Strategie bei Depressionen

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Reini42
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Strategie bei Depressionen

Beitrag Mi., 28.11.2018, 20:19

- oder wenn die Gefühlsbombe kommt.

Sorry, sollte es so ein Thread schon geben - gefunden hab ich keins.

Einige hier leiden, wie ich, unter Depressionen. Und sie kennen das, dieses Auf und Ab der Gefühle. Mal fühlen wir uns gut. Und dann ist alles so scheizze. Alles erscheint sinnlos, nichts als Wunschdenken, eine Illusion. Oder wir fühlen uns von irgend etwas erdrückt. Und so weiter und so fort. Klar, unser Gehirn hat eine Störung, es funktioniert nicht mehr normal. Nur, ich kann mein Gehirn nicht herausnehmen und es einfach so reparieren. Mal schnell zusammenflicken, zusammenkleben bis der Techniker/Mechaniker/wer auch immer kommt, das geht leider nicht.

Was gibt es für Möglichkeiten, wenn es uns runter zieht? Klar, da ist eine Kummernummer, in Wien haben wir bei den Psychosozialen Diensten (PSD Wien) eine Notrufnummer 24 Stunden - hoffentlich. Manche haben einen Therapeuten, aber der ist auch nicht jeden Tag 24 Stunden erreichbar. Wenn es ganz ganz schlimm wird: Taxi und AKH oder ein anderes Krankenhaus mit psychischer Ambulanz. Aber was können wir selbst tun, wenn die Stimmung in uns schlecht wird, die Ängste und das ganze schlechte Zeug kommen?

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Pianolullaby
[nicht mehr wegzudenken]
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Beitrag Do., 29.11.2018, 00:33

Ich versuche Skills zu benutzen, versuche mir positive Dinge zu suchen v.a in der Natur, lenke mich ab mit Basteln, Lesen, schreibe mir den Kummer von der Seele, tue mir Gutes gps Bad, Kakao was such immer, treffe mich mit Freunden
Träume nicht Dein Leben, lebe Deinen Traum

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Shenmi
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Beitrag Do., 29.11.2018, 07:25

Mir hilft konsequent Sport treiben, alle zwei Tage für eine Stunde. Ob Lust oder nicht, egal bei welchen Gefühlslagen. Walken oder Fitness Studio. Das ist zwar hart mitunter aber hinterher geht es mir zumindest immer ein Stück besser und die Tiefs sind nicht mehr so ganz tief. In Bewegung kommen. Raus aus der Starre. Das hat auch immer Einfluss auf die Seele.


Wünsch dir was

sagte die gute Fee

Alt und weise
möchte ich werden
und unerschrocken

Eine eigensinnige Alte
mit silbernen Haaren
ohne Strümpfe
in lila Sandalen
Und Lachfalten
möchte ich haben
Ganz viele


(Anne Steinwart)

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lisbeth
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Beiträge: 3908

Beitrag Do., 29.11.2018, 07:34

Shenmi hat geschrieben: Do., 29.11.2018, 07:25 In Bewegung kommen. Raus aus der Starre. Das hat auch immer Einfluss auf die Seele.
Danke. Das kann ich voll unterschreiben. Bewegung hilft (bei mir) sehr zuverlässig gegen die innere Erstarrung.
When hope is not pinned wriggling onto a shiny image or expectation, it sometimes floats forth and opens.
― Anne Lamott

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cinikus
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Beitrag Mo., 03.12.2018, 13:03

Dinge wie rausgegen, die Natur erleben und Sport sind tolle Sachen, um eine Depression abzuschwächen oder zu vertagen. Habe ich jetzt selbst monatelang geschafft.

Aber wenn das kommt, was Reini42 meint (oder ich glaube, dass er es meint), also dieser ganz akute Zustand, da geht nichts mehr. Gar nichts. Da fehlt oft sogar die Erkenntnis, dass das jetzt "nur" die Depression ist. Da herrscht die total fixe Überzeugung, das Leben ist die Hölle, man steckt in einer Doppel-, ach, Achtfachbindung, egal, wohin man sich dreht, alles endet in einer Katastrophe, es gibt keinen Ausweg, man fühlt sich als Versager und so von Selbsthass erschlagen, dass man noch nicht mal auf die Idee käme, diesem Sch***haufen, der man ist, auch nur irgendwas Gutes zu tun. Da dann mir solchen Vorschlägen zu kommen, ist, na ja, Homöopathie. Nutzlose Zuckerpillen.

Aber was hilft? Für mich ist in erster Linie mal sehr wichtig, zu erkennen, dass das jetzt eine depressive Episode ist. Das klingt vielleicht blöd, aber währenddessen sehe ich das oft nicht oder wills nicht wahrhaben, obwohl ich darin mittlerweile dreißig jahre Erfahrung habe. Aber in dem Zustand ist einfach DAS LEBEN so, das empfinde ich als die einzig wahre Realität. Kommen Erinnerungen an bessere Zeiten in der Vergangenheit, glaube ich, mich nur selbst belogen zu haben. Alles Gute war dann nur Selbstbetrug oder Illusion, ich habs mir nur schöngeredet, oder ich finde im Schönsten das Haar in der Suppe. Ach was, einen ganzen Yeti finde ich dann. Daher ist es mal ganz, ganz entscheidend, zu erkennen: Das ist die Depression. Die verändert mein Denken und Fühlen. Das heißt: das, was ich denke und fühle ist NICHT das Leben, es ist NICHT die Realität. Die Realität ist verzerrt. Ich sehe alles durch die schwarze Brille und eher ist das JETZT falsch, als das, was in Vergangenheit gut lief.

Das ist schon mal ein großer Schritt. Der größte eigentlich. Denn in dem Moment, wo diese Erkenntnis sitzt, lassen sich daraus weitere Strategien ableiten. Beispielsweise: Mir Gutes tun. Unerkannt depressiv unmöglich wegen des Selbsthasses. Aber da Selbsthass Teil der Krankheit ist, also nicht "real", darf ich mir Gutes tun. Oder anders gesagt: ich hab da nun einen Kranken, um den ich mich kümmern muss. Am besten geht das, wenn ich mir vorstelle, dieser Kranke bin nicht ich, weil mich hasse ich ja, sondern ein guter Freund, jemand, um den ich mich kümmern muss, jemand, den ich mag.

Es ist verdammt, verdammt schwer, in diesem Zustand etwas zu finden, das einem Gut tut. Weil es eben nichts Gutes gibt. Und alleine daran, dass man nichts Gutes findet, nichts, das einem was bedeutet, das Spaß macht, man ist ja innerlich wie tot, kann einen noch mehr in die Verzweiflung treiben. Ich kann mich da so richtig als Versager fühlen, nur, weil ich nicht weiß, was mir gut täte. Übrigens Versagen: Man sollte sich auch verzeihen, dass man krank ist und eine depressive Episode hat. Denn ich neige sehr dazu, mich auch deswegen als Versager zu fühlen. Je länger es mir davor gut ging, umso schlimmer das Gefühl, versagt zu haben. Wie gesagt, die Depression ist ein Hund der ALLES vergiftet, echt ALLES, alles Gute.

Also geht es auf die Suche nach etwas, das zumindest nicht total schlecht ist. Peterson bringt da als guten Ratschlag, nur so weit zu denken, wie man gerade kann. Das Zeitfenster zusammenschrumpfen auf einen Zeitraum, den man bewältigen kann. Und seien es zwei Minuten. Sei es eine halbe Minute. So. Und was nun kann ich in dieser halben Minute tun, das mich nicht noch tiefer in den Dreck reitet? Erst mal mögliche negative Handlungen stoppen. Gedankenkreisen? Sich selbst reinsteigern? Im Bett liegen und heulen oder tot sein? Ins Leere starren und das Leben verfluchen? Idealerweise nehme ich mir dann etwas vor. Etwas Bewältigbares. In dem Zustand ist es schon eine Zumutung, sich vorzunehmen, ein Buch zurück ins Regal zu schlichten, das seit Wochen so rumliegt. Aber why not.

Es geht nicht darum, das nebenbei zu tun, weils getan gehört, und sich zu hassen, weil man so faul und schlampig ist. Es geht darum, sich ein Projekt auszusuchen. So klein, dass es schaffbar ist. Und dann tut man es. So bescheuert das klingt, aber etwas zu tun, was man sich vorher vorgenommen hat, hilft. Es erzeugt ein kleines Erfolgserlebnis. Es gibt einem das Gefühl, dass man ja IRGENDWAS doch noch kann. Manchmal, wenn ich in dieser Nacht nichts mehr tun kann (und mich erwischt es oft nachts), hilft es auch, mir etwas für morgen vorzunehmen. Beispielsweise Geschirr abzuwaschen. Es muss etwas Sinnvolles sein, etwas, das etwas weiterbringt, aber etwas, das man auch realistisch schaffen kann. Oft hilft schon, solche Pläne zu schmieden. Man denkt über was anderes nach als die eigene Unzulänglichkeit. Wenn man dann den Plan auch noch ausführt: Hurra.

Und DAS ist bei mir oft schon das Beste, das mir zu "mir Gutes tun" einfällt.
Zuletzt geändert von cinikus am Mo., 03.12.2018, 13:15, insgesamt 1-mal geändert.
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cinikus
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Beitrag Mo., 03.12.2018, 13:09

Das Wichtigste ist aber immer: stoppe die Gedanken. Denn die ziehen einen in die Todesspirale. Man endet IMMER in der Ecke kauernd, ein Nervenbündel, das nur noch die Apokalypse sieht. Also raus da. Gedankenstopp. Manchmal hilft, mir eine bunte Zeichentrickserie anzusehen. Oder ein buntes Computerspiel zu spielen. Nein, es bereitet kein Vergnügen. Nicht ansatzweise, nicht so, wie sonst, wenn ich gesünder bin. Aber es geht da dann auch nicht um Spaß und Vergnügen, sondern nur darum, das Gehirn mit irgendetwas zu beschäftigen. Aus gesunder Sicht muss es fast lachhaft aussehen, mit welcher Todesverachtung ich mir dann Dinge hernehme, die ich eigentlich sonst mag. Aber es klappt. Am Anfang natürlich nicht, weil da noch die Gedanken sind, dass man versagt, weil man nun Strategien braucht, um kein Dreck zu sein und so, aber es klappt irgendwann.

Ich glaube, das Entscheidende bei all dem ist die Tätigkeit. Dass der Körper irgendetwas tut. Dass die Sinne irgendwie strapaziert werden. Denn genau das ist ja diese Essenz in so einer akuten depressiven Episode: Dieser unerträgliche Stillstand, dieses Stecken im Beton, kein Vor, kein Zurück, zugleich totale Leere und ein Kopf der platzt, so voll ist er. Erschöpfung und Ruhelosigkeit und dieses alles dominierende Gefühl der Sinnlosigkeit. IRGENDWAS Sinnvolles tun, und sei es meinetwegen, mit dem Ärmel das Regal abzustauben, wenn schon sonst nichts geht. Einfach nur irgendwas weiterbringen. Und zwar bewusst. Das ist wichtig dabei. (Zumindest für mich). Dass es ein bewusster Akt ist. Ein Schritt heraus. Eine ganz bewusst aktive Handlung. Ein Plan. Ein Vorhaben. Und die Erfüllung. Und ja, hinterher die bewusste Feststellung: Man hat sich was vorgenommen und man hat es erledigt.

Hat das in diesem Mikorkosmos geklappt, kann man sich ja Größeres vornehmen. Aber Schrittweise. Nötigenfalls auch mal wieder ein bisschen kleinere Brötchen backen, wenns nicht anders geht. Wichtig ist DASS, und nicht WAS. Und nie vergessen, sich das selbst auch anzuerkennen. Wenn einem Belohnungen einfallen, umso besser. (Mir fällt in diesen Phasen nur nichts Gutes ein.) Irgendwann kann man zurückschauen und feststellen: obwohl es mir schlecht geht, obwohl ich krank bin, habe ich schon dies und das, eine Menge, geschafft. Mehr jedenfalls, als wäre ich wie gelähmt dagehockt, heulend und pagodenwackelnd (obwohl auch das manchmal heilsam sein kann). Und ist es am Anfang noch praktisch unmöglich, selbst ein Buch in ein Regal zu schlichten, schafft man irgendwann auch wieder den Alltag. Man schafft Krafttraining und Spazierengehen und hat auch wieder den Glauben daran, dass präventive Handlungen was bringen. Und man ist vielleicht so weit, zu glauben, dass man ein bisschen Gutes, ein bisschen länger leben, doch verdient haben könnte.
Auch der Anblick des Schlechten kann eine Schulung für das Gute sein! Niccolò Tommaseo


MariJane
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Beitrag Mo., 03.12.2018, 14:15

Ja, erst Mal erkennen, dass es Depression ist. Und dann: Alltag strukturieren. Spazieren gehen, sich was kochen und im hier und jetzt vielleicht vorsorglich an das depressive Ich schreiben. Karteikärtchen mit Aufforderungen zu Dingen, die Freude machen, Aufforderung zum Gedankenstopp. Und vielleicht ein Stundenplan (mit Ruhepausen) für Krisenzeiten ala 8 Uhr aufstehen, danach duschen und min 30 min Spazieren, Pause, Einkaufen und anschließend gut für sich Sorgen aka kochen etc.


Help79
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Beitrag Fr., 21.12.2018, 12:15

Hallo


also ich muss derzeit sagen , das ich durch das Laif 900 besser schlafe . Und was meine Stimmungsschwankungen betrifft, da weiss ich es nicht ob es da wirklich viel hilft. Ich denke ein kleines bisschen hilft es. Mein Frage wäre gehen Depressionen irgendwann wie Pickel wieder weg ? ich merke einfach das ich nach wie vor sehr schnell müde werde. Und ich einfach anders mich fühle als vorher wo ich als gesund gegolden habe. Ich merke einfach das beim Haushalt machen und duschen meine Probleme habe. Und ich am liebsten alleine bin.


Und auch reden fällt mir manchmal etwas schwer. Habe früher mich immer gestyled heute komme ich mir ziemlich siffig manchmal vor. Ich hasse es es war vor einigen Jahren bei mir nicht so. Und inzwischen verstehe ich auch warum man bei depressiven aufpassen muss wegen Suizid. Ich habe keine Suizid Gedanken. Nur habe ich gemerkt das wenn man mich länger schräg bequatschen würde. Man als depressiver Mensch schneller in sowas reinrutschen kann. Ich hoffe das ich mit meinen Depressionen mich gut stellen kann. Mehr will ich nicht.


Was mir in der Zwischenzeit aufgefallen ist. Wo ich auf etwas zwiegespalten bin . Also wer schon mal ne Reha gemacht hat weiss das da Ärzte ggf Vorträge zu Krankheitsbildern machen. Und gestern ist mir was aufgefallen. Ich konnte nachts wieder nicht schlafen und habe TV gesehen. Da kam eine Reportage über Essgewohnheiten , Abnehmen, