Wenn es Nacht wird über deiner Stadt...

Hier können Sie sich über Belastungen durch eigene oder fremde schwere Erkrankungen, aber auch den Umgang mit Tod und Trauer austauschen.
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huetteldorfer30
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Wenn es Nacht wird über deiner Stadt...

Beitrag Mi., 10.11.2010, 00:03

...hab bloß keine Angst!
...mach die Augen auf!
(sagt zumindest ein wirklich guter Song einer Wiener Kult-Combo namens Waxolutionists)

Leider kann ich davon wenig berichten...Mein Herz leidet - und das seit mehr als 5 Jahren mittlerweile. Ich hoffe, endlich Erlösung zu finden. Von was, möchte ich euch gerne kurz erzählen:

Es ist jetzt 5 Jahren her und zu Silvester des beginnenden Jahres 2005 habe ich mit meiner Schwester telefoniert und ihr gesagt, dass ich ein schlechtes Gefühl habe, was dieses beginnende Jahr anbelangt, habe.

Sie meinte, dass ich abwarten sollte - aber ich hatte von Anfang an ein anderes Gefühl. Dann verstarb ganz plötzlich meine Oma (sie schlief ein und wachte nicht mehr auf - was für eine schöne Erlösung). Beim Begräbnis meiner Oma habe ich schon meinen Papa als etwas seltsam bzw. verändert erlebt. Dann verstarb der Vater meiner Schwester (Halbschwester also eigentlich). Meine andere Oma hatte ihren 3. Schlaganfall und war von da an im Pflegeheim und konnte weder reden noch etwas Gutes empfinden. Ich lernte zwar meine Freundin, die ich seit dem habe und liebe, kennen, aber sie fiel im Herbst des Jahres in eine Mittelschwere Depression, von der sie sich noch immer nicht erholt hat.

Soweit so schlecht, aber ich wusste noch nicht, dass es noch viel schlimmer kommen würde.
Dann plötzlich erkrankte mein Papa schwer: Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs. Abwarten, dann Gewissheit: es gibt keine Chance mehr. Dann wie im Zeitraffer und im Film: Körperlicher und psychischer Verfall - immer schwerere Krankheitssymptome bis hin zum Tod.

Eine skurrile Geschichte die mich bis heute beschäftigt. Es wirkt wie in einem ablaufenden Zeitraffer, ohne Gefühle. Krankenhausatmosphäre, endloses Bangen und Hoffen (einzigartiges Gefühl wie noch nie). Dann der tote Körper meines Vaters, aufgebahrt und ohne Leben. Alles andere dazwischen vergessen bzw. ausgeblendet.

Seitdem habe ich die Hilfe einer Psychologin gesucht (mehr als 3 Jahre lange). Ich habe extreme Angst vor dem Tod (vor allem Flugangst), träume - wenn ich Alkohol getrunken habe - von meinem eigenen Begräbnis. Ich denke an die Musik die dort gespielt wird (ist mir sehr wichtig).

Schöne Dinge zu empfinden, ist immer von einem grauen Schleier begleitet. Ich möchte aber nicht mehr so weiterleben. Ich möchte wieder schöne Dinge fühlen und empfinden können.

Ich habe schon eine Therapie (2 Jahre), eine psychologische Betreuung (3 Jahre) sowie mit meiner Freundin eine Sexualtherapie begonnen und eigentlich keine Lust mehr, wieder eine neue Therapie z beginnen.

Hat jemand von euch ähnliche Empfindungen??

Alles Liebe,
bulletproof

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caLLista__
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Beitrag Mi., 10.11.2010, 10:56

hallo bulletproof,

lass dich zuerst mal ganz fest drücken!!
uff, die letzten 5 jahre hatten es ja ganz schön in sich...ich drück dir meine ganze anteilnahme & mein mitgefühl aus.

du sagst, du hast große angst vor dem tod; du träumst sogar von deinem eigenen begräbnis, wenn du alkohol getrunken hast...trinkst du öfter alkohol?
wenn ja, solltest du zumindest gegen dieses problem vorgehen, denn ein übermäßiger alkoholgenuss holt dich auf dauer überhaupt nicht aus dem loch heraus, sondern zieht dich nur noch tiefer rein.

du sprichst von der musik, die du bei deinem begräbnis hören möchtest; welche musik schwebt dir denn da vor? (sry, falls die frage unangenehm is, ich möchte auf keinen fall taktlos erscheinen!)
aber diese tatsache zeigt mir, dass dir musik ziemlich wichtig zu sein scheint, stimmt das?meinst du, es wäre vielleicht ein weg, deine trauer, deine wut, oder was immer du empfindest, mit musik auszudrücken?

gibt es bestimmte gründe, warum du keine therapie mehr machen willst?

alles liebe,
callista

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Ive
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Beitrag Mi., 10.11.2010, 13:10

Hallo,

ja, auch ich spüre Mitgefühl bei Deiner Geschichte. Ich kann Dich sehr gut verstehen, hab meine Eltern mit 10 und 17 Jahren verloren. Ich glaube, als sensibler Mensch gerät man unter Schock; bei mir wirkte sich das so aus, dass ich nach dem Tod meines Vater (urplötzlicher Herztod, auch traumatisch) nachts wach lag und angstvoll den Atem meiner Mutter verfolgte, ob sie noch lebte. Und ich begann, Nägel zu beißen, weitere Probleme folgten ...

Also, der Tod der Eltern - je nachdem, wie er einen erwischt - kann SEHR traumatisch sein. Die Auswirkung in Form großer Angst um die eigene Gesundheit habe ich im engsten Umfeld auch schon beobachtet.

Was, außer weiterer Therapie, meinst Du, KÖNNTE Dir helfen?

Auch von mir alles Liebe!
Ive

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AnnaBlume
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Beiträge: 104

Beitrag Fr., 12.11.2010, 09:27

Guten Morgen,

ich möchte Dir zunächst sagen, dass mich das Lesen Deines Beitrages sehr mitgenommen hat. Was Du in den letzten fünf Jahren erlebt hast, kann nicht spurlos an einem Menschen vorbei gehen und dass Du auch heute noch stark darunter leidest, ist m. E. absolut nachvollziehbar.
In diesem Zusammenhang fällt mir eine Aussage ein, die jemand letztes Jahr mir gegenüber getätigt hat:" Jedem wird nur so viel aufgeladen, wie er ertragen kann." Das war in der Zeit, in der meine Mutter urplötzlich an Krebs erkrankte und innerhalb von einem halben Jahr starb. Ich erlebte das wie Du, wie in einem Film, ich war wie in Trance, konnte es nicht fassen, kann es bis heute nicht. Bei mir war es die Nacht vom 31.12.2008 auf den 1.1.2009, in der ich träumte, mein Vater würde sterben. Irgendwie fühlte ich, dass dieses Jahr nichts Gutes bringen würde, aber dass es so schlimm werden würde, hätte ich nicht gedacht. Zwar war es nicht mein Vater, der starb, aber als dann zwei Monate später meine Mutter ihre Diagnose bekam, war ich sicher, dass ich einfach eine Vorahnung hatte, dass eine Katastrophe bevorsteht.
Kurz darauf verstarb auch noch meine geliebte Oma und da merkte ich, dass ich das alles ohne Hilfe nicht mehr ertragen kann und heute verurteile ich die Aussage "Jedem wird nur so viel aufgeladen, wie er ertragen kann", zutiefst. Ich dachte immer, ich sei stark genug, um alleine damit fertig zu werden, aber ich bin es nicht. Seit ca. einem halben Jahr mache ich eine Therapie und seitdem ist so viel aufgebrochen, dass ich mich schlechter fühler denn je und das Gefühl habe, alles wird immer schlimmer.
Ich bin aber sicher, dass es keine andere Möglichkeit gibt, als weiter daran zu arbeiten. Leider kann ich Dir keinen ultimativen Tipp geben, aber ich glaube schon, dass Du Dir weiterhin Hilfe suchen solltest. Wie Du es beschreibst, dass Du große Angst vor dem Tod hast und Dir wünschst, wieder Schönes zu empfinden, so fühle ich auch. Manchmal glaube ich, dieser große Wunsch, wieder wie früher Freude an meinem Dasein zu empfinden, ist das Einzige, was mich zur Zeit am Leben erhält.
Was für eine Therapie hast Du denn gemacht? Vielleicht würde Dir eine andere Therapieform besser helfen?
Manche Wunden brauchen einfach sehr, sehr lange, um auch nur ansatzweise zu heilen, man braucht unendlich viel Geduld und Kraft dafür und sollte sich vor allem nicht durch irgendein Zeitfenster unter Druck setzen.
Leider kann ich Dir keinen guten Rat geben, weil ich mir selbst keinen geben kann, aber ich verstehe Dich so gut und hoffe sehr, dass Du einen Weg findest, der Dir hilft.
Alles Liebe,
A.

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huetteldorfer30
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Beitrag Sa., 13.11.2010, 09:49

Hallo zusammen,

danke für euer Mitgefühl und eure Anteilnahme!
Bin leider erst jetzt dazugekommen, mir in Ruhe alle eure Beiträge durchzulesen.
Mir ist Musik generell sehr wichtig. Sie drückt sämtliche Emotionen aus und steht stellvertretend für meine derzeitige Laune. Im Moment reicht das Spektrum von sehr entspannender Musik bis Thrash Metal, was auch meine Empfindungen sehr gut widerspiegelt.
Ich denke, was sich bei meiner Phantasie von meinem eigenen Begräbnis in meinem Kopf abspielt, ist die Vermengung von zwei unterschiedlichen Dingen: Einerseits Aufmerksamkeit - so blöd es nun klingt - und andererseits die Erlösung von der (Todes-)Angst.
Warum Aufmerksamkeit? Nun, weil ich einen Job habe, der mich extrem fordert und in dem ich leider viel zu wenig Anerkennung bekomme, oft sogar Neid und Eifersucht ernte.

Die Musik, die bei meinem Begräbnis gespielt werden sollte, wäre ein sehr trauriger Song von Coldplay (Fix You).
Der Song berührt mich sehr und hat etwas sehr Friedvolles, eben so wie ich mir denke, dass man sich fühlt, wenn alle Ängste und Schmerzen weg sind.

Mir ist vollkommen bewusst, dass mir nur eine Therapie wieder weiterhelfen kann. Zumalm ich auch sehr gute Erfahrungen damit damals gemacht habe.
Allerdings will mein Herz nicht so recht akzeptieren, dass diese Tatsache für mich unumgänglich ist und ich mich längst im Hirn dafür entschieden habe.
Es ist die mühevolle Arbeit, die mir so schwer fällt, da ich eben einen sehr anstrengenden Job habe und auch jeden Tag mit meiner Freundin an unserer Beziehung arbeiten möchte.

Wenn ich mir andere Menschen anschaue, viele Arbeitskollegen z.B., die ein "schönes" Leben haben, sich leisten können, was sie wollen, keine Verpflichtungen haben und sich Sorgen darüber machen, wie ihre Frisur gerade aussieht oder in welches Restaurant sie am Abend gehen werden, so kann ich dies einerseits nachvollziehen, aber andererseits tue ich mir mit dem Verstehen schwer.

Ich bin auch, das habe ich gemerkt, nicht mehr so locker wie früher. Eine große Ernsthaftigkeit und Nüchternheit ist in mich gekehrt, wie ich sie vorher nicht kannte.
Könnt ihr diese Entwicklung bei euch auch feststellen??

Danke für eure Ehrlichkeit und Anteilnahme!

Liebe Grüße,
bulletproof

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butterfly89
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Beitrag Sa., 27.11.2010, 15:29

das ist einfach ein alptraum was du da miterlebt hast, nicht zu fassen wie stark zu bist!!!

wie gehts deiner freundin mit ihrer krankheit? ist sie eine kleine stütze für dich?

hast du freunde die dich aufmuntern bzw. mit denen du was unternehmen kannst?

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