Ich habe mich selbst in der Therapie verloren.

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Räbin
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Beitrag Do., 12.04.2018, 06:47

sandrin hat geschrieben: Do., 12.04.2018, 04:45weil ich davon überzeugt bin, dass eine Depression immer auch einen biologisch-chemischen Anteil (sowohl in der Entstehung als auch als Folge der Depression) hat. Das zeigt ja auch die Forschung inzwischen. Aber damit tun sich (nicht ärztliche) Therapeuten oft schwer, das anzuerkennen.
Ich glaube kaum, dass sich ein Therapeut der Anerkennung der körperlichen Ebene psychischer Erkrankungen entziehen kann (m.E. lernen die das im Studium). Die genauen Wirkmechanismen von Antidepressiva sind nicht bekannt! Die Nebenwirkungen sind teilweise nicht ohne.
Antidepressiva betäuben nicht, meines Erachtens sind sie oft überhaupt erst die Voraussetzung, dass man mal zur Ruhe kommt und sich selbst anschauen kann.
Bei Versuchen mit Vergleichsgruppen (eine Gruppe mit Depressionen bekam Antidepressiva, eine andere bekam täglich Bewegung in der freien Natur verordnet ("Lichttherapie")) kam man zu dem Ergebnis, dass die Auswirkungen die gleichen waren. Also ich wäre mit Medikamenten sehr vorsichtig, gerade wenn es nicht dringend notwendig ist.

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Gedankentanz
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Beitrag Do., 12.04.2018, 06:54

Ich spreche den Tabletten ihre Wirkung nicht ab.
Aber wie schon erwähnt, habe ich zwar die Diagnose, empfinde mich selbst aber nicht als Depressief.(Ist aber nur meine subjektive Empfindung)

Die Diskussion ob oder ob nicht, halte ich für schwierig. Die, die welche nehmen, empfehlen es. Die, die keine nehmen, raten eher ab.
Auch Ärzte sind sich darüber nicht einig.
Grundsätzlich denke ich also, jeder muss es für sich entscheiden. Jeder soll es so machen, wie er sich selbst damit wohlfühlt. Trotzdem ist es nicht verkehrt immer mal wieder kritisch drauf zu schauen.

Für mich kam und kommt es bis jetzt nicht in Frage und ich bin froh das ich eine Therapeutin habe, die das unterstützt.
Sollte es doch nochmal viel schlimmer werden, dann habe ich die Möglichkeit, es zu überdenken. Aber solange ich auch so zurecht komme, möchte ich es weiterhin versuchen.
Sicherlich wären die Phasen erträglicher, dennoch fühle ich mich wohler ohne.
Und man darf nicht außer acht lassen, ich gehe 4 mal die Woche zur Therapie, das ist nochmal anders als 1 bis 2 mal die Woche oder 1 mal alle 2 Wochen.
Es ist zwar äußerst anstrengend, dennoch gleichzeitig bin ich nicht lange alleine mit meinen Gedanken und das was in mir hochkommt. (Mal abgesehen von dem was passiert ist).
Also fängt mich meine Therapeutin so gesehen mehr auf.

Also, jedem das was ihm gut tut. Nichts ist da richtig oder falsch. Wir sind alle unterschiedlich, daher gibt es für jeden seine eigene Lösung.
Wenn sich meine tanzenden Gedanken zanken, gerate ich schon mal ins wanken, finde ich dann keinen Halt, lande ich unsanft auf die Planken ::?


candle.
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Beitrag Do., 12.04.2018, 11:03

Gedankentanz hat geschrieben: Do., 12.04.2018, 06:54 Ich spreche den Tabletten ihre Wirkung nicht ab.
Aber wie schon erwähnt, habe ich zwar die Diagnose, empfinde mich selbst aber nicht als Depressief.(Ist aber nur meine subjektive Empfindung)
Wegen irgendwas wirst du ja in Therapie sein?!
Und ja, es gibt Therapeuten, die gerne so arbeiten, dass der Klient keine Medikamente nimmt. Das habe ich auch schon erfahren, allerdings war das bei mir auch kein Ablehnungskriterium, vermutlich weil ich jetzt nicht gerade ein Antidepressiva Hammer Medikament nehme.
Sicherlich wären die Phasen erträglicher, dennoch fühle ich mich wohler ohne.
So gesehen kannst du ja gar nicht wissen wie du dich mit Medikament fühlen würdest, wenn du es noch nicht probiert hast. Es kann mehr Platz in deinem Gehirn schaffen und mehr Aufnahmefähigkeit in diesen beziehungstechnischen Sachen ausmachen. Aber egal. Das ist wirklich deine Sache wobei ich die Begründung nicht so nachvollziehen kann. Es wirkt ein bißchen so als könntest du auch (noch) nicht wirklich selbst entscheiden was du brauchst und was dir gut tut.
Und man darf nicht außer acht lassen, ich gehe 4 mal die Woche zur Therapie, das ist nochmal anders als 1 bis 2 mal die Woche oder 1 mal alle 2 Wochen.
Es ist zwar äußerst anstrengend, dennoch gleichzeitig bin ich nicht lange alleine mit meinen Gedanken und das was in mir hochkommt. (Mal abgesehen von dem was passiert ist).
Also fängt mich meine Therapeutin so gesehen mehr auf.
Da sehe ich es eher so, dass die Qualität der Stunde für mich eindeutig vor Quantität geht, wenn ich bedenke was ich in einer Therapie "geschafft" habe.

LG candle
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sandrin
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Beitrag Do., 12.04.2018, 15:09

Also die reine Stundenfrequenz oder - anzahl finde ich auch nicht immer alleine ausschlaggebend. Gerade bei analytischen Therapien müsste dann am Ende ja immer Heilung stehen und bei kürzeren nicht. Und das stimmt nicht, sondern ist manchmal sogar andersrum.

Ich kann nur von mir sprechen: Ohne Medikamente, mit der ich die Symptomatik meiner Erkrankung in Schach halten kann, könnte ich im Alltag nicht funktionieren. Ich weiß auch von vielen, denen das ähnlich geht. Die Leitlinien besagen gerade bei schweren Depressionen auch, dass mit Medikamenten und Therapie gleichzeitig behandelt werden sollte.

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shesmovedon
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Beitrag Do., 12.04.2018, 15:26

Ich denke, ehrlich gesagt: wenn es schlecht genug geht, dann greift man auf Medis zurück. Und davor ist es vielleicht schlecht, aber nicht schlimm genug.

Es gibt ja auch viele, die können noch arbeiten gehen und alles. Wenn's ganz schlecht geht, dann kann man das nicht mehr, weil es einfach kognitiv nicht mehr geht.

Ich finde es OK, wenn sich jemand gegen Medis entscheidet, solang er es aushält.

Es las oder liest sich vielleicht einfach für den ein oder anderen akuter, als es ist. Deswegen empfahl ich auch Medis.

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sandrin
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Beitrag Do., 12.04.2018, 15:47

Prinzipiell geb ich dir da Recht, Schlendrian. Und ich sehe es genauso - es kommt auch immer auf die Intensität der Symptome an und sicherlich auch auf die Freiräume, die man hat, ob man z. B. im Berufsleben steht, wie man sich die Zeit in schlimmen Phasen selber einteilen kann und dergleichen mehr.

Ohne Medikamente könnte ich nicht mehr arbeiten, mit geht es einigermaßen, aber wenn ich ehrlich bin, auch nur unter größten Mühen. Ist die Frage, wie lange das dann auch gutgehen kann. Aber ohne Medikamente hätte ich einfach gar keine Chance...

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Philosophia
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Beitrag Do., 12.04.2018, 15:54

...aber Gedankentanz vielleicht schon...
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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sandrin
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Beitrag Do., 12.04.2018, 15:56

Kann schon sein. Ich wünsch es ihr sehr.


cinikus
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Beitrag Do., 12.04.2018, 16:00

Schlendrian hat geschrieben: Do., 12.04.2018, 15:26 Ich denke, ehrlich gesagt: wenn es schlecht genug geht, dann greift man auf Medis zurück. Und davor ist es vielleicht schlecht, aber nicht schlimm genug.
Ich habe mich viele, viele Jahre gegen Tabletten gesperrt. Dann, als ich "kapitulierte", gleich mal die falschen bekommen. Aber seit ich die richtigen nehme und den Unterschied kenne, einfach das völlig andere Alltagsgefühl, könnte ich mich für die vielen verlorenen Jahre ohrfeigen.
Allerdings bedeutet es nicht, dass die Depressionen an sich völlig verschwunden sind. Bei mir sind sie mittlerweile chronisch (vielleicht WEIL ich so lange nicht wirklich was dagegen unternommen habe). Aber es ist dennoch ein Unterschied von Tag und Nacht, mit oder ohne. Mit sind die Phasen zwischen den Episoden "normal" bis "gut", und die einzelnen Schübe dauern nicht mehr so lange. Früher hingegen kam ich aus der depressiven Grundstimmung nie heraus und jede Episode brauchte viele Monate. Was ich damals einen "guten Tag" nannte, ist heute einer, der nicht total schlecht ist, aber besser sein könnte. Wobei ich mich vermutlich trotz heutigen Wissen damals gesperrt hätte, Tabletten zu nehmen. Ich war da echt rigoros. Bis es eben nicht mehr anders ging und ich ALLES tat, selbst die eigenen Überzeugungen und Prinzipien über Bord werfen, Hauptsache, das Elend hat ein Ende.

