PTBS, dissoziative- und depressive Störung?!

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Nostalgie
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PTBS, dissoziative- und depressive Störung?!

Beitrag Mi., 20.07.2011, 19:47

Hallo Leute,

ich habe ein paar Fragen, da ich mich mit diesem Thema nicht wirklich auskenne...

Was bedeutet es eine posttraumatische Belastungsstörung und zusätzlich noch eine dissoziative und depressive Störung zu haben?!
Wie wird ein Leben dadurch eingeschränkt?
Was müssen Betroffene durchmachen?
Was zum Teufel heisst es überhaupt "dissoziativ" zu sein? - ich weiß dass das was mit "abspalten" zu tun hat... kann es mir aber nicht wirklich vorstellen...
In wie fern ist Dissoziation gefährlich? für mich? für andere?
Wie lange dauert die Heilung? - Heilung überhaupt möglich?
Wo ist der Unterschied zur Borderline-Störung?
Ist Verhaltenstherapie das Richtige?

Mein größter Wunsch ist/war es unabhängig zu sein, meine Träume verwirklichen zu können... Ich hoffe nicht, dass mich das bei meinen Berufswünschen hindern kann ( also wie zB. eine Sehschwäche bei Leuten die Pilot werden wollen )... Weiß da jemand etwas darüber?

Ohje so viele Fragen...

LG

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ENA
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Beitrag Mi., 20.07.2011, 20:51

Hallo Nostalgie,

ich denke, das der Zusatz von Dissoziation und Depression nur ein zusätzliches Kennzeichen für eine (deine?) Schwierigkeiten sind. Also als besonderes Kennzeichen eben noch depressive und dissoziative Symptome bzw. Phasen.

Hier auch mal ein Link:

http://de.wikipedia.org/wiki/Posttrauma ... %C3%B6rung

Man muss auch nicht sein Leben lang dadurch eingeschränkt sein. Therapie und das richtige Umfeld kann sehr hilfreich sein, um ein normales Leben leben zu können (mir ist bewusst, dass "normal" jeder anders verstehen mag). Eine gewisse Sensibilität für Themen und Rückkehr in Verhaltensmuster mag übrig bleiben, aber ich denke, man kann durchaus soweit kommen, dass man da weitgehends Kontrolle drüber haben und selber handlungsfähig werden kann, anstatt einen die Symptome in der Hand haben.
Was Betroffene durchmachen? Das wird sicherlich immer unterschiedlich sein, zumal ja auch die Hintergründe und Lebensumstände unterschiedlich sein werden.
Was Dissoziationen heißt... . Auch hier mal ein Link:

http://de.wikipedia.org/wiki/Dissoziation_(Psychologie)

Dissoziation kann dann gefährlich werden, wenn man nicht mehr mitbekommt, dass man sich in eine Gefahrensituation begibt.
Wielange die Heilung dauert, ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Hängt u.a. auch von Person, Ressourcen, Selbstheilungskräfte, Geschichte, Unterstützung, Dauer und Lebensumfeld ab.
Heilung möglich? Aus meiner Sicht generell ja!...Kann aber auch nicht für jeden Menschen gleich beantwortet werden. Ich denke, so wenig hilfreich das jetzt auch klingen mag: Am Ende wird es jeder selbst wissen, ob und wie weit die Therapie etwas geholfen hat und wie heil man sich fühlt!...

Der Unterschied zu Borderline...: Depressive und dissoziative Reaktionen können ein Teil des Borderline-Syndroms, der Borderline-Persönlichkeitsstörung sein. Für mich liegt der Unterschied zur PTBS vor allen Dingen darin, dass die PTBS eine zeitlich begrenzte Belastungsreaktion auf ein bestimmtes Ereignis ist, während die Borderline-Persönlichkeitsstörung für mich etwas umfassender ist, länger andauert, in der Regel auch nicht einen einzigen Auslöser hat, sondern durch eine Vielzahl von Bedingungen entstanden ist. Meine Variante der Erklärung dazu in Kurzform. Andere mögen da anders drüber denken. Vielleicht schaust Du Dir auch einfach mal die Diagnose-Kriterien der beiden Erkrankungen an oder fragst einen Facharzt oder Therapeuten.

Hier vielleicht auch mal ein Link zu Borderline:

http://de.wikipedia.org/wiki/Borderline ... %C3%B6rung

Ob Verhaltenstherapie richtig ist? Weiß ich nicht. Bei einigen mag das sicher hilfreich sein, weil dort der Schwerpunkt auf die Veränderung im Verhalten im aktuellen Alltag gelegt wird. Also:"Wie gehe ich mit diesem oder jenem konkret um"? Dabei wird weniger die Vergangenheit und mehr das aktuelle, also das was ich miteinbezogen.
Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und Psychoanalyse geht da mehr in die Tiefe, arbeitet mit Übertragungen und Kindheitsaufarbeitung. Hilfreich vor allen Dingen, wenn es eben nicht mit einigen Verhaltensübungen und Reflektionen getan ist, sondern das Problem mehr in der Tiefe liegt. Dann wird auch mehr das Ursache, als das reine Symptom bearbeitet. Bei einer Psychoanalyse würde ich darauf achten, wie stabil der jenige ist. ...aber auch das sollte man lieber mit den Therapeuten bzw. Facharzt besprechen.
Jeder Mensch, jede Geschichte, jede Lebenssituation ist anders und man kann von hier aus auch keine allgemeingültige Aussage machen!!!

Berufswünsche? Ich glaube, dass das einfach darauf ankommt, wie es einem geht und wie sehr die Symptome jemanden an etwas hindern. Wenn mal also schnell aggressiv wird, würde ich eher nicht im sozialen oder pflegerischen Bereich eine Ausbildung empfehlen. Wenn man sich schlecht konzentrieren kann, ist wohl eine 8-stündige Auseinandersetzung mit Zahlen und Texten auch nicht so das Wahre. Wenn der Kreislauf schnell nachgibt, wäre wohl eine Arbeit als Förster nicht so der Hit. Wenn man Platzangst bei zu großen Menschenansammlungen hat, sollte man wohl besser nicht auf Flughäfen, großen Bahnhöfen oder Messen arbeiten. All das kann sich irgendwann legen, aber es kommt ja auch auf das jetzt an, eben auf das, was jetzt im Moment geht!!!

Alle Fragen beseitigt?

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Nostalgie
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Beitrag Do., 21.07.2011, 19:27

Huhu ENA,

erstmal Danke für die liebe lange Antwort!

Es tut gut zu wissen, dass das vielleicht irgendwann auch mal ein Ende hat

Die Links hatte ich mir schon vorher durchgelesen... Ich hab sogar Bücher darüber gelesen... Aber verstehen tu ich's trotzdem nicht so ganz! Jedenfalls versteh ich das mit den dissoziativen Zuständen noch immer nicht so ganz... Wenn ich mich in solch einem befinde nehme ich oft gar nichts mehr um mich herum wahr... Zwar sind noch Teile des Gehirns aktiv, aber dass das gefährlich werden kann macht mir schon Angst...

Ich hab mein Leben ansonsten so weit ganz gut im Griff... Hab bald mein ABI und dann will ich studieren... Ich dachte eig an Medizin oder soetwas... nur weiß ich nicht, ob das überhaupt geht, solange ich noch in solche Zustände falle, was mir große Sorgen bereitet... :(
Weiß einer, was man dagegen tun kann?

Noch eine Frage zu der richtigen Therapie... So wie ich das jetzt verstanden habe, hilft die Verhaltenstherapie die Symptome zu besänftigen aber arbeitet nicht an den "Wurzeln des Übels"... Das mag zur schnellen Hilfe und zur Stabilisierung wahrscheinlich sinnvoll sein, aber was ist dann? Mir reicht es nicht wirklich wenn man mir sagt "Ok das musst du jetzt so abhaken, du weißt ja, dass es sich für die Zukunft zu leben lohnt und darum akzeptier das jetzt einfach so" Denn für die Zukunft ist es meiner Meinung nach auch wichtig zu wissen was überhaupt alles passiert ist und wie man damit umgeht... emfpinde ich jedenfalls so... Oder sieht das jemand anders?

LG


Waldschratin
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Beitrag Fr., 22.07.2011, 05:08

Hallo Nostalgie,
ich "empfehle" dir da Traumatherapie.
Ist jetzt keine "eigenständige" Therapieart wie VT oder Analyse und tiefenpsychologische Therapie,und es gibt immense Unterschiede in der "Ausbildung" dazu,vom Wochenendkurs in EMDR bis hin zu ner richtigen Weiterbildung.

Aber viele Theras "mischen" inzwischen die Therapieformen schon und lassen auch anderes mit einfließen.

Was ich bei Trauma und grade dissoziativen Zuständen sehr hilfreich für mich fand: Körpertherapie/Körperwahrnehmung und PITT.

Aber das ist sehr individuell,da ist jeder ein "anderer Typ" und braucht was anders.

Ich seh da immer deutlicher,daß v.a. das wichtig ist:
Zu lernen,seine Bedürfnisse darin zu erkennen.
Und das ist grade bei dissoziativen Zuständen das Schwierigste,weil man ja jede Menge Wahrnehmung seiner selbst darin abgespalten hat.

Was kann man gegen Dissos tun?
Auch das läßt sich nicht "pauschal" beantworten.

Was du schreibst,klingt sehr nach Derealisation bis Depersonalisation.Und da fand ich es am hilfreichsten für mich,meine Selbstregulation aufzubauen.Wird meist "Stabilisation" genannt.
Strategien und Umgang mit "Erregungszuständen",damit es gar nicht erst zu dissoziativen Zuständen kommen braucht.

Hört sich leichter an,als es ist...Aber es ist lernbar!

Wie sich das auf deine Lern- und Arbeitsfähigkeit auswirken kann/wird,ist auch nicht pauschal zu beantworten.
Es gibt Betroffenen,die es gar nicht mal schaffen,die Schule zu beenden deshalb,geschweige denn ne Ausbildung oder "normalen" Berufsalltag zu bewältigen.
Andere wiederum schaffen es,trotz Traumaverarbeitung "nebenbei" ihren Alltag und das Berufsleben halbwegs aufrechtzuerhalten.
Das ist sehr individuell und kommt wohl auch sehr mit drauf an,welche Persönlichkeitsstörungen man auf den Traumatisierungen mit aufgebaut hat.

Darf ich fragen,ob du denn in Therapie bist?
Oder hat diese Diagnose "nur" ein Arzt/Psychiater gestellt nach 2x Sprechstunde bei ihm?

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Nostalgie
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Beitrag Fr., 22.07.2011, 15:53

Hallo Waldschratin,

ich bin seit geraumer Zeit in der Traumaambulanz einer Kinder- und Jugendpsychiatrie. Dort wird allerdings nur Verhaltenstherapie gemacht und von Methoden wie PITT abgesehen, da die Gefahr einer Retraumatisierung bestünde (?!). Bei Imaginationsübungen könnte es passieren, dass unkontrolliert Bilder hochkommen und man sofort wieder dissoziiert...(??).

Jaa, ich habe auch schon versucht ein paar Strategien anzuwenden... Nur leider ist es oft viel zu spät dafür, diese anzuwenden... Wenn ich in solch einem Zustand stecke krieg ich oft GAR NIX mehr mit, mir fehlt dann nur Zeit und wenn mir jemand sagt was ich so getan haben soll kommen nicht mal Bruchstücke der Erinnerung zurück :'(

Ich will noch soooo viel schaffen... hab das ganze Leben noch vor mir... Nur oft fehlen mir ganze Tage aus diesem Leben :(

LG


Waldschratin
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Beitrag Fr., 22.07.2011, 16:38

Hallo Nostalgie,
das "Zeit-Fehlen" kenn ich auch gut von früher - mir hat das ganz schön Angst gemacht immer!
V.a.,weil ich ja offensichtlich in diesen "Fehlzeiten" irgendwie doch "normal" weitergelebt hatte...Der Haushalt war gemacht,Termine waren wahrgenommen worden,Besuche gemacht etc. - aber "ich" war dabei "nicht anwesend" gewesen....

Ist das bei dir auch so?

Und darf ich dich fragen,was du denn da "verhaltenstherapeutisch" machst?
Ist das dann auch sowas wie Stabi?Also Selbstregulation lernen und sich selber besser kennenlernen,damit man diese "Zustände" früher mitbekommt und schon das Anbahnen besser abfangen kann?

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Nostalgie
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Beitrag Fr., 22.07.2011, 20:45

Huhu Waldschratin,
manchmal verhalte ich mich normal und dann fällt es anderen gar nicht auf dass ich eig gar nichts davon wahrgenommen habe... aber oft genug verhalte ich mich dann auch völlig anders, als ob ich ein ganz fremder Mensch wäre, was mir natürlich irre peinlich ist und weshalb ich mich nicht selten in Grund und Boden schäme Verabredungen platzen oft deshalb, manchmal kann ich Termine nicht wahrnehmen oder bin viel zu spät dran... :(

LG


Waldschratin
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Beitrag Sa., 23.07.2011, 06:22

...und du weißt dann nicht,wo du in dieser Zeit warst?

Ich frag deshalb so "ausgiebig" nach,weil ich beim "Zeitfehlen" auch Unterschiede bei mir erlebt habe.
Manchmal war ich "nur" ganz weit weg im Erleben,hatte aber noch sowas wie ne "Ahnung",was in der Zeit geschehen ist - andere Male hatte ich komplett keinerlei Erinnerung und auch emotional keine Beziehung mehr dazu.Da konnte es sein,daß "ich" wieder "da" war,mit ner mords Wut im Bauch - und hatte keine Ahnung,was ich die letzten paar Tage mit dieser Wut vielleicht alles angestellt hatte...Mir hat das ganz schön Angst gemacht...

Im Grunde hilft nix anderes,als an der eigenen Beziehung zu sich selber zu arbeiten.

Ich les viel Abwehr bei dir dagegen raus - und ja,kenn ich auch sehr gut!Macht wohl jeder,der Ähnliches erlebt...

Man will "funktionieren",weil "Dysfunktion" macht angreifbar und spielt damit wieder in die Traumaproblematik rein.

Aber ne "schnelle und saubere Lösung" wirds nicht geben.Wenn du das auflösen willst mit den Dissos,mußt du dich auf den Weg zu dir selber machen - und das bedeutet nunmal in erster Linie "Abraufen" mit sich selbst...Und das aber diesmal mit anderen Verhaltensmustern dabei - also nicht mehr selbstverletzend,sondern im weitesten Sinne "fürsorglich".

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