Angsttoleranz

Hier können Sie Fragen zu Begriffen, Diagnosen und sonstigen Fachworten stellen, die einem gelegentlich im Zusammenhang mit Psychologie und Psychotherapie begegnen oder die Bedeutung von Begriffen diskutieren.

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leberblümchen
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Angsttoleranz

Beitrag Fr., 27.04.2012, 16:08

Was versteht man eigentlich genau unter dem Begriff der 'niedrigen Angsttoleranz'? Nicht, dass ich mir das nicht erklären könnte, aber es ergibt für mich irgendwie keinen Sinn. Es geht darum, dass einige Patienten mehr unterstützende Interventionen benötigen, z.B. die mit einer niedrigen Angsttoleranz.

Ich kenne analog den Begriff der 'Frustrationstoleranz' - jemand mit einer niedrigen Frustrationstoleranz hält Frustrationen nicht aus. Also würde jemand mit einer niedrigen Angsttoleranz keine Angst aushalten. Das verstehe ich aber nicht, denn Angst ist ja immer etwas, was man schwer aushalten kann; ansonsten wäre es ja keine Angst, oder? Wie äußert sich denn eine 'hohe Angsttoleranz'? Wenn es aber so wäre, dass Menschen mit einer phobischen Persönlichkeit generell eine niedrige Angsttoleranz haben, dann würde man ja sagen, dass ängstliche Menschen mehr Unterstützung als Deutung in der Therapie benötigen; dazu bräuchte man ja nicht den Begriff der Angsttoleranz.

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stern
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Beitrag Fr., 27.04.2012, 16:56

Hm... jemand mit sehr hoher Angsttoleranz hat vermutlich auch Angst (vielleicht mehr in Form von Nervosität) vor einer Prüfung... seine physiologische Erregung dürfte wohl auch etwas ansteigen, aber im Optimalfall nur auf ein Niveau, das sogar eine höhere Leistungsbereitsschaft ermöglicht als bei Angstfreiheit (bei Ängsten soll es so eine Art optimales Niveau geben, das als leistungsfördernd gesehen wird... Angstfreiheit à la sch*egal wirkt eher hemmend).

Jemand mit niedriger Angsttoleranz kotzt vielleicht aufs Aufgabenblatt bzw. muss Angst konsequent vermeiden bzw. braucht Betäubungsmittel. Niedrige Angsttoleranz umfasst IMO auch nicht nur den Bereich der Angsstörungen, sondern z.B. auch Suchterkrankung (wenn jemand dazu kommt, weil er Ängste betäuben muss) und und und.

Den Begriff kenne ich so nicht... aber zur Verdeutlichung: Jemand mit geringer Wuttoleranz (die geringe Impulskontrolle heißen kann) wirft vielleicht in einem Konflikt den Laptop gegen die Wand (und baut so Wut ab)... der nächste ist zwar auch wütend, kann aber auf konstruktive Klärungsversuche zurückgreifen.

Oder in anderen Worten (klingt banal, ist es aber nicht): Was nutzt die wunderprächtigste Deutung, wenn eine Angst oder Wut entsteht, mit der jemand eh nicht mehr klar denken kann... also da bedarf es wohl auch manches, um die Angsttoleranz zu erhöhen (die ebenso wie bei geringer Frustrationstoleranz aber auch nicht in absoluter Vermeidung von Angst oder Frustration bestehen kann... aber auch nicht überfordernd).

Edit: Tippfehler
Zuletzt geändert von stern am Fr., 27.04.2012, 17:07, insgesamt 2-mal geändert.
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leberblümchen
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Beitrag Fr., 27.04.2012, 17:03

Ich hab das deshalb gefragt, weil ich irgendwie annehme, dass mein Therapeut denkt, ich könnte tot umfallen, wenn er mal etwas deutlicher wird. Und nun weiß ich nicht, ob das womöglich tatsächlich der Fall wäre... Ich weiß es sehr zu schätzen, und es tut ungemein gut, dass er so 'lieb' ist, aber ich hab das Gefühl, das ist nur die eine Seite der Medaille. Aber immer wenn ich etwas andeute in die Richtung "es kann doch nicht sein, dass ich unschuldig bin; da muss doch noch mehr sein", dann kommt da nicht so viel, im Sinne von: "Na, dann kann ich ja endlich loslegen und Sie fertigmachen". Das ist so ähnlich wie die Frage mit der Couch. Manchmal denke ich, er hält mich für empfindlicher, als ich es eigentlich bin. Und dann wieder frage ich mich, ob er damit nicht sogar Recht hat. Also kann ich ja nicht sagen: "Los, gib's mir!" - wenn ich dann am Ende tatsächlich zusammenklappe, wenn es mal zur Sache geht.

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stern
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Beitrag Fr., 27.04.2012, 17:28

titus2 hat geschrieben:Ich hab das deshalb gefragt, weil ich irgendwie annehme, dass mein Therapeut denkt, ich könnte tot umfallen, wenn er mal etwas deutlicher wird. Und nun weiß ich nicht, ob das womöglich tatsächlich der Fall wäre...
Dass du tot umfällst? Meinst du er denkt das wirklich? Also ich meine: Klar, wenn es zum Herzversagen kommen würde, dann könnte das passieren.... aber ist das realistisch? Womit ich sagen will: Das klingt für mich (muss nicht passen) eher wie eine Befürchtung, dass er dich vielleicht mit zu sehr mit Samthandschuhen anpacken könnte. Btw. ich hab' meine Thera auch schon mal genervt vorgesetzt: Ich bin nicht aus Watte (also ich mal Übervorsicht ortete). Sie daraufhin dann: Darum geht es nicht, sondern blabla . Will heißen: Macht vielleicht Sinn die Befürchtung o.ä. anszusprechen... vielleicht sagt er dann etwas dazu.
Also kann ich ja nicht sagen: "Los, gib's mir!" - wenn ich dann am Ende tatsächlich zusammenklappe, wenn es mal zur Sache geht.
Hm... geht es in einer Therapie um "los gib's mir"... auf mich wirkt es eher wie: Patient besteht darauf für irgendetwas Schuld zu sein... und Thera persifliert das dann dergestalt: Soll ich Ihnen ihre Sünden alle aufzählen? Denke vielmehr, es gibt einen Mittelweg zwischen knallharter Konfronation und Konfronationsvermeidung. Bei mir ist auch nicht so, dass ich jede Reaktion antizipieren kann... sprich:

Sofern ich noch keine Erfahrungswerte habe, könnte ich jetzt auch kein sinniges Unterscheidungsmerkmal nennen, wann sich etwas um Angst handelt, die vielleicht gar nicht eintritt (na gut, vielleicht dann, wenn mir die Szenarien sehr überzogen erscheinen)... und wann um eine Angst, die auch real eintreten könnte. Sondern das heißt vermutlich oft: ausprobieren. Dass er "es dir gibt und es darauf anlegt, dich fertig zu machen" würde ich jetzt eher in die Kategorie packen: Ist das realistisch... IMO nicht. Sondern eine passende Frage wäre vielleicht eher: Wie gut könnte ich eine vorsichtige bis moderate Konfrontation verkraften... bzw. Wie schätzt der Thera meine "Toleranzschwellen" ein. Selbst kannst du sie meines Eindrucks nach nicht so gut einschätzen.
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leberblümchen
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Beitrag Fr., 27.04.2012, 17:39

Erst dachte ich, er hält mich einfach nur für zu doof, die Deutungen zu kapieren. Das hat mich dann doch etwas verunsichert. Mittlerweile glaube ich eher, dass er vorsichtig ist, weil er fürchtet, ich könnte das nicht verkraften. Anders kann ich mir diese Samthandschuhe nicht erklären. Und ich frag mich nun, ob da was dran ist. Ich bin ja immer noch dabei, mich zu fragen, wie gestört ich denn nun genau bin. Immerhin hab ich mich getraut, mal zu fragen, ob ich nicht doch Borderliner sein könnte. Das glaubt er nicht, hat er gesagt. Aber ansonsten meinte er, würden Diagnosen nicht viel bedeuten und nicht viel ändern, und es sei wichtiger, meinem eigenen Gefühl zu trauen. Das Problem ist nur: Ich hab diesbezüglich kein Gefühl. Und so lese ich mich durch die Persönlichkeitsstörungen und bin gerade dabei, mich als phobisch zu diagnostizieren; ich hab einfach das Gefühl, mich auf diese Weise besser zu verstehen.

Und dabei bin ich auf diesen Begriff mit der niedrigen Angsttoleranz gestoßen. Trifft das nun auf so jemanden wie mich zu, der ständig Angst hat, es könnte irgendwas Schlimmes passieren?

Irgendwie käme ich mir komisch vor, wenn ich ihn danach frage, wie er mich in Bezug auf meine Angsttoleranz einschätzt, denn wenn er mir sagt: "Ich glaube, Sie verkraften überhaupt nichts", wäre das ja auch nicht gerade hilfreich.


Widow
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Beitrag Fr., 27.04.2012, 17:58

Liebe titus 2 (falls ich darf),

also wenn er seine Samthandschuhe weiterhin trägt, wird er Dir einen solchen Satz wie diesen:
titus2 hat geschrieben:"Ich glaube, Sie verkraften überhaupt nichts"
wohl kaum sagen .

Zu Deiner Frage: Ich glaube, mir ist nicht ganz klar, was Dich da so umtreibt? Wenn Du sagst, dass Du vor allem und jedem möglichen Unglück, das rein theoretisch passieren könnte, Angst hast (und über solche potentiellen Unglücke offenbar ausgiebig nachdenkst), dann scheint Deine Angsttoleranz deutlich niedriger zu sein als z.B. meine, die ich davon ausgehe, dass es bei mir nunmehr nicht mehr "dicke kommen" kann, gleichgültig, was passiert - und wenn mich beim Radeln ein LKW erwischt (was ich keinem LKW-Fahrer wünsche!!!] oder mir das Haus auf den Kopf fällt. Aber ich glaube nicht, dass es Dir darum ging. Nur ist mir halt nicht ganz klar, worum eigentlich.
Vielleicht ist es dieser neuerliche Versuch, sich selbst zu "diagnostizieren" (nunmehr als Phobikerin)? Das ist ja ein immer wiederkehrendes Thema bei Dir. Warum liegt Dir so viel daran?

Ich habe Mr. Gemini52 heute am Schluss der Liegung auch gesagt, dass ich aber keine frühgestörte Borderlinerin bin (er hatte es von den primitiven Abwehrmechanismen, die ich an den Tag lege, wobei er selbst von "sehr kindlicher Abwehr" sprach, nicht von "primitiv"). Er bestätigte mir diese Einschätzung. Doch eine "Diagnose" stellt er nicht. Naja, ich habe noch nicht danach gefragt und werde das wohl auch künftig nicht tun, denn: Er hat häufig darauf hingewiesen, dass ja alles "gleichzeitig" da sei, jeder also psychiotische, frühgestörte, neurotische und glücklicherweise auch "gesunde" Anteile in sich trägt, die sich mitunter bemerkbar machen, mal mehr, mal weniger stark (ich träume z.B. oft "psychiotisch").
Vielleicht hilft Dir das ein wenig in Deiner Diagnose-Sehnsucht (oder Diagnose-Angst)?

Lieben Gruß
Widow


Waldschratin
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Beitrag Fr., 27.04.2012, 18:05

titus hat geschrieben: Mittlerweile glaube ich eher, dass er vorsichtig ist, weil er fürchtet, ich könnte das nicht verkraften. Anders kann ich mir diese Samthandschuhe nicht erklären.
Vielleicht will er dir aber auch ganz einfach nur genug "Spielraum" geben,solange dran rumzubasteln,bis du von selber draufkommst - oder besser gesagt : mal wegkommst vom Bewerten und der "Einsortiererei" nach "ok" und "nicht ok".Und mal hinfindest zum "Feststellen" der Gegebenheiten an sich.