Aber: jeder Mensch ist anders. Die Ursachen sind bei jedem verschieden. Insofern kann ich mir vorstellen, dass bei manchen Menschen eine Therapie ohne Medikamente gut wirken kann, ebenso, wie andere eben ohne Medis einfach nie in den Modus der Therapierbarkeit kommen.
Auch der Anblick des Schlechten kann eine Schulung für das Gute sein! Niccolò Tommaseo

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Beitrag Do., 12.04.2018, 16:06

Klar, habe ich keinen Vergleich. Vielleicht würde es mir Tatsache etwas bringen. Meine Gedanken würden vielleicht besser zu Ruhe kommen, ich könnte vielleicht mehr schlafen, vielleicht wäre ich dann auch nicht dauermüde und erschöpft.
Das wäre sicherlich möglich und auch erstrebenswert.
Allerdings kein ich meinen Alltag einigermaßen bestimmen und ich funktioniere nach außen hin recht gut.
Daher empfand ich bisher noch keine Notwendigkeit Tabletten zu nehmen. Wo alles begann (Panikattacken, Herzrasen, Ängste) bekam ich von meiner Hausärztin Lorazepam verschrieben. Davon habe ich insgesamt 2 genommen. Ich fand die furchtbar. Bekam davon noch mehr Angst, durch die Müdigkeit, sprich Entspannung gleich kontrollverlust. Zumindest fühlte es sich zu dem Zeitpunkt so an.
Zum Glück bekam ich recht schnell einen Therapieplatz und hätte Zuhause den nötigen Rückhalt, so das ich auf weitere Tabletten verzichten konnte.
Vielleicht, wäre ich bei nem anderen Therapeuten gelandet, hätte ich welche genommen, wer weiß.

Klar Stelle ich mir das schön vor, endlich mal Ruhe. Und einfach mal ein Tag nicht erschöpft zu sein, aber ich brauche die Kontrolle. Ich trinke nicht mal Alkohol. Nie, niemals gemacht. Keine Ahnung, ist sehr wichtig für mich.

Also wie gesagt, ich glaube euch, wenn ihr sagt, das es euch damit gut geht, aber ich möchte es, so verlockend es auch sein mag, nicht.
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sandrin
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Beitrag Do., 12.04.2018, 16:30

Wobei ich dir sagen muss: von Ruhe und Nicht-Erschöpftsein kann auch während der Einnahme von Antidepressiva bei einer Depression nicht unbedingt die Rede sein. Aber es wird erträglicher. Dein Leid werden die nicht beenden.

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Beitrag Do., 12.04.2018, 16:51

sandrin hat geschrieben: Do., 12.04.2018, 16:30 Wobei ich dir sagen muss: von Ruhe und Nicht-Erschöpftsein kann auch während der Einnahme von Antidepressiva bei einer Depression nicht unbedingt die Rede sein. Aber es wird erträglicher. Dein Leid werden die nicht beenden.
Dann würde es mir nicht viel bringen. Denn das Schlimme finde ich, ist die Müdigkeit und die sehr schnelle Erschöpfung. Gleichzeitig aber dieses rastlose.

Ob ich wirklich Depressief bin, vermag ich nicht zu sagen. Meine Therapeutin spricht in meinem Beisein davon, das jetzt so langsam das Ausmaß meines schweren Traumas sichtbar wird. Und das daher die Erschöpfung kommt. Denn ich werde jetzt ja fast täglich damit konfrontiert. Das ist mühsam und fordert sehr viel Kraft. Meinen Alltag bekomme ich gerade so hin. Auch mit Freunde treffen, wobei auch das an meine Reserven nagt.
Ob da Antidepressiva helfen, oder ich wirklich einfach dadurch muss... Ich versuch's weiterhin erstmal ohne.
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Philosophia
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Beitrag Do., 12.04.2018, 17:00

Ein Trauma macht nicht automatisch eine Depression - aber ein Trauma kann sehr wohl große Erschöpfungszustände verursachen. Und gerade das anstrengende Verstehen und Aufarbeiten machen es erstmal nicht leichter - aber später wirds das dann.
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Beitrag Do., 12.04.2018, 17:25

Philosophia hat geschrieben: Do., 12.04.2018, 17:00 Ein Trauma macht nicht automatisch eine Depression - aber ein Trauma kann sehr wohl große Erschöpfungszustände verursachen. Und gerade das anstrengende Verstehen und Aufarbeiten machen es erstmal nicht leichter - aber später wirds das dann.
Ja, vor allem wenn einem eigentlich alles harmlos erscheint, die Therapeutin dann aber von Sadismus spricht. Was ich als anstrengend bezeichne findet sie schrecklich. Da fängt es dann im Kopf ganz schön an zu rattern. Die Gefühle fahren Achterbahn und man fängt an sich zu hinterfragen. Gleichzeitig denke ich weiterhin, so schlimm war das doch nicht, ich wurde ja nicht sexuell missbraucht...
Das macht wirklich müde, das die Realität nicht kongruent ist mit der eigenen Realität...
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candle.
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Beitrag Do., 12.04.2018, 17:26

Gedankentanz hat geschrieben: Do., 12.04.2018, 16:51 Meinen Alltag bekomme ich gerade so hin. Auch mit Freunde treffen, wobei auch das an meine Reserven nagt.
Schon bewundernswert und unterlag bei mir vielleicht auch einer falschen Einschätzung, wenn ich jetzt annehme, dass du einen Fulltimejob und hochfrequente Therapie "bedienst". Das hätte ich damals nie schaffen können als ich diese Endlosgedankenschleife im Kopf hatte. Hut ab, dass du deinen Tag so gut aufrecht erhalten kannst!

LG candle
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