AFI hat geschrieben: Di., 09.11.2021, 10:14
Das sich das alles so entwickelt, das habe ich nicht kommen sehen. Es wäre ja vielleicht auch in Ordnung gewesen, wenn mein Therapeut ein Therapeut geblieben wäre. Er ein Familientherapeut geworden wäre, so wie er es zum Schluss gerechtfertigt hat. Dann hätten wir eine therapeutische Begleitung gehabt, was ja auch sinnvoll gewesen wäre.
Das glaube ich dir sofort, AFI.
Ich sehe die Hauptverantwortung da vor allem bei deinem Ex-Therapeuten. Der sich da selbst komplett überschätzt, der Grenzen missachtet und meint, in eurer Situation könne man die Grenzen schon aufweichen. Er hätte wissen *müssen*, was dadurch passieren kann und er hat es komplett ignoriert und ignoriert es immer noch. Und er weiß darum, dass er hier unethisch agiert, schon die Tatsache, dass er das jetzt alles hinter dem Rücken seiner Frau durchziehen will, spricht Bände...
Und auch schon mit der Rolle als "Familientherapeut" hätte er eine Grenze überschritten, es sei denn, er kennt sich damit aus.
Was ich mich frage (und das ist nicht als Vorwurf gemeint, sondern aus Interesse): Wie liefen denn die Stunden ab, wenn deine Tochter mit dabei war als sie schon größer war? Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich mich auf ein ernsthaftes Therapiegespräch einlassen könnte, wenn (m)ein Kind mit im Raum ist und zuhört, selbst wenn das Kind irgendwo in der Ecke sitzt und sich selbst beschäftigt, zB malt.
Dass das für dich sehr ambivalent ist, kann ich gut verstehen. Immerhin hat er dich über viele Jahre begleitet und da war sicher auch viel Gutes für dich dabei.
Für den Ablöseprozess ist es glaube ich wichtig, dass du dir ein richtiges Helfernetz aufbaust, das breit aufgestellt ist. Nicht eine einzelne Person, die wieder eine übergroße Rolle in eurem Leben spielt, sondern viele Menschen, denen du vertraust und die dir und deiner Tochter an vielen unterschiedlichen Stellen zur Seite stehen. Das können Freunde, Bekannte, auch Nachbarn sein. Klassenkameraden. Auch die Eltern von Klassenkameraden. Frag mal in der Klinik, ob ihr als Familie (oder deine Tochter für sich selbst) auch psychoonkologische Begleitung bekommen könnt. Selbsthilfegruppe für Eltern mit krebskranken Kindern. Da gibt es viele Möglichkeiten. Wichtig ist glaube ich, dass du anfängst, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und aktiv handelst und nicht drauf wartest, dass die Lösungen einfach so auftauchen.
Und: Schritt für Schritt. Du musst den Knoten nicht auf einen Schlag lösen. Da werden sicher noch viele lose Enden bleiben, die auch immer wieder nochmal an dir zerren werden. Dass du den Termin am Freitag abgesagt hast ist so ein Schritt. Und weiter brauchst du (jetzt) noch nicht schauen. Was danach kommt, wird sich zeigen.