Angsttoleranz

Hier können Sie Fragen zu Begriffen, Diagnosen und sonstigen Fachworten stellen, die einem gelegentlich im Zusammenhang mit Psychologie und Psychotherapie begegnen oder die Bedeutung von Begriffen diskutieren.
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stern
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Beitrag Fr., 27.04.2012, 19:09

titus2 hat geschrieben:Vielleicht ist das mit der Sehnsucht nach einer Diagnose so eine Art 'Bestrafungs-Wunsch'?
Ob das bei dir so ist, weiß ich nicht... aber folgendes
ich hab einfach das Gefühl, mich auf diese Weise besser zu verstehen.
hätte phasenweise (anfangs) lupenrein von mir stammen können (wobei bei mir Diagnosen nie ein Geheimnis waren). Jetzt brauche ich dafür keine Diagnose mehr. Ist natürlich nur vermeintlich der Fall, dass eine Diagnose den Menschen beschreibt ("mich"). Zum einen beschreibt eine Diagnose nur wenige einzelne Dinge, die nicht passen... und nicht den Menschen an sich (sondern Defizitbeschreibung.. aber davon hatten wir es schon mal). Zum anderen muss ja eh nicht alles zutreffend sein... sprich: Wenn man eh kein Gespür für sich hat, nutzt nichtmal die Kenntnis der Diagnose etwas... denn in dem Fall müsste man ja alles glauben und sich zuschreiben, was die Diagnose sagt oder der Thera... selbst völlig unstimmigen Mist. Und desweiteren sind Menschen auch indidivuell... wie will das ein ICD erfassen... sondern der Katalog kann nur manches verdichten?

Können auch mehrere Motive dahinter stecken, warum dir die Kenntnis wichtig ist.

Ich würde mich dennoch nicht abwimmeln lassen, wie belanglos Diagnosen doch sind... gerne aber vorher Analyse, warum mir das wichtig ist... aber das wäre ein anderes Thema
Liebe Grüße
stern 🌈💫
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leberblümchen
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Beitrag Fr., 27.04.2012, 19:16

Also, ich glaube, die Diagnose selbst ist gar nicht so wichtig. Wichtiger wäre mir vermutlich, dass ich darauf vertrauen kann, dass er sich mir gegenüber so verhält, wie es auch seinem Empfinden entspricht, so halbwegs jedenfalls. Aber vielleicht ist das schon zu viel verlangt? Ich will, dass er mir sagt, wenn ich ihn nerve oder langweile oder er mich blöd findet - er soll sich nur überlegen, wie er es netter verpacken kann Weil, wenn er das tut, dann kann ich ja auch darauf vertrauen, dass er in Momenten, in denen er lieb ist, ebenso aufrichtig ist. Wenn jemand immer nur nett oder schlimmstenfalls neutral ist, dann ist das zwar erst mal beruhigend und es gibt auch Sicherheit (die ich sicher benötige!), aber mir ist schon klar, dass das nicht alles sein kann.


Widow
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Beitrag Fr., 27.04.2012, 19:18

titus2 hat geschrieben:Und mir sagt er immer nur, dass alles, was ich fühle oder gefühlt habe, richtig oder zumindest verständlich sei.
Hm, also "verständlich" meint ja nun ganz allgemein: "nachvollziehbar", da ist ja noch kein "Gut-" oder "Bösesein" mit ausgedrückt, keine moralische Wertung ...
Wenn ich Konkretes erzähle, findet meiner es auch immer verständlich, oft sogar richtig, was ich damals tat / dachte / fühlte (sogar, wenn es um Aggressionen oder Destruktives geht - erstere freuen ihn geradezu, denn da hatte ich früher diesen notorischen Depressionsmangel, den Du gewiss auch kennst; und nun ist die Aggression Autodestruktion geworden). Eindeutig negative Wertungen tauschen wir immer nur auf einer abstrakten Ebene über mich aus (wie in dem Beispiel mit dem unerträglichen Kind).
titus2 hat geschrieben:dass man mir gegenüber in meiner Kindheit nicht immer aufrichtig war. Und dass mich das sehr verletzt hat und mir das sehr gefehlt hat. Mir ist das also wichtig, dass man mir gegenüber aufrichtig ist. So, wie ich das auch immer versuche zu sein. Ich hab Angst, dass er nicht aufrichtig ist, und ich weiß eigentlich, dass diese Angst unbegründet ist, naja, ein Teil von mir weiß es. Der andere Teil befürchtet, dass er eben doch schlecht über mich denkt, während er nach außen total freundlich ist.
(Weitere interessante Parallelen, das mit der Unaufrichtigkeit in der Kindheit, aber das ist ja jetzt nicht Thema.)
Nur so ein paar Fragen:
- Wenn wir (ja, ich auch) sagen, dass wir versuchen, aufrichtig zu sein, denken wir dann nicht automatisch mit, dass manchmal auch das Gegenteil der Fall sein wird (und wir es dann vielleicht gar nicht merken, weil es nicht bewusst passiert)?

