positive Weiterentwicklung nach der Therapie

Dieser Bereich ist speziell Erfolgsberichten und positiven Erfahrungen in und durch Psychotherapien gewidmet. Wie war es und was hat Ihnen geholfen? Lassen Sie uns positive Erfahrungsberichte sammeln, die Mut machen.
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Wandelröschen
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positive Weiterentwicklung nach der Therapie

Beitrag Sa., 05.12.2015, 00:08

Hallo zusammen,

ja, mich gibt es schon noch, so hin und wieder lese ich mal kurz rein und vereinzelnd hab ich ja auch noch etwas geschrieben, aber keine eigene Beiträge mehr.

Und jetzt tue ich es – nach einigem Zögern – doch.
Zögern, warum?
Was gib einem die „Berechtigung“, hier zu schreiben?
Darf man das nur, wenn man Probleme hat, Hilfe sucht?
Ich finde eindeutig: nein
Man darf, egal aus was für Gründen auch immer, hier schreiben, wenn man möchte.
Muss ich mich dafür rechtfertigen?
Eindeutig nein.

Auch positive Berichte haben hier ihren Platz.
Und dieses ist ein positiver Beitrag/Bericht.

Obwohl ich hier ja auch schon mit einem positiven Bericht erfahren musste, dass mir da einiges unterstellt und um die Ohren geknallt wurde, lässt mich das nicht abhalten, meine Freude auch kund zu tun.

Nach meiner Therapie (Ende war Mitte Februar) ging und geht immer noch Veränderung weiter, ganz besonders habe ich es wieder am letzten Wochenende registriert, war fort auf einer Fortbildung. War ich früher auch immer mal wieder, also nichts Neues – eigentlich. Aber dieses Mal registrierte ich ganz gravierend, dass was anders war. Man, war es anstrengend, die ganze Zeit präsent zu sein. Integration ist anstrengend – und auch für Multis natürlich neu und ungewohnt. Wir sind jetzt nur noch zu zweit. Und so bin jetzt ich im Leben wesentlich präsenter, was vorher auf mehreren Schultern verteilt war, „lastet“ jetzt komplett auf meinen. Das ist ungewohnt, aber so wie ich mich kenne auch handlebar, wenn auch erst einmal anstrengend. Auch vieles andere im Auftreten und im Umgang mit anderen Menschen hat sich deutlich zum positiven hin geändert.

Bei meinem letzten Treffen mit meinem Thera vor zwei Monaten hatte er ja wieder betont, dass ich mich jederzeit bei ihm melden darf/kann/soll. Ich rief ihn heute an, war natürlich wie üblich sein AB dran. Er rief dann zurück, wurde dann ein längeres Gespräch. Er freute sich richtig mit mir und witzelte gleich, dass ich ihm jetzt aber kein neues Flussdiagramm zeichnen bräuchte. Man, dass er sich an die (jetzt gerade passende) Situation in der Therapie erinnerte. Das Gespräch verlief so richtig ungezwungen, und es ging nicht nur um mich. Auch das „Fachsimpeln“ mit ihm macht inzwischen richtig Spaß. Im Februar werde ich ihn wohl wieder sehen; er will wissen, wie die jetzt anlaufenden beruflichen Projekte bis dahin gelaufen sind. Er sagte – und das war sonst in der Therapie nicht so seine Art – dass er sich schon jetzt sehr darauf freut, und das glaube ich ihm inzwischen uneingeschränkt.

Die Therapie war lange, hart und seeehr anstrengend, aber auch sehr lohnend. Ich lebe – und das ist ein sehr großer Unterschied zu dem Funktionieren auf hohem Niveau, wie es zuvor war.
Gruß
Wandelröschen

Wann, wenn nicht jetzt. Wo, wenn nicht hier. Wer, wenn nicht ich.

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Sarana
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Beitrag Sa., 05.12.2015, 01:28

Danke für den Bericht, liebe Wandelröschen.
"Not doing life today. Love to. But can't."
Hoffentlich: "I think I'm at a stage of my life where I subconsciously purposefully f.uck everything up just to see if I can find a way out of it."
Untiefen des Internets


Hope°
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Beitrag Sa., 05.12.2015, 02:58

Das freut mich sehr für dich!!
Besonders dein allerletzter Satz hat mich sehr berührt!
Leben- nicht funktionieren!
Mein Ziel und es motiviert mich, weil du es erreichen konntest. Ergo ist das nicht bloß theoretisches Gefasel.

Danke, Wandelröschen!

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Kellerkind
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Beitrag Sa., 05.12.2015, 03:21

Hallo Wandelröschen,

das deckt sich für mich ganz mit meinen Erfahrungen: egal ob Tagesklinik, Reha oder Therapie, der wirkliche Nutzen kam immer erst hinterher. Es ist ein Prozess. Einmal in Gang gesetzt, entfaltet er teilweise erst Monate oder Jahre später seine ganze Wirkung.
Wenn auch ein wenig abgedroschen, bietet sich möglicherweise das Beispiel eines Zuges an: Therapie setzt einen nur in den richtigen Zug, auf das richtige Gleis, was daraus wird, das entscheidet sich erst in der Zeit danach.

Wenn ich so zurückblicke, dann behaupte ich, dass 95% meiner Therapie-Erfahrungen ärgerlich, falsch oder unnütz waren. Aber von den anderen 5% zerre ich auch noch Jahre danach, die haben meine Leben verändert. Oder vielleicht besser gesagt: das, was man daraus gemacht hat? Diese Nachhallen, dieser Prozess... deutlich langsamer und schleichender als irgendwelche messbaren Ad-Hoc-Ergebnisse, die man gerade zu Beginn oft anstrebt, dafür aber um so stabiler.

Manche Dinge brauchen einfach Zeit, um zu reifen. Wenn man in den richtigen "Zug" gesetzt wurde, rollt der dann erfreulicherweise auch ganz von alleine, egal wie viele Jahre es dauert, bis man am Ziel ankommt, ohne dass man noch groß Energie hineinpulvern muss...

Weiterhin alles Gute, und danke für deinen Beitrag.
"Auch andere Wege haben schöne Steine. "

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Wandelröschen
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Beitrag Sa., 05.12.2015, 16:55

Hallo Hope,

ja, es ist nicht nur theoretisches Gefasel.
Ich kenne noch ein paar, die inzwischen sagen, sie Leben, im Gegensatz zu dem Funktionieren zuvor. Wobei „Leben“ nicht heißt, dass alles nur Friede/Freude/Eierkuchen ist, also durch die rosarote Brille betrachtet, angenehm, leicht und gut. Nein, ist es bei mir auch nicht. Leben heißt auch, in der Lage zu sein, den Widernissen zu trotzen, Lösungen für Probleme und unangenehme Situationen zu finden, daran nicht unterzugehen oder mit dysfunktionalen Handlungsweisen zu agieren. Aber Leben heißt natürlich auch, das Positive zu sehen, zu spüren, zu genießen (was ja früher auch nicht so ging), sich zu zeigen, auf sich zu vertrauen, da zu sein, zu sich selber zu stehen, … mit allen Sinnen zu fühlen – und das kann manchmal ganz schön heftig und anstrengend sein.
Gruß
Wandelröschen

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Wandelröschen
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Beitrag Sa., 05.12.2015, 17:04

Hallo Kellerkind,

ja, Therapie setzt klar einen Prozess in Gange, der auch über die „aktive“ Therapiezeit weitergeht, wie du schreibst, oft schleichend. So fällt einem selber die Veränderung nicht direkt auf. Ähnlich wie das „Wachsen“ bei Kindern, das den Eltern nicht/kaum auffällt, aber wenn Oma/Opa alle zwei Monate zu Besuch kommen, heißt es wieder, „man, ist unser Enkel wieder gewachsen“.
Und so hatte ich das halt bei der Fortbildung am Wochenende halt deutlich registriert, ähnlich wie Oma und Opa.

Der Prozentsatz mit dem ärgerlichen und dem nützlichen während der Therapie war aber bei unsereins damals deutlich günstiger, zumindest bei meinem Thera. Bei der Ex-Thera, bei der ich zuvor war und dann ja auch abgebrochen habe, war der Prozentsatz zum Schluss, also bei der Abbruchsituation wohl ähnlich. Erfolge bei diversen Symptomen, die aber damals auch nicht jeder von uns zeigte (nicht alle hatten z.B. Zwänge und Ängste/Panikattacken) stellten sich dann bei meinem neuen Thera nach Interventionen recht schnell – und dauerhaft ! – ein. Die fehlende Objektkonstanz (damals wusste ich noch nicht einmal, dass es so etwas überhaupt gibt) änderte sich schleichend, aber auch noch während der Therapie.

Relativ schnelle Erfolge bei „Kleinigkeiten“ während der Therapie waren notwendig, um überhaupt etwas Vertrauen aufzubauen. Denn das war ja auch ein ganz großes Problem bei uns, kontrollieren konnten wir sehr gut, vertrauen nur uns selber. Nähe zulassen war seeehr lange nicht möglich, „gemocht“ zu werden praktisch lebensgefährlich für einige von uns. Und dieses Wechselbad, was sich ihm bot, bis er auf der Platte hatte, dass wir DIS haben könnte und er es hin und wieder mit anderen zu tun hatte, hat halt auch zu Schwierigkeiten geführt.

Schon die letzten Stunden vor dem von mir selbstbestimmten Ende (ich wusste, ich kann alleine weitergehen) der Therapie waren die reflektierenden Gespräche anders als die „normalen“ Therapiegespräche, er „ließ die Hosen runter“, plauderte aus dem Nähkästchen. So weiß ich halt inzwischen, dass er sich mir auf der menschlichen Ebene sehr viel präsenter gezeigt/sich angeboten hatte als es Therapeuten normalerweise tun. Und die Nähe und Vertrautheit, die da sehr langsam in den ca. 3,5 Jahren bei uns gewachsen ist, hat immer noch bestand, inzwischen auf einer ganz anderen Ebene. So habe ich jetzt bei unserem letzten Treffen Anfang Oktober das Buch, welches er mir ja schon in der letzten Therapiestunde noch ausleihen wollte (ich aber ablehnte, nicht, weil es mich nicht interessierte, sondern weil ich irgendwie nicht wirklich glauben wollte, dass er mich nach der Therapie nochmal wiedersehen wollte [ich müsste es ihm ja zurückbringen, also ihn besuchen kommen], bin halt davon ausgegangen, dass Therapeuten froh sind, ihre schwierigen/anstrengenden Patienten los zu sein) doch angenommen, bekommt er dann im Februar wieder, zusammen mit dem Patienten-Info-Blatt, dass er mir zum Korrekturlesen mitgegeben hat. Da ist er gerade was am Schreiben und wollte da meine Meinung/Sichtweise zu haben (deswegen hatte er mich ja um das Treffen gebeten) – betrifft aber nicht meine damalige Problematik.

Die Therapie war alles andere als „Kuscheltherapie“. Schon während der der Probatorik sagte er, er sei knallhart und unerbitterlich, ja, und das war so. Er ging sehr konfrontativ vor, packte mich nicht in Watte, arbeitete auch mit Imaginationen. Keine ewig andauernden Stabilisationen, aber ressorzenausnutzend und in kleinen Schritten konfrontierend, nicht Trigger vermeidend, wie oft gemacht wird (dafür gab es einfach zu viele, wie er selber sagte). Aber diese „kleinschrittigen“ Konfrontationen wirkten ja auch stabilisierend und Vertrauen aufbauend, da sie zeigten, das unsereins nicht unter ging, sich trotzdem auffangen konnte und er mir beiseite stand, egal was passierte. So konnten wir dann auch wirklich relativ schnell an die tiefen/großen Baustellen gehen. Er mutete mir das zu – und sich auch! Denn er sagte inzwischen, dass viele seiner Kollegen mit hauptsächlich Komplextraumatisierten nur stabilisierend arbeiten, nicht aufdeckend/konfrontativ, weil es zum einen den Anschein hat, dass es den Patienten schon genug Entlastung gibt, dass deren Leben in einigermaßen guten Bahnen läuft, zum anderen aber auch, weil sie sich dem Angucken selber nicht zutrauen -> eigene Angst vor Sekundärtraumatisierung.
Gruß
Wandelröschen

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Quatsch
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Beitrag Sa., 05.12.2015, 17:29

Hallo Wandelröschen,

du klingst 'aufgeräumt', lebendig und mir scheint du hast dich gefunden. Es freut mich, dass du so viel positives aus deiner Therapie ziehen kannst. Und weißt du was, mein Weg war ein völlig anderer, aber ich fühle mit dir, habe ich doch auch eine langjährige, erfolgreiche Therapie auf eigenen Wunsch beendet.

Und manchmal denke ich, der Weg 'danach' ist genauso intensiv wie der ursprüngliche Therapieweg, wenn auch anders. Meine Analytikerin ist tief in mir verankert, so verstehe ich dich mit deinem Therapeuten auch.

Noch ein und: ich brauchte auch die Sicherheit nach der Therapie, dass meine Analytikerin es wirklich ernst gemeint hat, dass sie sich freut, wenn ich berichte.

Von Herzen: weiter so! Und alles Gute

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Dampfnudel
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Beitrag Di., 29.12.2015, 21:28

Liebes Wandelröschen,
das klingt toll, was Du hier schreibst. Ich weiß gar nicht, ob Du mich noch kennst, ich bin schon seit fast zwei Jahren kaum noch hier, aber es freut mich wirklich sehr für Dich, dass Du jetzt an diesem Punkt stehst, das wollte ich Dir gern sagen.
Das mit dem Leben statt zu funktionieren, das habe ich inzwischen auch erreicht, und bin so froh darüber und genieße es, mit allen Aufs und Abs.
Alles Liebe und Gute für Dich!
Alles hat seine Zeit.

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outofnightmare
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Beitrag Di., 09.02.2016, 13:49

Hallo ihr Lieben!

Ich wollte mich mal erkundigen, wie es euch nach Therapieende so ging, also inwiefern sich noch Symptome von früher gezeigt haben oder ob ihr tatsächlich "geheilt" wart.

Bei mir ist es nämlich so, dass ich zwar mit vielem besser umgehen kann, es mir aber oft noch schlecht geht und ich teils echt hoffnungslos bin Da frage ich mich, ob das denn normal ist... Vielleicht muss man dazu sagen, dass ich gerade zum ersten Mal weg von zu Hause wohne, mich im Studium größtenteils ohne meine Therapeutin zurechtfinden muss (ich durfte noch drei Mal kommen seit dem halben Jahr...). Es ist also vieles sowieso gerade schwierig und vielleicht lässt sich meine gedrückte Grundstimmung ja auch damit erklären. Dann gibt es wieder Momente, wo ich total glücklich bin über meine Situation und darüber, endlich eigenständiger zu sein, usw... Aber vor allem das Aufstehen morgens fällt mir sehr schwer und manchmal ist mir noch nicht so klar, weshalb ich eigentlich morgens aufstehe und was mein Lebenssinn ist...

Wie hat sich die Phase "danach" bemerkbar gemacht? Oder hat sie sich gar nicht bemerkbar gemacht?

Grundsätzlich muss ich aber sagen, dass ich die vergangene Therapie als etwas positives ansehe, weil sie mir geholfen hat, einen Umgang mit schwierigen Gefühlen zu entwickeln - sie sind aber leider überhaupt nicht weniger geworden. Ich habe übrigens eine tiefenpsychologische Therapie gemacht.

Bin gespannt auf eure Antworten!
"I think people often try to find through sex things that are much easier to find in other ways."
- Carol

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