Oh,mal wieder gleichzeitig mit Carö gepostet. Wir beide können das ganz gut,hm?
Zuletzt geändert von Waldschratin am Fr., 27.04.2012, 18:07, insgesamt 1-mal geändert.

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carö
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Beitrag Fr., 27.04.2012, 18:05

titus2 hat geschrieben:Erst dachte ich, er hält mich einfach nur für zu doof, die Deutungen zu kapieren. Das hat mich dann doch etwas verunsichert. Mittlerweile glaube ich eher, dass er vorsichtig ist, weil er fürchtet, ich könnte das nicht verkraften.

vielleicht ist es aber auch so, dass du es nicht gewohnt bist, dass man so rücksichtsvoll und freundlich mit dir umgeht. immerhin wimmelt es ja nur so vor abwertenden selbstbezichtigungen dir selbst ggü.

ich denke, er würde sowas sicher nicht sagen, wie z.B: "Ich glaube, Sie verkraften überhaupt nichts", weil das ziemlich abwertend wäre und wie du sagst - nicht hilfreich.. wenig emphatisch.. grob.

du bist jetzt von der abwertungs-kategorie "zu dumm" auf die kategorie " "verkraftet nichts" umgestiegen...
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leberblümchen
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Beitrag Fr., 27.04.2012, 18:15

Widow: Vielleicht ist das mit der Sehnsucht nach einer Diagnose so eine Art 'Bestrafungs-Wunsch'? Äh, keine Ahnung, ich denke, ich komme da einfach ständig durcheinander mit meinem Pseudowissen. Irgendwie warte ich immer auf so einen Hammer (hat das jetzt irgendeinen perversen Hintergrund? ), der von oben kommt und zum erlösenden Schlag ausholt und mit den Worten: "So, jetzt bekommst du, was du verdienst!" auf mich einschlägt. Und das bleibt einfach aus. Und da bleiben mir dann ein paar Deutungsmöglichkeiten, die alle wenig schmeichelhaft sind: Entweder, mein Therapeut KANN nichts mit mir anfangen und versteht mein Seelenleben nicht und hat meine Doofheit noch nicht durchschaut (das glaube ich eigentlich nicht wirklich, sondern ich rede es mir ein, weil ich offensichtlich denke, dass jemand, der sich mit mir abgibt, ja nicht viel auf dem Kasten haben kann). Oder er hält mich für dumm. Oder er glaubt, dass ich so jemand bin, der die Wahrheit nicht verträgt. Da ist mir diese Variante eindeutig am liebsten.

Wieso also sagt dir dein Analytiker etwas über die 'Qualität' deiner Abwehrmechanismen, während bei uns noch nicht mal ansatzweise das Wort 'Abwehr' oder etwas Vergleichbares gefallen wäre. Ich frag schon ständig nach und deute etwas in die Richtung an, aber er bleibt einfach immer sehr vorsichtig und unterstützend. Du bist doch auch ähnlich weit in deiner Therapie, oder? Ich hab ca. 40 Std. hinter mir (ich zähle nicht mit). Na toll, das ist bei 300 Stunden (wenn er mich nicht vorher rausschmeißt) ungefähr 1/7 - und damit ist die Therapie nach meiner Zeitrechnung schon fast vorbei - und noch immer hab ich das Gefühl, er rückt nicht raus mit der Sprache. Dann sind die 300 Stunden um, und ich hatte eine schöne Zeit mit jemandem, der sehr sanft und nett zu mir war. Aber besonders analytisch ist das nicht gerade.

Edit: O.K., das war jetzt ihm gegenüber ungerecht: Er deutet schon auch oder er fragt mich, was ich über etwas denke, wie ich mir etwas erkläre oder wo ich so was schon mal erlebt hab usw. Aber das ist immer auf diesem Level: "Frau Titus, da war Ihre Mutter aber auch böse" (mal etwas vereinfacht gesagt). Ich will endlich auch mal hören, dass ICH böse, primitiv oder sonstwie bin.

Mann, das ist auch wieder ungerecht - ICH bin ja diejenige, die ständig über ihre Mutter rumjammert. Grr, wieso werfe ich ihm jetzt vor, dass er da so verständnisvoll ist?

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stern
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Beitrag Fr., 27.04.2012, 18:27

Irgendwie käme ich mir komisch vor, wenn ich ihn danach frage, wie er mich in Bezug auf meine Angsttoleranz einschätzt, denn wenn er mir sagt: "Ich glaube, Sie verkraften überhaupt nichts", wäre das ja auch nicht gerade hilfreich.
Mein Eindruck ist, ist hoffentlich o.k. wenn ich das sage, dass du gerade auch teils in Extremen denkst. Meinst du wirklich er sagt, du verkraftest gar nichts. Das wäre ja nicht nur eine geringe Angsttoleranz, sondern sogar eine fehlende. Kann mich wie gesagt irren: Aber bereits dahinter kann wieder die Befürchtung stecken: Wenn er mich hart anpackt (und mir sagt, ich hätte überhaupt keine Angstoleranz) verkrafte ich das nicht. Versus aber: Ich fürchte, er könnte mich mit Samthandschuhen anfassen. Sind beides relativ konträre Befürchtungen... zumindest auf den ersten Blick.
Und dabei bin ich auf diesen Begriff mit der niedrigen Angsttoleranz gestoßen. Trifft das nun auf so jemanden wie mich zu, der ständig Angst hat, es könnte irgendwas Schlimmes passieren?
Mglw. ... möglicherweise auch nicht.. für dich kann das auch niemand sagen. Nur allgemein würde ich das so sehen: Bei vielen Angststörungen ist typisch, dass best. Ängste vermieden werden (z.B. derjenige mit Angst vor Menschenmassen versucht Menschenmassen und die damit verbundene Angst tendenziell zu vermeiden). Da fände ich niedrigere Angsttoleranz (als derjenige ohne diese Ängste) passend.

Bei jemandem mit z.B. generalisierte Angststörung, der sich häufig sorgt, erscheint es erstmal nicht plausibel, weil er ja eh ständig in viel Angst bzw. Sorge lebt... ebenso der/die, der ständig [btw. wieder ein Extrem] Angst hat, es könne etwas passieren. Bei der generalisierten Angststörung sagt man mitunter, die Sorgen können auch der Vermeidung von etwas dienen, das im Grunde noch schwerer auszuhalten/tolerieren ist als die Sorgen. Und in dem Fall würde ich dann eher dazu tendieren: Es besteht niedrige Toleranz für das, was durch die Sorgen vermieden werden soll... also wovon die Sorgen "ablenken" sollen, Wenn das noch stärkere Ängste sind, dann würde ich eine nicht so hohe Angsttoleranz bejahen... wenn andere Gefühle oder wichtige Dinge, die Aufmerksamkeit erfordern würden durch Sorgenkreisel vermieden werden, dann ist niedrige Angstoleranz nicht so plausibel.

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carö
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Beitrag Fr., 27.04.2012, 18:29

huch irgendwie haben wir gerade alle zeitgleich geschrieben

titus, sorry, muss mit gerade echt einen grinsen... weil.. wenn ich besonders erbost war, hab ich meinem analytiker vorgehalten, er sei so unanalytisch
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Beitrag Fr., 27.04.2012, 18:33

Ach so, vielleicht wäre jetzt der Zeitpunkt gekommen, sich für die Antworten zu bedanken ? Danke!

Ja, stern, ich denke wirklich in Extremen. Also, ich bin mir dessen auch bewusst - das vereinfacht alles ein bisschen Ja, ich würd halt auch gerne wissen, wofür diese Angst steht. Das Einzige, was wir bisher sicher festgestellt haben, ist, dass ich kein Selbstbewusstsein habe und irgendwie so was wie frühgestört bin. Ansonsten tappe ich völlig im Dunkeln.

Carö, ich hab Angst, ihn zu vergraulen, wenn ich ihm so was sage. Ich hätte jetzt fast geschrieben: "Er wirkt so verletztlich" - und dann ist mir aufgefallen, dass das wohl so ein Übertragungsding ist, kann das sein?

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carö
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Beitrag Fr., 27.04.2012, 18:36

ja hm kann schon sein titus, dass du die verletzlichkeit eher in ihm wahrnehmen kannst als in dir... verletzlichkeit ist ja auch was bedrohliches erstmal, also besser wenn man selbst die starke ist, die viel verkraften kann und der andere der verletzliche...




aber ich spekuliere... du weisst ja.. reden.. reden.. reden
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Beitrag Fr., 27.04.2012, 18:40

Liebe titus2,

ich darf Dir versichern, dass es sich nicht "gut" anfühlt, wenn der Hintercouchler einem gleich von Anfang an sagt, dass
titus2 hat geschrieben:dass ICH böse, primitiv oder sonstwie bin
. Meiner hat das ja durchaus getan (vermutlich, weil er meine hohe Angst- und Schmerztoleranz richtig einschätzte - und das ist jetzt keine Ironie!), und es fühlte sich - Toleranz hin oder her - immer noch ziemlich grauenvoll an.
Mittlerweile (übrigens: ich habe diese Woche die 80. Stunde gehabt) verstehe ich deutlich besser, was er damit meint: Gerade heute bestätigte er es mir, als ich sagte, dass ich ein unerträgliches Kind gewesen sein müsse. Denn, ja: Jedes Kind ist manchmal ziemlich unerträglich, oder? Er sagte dann selbst: "Das, nämlich mitunter unerträglich, waren Sie mit Sicherheit auch - neben ganz viel anderem!"
Das ist eine Form von Wahrhaftigkeit und Aufrichtigkeit über das, was den homo sapiens ausmacht, die ich schätze, die ich aber anfangs, als er mich so richtig wütend und verletzt machen wollte (aus guten Gründen) und das "auch" nie mit aussprach, überhaupt nicht wirklich begriffen habe und nicht verdauen konnte.

Gib Deinem und Dir noch ein wenig Zeit, dann wird schon noch das Differenzieren beginnen.

Er ist Dein Therapeut - warum sollte ausgerechnet er Dir den von Dir so ersehnten
titus2 hat geschrieben: erlösenden Schlag
verpassen? (Dass das jetzt eine rhetorische Frage ist, brauche ich Dir nicht zu erklären.)
Hast Du mit ihm schon einmal über dieses Bestrafungsbegehr (kenn' ich übrigens sehr gut ...; ist bei uns auch öfter mal Thema) gesprochen?

Dass Du Dich übrigens sogar "fertig zu machen" versuchst, indem Du spekulierst,
titus2 hat geschrieben:dass jemand, der sich mit mir abgibt, ja nicht viel auf dem Kasten haben kann
, macht mich ziemlich betroffen
Edit: "Betroffen" im Sinne von "traurig-erschrocken", nicht im Sinne von "selbst betroffen sein"!

Herzlichen Gruß
Widow


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Beitrag Fr., 27.04.2012, 18:57

widow, ich verstehe halt nicht, wieso mein Therapeut nicht zu mir sagt, dass ich unerträglich war. Ich meine, wie du ja sagst: Wir sind ja alle irgendwie unerträglich. Und mir sagt er immer nur, dass alles, was ich fühle oder gefühlt habe, richtig oder zumindest verständlich sei. Das tat sooooooo gut, aber irgendwie reicht mir das nicht. Witzigerweise habe ich in der letzten Stunde genau die beiden Worte Wahrhaftigkeit und Aufrichtigkeit benutzt, als ich darüber gesprochen habe, dass man mir gegenüber in meiner Kindheit nicht immer aufrichtig war. Und dass mich das sehr verletzt hat und mir das sehr gefehlt hat. Mir ist das also wichtig, dass man mir gegenüber aufrichtig ist. So, wie ich das auch immer versuche zu sein. Ich hab Angst, dass er nicht aufrichtig ist, und ich weiß eigentlich, dass diese Angst unbegründet ist, naja, ein Teil von mir weiß es. Der andere Teil befürchtet, dass er eben doch schlecht über mich denkt, während er nach außen total freundlich ist. Wir hatten das Thema erst in der letzten Stunde, ich denke, er hat es auch so aufgenommen, dass mir das wichig ist.

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