Blanke Wut

Körperliche und seelische Gewalt ebenso wie die verschiedenen Formen von Gewalt (wie etwa der Gewalt gegen sich selbst (SvV) oder Missbrauchserfahrungen) sind in diesem Forumsbereich das Thema.
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Akitoyama
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Blanke Wut

Beitrag Sa., 06.09.2014, 00:42

Hallo liebe Community,

und zwar.. ich leide schon seit meiner Jugend an einer unglaublichen Aggression. Besonders wenn ich wütend bin..
Wenn ich sehr wütend bin muss ich gehen und mich zurückziehen weil ich sonst ausraste wenn man mich reizt und das nicht gut endet, denn dann werde ich gewalttätig :(

Es ist bis jetzt nur einmal vor gekommen das ich ausgerastet bin und das war nicht schön. Ich habe mich letztes Jahr auch in Psychologische Behandlung begeben weil diese Aggression in mir mich sehr nervt. Allerdings war ich jetzt schon bei 5 Psychologen und alle haben sich meine Lebensgeschichte angehört und mein Problem (die permanente Aggression) und keiner konnte mir helfen, die waren Ratlos.

Ich habe oft das verlangen an schlechten Tagen jemand zu verprügeln, umzubringen oder ihm in irgendeiner art und weiße schaden zu zufügen.
Ob ich jetzt hier meine Ganze Lebensgeschichte ausbreiten sollte weiß ich nicht aber ich kann ja ein paar anhaltspunkte geben..

Ich war der Verbale Boxsack für meinen Vater für 6 Jahre
Meine erste Lehre wurde aufgelöst wegen gewalt am Arbeitsplatz (chef gegen mich)
Ich war bis jetzt immer ein Außenseiter aufgrund meines Humors und meiner Ansichten
2 jahre Bundeswehr
und jetzt seit 4 Jahren daheim wegen eines Unfalls

joa.. ich würde zu gerne diesen wunsch nach gewalt weg haben.. ich habe mich sehr gut unter kontrolle aber sobald ich ins bett gehe und die augen zu machen fangen gewalt träume an.. wenn ich mit jemanden ärger habe dann spiele ich im kopf alle möglichen varianten durch im weh zu tun.

Das ist nicht normal aber mir konnten Psychologen schon nicht helfen weil sie ratlos waren -.-
Weiß von euch jemand wie man dagegen vor gehen kann? bzw hat noch jemand das problem?

Wenn ich das habe dann gehe ich für ein paar stunden in den wald und beruhige mich.. aber ich kann doch nicht immer in den Wald gehen..

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(V)
[nicht mehr wegzudenken]
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Beitrag Sa., 06.09.2014, 01:40

... vielleicht zwar nicht immer in den Wald, aber hast du schon mal darüber nachgedacht, deine Aggressionen im Sport (z.B. Kampfsport, Boxsack-Training) zumindest etwas Raum zu geben? Natürlich ist das keine Lösung des Problems, eher nur eine Symptombekämpfung, aber zumindest eine gesunde Art, sich abzureagieren.

Ansonsten kann ich dir als Laie natürlich auch nichts sagen, wenn schon die Profis... namentlich 5 Psychologen... dir nach mehren Sitzungen nicht weiterhelfen konnten und ratlos waren. Was sollen wir Laien-User hier dann schon noch raten? Allerdings fällt es mir, trotz eigener schlechter Erfahrungen, schwer mir vorzustellen, dass gleich 5 Psychologen so überhaupt nichts mit dir und deinem Problem anfangen konnten. Zumal "Aggressionen" so außergewöhnlich aus therapeutischer Sicht nun auch nicht sind. Irgendwo scheint mir da der Wurm drin zu stecken. Vielleicht die Art und Weise, wie du mit den Therapeuten kommunizierst bzw. dein Problem schilderst? Ich weiß es nicht. Nehmen wir diese sehr knappe Schilderung hier: für mich ist dein Leidensdruck nicht wirklich offensichtlich. Ich sehe jemanden, der ZU RECHT einen ziemlichen Hals auf das Leben und die Umstände schiebt. Eine GESUNDE Reaktion auf gestörte Umstände, weniger ein psychologisches Problem. Mangelnde Impulskontrolle scheint auch nicht gegeben zu sein, da du es ja... bis auf einen Ausrutscher?... offenbar ziemlich gut kontrollieren kannst, auch wenn das nervt. Außerdem merkst du selbst, dass es nicht "okay" oder "normal" zu sein scheint, somit liegt auch keine Störung des Selbstbilds oder antisoziale Persönlichkeitsstörung oder so ein Quatsch vor. Und so weiter.

Nochmals, ich als Laie und absolut ohne Gewähr, wüsste auch nicht, wo ein THERAPEUT hier greifen könnte, da es mir auf den ersten Blick wie eine GESUNDE Reaktion auf dämliche Umstände erscheint, und nicht wie ein therapeutisch relevantes Problem. Aber offensichtlich gibt es einen Leidensdruck. Ohne Frage. Diesen zu kommunizieren und rüberzubringen, ich befürchte, irgendwo hier liegt der Hund begraben.

So weit, so schlecht. Was die Selbsthilfe-Szene angeht (... wozu ich dieses Forum und dessen User zähle)... so gäbe es höchstens noch den Ansatz des Annehmens. Wenn man diese Gefühle AKZEPTIERT und anerkennt, statt sie an sich selbst zu bekämpfen, dann lösen sie sich... (so besagt der kollektive Glaube zumindest)... von alleine auf. In dem Fall müsste man dir (siehe oben) nur klar machen und verinnerlichen, dass diese Aggressionen per se nichts Schlimmes sind, sondern EIGENTLICH eine normale, gesunde Reaktion. Laut dieser Theorie wird es erst besser werden, wenn du das für dich akzeptieren kannst. Im Grunde will die Emotion ja nur GEHÖRT werden. Es schreit dir quasi förmlich entgegen, dass die Wut gehört werden will. Und je öfter man sie wegdrückt, umso lauter wird sie einen nerven. Man muss es erst ANNEHMEN, um es dann kanalisieren zu können. Es nur zur Seite zu drücken macht es nur schlimmer. Schwierig ist es jedoch, beides zu unterscheiden: wann handelt es sich um ein Ausleben/Zulassen/Kanalisieren, wann ein zur Seite schieben? Der o.g. Sport kann zum Beispiel beides sein, je nachdem eben...

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Chancen
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Beiträge: 674

Beitrag Sa., 06.09.2014, 08:07

Hallo Akitoyama!

Deine Wut ist eine normale Reaktion deines Körpers auf die erlittene Aggressionen deines Vaters und mangelnder Unterstützung und Hilfe!

Als du noch klein warst und dich nicht wehren konntest warst du ihnen ausgeliefert, den Attacken deines Vaters, und niemand ist dir zu Hilfe geeilt und hatte dich beschützt!

In solchen Situationen schützt sich das kleine Kind, indem es entweder seine Gefühle abstellt/abspaltet oder sonst irgendwie damit umgeht. Seine Wut kann es allerdings nicht zeigen, aus Angst, dass der Vaters es entweder erschlägt oder nicht mehr liebt (was für die Kinderseele auch den Tod bedeuten würde). Deshalb verdrängt das Kind den größten Teil des Schmerzes.

Es ist völlig normal, dass dieser Schmerz und die damit verbundenen Gefühle erst später im Jugend- und Erwachsenenalter durchbrechen, wenn man damit umgehen kann, ohne zu glauben, daran sterben zu müssen.

Dass du diese Wut erst jetzt spürst (oder noch immer spürst) ist also völlig normal.

Bloß weil diese Wut in Gesellschaft nicht ausgelebt werden kann und als "nicht gut" erachtet wird, heißt das nicht, dass sie nicht normal (und sogar gut) ist.

Nicht alle Menschen, die Schreckliches erlebt haben und hilflos ausgeliefert waren spüren jedoch diese (gesunde) Wut. Bei vielen äußert sich der Schmerz anders. Entweder durch irgendeine Sucht, oder durch Selbstverletzung (auch Magersucht, Bulimie), oder auch durch eine Depression.
Viele wissen gar nicht warum sie sich so schrecklich fühlen und sich selbst hassen, und fühlen keinerlei Wut gegen die Personen, die ihnen als Kind etwas angetan haben.

Sogesehen ist deine Wut eine sehr offene Art mit diesem Schmerz umzugehen.

Es ist wichtig für dich zu erkennen, dass sich diese Wut gegen deinen Vater (oder Mutter) richtet, und auch wenn du sie jetzt in allerlei verschiedenen Situationen hochkommen spürst (und gegen Mitmenschen gerichtet), liegt die Ursache und der Auslöser deiner Wut viele Jahre zurück. Das musst du dir immer wieder ins Gedächtnis rufen. Denn sonst läufst du Gefahr, in eine Spirale der Wut und Gewalt in der Gegenwart zu rutschen, doch diese kann niemals wieder gut machen, was damals passiert ist, und der Schmerz wird niemals aufhören, wenn du dich ihm nicht zusammen mit der Vergangenheit stellst.

Viele Menschen schaffen das nicht und prügeln in der Gegenwart drauf los und mehr. Sie haben einen unstillbaren Schmerz, der niemals aufhört, wenn sie blind in der Gegenwart weiter hassen.

Die gute Nachricht ist: du kannst etwas gegen deinen Schmerz und deine Wut tun.

Es scheint ein sehr fürsorglicher und verantwortungsvoller Anteil in dir zu sein, der sich um den wütend-kindlichen Anteil in dir kümmern möchte. Auf diesen musst du dich verlassen und ihn "anrufen", um dir Hilfe zu holen.

Bisher scheinst du ja kein Glück gehabt zu haben, was die Therapeuten betrifft. Aber es gibt sie, die Therapeuten, die sich mit dir und deiner Geschichte mitfühlend befassen können, und dir eine Hilfe sein werden.
Vielleicht kannst du dich im Internet schlau machen, wer auf Wut und Gewalt spezialisiert ist, bevor du dich an ihn oder sie wendest.
Ich würde dir zu einer "personzentrierten Gesprächstherapie" raten. Therapeuten dieser Richtung sind generell niemals "ratlos" in dem von dir verwendeten Sinn. Sie versuchen, dir und der Wut auf die Spur zu kommen und dir in der Gegenwart das Verständnis und die Hilfe zukommen zu lassen, die dir so lange verwehrt wurde.

Dabei ist es wichtig, dass der Therapeut bzw. die Therapeutin dir sympathisch ist und du ein gutes Gefühl hast, wenn du mit ihm oder ihr sprichst. Es bringt gar nichts, dich auf jemanden einzulassen, den du nicht magst, oder bei dem du das Gefühl hast, dass er dich nicht leiden kann. Für einen guten Therapieerfolg ist es unerlässlich, dass du bei der Person ein gutes Gefühl hast, wenn du mit ihr sprichst. Dass du dich nicht verurteilt, sondern angenommen fühlst.

Falls das nicht der Fall ist, dann versuch's bei einem Anderen.

Du wirst sehen, dass es dir in langsamen Schritten besser gehen wird, wenn du dir die Unterstützung holst, die dir zusteht!

Alles Gute,

Chancen

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BerndSPunkt
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Beiträge: 9

Beitrag Do., 16.10.2014, 15:23

Ich hatt eine Zeitlang auch eine ziemliche Wut auf so ziemlich alles und jeden. Unerklär wurde es mir aber erst, warum es auch in Momenten der absoluten(!!!) Glückseligkeit passierte.In den Momenten, wo man etwas so tolles erlebt, das alles andere eigentlich in den Hintergrund rücken sollte...aber das wollte es einfach nicht. Nach diversen Selbstversuchen und einer Blutuntersuchung in einem Naturheilzentrum wurde festgestellt, das ich unter konstanter "Übersäuerung" litt.

Zuviel Kaffee, zuviel Nikotin und eine grandios schlechte Ernährung. Wenig Schlaf kam noch dazu und so kam es,das ich eine tickende Zeitbombe in sachen Launenhaftigkeit wurde.

Furchtbar was dieser Lifestyle damals mit mir gemacht hat. Ich war alles, nur nicht ich selbst. Ich habe es dann mit PH-Tabletten und einer komplett-Reduzierung der eben genannten "Genussmittel" probiert. Und es hat mich wieder zu dem gemacht, das ich eigentlich war. Ein ausgeglichener Mann mit Verständnis und innerer Ruhe. Mittlerweile rauche ich nicht mehr, Kaffee wird in minimaler Dosis verabreicht und fettiges Essen nur noch ,wenn ich Appetit verspüre.

Ich denke, das wenn man bereits ein gewisses Wut-Potenzial in sich trägt, trägt dieser Lebenstil und der generell hektische Zeitdruck-Alltag ,indem wir leben SEHR dazu bei.
Ich vergebe, weil ich schmerzfrei sein will!

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