Ich hasse meinen Therapeuten

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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feminam
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Ich hasse meinen Therapeuten

Beitrag So., 01.11.2015, 08:29

Hallo,

ich wollte fragen: darf man das seinem Therapeuten sagen, dass man ihn hasst, weil er einem nicht geholfen hat? Und es einem jetzt viel schlechter geht, als vor der Therapie?

Danke für eure Antworten!

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Entknoten
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Beitrag So., 01.11.2015, 08:35

Guten Morgen

die spannende Frage ist vielleicht:
In wie weit hat er nicht geholfen? Therapeuten machen ja nichts, und sie lösen doch das Problem nicht. Sie geben bestenfalls Hilfe zur Selbsthilfe.
Das, was man möchte was sich ändert, muss man in der Zeit zwischen den Stunden selber versuchen, oder?!

Ich würde das aber durchaus mit dem Therapeuten besprechen, dabei handelt es sich vielleicht auch um "Übertragung"?!
Dum spiro spero. Dum spero amo. Dum amo vivo.
Cicero

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doppelgängerin
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Beitrag So., 01.11.2015, 10:43

Ah, ich kenne dieses Gefühl sehr gut. Ich hatte das während und nach meiner Therapie als Jugendliche. Ich fühlte mich von der Thera nicht ernst genommen. Sie hat mir immer wieder gezeigt, wie ungeduldig sie mit mir ist, wenn ich etwas nicht sagen oder zeigen konnte. Sie hat mein Problem kleingeredet. Sie hat nicht die richtigen Fragen gestellt (ich habe nie sagen können, was ich eigentlich sagen wollte) Und sie hat mein für mich damals lebensrettendes Hobby (ohne welches ich mich wahrscheinlich vom Leben verabschiedet hätte) als nicht für mich passend erachtet. Ich fand es alles furchtbar! Richtig verletztend. Ich habe diese Hassgefühle lang mit mir rumgeschleppt. Aber es gab damals für mich keine Alternative, so dass ich all mine Hoffnung auf Hilfe auf sie gesetzt habe und immer wieder enttäuscht wurde - wie im wahren Leben auch. Einerseits große Liebe und Sehnsucht, dann immer wieder versetzt zu werden erzeugte Hass (welcher ja aber auch kein gleichgültiges Gefühl ist. Hass ist nicht das Gegenteil von Liebe. Hass hat auch was mit starker Verbindung zu tun!)

Wenn Du es irgendwie hinbekommen kannst, würde ich es sagen! Es kann Euch oder auch nur Dich voran bringen. Entweder ihr schaut, was wirklich dahinter steht, warum der Hass so da ist. Das gibt auch dem Thera die Chance etwas zu verändern. Oder Du kannst dann einen Weg mit jemand anderen einschlagen?
Vielleicht könntest Du es auch in Brief schreiben, wenn aussprechen nicht geht?

ich habe es damals nicht geschafft es zu sagen. Das furchtbare Gefühl blieb lang in mir stecken. Ich musste mich zwei drei Jahre danach nochmal befreien und hab in einer Art "Gefühlsanfall" einen Brief an sie geschrieben. Hab aber dann Angst gehabt meinen Namen darunter zu schreiben. Ihr hat der Brief somit sicher nichts gebracht - was bringt das schon, wenn man so einen Vorwurf keiner Person zuordnen kann. Mich hat es irgendwie befreit. Wenigstens ein Stück weit.

Alles gute für Dich!!

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Mia Wallace
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Beitrag So., 01.11.2015, 14:55

feminam hat geschrieben: ich wollte fragen: darf man das seinem Therapeuten sagen, dass man ihn hasst, weil er einem nicht geholfen hat? Und es einem jetzt viel schlechter geht, als vor der Therapie?
Hallo Feminam,
herzlich willkommen.
Ich finde, Hass auf den Therapeuten ist ein Thema, das hier viel zu selten besprochen wird.
Zu selten deshalb, weil ich glaube, dass Hass auf den Therapeuten ein ähnliche häufiges Übertragungsphänomen ist, wie die Liebe zum Therapeuten.
Und dass auch mit dieser Übertragung gearbeitet werden sollte.
Deshalb: ja ich denke man darf und sollte das in einer tragfähigen therapeutischen Beziehung, in der auch mit Übertragungsphänomenen gearbeitet wird, seinen Therapeuten sagen.

Wie ist denn die Beziehung zu Deinem Therapeuten?
Und nach welchem Verfahren arbeitet er?

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münchnerkindl
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Beitrag So., 01.11.2015, 15:16

feminam hat geschrieben:Hallo,

ich wollte fragen: darf man das seinem Therapeuten sagen, dass man ihn hasst, weil er einem nicht geholfen hat? Und es einem jetzt viel schlechter geht, als vor der Therapie?

Danke für eure Antworten!

Es ist sogar wichtig, wenn du dem Therapeuten sagst, dass die Therapie die Probleme schlimmer gemacht haben anstatt besser.

Und dann könntest du ja mal überlegen, warum genau es dir jetzt schlechter geht, also was an der Therapie das verursacht hat. Wenn du sagen kannst, das und das und jenes, das hat mich so richtig runtergezogen, anstatt zu helfen, das wäre gut.

Evtl wäre es aber sinnvoll, wenn du über deine Gefühle dazu etwas differenzierter berichtest. Was genau fühlst du da? Dass du zB super enttäuscht bist, dass dein Vertrauen verraten wurde, dass du Verhalten xyz als völlig unangemessen und übergriffig erlebt hast, dich sauer macht, dass du in einer Therapie sowas erlebt hast, dass du völlig enttäuscht bist, dass er deine Signale, dass es dir nicht gut geht völlig übersehen hat usw.

Also ja, ganz klar sagen, aber eben differenzierter darüber berichten, was wann wo schiefgegangen ist als "hat es schlimmer gemacht, ich hasse sie"


kaja
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Beitrag So., 01.11.2015, 15:26

feminam hat geschrieben:Hallo,

ich wollte fragen: darf man das seinem Therapeuten sagen, dass man ihn hasst, weil er einem nicht geholfen hat? Und es einem jetzt viel schlechter geht, als vor der Therapie?

Danke für eure Antworten!
Ja das darf man.
Ich habe das auch mal getan und wir haben es beide überlebt.
Man sollte natürlich dann auch genau hinsehen woher dieses Gefühl kommt usw.
After all this time ? Always.

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Beitrag So., 01.11.2015, 23:44

Mh, aber es muss doch nicht immer Übertragung sein, sondern kann (siehe mein beitrag oben) ja auch wirklich und ganz real sein, dass man nicht ernst genommen wird bzw der Thera einen übergeht, ungeduldig ist usw.
Oder sind diese Gefühle dann so subjektiv, dass es sowieso auch Übertragung ist? Finde, sowas kann schon auch die Schuld des Therapeuten sein!
Es wäre vielleicht gut, wenn Du noch kurz schreibst, was genau die Hassgefühle auslöst...

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feminam
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Beitrag Mo., 02.11.2015, 16:06

Hallo,
er hat mir nicht geholfen. Alles ist nur noch schlimmer geworden, dafür kann er nichts. Aber ich habe jetzt verstanden, warum ich zeitlebens so sehr leide. Wir haben alle Beziehungen aufgedeckt, dass es sich um keine guten Beziehungen handelte. Ich kann anderen Menschen nicht mehr vertrauen. Ich lebe völlig isoliert, habe alle Kontakte, die ich vor der Therapie noch hatte, heute nicht mehr. Ich fühle mich so elendig, dass ich nichts mehr unternehmen kann. Ich hatte kein Leben, weder beruflich, noch privat noch sonst irgendwie. Ich lebe seit 15 Jahren eh schon sehr zurückgezogen, nehme an der Gesellschaft nicht teil. Ich stehe am Abgrund. Und er tut nichts dagegen. Er hat mir fast nur zugehört, es gab keine konkreten Übungen. Ich hatte eine VT gemacht. Ich bin völlig am Ende und kann nicht mehr. Ich habe jegliche Lebenskraft verloren.

Feminam

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Beitrag Mo., 02.11.2015, 16:10

feminam hat geschrieben:Hallo,
er hat mir nicht geholfen. Alles ist nur noch schlimmer geworden, dafür kann er nichts. Aber ich habe jetzt verstanden, warum ich zeitlebens so sehr leide. Wir haben alle Beziehungen aufgedeckt, dass es sich um keine guten Beziehungen handelte. Ich kann anderen Menschen nicht mehr vertrauen.


Ich lebe völlig isoliert, habe alle Kontakte, die ich vor der Therapie noch hatte, heute nicht mehr. Ich fühle mich so elendig, dass ich nichts mehr unternehmen kann. Ich hatte kein Leben, weder beruflich, noch privat noch sonst irgendwie. Ich lebe seit 15 Jahren eh schon sehr zurückgezogen, nehme an der Gesellschaft nicht teil. Ich stehe am Abgrund. Und er tut nichts dagegen.


Dann kann er aber sehr wohl was dafür. Dann war das zu viel aufdeckende Arbeit und zu wenig ressourcenorientierte Arbeit.

Ein eindeutiger Fehler des Therapeuten. Aufdecken von Problemen alleine ist völlig unzureichend. Was für ein Therapieverfahren war denn das?

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Beitrag Di., 03.11.2015, 20:52

münchnerkindl hat geschrieben:Was für ein Therapieverfahren war denn das?
Sie schrieb was von Verhaltenstherapie...
feminam hat geschrieben: Ich hatte eine VT gemacht.


Ich stimme münchnerkindl zu! Kenne mich zwar wenig aus, aber wenn Du das dem Therapeuten auch so erzählst und er nicht in deine Ressourcen investiert in der Arbeit, geht das doch gar nicht!
Natürlich ist "nur" Rückschau heftig, das wissen wir hier wohl alle. Zurückschauen kann geradezu unerträglich sein. Aber was damit im positiven Sinne anfangen, darum sollte es ja gehen!

Mir tut Deine Situation sehr sehr leid!
Hast Du den Therapeuten auf Deine Zweifel angesprochen?
Kannst Du Dir vorstellen noch irgendwo anders Hilfe zu holen?

Alles Gute!

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feminam
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Beitrag Fr., 06.11.2015, 12:26

Ich habe ihm eine lange Email geschrieben, allerdings erhielt ich bislang keine Reaktion. Ich habe ihm gesagt, was ich denke, nicht dass ich ihn hasse, aber dass ich wütend bin. Habe ihm hierzu die Gründe genannt. Wir haben noch zwei Termine. Er gab mir jetzt zum ersten Mal eine Aufgabe mit, wie ich mit einer bestimmten Verhaltensweise umgehen könnte für die Zukunft.
Ich bin die letzten Jahre sozial abgestiegen, hatte einen Klinikaufenthalt. Ich bin durch, ich habe bereits alles versucht. So schlecht, wie jetzt ging es mir nie. Ich werde keine Hilfe mehr suchen.

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münchnerkindl
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Beitrag Fr., 06.11.2015, 13:15

feminam hat geschrieben:. Ich bin durch, ich habe bereits alles versucht. So schlecht, wie jetzt ging es mir nie. Ich werde keine Hilfe mehr suchen.

Also EIN Klinkaufenthalt und EINE ambulante Therapie ist bei einer psychischen Krankheit definitiv nicht "alles was möglich ist versucht"

Du kannst jetzt natürlich in Trotz und Selbstmitleid versinken, dem Therapeuten die Schuld für deine Lage in die Schuhe schieben und in Passivität verharren. Das bringt dich aber nicht weiter.

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feminam
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Beitrag Fr., 06.11.2015, 13:35

Insgesamt 6 Jahre. Ich finde, das reicht.

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münchnerkindl
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Beitrag Fr., 06.11.2015, 15:14

Du warst 6 Jahre bei einem Psychotherapeuten, und das obwohl es dir während dieser langen Zeit nicht besser gegangen ist?

Wie hast du es hinbekommen, dass die Krankenkasse dir 5 Jahre lang Therapie bei diesem Therapeuten bezahlt hat?

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feminam
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Beitrag Fr., 06.11.2015, 15:25

Ich war nicht 6 Jahre bei IHM in Therapie.
Aber 6 Jahre reichen oder etwa nicht?

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