Mein Onkel hat Depressionen

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still_still
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Mein Onkel hat Depressionen

Beitrag Do., 07.06.2012, 12:35

Hallo!
Mein Onkel ist eines der inhaltreichsten Themen in meinem Leben. Ich besuche ihn oft, komme auch meist gut mit ihm aus. Er hat seit Jahrzehnten schwere Depressionen mit seltener auftretenden starken Manien. Zur Zeit hat er seit 3,4 Jahren wieder eine starke Depression mit leichten Schwankungen. Nun kommt der Hauptgund seines Problems. Lt. ihm ist die einzige Ursache seiner Depression, die ständige Angst davor, in die Hölle zu kommen. Klingt im ersten Moment etwas schräg, ist aber so. Er meint, er hätte in seinem Leben so viel Mist gebaut, und da er sehr religiös ist, meint er, ihm stünde eine ganz düstere Zukunft im jenseits in Aussicht (und er denkt, er verdient, dass es ihm schlecht geht). Ich habe schon die besten Gegenrgumente gebracht und gesagt, wenns wirklich so sein sollte, dann genieße dein jetziges Leben in vollen Zügen, aber leider kein Erfolg. Ich bin nicht religiös und habe dafür wenig Verständnis. Deshalb ist er mancmal auch sehr launisch und wortkarg. Seine Psychologin meint immer: Gut, Herr X, Depressionen sind besser als Manien... Ich konnt ihn aber bisher nicht überreden, seine Ärztin zu wechseln. Er ist sonst sehr nett und großzügig, und ich finde es scheiße, dass er aus so nem Grund leidet.
Was kann man da noch tun?

Zusatz: Ich bin auch bipolar, kenne mich etwas aus.

Ich bitte um sachliche Antworten.
Gruß, still_still
„Statt zu klagen, dass wir nicht alles haben, was wir wollen, sollten wir lieber dankbar sein, dass wir nicht alles bekommen, was wir verdienen.“

Dieter Hildebrandt

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meereswogen
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Beitrag Do., 07.06.2012, 13:12

Lieber still_still,

ich kenne mich im religiösen Bereich leider auch nicht so aus, aber dein Onkel muss doch auch wissen, dass die Sünden vergeben werden, laut der christlichen Lehre. Und dass er darauf vertrauen kann. Und wenn er "aktiv" etwas im JETZT tun will, damit "er nicht in die Hölle kommt", kann er seine Sünden durch gute Taten (freiwillige soziale Arbeit, sofern er sich im depressiven Zustand dafür aufraffen kann oder auch kleine Spenden für Anliegen, die ihm wichtig sind) wieder ausgleichen! Vielleicht wäre das ein Argument für ihn? Wichtig ist es, dass er sich nicht hilflos und ausgeliefert fühlt - wenn er aktiv etwas tut (in ganz kleinen Schritten), kann das der Weg aus der Depression sein.

Liebe Grüße,
Meereswogen

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Stacheldraht
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Beitrag Do., 07.06.2012, 13:26

Hi,
vielleicht würde es was nützen, wenn Dein Onkel mal in die Kirche gehen und dort den Kontakt zum Pastor suchen würde. Vielleicht würde ihn kirchliches Engagement ja helfen zu erkennen, dass er nicht in der Hölle schmoren wird. Falls er Katholik ist könnte er zusätzlich auch noch beichten gehen. Sollte er nur wegen seines Glaubens in einer Krise sein, könnte das schon ausreichen. Wenn das aber fixe Gedanken sind, die mit dem Glauben im Grunde nichts mehr zu tun haben, dann käme vielleicht noch in betracht mal zu überlegen, ob ein stationärer Aufenthalt nicht vielleicht sinnvoll sein könnte. Jedoch kannst Du allein wenig tun, wenn Dein Onkel sich nicht helfen lassen will.
LG Stacheldraht
Lache und die ganze Welt wird mit dir lachen. Weine und du weinst allein.
Oldboy

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still_still
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Beitrag Do., 07.06.2012, 13:39

Danke für eure schnellen Antworten. Das Problem ist, dass er in der manischen Phase aus der Kirche ausgetreten ist, und in jener Phase sogenannte Todsünden begangen hat (für mich absolut nichts schwerwiegendes). Und da er dort in der manischen Phase schlecht aufgefallen ist, ist es für ihn alles sehr schwer. Ein religiöser Teufelskreis sozusagen...
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still_still
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Beitrag Do., 07.06.2012, 19:24

Um das alles nochmals zu präsizieren: Er ist (für die Depression normal) sehr antriebslos, hat zu nichts Lust und ist, wie er selbst sagt, sogar "denkfaul" und "redefaul" geworden - es ist also fast unmöglich, ihn z.B. zu einem Spaziergang zu aktivieren. Die nächste schwierige Seite ist, dass er sich auch nicht helfen lassen will, weil er wie gesagt richtig findet, dass er leidet. Und: Er öffnet sich gegenüber seiner Psycholigin kaum. Ehrlich gesagt, fände ich es am besten, wenn er wieder manisch wird, weil es ihm dann wenigstens besser geht. Ich jedenfalls bin mit meinem Latein am Ende...
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meereswogen
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Beitrag Fr., 08.06.2012, 08:42

Lieber still_still,

was ich wirklich sehr empfehlen kann (weil es mir als einziges der alternativen Mittel selbst sehr geholfen hat!) sind OMEGA 3-Fettsäuren in Form von Fischöl-Kapseln. Dein Onkel müsste sie mindestens 3 Monate nehmen, ein alternativer Psychiater empfiehlt sie sogar 2 Jahre lang (auch ich nehme sie schon so lange). Sie sind bei allen Arten psychischer Störungen (speziell Depressionen) total hilfreich! Ich kann dir gerne noch über die genaue Dosierung (müssen hochdosiert sein) Bescheid geben. Dadurch erhellt sich die Stimmung, man bekommt mehr Antrieb etc.

Liebe Grüße
meereswogen

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still_still
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Beitrag Fr., 08.06.2012, 09:20

Hallo
danke für den guten Tipp! Ich werde es meinem Onkel empfehlen. Da ich meine Ausbildung im pharmazeutischen Bereich gemacht habe, kenne ich mich da gut aus. Die FS sind ja auch bei vielen Anderen Krankheiten als natürliches Mittel zu empfehlen. Er bekommt ja schon stärkste Antidepressiva. Vierfache Absicherung. Aber sein Grundproblem wäre damit auch nicht gelöst. Und er wird sich wie ich ihn kenne peu a peu weiter zermartern bis zur nächsten Manie.
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meereswogen
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Beitrag Fr., 08.06.2012, 16:26

Lieber still_still,

ein(e) neue(r) Psychologin-e/Therapeut-in (eventuell eine, die auch gläubig ist und viell. einmal ein Mann) wäre sicher das Beste (könntest du ihn nicht bewegen, nur einmal zu jem. hinzugehen, dem er sich mehr öffnen kann?) - und bekommt er auch noch andere Medis außer Antidepressiva?

Und wodurch wurde die Depression/Manie ursprünglich ausgelöst (u. wie lange ist er schon bipolar?)? Wurde daran schon ausreichend gearbeitet?

Lg Meereswogen

P.S. Könnte er nicht zu einem Pastor in einem Nachbarort gehen, der nichts über seine "Sünden in der Manie" weiß?

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still_still
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Beitrag Fr., 08.06.2012, 21:07

Liebe meeresworgen,

Ha, finde erstmal so einen Psychologen. Ich habe ihm schon meinen empfohlen, der ist super, aber es ist wohl leider so - ich kann ihn nicht zwingen, etwas zu ändern. Ich habe schon mit gezielten Fragen versucht, herauszufinden, was man machen kann. Das letzte Mal als ich da war, habe ich ihn animiert, zusammen etwas zu kochen. Das war ok, danach hat er sich bis zu seinem Krimi fast nur hingelegt und ist nur zum Rauchen aufgestanden.... ;-/ In den nächsten Tagen sind wir wenigstens zu ein paar EM-Spielen verabredet.
Ja, er bekommt noch Tabletten gegen Tachykardie und Diabetes.

Der ursprüngliche Auslöser hat glaube auch mit seinem Glauben zu tun. Er hat sich von Anfang an etwas eigenes zusammengesponnen, dass ihm keiner ausreden kann. Bipolar ist er seit (*rechne*) 1984. Ausreichend gearbeitet wurde ganz sicher nicht, wie ich weiß. Sein Hausarzt meinte bei seiner Erstdiagnose, er würde simulieren....

P.S: Wäre eine Lösung, aber er würde sicher nicht auf dem Wege damit klarkommen. Ich habe auch schon überlegt, dass man ihm diese Gedanken unter Hypnose ausreden könnte.

LG
still_still
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Dieter Hildebrandt

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meereswogen
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Beitrag Sa., 09.06.2012, 18:28

Lieber still_still,

Fußball tut Männern immer gut Nein, im Ernst, ist ja schon toll, dass du ihn überhaupt motivieren kannst!

Und hatte er in all den Jahren auch mal symptomfreie Phasen? Gab es da etwas/jemanden das ihm geholfen hat und worauf er zurückgreifen könnte?

Er hat ja sicher auch an Medikamenten viel durch, oder könnte man da vielleicht noch etwas ausprobieren? Bin ja kein Medikamenten-Fan, gerade wegen der Nebenwirkungen, aber wenn der Wahn kein lebenswertes Leben zulässt, bleibt manchmal nichts anderes übrig, zumindest solange man nicht anders daran gearbeitet hat.

Noch ein schönes we trotz allem -
LG Meereswogen

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still_still
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Beitrag Sa., 09.06.2012, 20:45

Liebe meereswogen,
Er war fast nur depressiv, ansonsten wie gesagt stark depressiv und manisch. Zurückgreifen? Er (wir) haben eine tolle und tolerante Familie mit viel Unterstützung. Es geht ihm auch besser, wenn er seine negativen Gedanken verwirft. Dann ist ihm entweder alles egal oder er wird manisch und schimpft auf die Kirche. Er hat sogar schonmal in der Manie einen bitterbösen Brief an den Papst geschrieben... Ansonsten lebt er allein, hat aber 2, 3 Kumpels.
Die Medikation verändern möchte er nicht mehr, weil er meint, dass nix mehr hilft.
LG und ein schönes we,
Still_still
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meereswogen
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Beitrag So., 10.06.2012, 12:25

Lieber still_still,

dass er (ihr) einen guten Zusammenhalt innerhalb der Familie habt, ist sicher eines der wichtigsten Dinge! Auch wenn dein Onkel letztendlich mit seinen Symptomen allein zurande kommen muss, aber wenn man Unterstützung bekommt, hilft das schon sehr.

Ich glaub gern, dass er bei der Medikation schon resigniert hat.
Was bei Wahninhalten auch noch helfen würde, wäre ein sogenanntes "metakognitives Training" (MKT+: Individualisiertes metakognitives Therapieprogramm für Menschen mit Psychose von Steffen Moritz, Ruth Veckenstedt, Sarah Randjbar und Francesca Vitzthum), aber das macht normalerweise ein Psychologe - du könntest natürlich eventuell mal reinlesen, wie da vorgegangen wird - ich weiß da leider selbst noch zu wenig Bescheid darüber.

Vielleicht hat deine eigene Psychologin noch gute Tipps, wie du ihn am besten unterstützen kannst?

Liebe Grüße
Meereswogen

P.S. Deine Gedichte (und Gedanken) sind wirklich sehr schön.

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still_still
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Beitrag So., 10.06.2012, 16:51

Liebe meereswogen,

Ja, der Familienzusammenhalt wird heutzutage leider immer mehr zur Rarität.

Danke auch diesmal für den tollen Tipp mit dem Training. Da werd ich mich auf jeden Fall mal reinlesen.

Meinen Psychologen könnt ich echt mal in der Beziehung um einen Rat Fragen. Wobei ich dann die Anonymität aus dem Forum sehr vermissen werde...

Danke nochmal für die schnellen Hilfestellungen.

LG still_still

PS. Danke!
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Dieter Hildebrandt

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meereswogen
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Beitrag So., 10.06.2012, 18:04

Gern geschehen

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Bink
neu an Bo(a)rd!
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Beitrag Sa., 16.06.2012, 23:56

Hallo still_still.

Ich habe ähnlige Probleme mit Freunden und habe selber Depresionen und ich finde das beste ist einfach ablenkung davon. Wenn man so eine Krankheit hat muss man sie selber "überwinden".

Ich hatte auch Ängste in so eine Lage wie dein Onkel zu kommen daher versuche ich soviel ich kann anderen Menschen zu helfen und mein Gewissen "rein" zu waschen.


Hoffe das hat dir ein wenig geholfen.

LG =)

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