versuche nicht ihnen was vorzuspielen, was nicht ist, das birgt dann tatsächlich die Gefahr, dass Kinder anfangen ihrer Wahrnehmung zu misstrauen (Ich merke Mama ist traurig, Mama sagt, sie ist nicht traurig, Mama ist groß und hat Recht, also muss ich falsch liegen), was sie unsicher und anfällig für Manipulationen von außen macht (damit öffnet man dann u.U. dem MB das Tor, wenn dann jemand sagt "mach dass, das ist schön!", wird das Kind dann evtl. tun, auch wenn es selbst das nicht mag, weil es seiner Wahrnehmung nicht vertraut). Insofern finde ich das so, wie du das machst schon ziemlich gut, dass du ihnen sagst, dass es normal ist, dass Eltern auch mal traurig sind, damit werden die Kinder in ihrer Wahrnehmung bestätigt, ohne dass eine Katastrophe daraus gemacht wird.

Sehen und annehmen kannst du sie, indem du ihnen zuhörst, wenn sie dir etwas erzählen wollen und auch auf das achtest, was sie dir vielleicht nur mit ihrem Köper/ihrem Verhalten sagen können. Gerade im Bereich Traumatisierung durch MB besteht das größte Risiko dann, wenn die Kinder von Ihren Bezugspersonen nicht ernst genommen werden und diese ihnen nicht helfen, wenn sich die Kinder an sie wenden.

Das sind Dinge, die viele Eltern gar nicht so wissen und nicht genügend berücksichtigen, so dass deine Erkrankung und die Beschäftigung mit dem Thema vielleicht auch Vorteile für deine Kinder haben kann. Du bist einfach stärker sensibilisiert für solche Themen, das hat genauso Vorteile wie Nachteile.
It is better to have tried in vain, than never tried at all...

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mathilda1981
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Beitrag Mo., 27.05.2019, 11:59

Hallo Zora,

was ich dir raten kann, das weiß ich gar nicht. Diese Angst, das immer irgendwas passieren kann - die kann ich gut verstehen. Mir war sehr früh bewusst, dass ich meine Kinder vor vielem nicht schützen kann (alle drei waren in den ersten 2 Jahren aus unvorhergesehenen med. Gründen kurzzeitig auf der Kippe...) - weil es nicht möglich ist immer und alles in der Hand zu haben. Ich habe daher genau den anderen Weg gesucht. Meine Kinder sind relativ früh aufgeklärt gewesen (altersgerecht) um zu wissen, was "falsch" ist. Sie mussten nie die Oma o.ä. umarmen, wenn sie das nicht wollten. Sie wissen genau, dass sie über ihren Körper bestimmen dürfen. Und ich habe sie bewusst sehr selbstständig erzogen. Dadurch haben sie selbstvertrauen bekommen und ich hoffe, dass dieses Auftreten ihnen Sicherheit gibt. Und daher versuche ich (und hoffe inständig das dies der richtige Weg ist) soviel wie möglich zu stärken und ihnen Sicherheit zu geben. Ich hatte gerade die letzten Wochen 2x die Situation, bei denen meine Kinder mit sehr unangenehmen/"peinlichen" Themen zu mir kamen (was mich sehr stolz gemacht hat) - die ich meiner Mutter nie nie nie und nimmer erzählt hätte. Es ist ihnen nicht leicht gefallen - aber die haben mir soviel Vertrauen entgegengebracht um mit mir darüber zu reden.

Auch meine Kinder merken, dass ich oft traurig, niedergeschlagen war/bin. Und sie merken in den letzten Monaten, dass ich mehr Freiraum brauche und mal Zeit für mich. Das finden sie sicherlich auch nicht immer toll - aber sie wollen selber"ihre Zeit" mit ihren Freunden, daher kann ich das schon gut erklären weil sie es eigentlich verstehen können (Grundschule und 6. Klasse). Aber - und das ist meiner Meinung nach das Wichtigste - sie wissen, dass sie sich immer auf mich verlassen können und sich immer, mit was auch immer, an mich wenden können. Meine Kinder sind zu tollen, empathischen, selbstsicheren, gefestigten Kindern herangewachsen- meine Erziehung und meine Verfassung waren sicherlich nicht perfekt (sicher auch weit von perfekt entfernt...) aber ich habe mein bestes gegeben und versuche es weiterhin.

Und schon alleine, dass man es infrage stellt ob man "das richtige macht" oder ob man etwas besser machen kann, das allein finde ich schon einen guten Schritt. Ich muss auch oft "mit mir reden" und mir klar machen, dass es "meine Ängste" sind und nicht die Ängste/Probleme meiner Kinder. Aber mir hat viel dabei geholfen zu sehen, wie selbstständig meine Kinder sind und das sie es schaffen sich Hilfe zu holen. Das blöde Gefühl, gerade wenn meine Tochter dann mal in die "Jungszeit" kommt - das wird mich immer begleiten...aber mir ist wichtig zu wissen, dass es meine (netagiven) Gefühle sind und sie ihre (hoffentlich nur positiven) haben darf (...mal schaun ob ich das dann auch hinbekomme :anonym: ).

Lg Mathilda


shesmovedon
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Beitrag Mo., 27.05.2019, 12:47

Es ist gut, dass du eine Therapie machst und deine Probleme aufarbeitest. Dass das nicht immer spurlos an Kindern vorbeigeht, ist klar. Aber du scheinst das ja zu reflektieren und ich finde das is schon mal ein Basic, um trotzdem eine gute Mutter zu sein.
Weißt du, ich werde Vater, trotz meiner DIS, PTBS und paranoiden Schizophrenie. Ich habe mir auch anfangs ganz viele Gedanken gemacht, ob ich überhaupt ein guter Vater sein kann. Aber inzwischen - und das wurde mir von vielen, auch von der Therapeutin bestätigt, kann ich trotz meiner Erkrankungen ein guter Vater sein, auch wenn es mir mal schlecht gehen sollte. Solang man reflektiert und immer gewillt ist, falsches Verhalten wieder besser zu machen, ist das sicher in Ordnung, wenn die Kinder auch mal lernen, dass auch die Eltern traurig sein können.

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Zora_
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Beitrag Mo., 27.05.2019, 13:33

Vielen Dank für eure hilfreichen Beiträge!

@spirit-cologne
Du hast das sehr gut beschrieben, die Sache mit der Resilienz! Da habe ich mir auch schon immer wieder Gedanken drüber gemacht. Und es ist sehr spannend weil ich denke, man kann es sicher ein Stück weit "anerziehen" oder den Kindern vermitteln aber ich denke es ist auch einfach angeboren.
Bei meinen Kindern sehe ich das extrem. Meine Tochter war schon immer so...ja, resilient (hat sie definitv von meinem Mann) und mein Sohn kommt da leider sehr nach mir, der ist sehr sensibel und nimmt sich viel zu Herzen.
Deswegen mach ich mir um meine Tochter viel seltener Sorgen, bei ihr habe ich eher das Gefühl, dass sie ihren Weg schon machen wird. Da konnte ich schon manchmal etwas lernen, bei meiner Tochter, mit ihren gerade mal 5 Jahren :lol:
Aber bei meinem Sohn habe ich da schon ein Auge drauf und versuche ihn zu unterstützen.

Und danke für den Hinweis, dass es vielleicht sogar Vorteile hat, dass ich durch meine Vergangenheit stärker sensibilisiert bin. Das habe ich so noch nie gesehen. Ich habe mich da eher immer schuldig gefühlt und gedacht, wenn ich stärker gewesen wäre oder noch mehr gekämpft hätte, wäre ich vielleicht mit meiner Vergangenheit besser klar gekommen und hätte keine PTBS entwickelt...


@mathilda
Bin gerade sehr beeindruckt, wie du das alles mit deinen Kindern "geschafft" hast. Das klingt alles total reflektiert bei dir!
Das mit der frühen Aufklärung haben wir auch so gemacht und ich denke, das war schon mal ein guter Schritt.
Und ich denke du hast recht, wenn man die Kinder zur Selbstständigkeit erzieht, hat das viele Vorteile. Für ihr Selbstbewusstsein, Selbstvertrauen und auch für die Selbstwirksamkeit, von der spirit-cologne ja auch geschrieben hat.
Ich denke, das werde ich in Zukunft auch noch mehr beachten!

@Schlendrian
Ja, du hast recht...man sollte sich da immer wieder selbst reflektiern, um falsches Verhalten zu bemerken und zu ändern. Und ich finde es dann auch wichtig, mich bei meinen Kindern zu entschuldigen wenn ich merke, dass ich einen Fehler gemacht habe.

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mathilda1981
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Beitrag Mo., 27.05.2019, 15:39

Zora_ hat geschrieben: Mo., 27.05.2019, 13:33

@mathilda
Bin gerade sehr beeindruckt, wie du das alles mit deinen Kindern "geschafft" hast. Das klingt alles total reflektiert bei dir!
Ach, sein da mal nicht zu beeindruckt :kopfschuettel: :lol: ...ich hab sicherlich Millionen Fehler gemacht, die in 15 Jahren meine Kinder ihren Therapeuten erzählen :anonym: ....