- Wenn Du jetzt schreibst, dass Du fürchtest, Dein Thera denke "schlecht" von Dir, dann hat das mit dem Wissen von den negativen Seiten, die jeder Mensch hat, und mit ihrer Akzeptanz aber nicht mehr viel zu tun, oder? Dann willst Du nicht Aufrichtigkeit, sondern eins reingewürgt bekommen (sorry, wenn ich etwas drastisch formuliere). Und da sind wir wieder bei jenem Bestrafungsbegehren (das mir, wie gesagt, vertraut ist).
Woher rührt dieses Schuld-Bewusstsein (das ja die Voraussetzung jener Sehnsucht nach Strafe ist)? Das dürfte eine ganz zentrale Frage für viele Therapiestunden sein.

Herzlich
Widow

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stern
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Beitrag Fr., 27.04.2012, 19:22

Mir ist das also wichtig, dass man mir gegenüber aufrichtig ist.
Wichtiger wäre mir vermutlich, dass ich darauf vertrauen kann, dass er sich mir gegenüber so verhält, wie es auch seinem Empfinden entspricht, so halbwegs jedenfalls.
Mir auch... aber es kann in der Tat nicht immer leicht zu tolerieren sein, wenn der Thera aufrichtig ist. Vermute aber schwer: Für mich wäre es noch schwerer zu tolerieren, wenn ich fürchten müsste, Thera wäre nicht aufrichtig.

Bei meiner Thera KANN ich erfahrungsgem. darauf vertrauen, dass sie es ist... allerdings zu dem Preis, dass es mitunter schon "gesessen" hat. Bis dahin (als ich mal wieder etwas ganz genau wissen wollte ), dass sie meinte: Passen sie auf, dass sie jetzt nicht (wieder *hüstel*) etwas fragen, dessen Antwort sie nicht verkraften .
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leberblümchen
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Beitrag Fr., 27.04.2012, 19:31

widow: Die Wertung fühle ich immer, weil er alles, was er interpretiert oder verstehen will, auf so eine ganz warme Art sagt. Mein Gott, das IST ja auch gut. Ich glaube, wenn er von Anfang an so neutral geredet hätte, wie man sich das ja immer von Analytikern so vorstellt, dann hätte mir das GAR NICHTS gebracht und ich hätte mich noch kleiner gefühlt. Also, das, was bisher in der Therapie passiert ist, hat mir auf jeden Fall gut getan und ich will das nicht kleinreden.

Ich glaube schon, dass ich immer aufrichtig bin. Nur ist das ja auch nicht immer ein Vorteil: Die Kehrseite der Aufrichtigkeit ist die Schonungslosigkeit. Damit hab ich dich ja auch schon genervt. Und die Konsequenz dessen wäre dann eben der Beziehungsabbruch, den ich normalerweise 'gerne' in Kauf nehme. Meinen Therapeuten aber will ich nicht verlieren, indem ich ihm aufrichtig sage, dass ich im Begriff bin, ihn zu entwerten oder so.

Das mit den Schuldgefühlen ist mir auch bewusst; ich hab das ihm gegenüber auch schon mal erwähnt. Ich denke auch, dass die Ängste die Schuldgefühle vertuschen sollen (so nach dem Motto: "Seht her, ich bin doch so eine Gute, weil ich so besorgt bin"). Aber ich komme einfach nicht drauf, woher diese Schuldgefühle kommen. Außer, dass ich mich als Kind für nicht liebenswert gehalten habe, also nicht um meiner selbst willen; aber das haben wir in der Therapie auch schon besprochen. Naja, und wenn ich selbst doch schon so weit bin, dass ich erkenne, dass die Ängste eigentlich einen 'Zweck' haben, dann sitze ich da mit klopfenden Fingern auf dem Sessel und warte darauf, dass er mir da weiterhilft. Aber entweder er sieht das nicht so. Oder er hält die Zeit für nicht reif.

stern: Ich will auch mal was hören, was ich nicht verkrafte... Ist fast so ein bisschen so, als wäre ich eifersüchtig auf die Leute, die in der Therapie richtig 'leiden'. Dabei bin ich sonst gar nicht masochistisch veranlagt - glaube ich.

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carö
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Beitrag Fr., 27.04.2012, 19:45

titus2 hat geschrieben: Also, das, was bisher in der Therapie passiert ist, hat mir auf jeden Fall gut getan und ich will das nicht kleinreden.
und doch tust du es.
Und die Konsequenz dessen wäre dann eben der Beziehungsabbruch, den ich normalerweise 'gerne' in Kauf nehme. Meinen Therapeuten aber will ich nicht verlieren, indem ich ihm aufrichtig sage, dass ich im Begriff bin, ihn zu entwerten oder so.
das gelte es mal herauszufinden titus. vielleicht ist er ja nicht so zart, wie du denkst und verkraftet deine entwertungen, ohne die beziehung abzubrechen. vielleicht ist es ja auch ungewohnt für dich oder bedrohlich, dass sich jmd eben nicht so leicht vertreiben liesse?
Naja, und wenn ich selbst doch schon so weit bin, dass ich erkenne, dass die Ängste eigentlich einen 'Zweck' haben, dann sitze ich da mit klopfenden Fingern auf dem Sessel und warte darauf, dass er mir da weiterhilft. Aber entweder er sieht das nicht so. Oder er hält die Zeit für nicht reif.
und das macht dich unsicher, genervt oder was alles... und das zu sagen traust du dich nicht, weil er sich dann abgewertet fühlen könnte ? weil du ja bestimmte vorstellungen im kopf hast, wie ein echter .. richtiger... analytiker zu sein hätte ? nämlich anders als er ?

naja lass ihn das doch mal selbst beurteilen, wie es ihm dann gehen würde... du willst das alles vorwegnehmen gedanklich... was verständlich ist! keine frage. aber...
Ist fast so ein bisschen so, als wäre ich eifersüchtig auf die Leute, die in der Therapie richtig 'leiden'.
klingt so als glaubtest du keine richtige therapie zu machen .. was ihn ja auch wiederum indirekt abwertet... hmhm *grübelgrübel*

ok ich provozier dich ein bisschen ...
Es ist krass, was man erreichen kann, wenn man sich traut. (Aya Jaff)


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leberblümchen
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Beitrag Fr., 27.04.2012, 19:55

So ähnlich: Ich glaube schon, dass er ein 'richtiger' Analytiker ist das passt schon. In der Beziehung ist er für mich eigentlich die Idealbesetzung, so wie ich mir das vorstelle. Es ist eher so, dass ich denke, dass er die 'richtigen' Therapien nur mit anderen Patienten durchführt, die attraktiver, intelligenter und eben einfach 'besser' sind als ich

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stern
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Beitrag Fr., 27.04.2012, 20:05

titus2 hat geschrieben:stern: Ich will auch mal was hören, was ich nicht verkrafte... Ist fast so ein bisschen so, als wäre ich eifersüchtig auf die Leute, die in der Therapie richtig 'leiden'. Dabei bin ich sonst gar nicht masochistisch veranlagt - glaube ich.
Hm, kann nur für meinen Teil sagen, dass das bei mir eher weniger mit Masochismus zu tun haben dürfte (nichts möchte ich besser nicht sagen)... sondern im wesentlichen und im weiteren Sinne eher mit Vertrauen in die Beziehung. Ich könnte kaum vertrauen oder nur schwerer etwas annehmen, wenn ich folgendes in Frage stellen müsste (sei es, dass es wirklich so ist oder nur befürchtet):
dass er sich mir gegenüber so verhält, wie es auch seinem Empfinden entspricht, so halbwegs jedenfalls.
Weil sonst kämen so Ideen: Das könnte sie nur so sagen, weil sie das als Thera muss (meinte es aber evtl. nicht so), usw.

Bzw. Ich käme mir auch ver*rscht vor, wenn ich z.B. spüre "oh Thera ist gerade wegen irgendetwas ärgerlich", aber ein Pseudo-Verständnis geäußert wird, das nicht wirklich echt klingt, und ich mithin auch nicht abkaufen kann (während der Ärger geleugnet wird, aber die Schreibuntensilien bereits im Begriff sind auf den Tisch zu fliegen)... o.k. leicht übertrieben, aber so in der Art einmal erlebt (nicht meine Thera). Und das fördert nicht gerade mein Vertrauen in eine Beziehung... bzw. wie soll man Gesagtse ernst nehmen, wenn es nicht echt klingt oder man die Echtheit häufiger in Frage stellt (selbst wenn sie gegeben ist).

Auf "richtig leiden" verzichte ich eigentlich lieber.
Zuletzt geändert von stern am Fr., 27.04.2012, 20:12, insgesamt 1-mal geändert.
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Widow
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Beitrag Fr., 27.04.2012, 20:07

Och, mönsch, titus!

Sprinten wir zwei mal wieder im Rädchen ...?
(Ich meine jetzt nicht, dass es mir leicht illusorisch vorkommt, was Du über das Aufrichtigsein geschrieben hast [der Versuch, es sein zu wollen, und die Wirklichkeit können nicht immer kongruent sein. Wenn wir vollständig aufrichtig wären, vor allem uns selbst gegenüber, hätten wir per definitionem keine Neurose ... Und dass sie zumindest eine Restneurose haben, bestreiten ja selbst Analytiker nicht.])

Nein, ich meine mit dem Hamsterdasein Deine "Ungeduld" :
titus2 hat geschrieben: Das mit den Schuldgefühlen ist mir auch bewusst; ich hab das ihm gegenüber auch schon mal erwähnt. Ich denke auch, dass die Ängste die Schuldgefühle vertuschen sollen (so nach dem Motto: "Seht her, ich bin doch so eine Gute, weil ich so besorgt bin"). Aber ich komme einfach nicht drauf, woher diese Schuldgefühle kommen. Außer, dass ich mich als Kind für nicht liebenswert gehalten habe, also nicht um meiner selbst willen; aber das haben wir in der Therapie auch schon besprochen. Naja, und wenn ich selbst doch schon so weit bin, dass ich erkenne, dass die Ängste eigentlich einen 'Zweck' haben, dann sitze ich da mit klopfenden Fingern auf dem Sessel und warte darauf, dass er mir da weiterhilft. Aber entweder er sieht das nicht so. Oder er hält die Zeit für nicht reif.
Soso, das habt Ihr also schon ein, zweimal besprochen, und Du hast einen Zweck der Ängste eigentlich schon erkannt, doch nun soll Dein Thera Dir da mal kurz auf die Sprünge helfen und einen hübschen Vortrag zum Mitschreiben halten.

titus, Du weißt doch, dass das so nicht funktioniert. Wenn es nur darauf ankäme, was wir alles wissen, nur auf unsere kognitive Intelligenz, dann wären wir schon längst kerngesund (bzw. Witwen woanders).
Doch ein Wissen ohne Fühlen ist eben kein wirkliches Verstehen, das dann, wenn beides zusammengekommen ist, auch erst gelebt, umgesetzt werden kann.

Mir geht es ja oft ähnlich wie Dir: ich denk' auch: "Na gut, das hab ich jetzt verstanden" oder auch: "das weiß ich doch schon ewig, aber warum ändert sich nichts?!"

Eins zumindest bin ich gerade im Begriff zu erfahren (um mal nicht von "lernen", "verstehen" u.ä. zu sprechen): Mein Weg ist zwar auch ein intellektueller, doch gibt es daneben auch noch Kanäle, Trampelpfade, die fast verschüttet waren und langsam - ganz ohne mein aktives Zutun (außer dem einzigen, nämlich dass ich brav auf die Couch klettere) - freigelegt werden: Auf ihnen, diesen Kanälen, Trampelpfaden haben meine Gefühle ihren Platz, um die Welt wahrzunehmen, die vergangene und die seiende.

Wenn sowas bei so einer frosterstarrten Kreatur wie mir geschehen kann, dann sollte es bei andern erst recht möglich sein.
(Doch ob und wie das weitergeht, ist ja völlig offen.)

In diesem Sinne ein entspanntes Wochenende
Widow


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leberblümchen
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Beitrag Mo., 30.04.2012, 19:53

Ich weiß, dass meine Frage nicht wirklich zum Thema passt, aber ich darf ja nicht...

Wie ist das mit der Bewilligung der Stunden genau? Man liest immer, dass in 'Ausnahmefällen' 300 Std. bewilligt werden. Ich hab aber noch nie gelesen, dass eine Therapie regelmäßig oder grundsätzlich nach 240 Std. abgeschlossen (nicht abgebrochen!) wurde. Meist liest man, dass privat weiter über die Höchstgrenze hinaus finanziert wird oder aber zumindest, dass die Therapie 300 Stunden dauerte.

Ich kann mir auch vorstellen, dass es gar nicht mal so selten ist, dass man sich einigt, dass nach 160 Std. Schluss ist, weil man einfach nichts mehr zu besprechen hat. Aber mich würde wahnsinnig interessieren, ob nun der Normalfall die 300 Std oder eher die 240 Std sind. Und ob, wenn es denn bei 240 Std. bleibt, das dann daran liegt, dass Patient und Analytiker sich einig waren, oder dass der Patient gerne länger geblieben wäre - oder daran, dass Analytiker und Patient gerne gewollt hätten, dass aber eine letzte Verlängerung nicht bewilligt wurde. Darüber hab ich hier noch nie was gelesen; höchstens darüber, dass bei Ablehnungen immer eine PA empfohlen wurde, anstelle einer TfP.

Vermutlich werden nun keine 2000 Leute darauf antworten, aber einen Versuch ist es wert...


Widow
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Beitrag Mo., 30.04.2012, 20:12

"Gefühlt" aus den Berichten hier: 300 Stunden werden "anstandslos" bewilligt, wenn man überhaupt erst einmal eine PA bewilligt bekommen hat, und wenn beide, Hintercouchler und Couchling, solange weitermachen wollen.
Meiner hat mir damals während der Präliminarien - drohend?! - gesagt, dass wenn ich mich darauf einlasse, es dann ein jahrelanges Unterfangen werden wird, das "rund 300 Stunden dauert". Die Zahl hat sich mir damals (aus naheliegenden Gründen) ins Hirn gebrannt: 300 Therapiestunden:
Also, ich glaube, wir müssen uns einstweilen keine Sorgen machen, dass bei uns nach 160 oder 220 oder 235 1/2 Stunden Schluss ist ...
Darf ich mal, liebe titus2? (Deine Frage - nach 40 Stunden - klingt so bang.)

Wenn ich nicht darf, dann sende ich aber einen lieben Gruß,
Widow


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Beitrag Mo., 30.04.2012, 20:51

Ja, widow, die Frage klingt wirklich bang. Er meinte mal (als ich noch gar keinen Plan hatte), dass ich erst mal 160 Stunden bewilligt bekäme, die dann noch mal verlängert werden könnten. Und dann spricht er immer von drei Jahren - das ist so begrenzt. Wir haben ja nun schon fast ein Dreivierteljahr hinter uns. Ich hätte so gerne die Sicherheit, dass er bereit wäre, die 300 Stunden auch auszuschöpfen. Ich glaube, am Gutachter würde es wirklich nicht scheitern; mein Therapeut macht so was ja nicht zum ersten Mal. Aber vielleicht ist er so einer, der meint, er würde diese 'Ausnahmen' auch wirklich nur als Ausnahmen gelten lassen und nicht aus jeder Analyse einen Ausnahmefall machen. Irgendwie wirkt er so auf mich - so klar, strukturiert und überlegt. Und nicht so wie einer, der sich nicht trennen kann von seinen Patienten. Das ist ja offiziell auch gut - aber muss er unbedingt bei mir so vernünftig sein?


Widow
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Beitrag Mo., 30.04.2012, 20:59

Ziemlich klein, weil's so ein blödes (Du weißt das ja), aber richtiges Sätzlein ist: Sprich mit ihm über Dein Bangesein!


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leberblümchen
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Beitrag Mo., 30.04.2012, 21:04

Ja, ich kenne diesen Satz natürlich. Ich hab ihn schon so oft gehört - und eigentlich immer gedacht: "Die haben gut reden" - und hinterher, wenn ich mich dann doch getraut habe, dann war es das beste, was ich tun konnte...

Ich weiß ja, dass kein Therapeut schon zu Beginn der Behandlung sagt, wie viele Stunden genau man dort zubringt. Also könnte er mir ohnehin nicht sagen, dass er weiß, dass nach 240 Std. Schluss ist. Und erst recht nicht würde er sagen, dass wir die 300 Stunden ausnutzen. Er würde also so was sagen (schätze ich mal), dass wir das sehen werden, wenn es so weit ist oder so. Aber Geduld war noch nie meine Stärke. Und ich weiß ja, dass es letztendlich immer nur darauf hinauslaufen wird, dass ich von ihm 'gefüttert' werden möchte, was ja eigentlich nicht langfristig Sinn der Sache ist.

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