Bedürfnisse

Hier können Sie Fragen zu Begriffen, Diagnosen und sonstigen Fachworten stellen, die einem gelegentlich im Zusammenhang mit Psychologie und Psychotherapie begegnen oder die Bedeutung von Begriffen diskutieren.
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hawi
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Beitrag Mo., 27.01.2014, 09:34

Bedürfnisse?

Eine Vielzahl von Einflüssen, Prägungen, Lerneffekten sorgt bei mir dafür, dass ich – ähnlich wie bereits stern – auf die wirtschaftlichen, marktwirtschaftlichen Definitionen, Sichten komme. Angebot und Nachfrage, Bedarfsdeckung, Weckung von Bedarf, Grundbedürfnisse, Quantität, Qualität, Bedarfsgüter, Markt für diese Güter, Vergleichbarkeit, Austauschbarkeit der Güter?! Und noch so einiges mehr, das ich auf jeden Fall nicht psychologisch, allenfalls soziologisch, vor allem aber vor wirtschaftlichem Hintergrund meine zu wissen. Zumindest ist der Wissensfundus, das Erlernte dort für mich am größten, umfangreichsten.

Defizitbedürfnis? Mir vor diesem Hintergrund zu früh zu wertend. Und auch die Ebene?
Defizit? Bei meiner Denkweise? Etwas, das zum „Marktgeschehen“ gehört. Zu Angebot und Nachfrage! Und das „marktwirtschaftlich“ nicht immer, aber überwiegend den Preis bestimmt, über den Preis reguliert wird. Nachfragedefizit? Bei Überangebot reduziert sich der Preis. Es sei denn, den Anbietern gelingt es, den Nachfragebedarf zu erhöhen. Marketing. Funktioniert manchmal auch dort, wo erst mal wenig bis gar keine Nachfrage ist. Grad bei neuen angeboten, Produkten. Mal konkurrieren sie mit alten, wenigstens teilweise, mal noch nicht mal.
So gedacht? Klar, ziemlich wichtig, wie existenziell ein Gut ist, wie unverzichtbar, wie stark dauerhaft die Nachfrage. Auch wie wenig sich ein ganz spezielles Angebot durch ein anderes ersetzen, austauschen lässt. „Luxus“? Grad da? Da wäre wohl grad (auch) Sicht jenseits des materiellen, sehr rationalen angebracht. Denn grad dort, Luxus wird ja nachgefragt. Und die, die es sich vom Preis her nicht leisten können? Rational betrachtet: Materiell existenziell fehlt denen im Grunde nichts. Dennoch, nicht alle, aber wie ich meine, eine Vielzahl „sehnt“ sich genau da nach dem für sie nicht erreichbaren. Wäre dem nicht so, fraglich ob es „Luxus“ überhaupt gäbe. Zugegeben nur ein Teil von „Bedürfnis“, die Gegenseite der Bedürfnisse, die rational betrachtet als lebensnotwendig gesehen werden.
Bei den meisten Bedürfnissen liegen die Realitäten wohl zwischen diesen Gegensätzen, mischt sich allesmögliche.
stern hat geschrieben:Bedürfnisse umfassen (für mich) definitiv nicht nur existenzielle Dinge
Dem stimme ich zu.
stern hat geschrieben:Wo kein Mangelgefühl, da kein Bedürfnis.
???
Dem nur eingeschränkt! Rein wirtschaftlich? Klar, für Markt, Angebot und Nachfrage, da passt diese These.
Sprich, entweder ein Anbieter hat mangels Nachfrage überhaupt keinen Markterfolg. Oder er schafft es doch Erfolg zu haben, dann dadurch, dass er „Mangelgefühl“ erzeugt, bzw. den Nachfragern „Mangel“ bewusst macht.

Hier? Bedarf und Bedürfnisgefühl? Ich meine, allein aus dem fehlenden Mangelgefühl lässt sich nicht schließen, es gäbe (Neutral, objektiv?) kein Bedürfnis. Schwierig in Worte zu fassen. Gefühl ist halt etwas, das allein so ein toller Maßstab nicht ist, zumindest nicht immer. Mal wird zu viel, mal zu wenig, und mal eher das nicht so recht zu den Bedürfnissen passende gewünscht, gewollt. Fragt sich dabei dann vor allem, wer jeweils individuell sagt, was denn „Bedürfnis“ sein kann, darf, soll. Hat, wie ich finde, sehr schnell Grenzen, so was zu definieren.

LG hawi

(ein Beitrag, der Bedürfnisse deckt, oder am Bedarf vorbei geht, oder gar Bedürfnisse, womöglich gar Mangelgefühle weckt? )
„Das Ärgerlichste in dieser Welt ist, daß die Dummen todsicher
und die Intelligenten voller Zweifel sind.“
Bertrand Russell

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stern
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Beitrag Mo., 27.01.2014, 12:18

hawi hat geschrieben:Dem nur eingeschränkt! Rein wirtschaftlich? Klar, für Markt, Angebot und Nachfrage, da passt diese These.
nee, auch für mich wie erläutert... Bedürfnis ist etwas, was ich wünsche, aber nicht habe oder meine, nicht zu haben (hätte ich es bereits, müsste ich es nicht begehren). Persönlich fasse ich den Begriff also sehr weit, wenn ich ihn verwende...

Ich habe es extra mal recherchiert... auch nach Maslow (Psychologe, humanistische Ausprägung), auf den die Bedürfnispyramide, die im Eingangsposting zitiert ist zurückgeht!) verkörpern insbes. die Defizitbedürfnisse (auch Mangelbedürfnisse genannt, vgl. Bezeichnung im Eingangsposting) etwas das fehlt, sprich: einen Mangel.

Weitere Theorien (wie Angebots- und Nachfragetheorien) leitete ich daraus nicht ab. Für Maslow sind Bedürfnisse aber sehr eng mit Motivation verbunden, also von Bedürfnissen gehen Handlungsmotivationen aus (er stellte auch eine Motivationtheorie auf... das teile ich aber nur eingeschränkt. Auch eine Persönlichkeitstheorie geht auf ihn zurück).
Liebe Grüße
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stern
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Beitrag Mo., 27.01.2014, 13:14

Die Gestalttherapie (z.B. Perls) geht eher von einer Art homöstatischem Modell aus: Ungleichgewicht zwischen Organismus und Umwelt, strebt nach Ausgleich. Der Mensch hat das Bedürfnis diese Ungleichgewicht zu beseitigen. Dabei tritt das dominante Bedürfnis in den Vordergrund bis es befriedigt ist (und es entsteht kurzfristig ein gleichgewichtiger Zustand).
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stern
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Beitrag Mo., 27.01.2014, 13:46

Rational betrachtet: Materiell existenziell fehlt denen im Grunde nichts. Dennoch, nicht alle, aber wie ich meine, eine Vielzahl „sehnt“ sich genau da nach dem für sie nicht erreichbaren.
Deswegen sah/sehe ich als Bedürfnis nicht nur einen realen, sondern auch einen subjektiv empfundenen=erlebten Mangel an (bzw. nannte es Mangelgefühl).
Defizit? Bei meiner Denkweise? Etwas, das zum „Marktgeschehen“ gehört. Zu Angebot und Nachfrage!
hehe, und einen Mangel (also etwas das fehlt, eine Entbehrung... vielleicht ist der Begriff annehmbarer?) kann man aus meiner Sicht auch innerpsychisch erleben.

Wie gesagt: Angebots- und Nachfragetheorien stellt ich nicht auf, liegt mir auch nach wie vor fern. Eine Parallele zog ich bestenfalls zur Werbung, die es sich sogar zunutze macht, zu suggerieren, dass etwas (z.B. genau Zahncreme xy, die anscheinend etwas hat, was alle anderen 137 Zahncremes nicht leisten) im Haushalt noch fehlt, um ein Bedürfnis zu wecken, dass man originär nicht hatte.
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montagne
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Beitrag Do., 30.01.2014, 15:01

Interessant finde ich noch diese Aspekte:


Je weniger die Existenzbedürfnisse befriedigt sind, desto stärker werden sie.
Je weniger die Beziehungsbedürfnisse befriedigt sind, desto stärker werden sie.
Je weniger die Beziehungsbedürfnisse befriedigt sind, desto stärker werden die Existenzbedürfnisse.
Je weniger die Wachstumsbedürfnisse befriedigt sind, desto stärker werden die Beziehungsbedürfnisse.
Je mehr die Existenzbedürfnisse befriedigt sind, desto stärker werden die Beziehungsbedürfnisse.
Je mehr die Beziehungsbedürfnisse befriedigt sind, desto stärker werden die Wachstumsbedürfnisse.
Je mehr die Wachstumsbedürfnisse befriedigt sind, desto stärker werden sie.
aus: http://de.wikipedia.org/wiki/ERG-Theorie


Sowie dieses:
Bild
(GNU- und CC-Lizensiert.)

Insofern, weil ich mich gefragt habe, warum ein bedürfnis mich zu entwickeln immer stärker wird, obwohl ich ja kontinuierlich voran schreite in der Entwicklung. Dies erklärt vllt. auch, warum Bedürfnisse nach Beziehung, Selbstwert, Selbstaktualisierung nicht spürbar werden, wenn physische Bedürfnisse und das Sicherheitsbedürfnis nicht ausreichend erfüllt sind.

Und das ist es vllt. faktisch oder subjektiv nicht, wnen man in einer Krise steckt. Andersrum werden die "höheren" Bedürnisse immer stärker und komplexer, wenn man aus der Krise rausgekommen ist. (So erlebe ich es.) Frei auch nach dem Motto, je mehr man weiß, lernt, erfährt, umso mehr merkt man erst, wie viel man nicht weiß und nie wissen wird und umso mehr Fragen fängt man an zu stellen.
amor fati

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