Grundsätzlich machen wir doch alle viele Fehler. Aber ich denke, wenn die Grundbasis stimmt, wenn vertrauen da ist und die Kinder wissen, dass sie geliebt werden, dann ist doch schon sehr viel erreicht und da können auch kleine Fehler (wobei Fehler ein blödes Wort ist, mir fällt nur gerade kein passendes ein...) durchaus verschmerzt werden. Was ist schon perfekt.....

Lg Mathilda

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Zora_
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Beitrag Mo., 27.05.2019, 17:21

mathilda1981 hat geschrieben: Mo., 27.05.2019, 15:39 Aber ich denke, wenn die Grundbasis stimmt, wenn vertrauen da ist und die Kinder wissen, dass sie geliebt werden, dann ist doch schon sehr viel erreicht und da können auch kleine Fehler (wobei Fehler ein blödes Wort ist, mir fällt nur gerade kein passendes ein...) durchaus verschmerzt werden. Was ist schon perfekt.....
Das sagt mir mein Mann auch immer, wenn ich mal wieder das Gefühl habe alles falsch zu machen. Ich sollte versuchen, das auch mehr so zu sehen...!

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Schnuckmuck
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Beitrag Mo., 27.05.2019, 20:21

Ich kann doch total verstehen. Ich hatte meine totalabsturz, als meine Tochter eingeschult wurde.
Klinik, Reha, seit dem Therapie. Aber es wird besser. Denn mit der Selbständigkeit der Tochter und des sohnes entwachsen sie deinen Ängsten.

Es gibt auch heute Dinge,,die ich nicht möchte. Zb, dass meine Tochter jetzt mit 13 nicht öffi zu uns fährt, wenn Männer im Bus sind, denn der Weg zu uns geht durch einen Waldrand.

Oder der sog darf nicht vor der Schule warten, da da schon Kids angesprochen wurden. Ihn hole ich immer aus der Schule,


Aber ich habe nur in der Therapie gelernt, lockerer zu lassen. Dass sie beim campen Radfahren dürfen, dass sie erst zu zweit zum Klo und jetzt allein, dass sie im Dunkeln runden mit dem rad fahren.

Aber allein morgens mit dem Bus oder allein mit dem Bus zu Freunden. Das geht nicht. Auch allein zuhause, also ein Kind. Nein. Zu zweit, mit abgeschlossenem,Tor ja. Aber immer mit Handy.

Wichtig ist, deine Kinder erleben nicht deine Kindheit, du musst an der arbeiten, dass die Kinder selbstbewusst werden. Sie müssen gefahren kennen. Aber nur im normalen Rahmen. Meine Tochter war mit 11 in Ny. 10 Tage bei ihrer Tante und da war sie tags auch Stunden allein im penthouse. Sie war selten so glücklich wie in ny. Sie wird garantiert ein grossstadtkind. U d wir werden das fördern. Sie wird Auslandsjahre machen, wir, ich werde dahinterstehen, denn ich will dass sie glücklich ist. Bis zum Ende ihrer Tgae, so lange ich es unterstützen kann, werde ich es tun, nicht leichtsinnig, aber mit dem Bewusstsein, dass es ihr Leben ist.

U d da mein Sohn nicht vergleichbar ist, weil ich als Frau da schlecht denken kann, wie es als Mann ist, passe ich im Rahmen genau so auf ihn auf behüte ihn. Aber auch bei ihm gilt. Nicht einschränken durch alte Ängstel sondern aktuell sorgsam, mit offenen Augen und beschützend mit der notwendigen Freiheit. Die Kinder brauch3n.

Sorry für DEN Roman!

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Tupsy71
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Beitrag Di., 28.05.2019, 12:34

Hallo. Also ich denke, wenn kids gut auf draußen vorbereitet sind, wirds bestimmt gut gehen. Mur half dabei gut das Bilderbuch " geh nie mit einem Fremden mit" . Da können dann gute Gespräche entstehen. Denke, auch wenn mal was nicht gut läuft- sich zu entschuldigen ist wichtig. Eltern sind nicht perfekt.

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Zora_
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Beitrag Di., 28.05.2019, 15:29

Danke für deinen Beitrag Schnuckmuck, du hast recht...man muß sich immer wieder klar machen, dass es hier um die eigenen Ängste geht und nicht um die aktuelle Realität seiner Kinder. Ich möchte sie auch nicht unnötig einschränken, nur weil ich Angst habe...
In unserem Fall ist es ganz gut, dass mein Mann da total anders ist. Der kennt keine Angst und hat ein (für mich unverständlich) großes Vertrauen ins Leben. Aber das ist gut...so kommt bei unseren Kindern vielleicht irgendwas "dazwischen" an.

Danke Tupsy, für den Buchtipp...das Buch muß ich mir mal anschauen.

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