Wut-Therapie

Spezielle Fragen zur Lage in Österreich
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Gärtnerin
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Beitrag Mi., 09.09.2009, 10:32

caro hat geschrieben:ich konnte früher gar keine wut wahrnehmen, war einfach nur erstarrt....
Ja, caro, so ist es mir auch ergangen. Die Wut überhaupt erst als solche zu erkennen, das war ein langer Prozess. Lange Zeit war in mir immer nur eine große Anspannung, ein diffuser Gefühlsklumpen, den ich erst einmal in benennbare Einzelgefühle aufspalten musste. Das ist vielleicht genau die Schwierigkeit an Innere_Freiheits "Zu-Ende-Fühlen". Man kann erst dann etwas zu Ende fühlen, wenn man gelernt hat, es überhaupt als Gefühl wahrzunehmen.

In der psychosomatischen Klinik, in der ich war, gab es verschiedene Möglichkeiten, die Wut rauszulassen. Es gab z.B. einen Boxsack und einen gefliesten Raum, in dem man Tonklumpen an die Wand schleudern durfte. In der Gestaltungstherapie durfte ich einmal einen großen Ytong-Block mit dem Hammer in klitzekleine Stücke zerschlagen. Oder in der Musiktherapie trommeln. All das Ausdrücken und körperliche Abreagieren tat kurzfristig gut. Dauerhaft hat es die Wut nicht vermindert. Aber es hat mir geholfen, in Kontakt mit der Wut zu kommen, dieses Gefühl immer besser kennenzulernen und schrittweise die Angst davor zu verlieren.
Wer etwas will, findet Wege. Wer etwas nicht will, findet Gründe.

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stern
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Beitrag Mi., 09.09.2009, 10:43

.. ich habe meinen thera manchmal beschimpft.. also wirklich jetzt.. ich hab ihm mal die luft aus dem rad abgelassen, hab ihm zettel von der wand gerissen... also infotexte für die patienten, die im flur hingen.. habe lautstark türen geknallt und offene fenster zugeschmissen, die er nicht schliessen wollte.. ich hab ihn mit ausgestreckter hand stehen lassen.. hab ihm dumme sachen an den kopf geknallt... *hüstel*
Och.. warum weiß ich nicht... aber bereits sehr anfang am der Therapie erzählte mir meine stat. Therapeutin auch, dass Situationen entstehen könnten, in denen ich sehr wütend auf sie bin... und dass ich dann vielleicht die Türe hinter mir zu schlage, etc. Könne passieren. Was sie sich dann wünschen würde, dass ich wieder auf sie zukomme, dass sich das dann klären lässt. Passierte nicht... aber nun gut. Bestenfalls einmal, als ich vorwürflicher wurde... wo ich aber nach einem entsprechenden Hinweis zu meinem Auftreten doch recht schnell merkte, dass ich ihr Unrecht tue. Das wurde dann auch noch etwas näher aufgedröselt... und klar, das galt in dem Fall auch wirklich nicht ihr.
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Innere_Freiheit
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Beitrag Mi., 09.09.2009, 20:08

Ja, Gärtnerin,

die Unterscheidung in "aufgestaute alte Wut" und "aktuelle Wut in im Zusammenhang mit einer konkreten Situation" finde auch ich wichtig.
Gärtnerin hat geschrieben:All das Ausdrücken und körperliche Abreagieren tat kurzfristig gut. Dauerhaft hat es die Wut nicht vermindert. Aber es hat mir geholfen, in Kontakt mit der Wut zu kommen, dieses Gefühl immer besser kennenzulernen und schrittweise die Angst davor zu verlieren.
Auch hier stimme ich dir zu: Es ist wichtig, auf welche Art auch immer, die Angst vor der Wut zu verlieren. - Mein Weg ist hier eben auch, die Angst vor der Wut in meinem Inneren zu bearbeiten....

Eine offene Frage für mich ist, ob Wut wirklich notwendig ist, wenn ich der Meinung bin, jemand würde meine Grenzen überschreiten..... oder ob mein "Wollen" oder "Nicht-Wollen" ausreicht, um mich zu einer wirkungsvollen Abgrenzung zu motivieren..... Aber wichtig ist wohl wirklich, mit der Energie der Wut zunächst einmal angstfrei umgehen zu können....

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stern
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Beitrag Mi., 09.09.2009, 20:27

die Unterscheidung in "aufgestaute alte Wut" und "aktuelle Wut in im Zusammenhang mit einer konkreten Situation" finde auch ich wichtig.
Die Differenzierung verwirrt mich gerade etwas. Darf ich daher mal nachfragen, warum?

Denn meine Erfahrung ist die: Wenn ich an einem Gefühl bin, um das auch geht, das kommt... kann auch durchaus sehr intensiv sein... geht dann aber auch wieder und verstärkt sich dann nicht. Hat eher was "befreiendes". Und das gilt, so meine ich, egal ob ein "altes Gefühl" kommt oder ein aktuelles. Wenn sich ein Gefühl zunehmend aufschaukelt/intensiviert, bin ich z.B. eher an einem Gefühl, dass ich vielleicht "lieber" wahrnehme (weil es "aushaltbarer" für mich ist), um das eigentliche nicht zuzulassen. Klar so bewusst läuft das nicht ab... das iss die Schwierigkeit. Meine zumindest, wie ich das auch ohne therapeutische Unterstützung besser trennen kann.

Die Unterschiedung zwischen "alt/aufgestaut" und "aktuell" ist für mich dann von Belang, ob ein Gefühl ausdrücke bzw. Handlungen daraus ableite (was voraussetzt, dass ich das überhaupt sauber trennen kann). So würde ich nicht wollen, dass ein unbedarfter Mensch den Ärger abkriegt, der jemand anderem gilt oder dem Passanten, der mich anschnauzte.

Abreagieren vermindert bei mir Gefühle auch nicht (z.B. wenn ich ins Kopfkissen schlage)... gleichwohl kann das oder anderes mir helfen, den (z.B. mit Ärger verbundenen) Stress bzw. die körperliche Anspannung abzubauen (=> Stresshormone).
Liebe Grüße
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Innere_Freiheit
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Beitrag Mi., 09.09.2009, 20:49

stern hat geschrieben:Die Unterschiedung zwischen "alt/aufgestaut" und "aktuell" ist für mich dann von Belang, ob ein Gefühl ausdrücke bzw. Handlungen daraus ableite (was voraussetzt, dass ich das überhaupt sauber trennen kann). So würde ich nicht wollen, dass ein unbedarfter Mensch den Ärger abkriegt, der jemand anderem gilt oder dem Passanten, der mich anschnauzte.
Um das Gefühl in meinem Inneren zu verarbeiten macht es für mich keinen Unterschied, ob es "alt/aufgestaut" oder "aktuell" ist. Ich sehe es so, wie du es schreibst, dass mir die Unterscheidung eben hilft, herauszufinden was in einer konkreten Situation los ist und wie ich äußerlich reagieren möchte....

Bei mir ist allerdings wohl immer wenn Wut angetriggert wird auch ein "alt/aufgestaut" mit dabei.... somit ist der Hintergrund für mich nicht immer klar...
Das was ich ablehne, bleibt an mir kleben!

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