Gestalttherapie oder Analyse?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
Antworten
Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Kandinsky
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 30
Beiträge: 52

Gestalttherapie oder Analyse?

Beitrag Di., 08.01.2008, 17:03

Hi,

ich habe mich dazu entschlossen nach fast 6 Monaten Alleingang nun doch wieder eine Therapie zu machen. Ich habe einige Jahre modifizierte Psychoanalyse hinter mir und spiele mit dem Gedanken mal Gestalttherapie zu machen. Was fuer Therapien macht ihr/ habt ihr gemacht? Was hat euch etwas gebracht? Wie haben sich die Unterschiede zwischen den verschiedenen Therapieformen konkret fuer euch abgezeichnet?

Ich habe mich auch mal ueber Gruppentherapie schlau gemacht und koennte vielleicht auch eine Gruppen-Analyse machen. Das finde ich sehr interessant, ich denke aber, dass ich im Moment noch einen Thera ganz fuer mich alleine brauche *lach* Habt ihr mal Gruppentherapie gemacht? Wie sah das aus? Und habt ihr gleichzeitig auch noch eure eigene Therapie weiterfuehren koennen?

Kandinsky

Werbung

Benutzeravatar

Lina
neu an Bo(a)rd!
neu an Bo(a)rd!
weiblich/female, 38
Beiträge: 4

Beitrag Mi., 09.01.2008, 12:01

Hallo Kandinsky,

ich war lange in Einzeltherapie (tiefenpsych. fund. Gesprächstherapie). Dann habe ich, eine Weile parallel, mit einer Gruppentherapie angefangen (Holotropes Atmen). Und jetzt bin ich bei der neuen Therapeutin, die Gruppentermine an Wochenenden macht und bei der ich dazwischen auch Einzelsitzungen vereinbaren kann.

War eine ganz schöne Umstellung. Ich habe quasi plötzlich Geschwister bekommen und war kein therapeutisches Einzelkind mehr.

Es gibt mehrere Aspekte, die ich an dieser neuen Gruppen-Situation spannend finde:

Ich muss meine aktuelle Therapeutin für mich sichtbar mit anderen teilen, d.h. wir alle sind an einem Wochenende gemeinsamen mit ihr zusammen und ich muss eben auch ertragen zu sehen, wie andere es z.B. durchsetzen, ihre Aufmerksamkeit zu bekommen oder sie zu provozieren. Auch meine Eifersucht war da anfangs ein großes Thema.

Außerdem waren die Prozesse unter den Gruppenteilnehmern neu für mich, d.h. viele persönliche Konflikthemen, über die ich in meiner vorherigen Therapie GESPROCHEN habe, tauchen jetzt durchaus als konkrete Konflikte zwischen mir und anderen aus der Gruppe auf. Z.B. wie behaupte ich mich, wie grenze ich mich ab, wie reagiere ich auf wahrgenommene Ungerechtigkeiten etc. Manche Themen spulen sich also jetzt direkt in der aktuellen Situation ab und können an ganz konkreten Beispielen direkt bearbeitet werden, weil die Therapeutin eben dabei ist und hautnah mitkriegt, wie ich mich verhalte.

Sehr ungewohnt war auch, dass ich die Therapeutin jeweils ein ganzes Wochenende lang um mich habe. Und auch, dass sie mich und die anderen quasi in Aktion sieht, also nicht nur in dieser gewohnten einen Therapie-Stunde, in der ich bei meiner vorherigen Therapeutin auf dem Stuhl saß und sprach. Sondern es ist eben nicht besonders viel zu verstecken an so einem Wochenende, weil man sich beim gemeinsamen Essen sieht, morgens nach dem Aufstehen, sie mich sieht, wenn ich drei Stunden total sauer bin und mit keinem mehr reden will oder wenn ich fröhlich mit den anderen rumscherze. Ich kann mich auf Dauer nicht darstellen, wenn ich das nicht bin. In meiner Gesprächstherapie z.B. habe ich immer einen auf total vernünftig gemacht, 50 Minuten konnte ich das oft durchhalten, auch wenn mir gar nicht danach war.

Und: Durch die Gruppensituation bin ich weicher mir und anderen gegenüber geworden. Meine Vermutung ist, dass es viel bewegt, wenn ich direkt sehe, wie sich auch die anderen mit ihren Themen rumschlagen, und wie tapfer wir eigentlich alle sind, wenn wir uns unseren Untiefen stellen.

Tja, bin ganz begeistert im Augenblick.
Ich weiß aber genau, dass meine Voraussetzung war, dass ich vorher lange eine Einzeltherapie gemacht habe, die wirklich gut und sehr intensiv war. Das ist mein Fundament, auf dem ich jetzt auch getraut habe, mich einer Gruppensituation zu stellen - und meine Therapeutin zu teilen...

Liebe Grüße
Lina

Benutzeravatar

Vetiver
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 42
Beiträge: 38

Beitrag Do., 10.01.2008, 17:27

Hallo,

vor Beginn meiner Therapie habe ich auch eine Weile überlegt, welche Form wohl am besten ist - das ist gar nicht so einfach.
Man kann sich zwar informieren, aber wie sich die Unterschiede zwischen Einzel- und Gruppentherapie dann auf den eigenen Prozess auswirken, ist natürlich schlecht vorher zu sagen.

Dennoch: Ich glaube, dass die Entscheidungen, die man im Leben fällt, IMMER zum eigenen Weg gehören. Das hört sich vielleicht zu fatalistisch an, aber wenn man nach einer Weile merkt, dass einem etwas ernsthaft nicht gut tut, kann man die Entscheidungen ja korrigieren.

Ich habe mal gelesen: "Das Geheimnis des Glücks ist eine klare Linie mit hinreichend vielen Abzweigungen." ;o)

Viele Grüße
Vetiver

Benutzeravatar

Anne1997
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 53
Beiträge: 625

Beitrag Do., 10.01.2008, 19:00

Hallo Kandinsky,

schließe mich in sehr Vielem meinen Vorschreibern an:
[quote="Vetiver"]Ich glaube, dass die Entscheidungen, die man im Leben fällt, IMMER zum eigenen Weg gehören. Man kann die Entscheidungen ja korrigieren.[/quote]
Und:
[quote="Lina"]Ich muss meine aktuelle Therapeutin für mich sichtbar mit anderen teilen...und ich muss eben auch ertragen zu sehen, wie andere es z.B. durchsetzen, ihre Aufmerksamkeit zu bekommen
[/quote]
Und ganz wichtig:
[quote="Lina"]Durch die Gruppensituation bin ich weicher mir und anderen gegenüber geworden. Meine Vermutung ist, dass es viel bewegt, wenn ich sehe, wie sich auch die anderen mit ihren Themen rumschlagen, und wie tapfer wir eigentlich alle sind, wenn wir uns unseren Untiefen stellen.[/quote]

Bisher kenne ich "nur" Gestalttherapie (Einzel und Gruppe) und systemische Beratung/Therapie (beruflich).
Ich habe die Gestalttherapie als eine Therapieform kennen gelernt, die mein Wahrnehmungsspektrum sehr erweitert hat, wo ich mich zutiefst angenommen (und erst mal auch akzeptiert) fühlte.
Gestalttherapie ist eine sehr mächtige Methode, die mein Therapeut oft sehr reduziert oder gar nicht (dann eher Gespräche, systemische Fragen) und vor allem behutsam und immer an mich angepasst angewandt hat / anwendet, da ich Zeit brauch(t)e, mich mehr zu spüren, anzunehmen.

Die (Gestalttherapie-) Gruppe hat bei mir (vor allem im ersten Jahr mit überwiegend Selbsterfahrung und einer theoretischen Basis) dazu geführt, dass ich wesentlich demütiger gegenüber Menschen und dem Leben an sich geworden bin.
Auch ich wurde "aufgeweichter", weicher. Meine oft vorschnellen Bewertungen (und Verurteilungen) von Menschen sind zurückgegangen, was mich zufriedener macht und mich gleichzeitig anderen Menschen gegenüber mehr öffnen ließ und lässt. Der Respekt und die Achtung vor unterschiedlichsten menschlichen Entwicklungen in unterschiedlichen Umwelten / Systemen wurde größer.
Ich wollte die Gruppe nicht missen, obwohl wir alles sehr unterschiedlich sind und ich im "real life" mit manchen nichts zu tun hätte haben wollen, weil die "Bewertungsmaschinerie" bei mir sehr früh eingesetzt hätte. So profitiere ich von der Gruppe ganz eindeutig für mein berufliches wie privates Leben.
Die Gruppe hat auch einige Aspekte für meine Einzeltherapie beschleunigt und in Gang gesetzt.
Ich musste Bedürfnisse durchsetzen lernen und auch für mich einmal Zeit in Anspruch nehmen (wissen, dass ich ein Recht darauf habe, wenn es mir nicht gut ging) bzw. mich zurückhalten.
In der Einzeltherapie spielten viele Gruppenerlebnisse und meine Gefühle, Gedanken eine sehr große Rolle.
Zum Glück hatten/haben wir drei gute und sehr unterschiedliche Gruppentherapeuten (+ einen Gasttherapeuten/Mediziner), die uns auch verdeutlichen, wie unterschiedliche therapeutische Stile sich auf einen auswirken und dass man sich dennoch bei allen weiterentwickeln kann.
Einzel- und Gruppentherapie empfinde ich als gegenseitige Katalysatoren und bin sehr froh, diesen Weg bisher gegangen zu sein.

Herzliche Grüße und alles Gute beim Finden einer "Lösung",
Anne

Werbung

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Kandinsky
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 30
Beiträge: 52

Beitrag Sa., 16.02.2008, 22:46

Hallo,

danke fuer die Antworten

Sorry - hat 'ne ganze Weile gedauert bis ich mich wieder gemeldet habe. Irgendwie geht's mir im Moment nicht so gut.

@ Lina: Dein Beispiel, dass es so ist als haette man ploetzlich Geschwister finde ich sehr anschaulich. Ich kann mir da jetzt viel besser etwas drunter vorstellen. Ich habe auch immer auf vernuenftig gemacht in 50 minuetigen Einzelstunden, *lach*. Ich kann mir vorstellen, dass es ja vielleicht wirklich sehr helfen wird, wenn sich zwischenmenschliche Probleme konkret vor der Thera abspielen und sie dann direkt darauf Bezug nehmen kann. Obwohl ich etwas Bammel habe, denn das ist doch bestimmt manchmal auch peinlich?

@Anne1997: Eine Kombination aus Gruppen- und Einzelthera zu machen ist vielleicht eine Idee. Dass wie du meintest Gruppenthera so einiges beschleunigen kann hatte ich mir erhofft, aber ich denke, dass ich doch auch noch individualle Unterstuetzung brauche. Beides gleichzeitig als gegenseitige Katalysatoren waere natuerlich gut.

@Vetiver: Ich stimme dem zu, dass man einen ungefaehr geraden Weg entlang gehen soll, aber genug Flexibilitaet fuer kleine Abzweigungen und Umwege lassen sollte. Nach Jahren psychischer Probleme und Angst, die einfach nie zu enden scheint, muss ich aber zugeben, dass ich eigendlich ziemlich den Rand voll habe und nur noch normal leben will.

Liebe Gruesse,

Kandinsky

Benutzeravatar

Dornröschen Dorn
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 23
Beiträge: 2323

Beitrag So., 17.02.2008, 17:55

Hi ihr!

Ich spiele auch momentan mit dem Gedanken mal in die Ergotherapie zu gehen. Nennt ihr das Gestalttherapie, oder?
ich weiss nur nicht wie das da so abläuft?! also geht man da hin und gestaltet dann in einer gruppe 1 stunde lang oder wie(?) lang mit einer betreuerin oder theapeutin, ja? und erzählt man dann da auch noch?wenn ja, über was? ist das 1 mal in der woche denn?
und wie teuer ist das so?
fragen über fragen. ich hoffe, ihr könnt mir ein paar beantworten!

LG
Erfahrungen sind die Schlüssel zu noch mehr Glück und Vollkommenheit, für alle Schlösser, die das Leben mir noch bringen wird..



Lieben Gruss und bis bald!

Benutzeravatar

Dornröschen Dorn
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 23
Beiträge: 2323

Beitrag So., 17.02.2008, 17:57

sorry, ich hab nur eure beiträge etwas überflogen. falls ihr diese frage die ich gleich stelle schon hier beantwortet habt, dann weist mich bitte daraufhin

warum würdet ihr in die gestalt therapie (o.ergo therapie) gehen?

LG
Erfahrungen sind die Schlüssel zu noch mehr Glück und Vollkommenheit, für alle Schlösser, die das Leben mir noch bringen wird..



Lieben Gruss und bis bald!

Benutzeravatar

Anne1997
Forums-Gruftie
Forums-Gruftie
weiblich/female, 53
Beiträge: 625

Beitrag So., 17.02.2008, 18:31

Hallo Dornröschen Dorn,

Gestalttherapie hat nichts, überhaupt nichts, mit Ergotherapie oder Kunsttherapie zu tun.
Gestalttherapie ist eine eigenständige psychotherapeutische Richtung, so wie die Psychoanalyse, die Verhaltenstherapie, die systemische Therapie, die tiefenpsychologisch fundierte Therapie, die Gesprächspsychotherapie usw.
In Ö und in der Ch kannst Du sie über die Krankenkassen abrechnen, in Deutschland nicht.
Viele Kassentherapeuten wenden aber gestalttherapeutische Methoden in ihren Therapien an - ohne dass es die Klienten wissen, auch in der Verhaltenstherapie.

Siehe hier im Forum:
http://www.psychotherapiepraxis.at/ther ... oden.phtml
Oder:
http://www.psychiatrie.de/therapien/gestalttherapie/
http://www.gestalttherapie.de/informati ... erapie.htm
Es gibt unzählige Seiten über diese Therapieform im Internet.

Meistens wird dort gesprochen - wie in jeder anderen Therapieform auch. Aber es gibt verbale und nonverbale Methoden, die den therapeutischen Prozess intensivieren und beschleunigen können.
Sie ist eine mittlerweile gut evaluierte Therapieform.

Herzliche Grüße,
Anne

Benutzeravatar

Dornröschen Dorn
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 23
Beiträge: 2323

Beitrag So., 17.02.2008, 19:56

Hi!

Oh danke anne für die ganzen infos. hab ich also voll verwechselt

LG
Erfahrungen sind die Schlüssel zu noch mehr Glück und Vollkommenheit, für alle Schlösser, die das Leben mir noch bringen wird..



Lieben Gruss und bis bald!

Benutzeravatar

Norah
sporadischer Gast
sporadischer Gast
weiblich/female, 20
Beiträge: 28

Beitrag Sa., 19.06.2010, 14:16

Ich male privat für mich selbst sehr oft. Meist mache ich es so, dass ich mir vorher nicht überlege, was ich malen will, sondern einfach drauf los male und dann einfach gucke, was sich daraus entwickelt/ergibt. Dies erinnert mich etwas daran, wie es einige Therapeutein im Sinne von Maltherapie machen, wo man ja auch einfach was malen soll, was einem in den Sinn kommt, ohne sich vorher was zu überlegen. Jedenfalls denke ich, dass dies, was ich so male, ja dann auch eine Art bildiche Darstellung meines Inneren sein könnte/würde? Somit wollte ich mal fragen, ob ihr mir helfen würdet, ein paar meiner Bilder zu deuten?

Benutzeravatar

ENA
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 46
Beiträge: 9796

Beitrag Sa., 19.06.2010, 16:27

Upps!

Was macht denn ein Thread zur Gestaltungstherapie (bzw. Bilder malen) angehängt an einen Thread zur Gestalttherapie ?

...aber gut, ich will mich mal kurz bei zwei Sachen einklinken:
Norah hat geschrieben:Jedenfalls denke ich, dass dies, was ich so male, ja dann auch eine Art bildiche Darstellung meines Inneren sein könnte/würde? Somit wollte ich mal fragen, ob ihr mir helfen würdet, ein paar meiner Bilder zu deuten?
Hallo Norah!
Schön, dass Du malst! Das tue ich auch sehr gerne!!!
...und bezüglich des Deutens: Also ich vertrete ja die Auffassung, dass nur der Malende selber herausfinden kann, was die Bilder für ihn bedeuten. Jeder andere kann zwar Ideen liefern, aber im Endeffekt geht es ja dann darum, was der andere bei den Bildern denkt, was für Gedanken ihm kommen, was er beim Betrachten fühlt,...und weniger um Deine,...denn die sind ja in DIR drin!!!
Hm,...vielleicht hilft es Dir, falls Du keine Gestaltungstherapie machen willst, mal nachzuspüren, was für Gedanken, Bilder, Gefühle,...Dir beim Malen und Betrachten Deiner Bilder kommen?

Benutzeravatar

salonkatze
Helferlein
Helferlein
weiblich/female, 30
Beiträge: 56

Beitrag Sa., 19.06.2010, 17:13

Hallo,
ich kling mich mal hier ein, ich weiß nicht, ob´s passt...mal sehen.

Wie sind denn eure Erfahrungen mit Gestalttherapie?
Positive wie Negative!
Wie ist die Haltung/ Menschenbild des Therapeuten?

Bin seit kurzem in Therapie, eigentlich tiefenpsychologisch fundiert, aber wie ich jetzt bemerkt habe, ganz viel Gestalttherapie. Hab mir einiges dazu angelesen, aber das ist ja die Therorie. Wie sieht die Praxis aus? Ich weiß, ich werd schon noch meine Erfahrungen machen, aber ich würde mich über andere Berichte freuen. Wie sieht Gestalttherapie praktisch aus?
Es hat keinen Sinn zu warten bis es besser wird, dass bißchen besser, wär das Warten nicht wert!

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag