Psychotherapeuten sind nicht unsterblich!

Hier können Sie sich über Belastungen durch eigene oder fremde schwere Erkrankungen, aber auch den Umgang mit Tod und Trauer austauschen.

Eremit
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Beitrag Do., 29.12.2016, 03:30

2face hat geschrieben:Bringt euch dieses zerdenken solcher Belanglosigkeiten irgendeinen Vorteil ?
Ja, die Illusion von Kontrolle. Insofern schreiben wir alle aus dem selben Grund hier.

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blade
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Beitrag Do., 29.12.2016, 15:09

Heute beschäftigt mich der Gedanke, wie ich es schaffen könnte mir aus meinen Erinnerungen gute Erinnerungen zu schöpfen?

Es war nicht immer alles nur schlecht.
Mein Problem ist, daß auch die guten Erfahrungen dann in meiner Gefühlswelt oft von deren Verlust überschattet sind.

Doch wäre es sicher besser für mich, die guten Dinge mit derselben oder vielleicht noch stärkeren Intensität allerdings im positiven emotionalen Skalenbereich erinnern zu können, wie ich die schlechten Dinge im negativen Skalenbereich erinnere.
Doch die Bitterkeit ist so hartnäckig! Ich bin geneigt mir selbst dies anzukreiden, aber das hilft auch nicht.
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lonely69
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Beitrag Do., 29.12.2016, 16:54

Lockenkopf hat geschrieben:Die HP meines Psychotherapeuten wurde heute gelöscht.
Ich vermute mein Psychotherapeut ist verstorben.

Den letzten Kontakt zu ihm hatte ich am 8 Dez. wir waren in Terminverhandlungen. Dann brach der Kontakt plötzlich ab.

Ich werde ihn nie wieder sehen!!!
Liebe Lockenkopf,
das ist jetzt sicher ein Schlag für Dich - so schnell, und dann ohne Abschied!
Um zurecht zu kommen, wäre ja eine Option, sich zunächst über den Sachverhalt Klarheit zu verschaffen. (Todesanzeige?)
Und wenn dann Gewissheit herrscht, wäre ja eine Begleitung bei der Bewältigung vermutlich hilfreich. Sprich: Ein PT, der sich um die "hinterbliebenen" Klienten kümmert, sie auffängt, weitervermittelt, evtl. auch in die Praxis einsteigt. In den USA ist sowas ja geregelt (wie alles mögliche Andere..), in Dtld. wüsste ich nichts davon - denkbar wäre aber, dass Dein PT dafür Vorsorge getroffen hat. Da macht evtl. ein Anruf Sinn, um das zu erfahren. Und wenn es nur eine Bandansage ist...
LG
Lonely

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Beitrag Do., 29.12.2016, 22:15

Danke Lonely

endlich nach 3 Wochen hat sich mein Psychotherapeut gemeldet. Es geht ihm sehr schlecht. Ich vermute vorwiegend psychisch. Er hat seine HP selber gelöscht.
Eine weitere Sitzung bei ihm wird es aller Wahrscheinlichkeit nach nicht geben. Die therapeutische Beziehung ist zu ende.
Trotzdem bin ich sehr erleichtert, das er lebt. Ich heute Mittag vor Freude geweint.
Liebe Grüße
Lockenkopf

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isabe
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Beitrag Do., 29.12.2016, 22:21

Nun, die Beziehung selbst ist nicht zu Ende. Ihr seht euch nur nicht mehr, und das ist für dich mit Sicherheit besser so. Wie es ihm selbst geht, sollte für dich in deiner Rolle als Patient nicht so wichtig sein, auch wenn das natürlich nun schwierig ist, da du ja schon sehr (zu) lange involviert bist in sein Leiden. Ein Therapeut ist eben kein enger Freund und kein Verwandter. Für ihn selbst kannst du nur wünschen, dass er sich erholt oder sein Leben in Würde beenden kann.

Mir tut es immer weh, hier zu lesen von sterbenden Therapeuten (es gab dazu schon mal einen Thread); abgesehen davon, dass es für jeden Menschen schlimm ist, leiden zu müssen, erscheint mir diese Konstellation besonders dramatisch, da er ja eigentlich in der Rolle ist, viele andere Menschen zu schützen. Sozusagen ein doppeltes menschliches Leid.


Alyssa
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Beitrag Do., 29.12.2016, 23:40

isabe hat geschrieben:da er ja eigentlich in der Rolle ist, viele andere Menschen zu schützen. Sozusagen ein doppeltes menschliches Leid.
Wenns um den Tod geht, ist ein Therapeut auch nur ein Mensch wie alle anderen.
Ich weiss nicht inwieweit ein schwerkranker Therapeut noch an seine Rolle als Beschützer denkt. Ich würde es ihm auch nicht übel nehmen, wenn er in so einem Falle sich und sein Wohlergehen vor alle und alles anderen stellen würde.
Ich würde mich sicher verlassen und einsam fühlen. Aber ich würde diese Gefühle akzeptieren.

Ich würde mir nur wünschen, dass mein Therapeut, sollte er krank werden/verunfallen und nicht mehr arbeiten können, oder gar sterben, einen Notfallplan hat, und dafür sorgt, dass ich informiert werde. Und zwar so rechtzeitig bzw. zeitnah wie möglich, und so aufrichtig und ehrlich wie möglich.
Ich favorisiere da das Motto: Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.

Und auch wenn es egoistisch klingt: Ich würde für meinen todkranken Therapeuten sicher Tränen vergiessen und mit ihm leiden, aber ich würde auch versuchen, so schnell wie möglich nach Bekanntmachung seines Zustandes mir einen anderen zu suchen. Zum einen, weil ich ihn nicht weiter mit mir belasten will, zum anderen, weil ich als Patient mich nicht weiter mit seinem Problem - dem Sterben - belasten will.

Lockenkopf:
Jetzt hast du die Chance, für dich einen Abschluss zu finden. Du weisst, dass er lebt, du aber bei ihm "fertig" bist. Schreibe ihm doch einen letzen Brief, in dem du ihm all das mitteilst, was dir wichtig ist/war in eurer Beziehung und in der Therapie, in dem du dich von ihm verabschiedest, und ihn vielleicht wissen lässt, dass du dich zwar einsam und traurig fühlst, aber dir einen neuen Therapeuten suchst und da weitermachst, wo er mit dir aufgehört hat. Das könnte sowohl für dich wie auch ihn eine Erleichterung sein. Du kannst ihn loslassen, und er kann locker lassen, weil er nicht mehr für dich da sein muss.
Selbst wenn keine Antwort von ihm kommt, kannst du vorwärts gehen, denn du hast dann ja alles gesagt, was dir wichtig war, und das kann oft schon sehr befreiend sein.

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Beitrag Fr., 30.12.2016, 00:43

Danke Alyssa,

ja, ich werde meinem Psychotherapeuten diesen Abschiedsbrief schreiben.
Aber einen Abschluss, den wird es wohl nie geben.
Er war und ist ein wichtiger Mensch für mich und das wird er auch bleiben, auch wenn ich ihn nicht mehr sehen werde.
Liebe Grüße
Lockenkopf


Alyssa
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Beitrag Fr., 30.12.2016, 01:32

Einen Abschluss finden bedeutet ja nicht, dass du ihn vergisst. Es ist völlig natürlich und sogar gut, dass er dir ein wichtiger Mensch bleiben wird. Es ist aber auch wichtig, dass du dich von ihm lösen kannst, denn nur dann kannst du einen Schritt vorwärts gehen und mit einem neuen Therapeuten weiter machen. Und für dieses Lösen können ist das Abschluss finden schon elementar.
Ich wünsche dir alles Gute, einen guten Rutsch (trotz all dem Miesen jetzt) und ein besseres Jahr 2017.

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Beitrag Fr., 30.12.2016, 01:47

Das wird nicht funktionieren.
Eine Beziehung welche ich einmal eingegangen bin, besteht in mir fort, auch wenn ich diese Menschen nicht mehr treffe weil sie verstorben sind, oder aber die offizielle Beziehung und somit der Kontakt beendet ist.
Einen wirklichen Abschluss gibt es bei mir nicht. Nur einen Abschied.

Das heißt aber nicht, das ich mich nicht auf neue Beziehungen einlasse. Das kann ich sehr wohl.
In sofern sammle ich Beziehungen und werde dadurch immer reicher.
Liebe Grüße
Lockenkopf

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Lockenkopf
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Beitrag Fr., 30.12.2016, 15:22

Ja, es passiert das Menschen todkrank werden und damit ein Problem haben und sich komplett zurück ziehen und ihrem Beruf nicht mehr gewachsen sind. Und, Ja, es passiert auch Therapeuten.
Könnte mir genau so ergehen und auch meinen Patienten. Bin auch nur ein Mensch.
Und das hat rein garnichts mit Kompetenz zutun.

Und nein, ich bin nicht froh das es so gekommen ist.

Und was zukünftige Psychotherapeuten angeht, rät mein Psychotherapeut mir davon ab. Er meint, das ich sehr gut ohne auskommen könnte.
Liebe Grüße
Lockenkopf

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