'Charakterperversion' - welcher Störung entspricht das?

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Persönlichkeitsstörungen und Schizophrenie, Bipolaren Störungen ('Manisch-Depressives Krankheitsbild'), Wahrnehmungsstörungen wie zB. Dissoziationen, MPS, Grenzbereichen wie Borderline, etc.
Antworten
Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Krang2
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 40
Beiträge: 1691

"Charakterperversion" - welcher Störung entspricht das?

Beitrag Mi., 07.01.2015, 10:30

Hallo,

ich habe einen Text gefunden, der sehr klar und spezifisch ein Störungsbild namens "Charakterperversion" beschreibt:

http://www.medizin-im-text.de/blog/2013 ... erversion/

Mit der Google-Suche fand ich dann aber nichts Vergleichbares, im Gegenteil, andere Texte zu diesem oder ähnlichen Schlagwörtern beschrieben teilweise andere Phänomene (z.B. die psychoanalytische Definition von Perversion). Bei der Auflistung von Persönlichkeitsstörungen fand sich auch keine mit dieser Bezeichnung. Es fand sich auch keine, die sich größtenteils mit der Beschreibung deckte.
Die in diesem Text erwähnten Anteile/Teilsymptome treffen Diagnosen, die an mir selbst ja schon vermutet wurden oder die ich vermutet hatte (NPS u.a. Persönlichkeitsstörungen, Asperger, Hochbegabung), die aber jede für sich genommen (vermutlich?) bei mir unterhalb der Diagnoseschwelle liegen. In dieser Beschreibung habe ich mich erstmals wirklich in vielen Sätzen wiedergefunden! Vor allem die Freude am (meist gedanklichen) "Verdrehen" bei gleichzeitiger Suche nach Orientierungspunkten (wie z.B. einem standhaltenden Gegenüber) ist mir bekannt.

Meine Fragen:
Weiß jemand von euch, ob es - vielleicht unter einem anderen Schlagwort - weitere Texte oder Artikel zu diesem Störungsbild gibt? Ich will mehr darüber wissen. Gibt es jemanden unter euch, der sich größtenteils in der Beschreibung des verlinkten Textes wiederfindet, oder der einen Betroffenen kennt? Ich würde gern erfahren, wie sich so eine Störung bei anderen Betroffenen in verschiedenen Lebensbereichen äußert, ob ich Parallelen zu mir entdecke. Und schließlich, was glaubt ihr, welche Art der Behandlung sinnvoll wäre (einschließlich alternativer Heilmethoden)?

Werbung


Hope°
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 33
Beiträge: 281

Beitrag Mi., 07.01.2015, 12:19

Hi Krang2,
ich weiß es leider nicht, aber schreib doch vielleicht einmal die Bloggerin via E-mail an. Ich bin sicher, sie wird ein paar Tipps haben.

Benutzeravatar

R.L.Fellner
Psychotherapeut
männlich/male
Beiträge: 822

Beitrag Mi., 07.01.2015, 16:12

Liebe Krang,

es gibt kein (in Fachkreisen anerkanntes) "Störungsbild" namens "Charakter-Perversion". Offen gesagt wirkt die Art und Weise, wie die Autorin sich der Thematik annimmt, eher "autodidaktisch" auf mich, sicherlich aber nicht wissenschaftlich ("...Perverse Menschen...ein diskriminierender Ausdruck, wie ich finde, aber es gibt gerade nichts Besseres..." (..) "...neigen dazu, alles zu vermischen..." u.v.m.).
In der Psychotherapie und Psychiatrie wurde der Begriff der Perversion vor mittlerweile bereits 2 Jahrzehnten durch die neutraleren Termini Paraphilien und Deviationen abgelöst und diagnostisch genauer abgegrenzt. Selbst in der Psychoanalyse, wo der Begriff z.T. bis heute Verwendung findet, wird er nur für sexuelle Verhaltensweisen und Neigungen verwendet, auch da jedoch nicht (mehr) als den gesamten "Charakter" vereinnahmend und damit stigmatisierend und abwertend.

Die Kollegin wird in ihrer Praxis sicherlich eine gute Arbeit verrichten, unterstelle ich mal, aber dem besagten Artikel würde ich nicht mehr Bedeutung beimessen, als dem wöchentlichen Artikel der in Pastelltöne gefärbten "Psycho-Ecke" einer Illustrierten - entsprechend hurtig scheint er mir in die Tastatur geklopft. Leider (oder in manchen Fällen, beabsichtigterweise) haben derartig generalisierende und ungenaue Artikel den Effekt, dass man sich in den einen oder anderen Halbsätzen selbst wiederfindet und dann wie im gegenständlichen Fall erschreckt fragen könnte: "bin ich womöglich auch 'pervers'?" Keine Sorge. Selbst wenn Sie etwas "sind" , dann sicherlich etwas anderes, weil nämlich ein Störungsbild dieses Namens nicht existiert.

Freundliche Grüße,
R.L.Fellner

Benutzeravatar

Abbys
Helferlein
Helferlein
männlich/male, 46
Beiträge: 54

Beitrag Mi., 07.01.2015, 20:38

Krang2 hat geschrieben:Gibt es jemanden unter euch, der sich größtenteils in der Beschreibung des verlinkten Textes wiederfindet, oder der einen Betroffenen kennt? Ich würde gern erfahren, wie sich so eine Störung bei anderen Betroffenen in verschiedenen Lebensbereichen äußert, ob ich Parallelen zu mir entdecke. Und schließlich, was glaubt ihr, welche Art der Behandlung sinnvoll wäre (einschließlich alternativer Heilmethoden)?
Kann mich sehr gut darin wiederfinden, bis auf die Sache mit dem "Gott sein". Mehr kann ich grad nicht dazu schreiben.

Werbung

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Krang2
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 40
Beiträge: 1691

Beitrag Mi., 07.01.2015, 21:45

Vielen Dank für die Rückmeldungen und vor allem für die ausführliche Erklärung, weshalb ich trotz Googlesuche nichts weiteres Vergleichbares finden konnte. Ich fand es so bemerkenswert, daß sich da so ein ganz neues "Hybrid"-Störungsbild auftat, und ja, vielleicht sind es gar nicht so wenige, die sich hier oder dort "wiederfinden". Wenn ich lange genug Artikel über etwas lese, dann habe ich oft den Eindruck, auch Züge davon zu haben.

Benutzeravatar

Abbys
Helferlein
Helferlein
männlich/male, 46
Beiträge: 54

Beitrag Do., 08.01.2015, 00:39

Krang2 hat geschrieben: Wenn ich lange genug Artikel über etwas lese, dann habe ich oft den Eindruck, auch Züge davon zu haben.
Was im Prinzip ja auch wieder, zur im Artikel beschriebenen Problematik, passen würde.

Das im Artikel Beschriebene sehe ich, für meine Person, als Abwehrstrtegie vor Nähe, also der wirklichen, und gleichzeitig vor Distanz, oder Unterschiedlichkeit. Es verhindert zudem einen Kontakt zu mir selbst und meinen Gefühlen und das Erinnern. Zumindest nehme ich es so wahr. Insofern denke ich, diese Problematik ist, bei mir persönlich, mit Traumatisierungen verbunden. Die Autorin weißt da auch drauf hin.

Bei manchen Quellen, bezüglich schwererer Traumatas, gibt es Hinweise auf ähnliche Abwermechanissmen.

Wo das Beschriebene für mich anfängt zum Problem zu werden, ist in meiner Unfähigkeit es zu kontrollieren, obwohl es mir ein Gefühl von Kontrolle suggeriert. Selbst wenn ich es mir fest vornehme, kann ich aus diesem Verhalten kaum ausbrechen. Manchmal klappt es mit viel Anstrengung für ein paar Sätze, oder Gedanken. Und manchmal denke ich mir lediglich, das es klappt, nur um später feszustelen das es doch wieder nicht so war und ich wieder an ganz ander Dinge und Themen gedacht hatte als ich ürsprünglich wollte. Es erscheint mir so, als würden sogar Gednken gehindert werden gedacht zu werden, geschweige den ausgesprochen zu werden. Wirklich ärgerlich das Ganze und auch sehr hinderlich für die Therapie, da ich bisher keinen Weg gefunden habe dieses Verhalten zu ändern. Von Beziehungen mag ich da gar nicht erst schreiben.

Ein Gutes hat es allerdings. Ich kann mich dadurch gut an mein Gegenüber und an Situationen oder Umfelder anpassen und durch entsprechende Introspektion entsprechende Einblicke gewinnen. Hilft mir selber nur leider nicht wirklich weiter, ausser das es meine tiefe innere Angst beruhigt. So duch das Gefühl der Kontrolle und so. Dennoch ist jede Stunde und jeder Tag damit irgendwie auch verlorene Zeit, da die Rückkoppelung an das Innere mir nicht gelingen will und ich somit die Erlebnisse nicht als Ichsynton erlebe.

Ich hoffe ich hab das einigermasen hinbekommen. War anstengend.


Edit: Ich sehe das nicht als eigenständige Diagnose, die es dazu ja auch nicht gibt, sondern als Symptom. Problematisch ist es dennoch.

Hab ichs hinbekommen? Hmm, sollte passen, hoffe ich mal. Mehr geht gerade nicht.

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Krang2
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 40
Beiträge: 1691

Beitrag Do., 08.01.2015, 13:16

@Abbys, warum schreibst du, daß "mehr" nicht geht? Wenn du dein Innenleben treffend ausdrücken kannst und auch nicht so zum Schwafeln neigst wie ich, dann reichen doch auch drei Sätze.

Das Gefühl von Kontrolle, was du beschreibst, bezieht sich ja sowohl auf die Umwelt als auch auf deine eigenen Reaktionen, und im Grunde bekommt man (gefühlte) Sicherheit auf Kosten von (nicht manipulierter) Lebendigkeit. Auch der "Gefühlswust" wird künstlich geordnet, ausgerichtet.

Ja, es ist verlorene Zeit, weil es eine echte, unverzerrte Begegnung zwischen zwei Menschen verunmöglicht. Das meinte ich übrigens im anderen Pfad damit, daß die eigene Intelligenz dann auch zum Feind wird.

Welche Methoden und Techniken empfindest du (bisher) als wirksam, um diese Strukturen zu verändern, aufzubrechen, durch mehr Freiheit zu ersetzen? Wie oft hast du das Gefühl, wirklich ohne Verkomplizierung oder "Hintergedanken" wahrzunehmen oder "du selbst" zu sein? Ich habe das eigentlich nur, wenn ich in etwas völlig versunken bin/aufgehe, so daß ich diese Kontrolle "vergesse". Bei so banalen Tätigkeiten wie Puzzeln, Sortieren z.B.

Wenn das nur ein Symptom ist, wovon? Mangelnde Spiegelung? Warum könnte ein Therapeut die beschriebene "projektive Identifikation" nicht als Hindernis, sondern als Methode ansehen und nutzen, um dem Patienten durch echte Selbsterkenntnis Orientierungssinn "beizubringen"?

Benutzeravatar

Abbys
Helferlein
Helferlein
männlich/male, 46
Beiträge: 54

Beitrag Mo., 12.01.2015, 21:20

@ Krang2

Der Anteil hätte vermutlich gerne noch mehr geschrieben, konnte sich aber wohl nicht länger durchsetzten.

Wenn ich in diesem Flow bin, den obiger Anteil wohl als Kontrollverlußt und nicht Ichsynton empfindet, neige ich auch zum Schwafeln, mitunter so sehr, das Personen in meinem Umfled meinen, ich würde sie in die Dissoziation labern. Was auch gut zu dem Artikel passt. Ärgerlich bis beängstigend ist, wenn ich merke das ich nicht aufhören kann. Dan sehe ich mir nur noch zu wie ich schwafle.

Ja, die eigene Inteligenz kann manchens auch erschweren. Das sehe ich auch so.

Welche Methoden sind sinnvoll? Hmm.... bisher eher nur Konzentration, Achtsamkeit, Mut und viel innere Anstrengung. Weiter bin ich da noch nicht.

Wie oft? Hmm... Weiß nicht, da fehlt mir der Überblick. Ich denke aber nur sehr selten. Das mit dem Gefühl des, nur ich selbst seins, Naja das ist recht schwierig. Eigentlich hab ich das nur, wenn ich einen singulären Anteil lebe, oder wahrnehme. Diese wissen irgendwie/anscheinend nichts von den anderen Anteilen, die ich ja auch bin.

Dinge sortieren, etwas lesen, nachdenken, in etwas versinken, ja sowas beruhigt mein inneres Chaos auch.

Bei mir ordene ich es als Symptom für die Traumatisierungen ein. Als Symptom meiner Angst vor anderen. Das Aufheben der Grenzen führt zu einem Gefühl der Sicherheit.

Das mit der Projektiven Identifikation erschliest sich mir grad nicht ganz. Der Anteil von mir, welcher das durchdenken könnte, is leider für mich nicht erreichbar.

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag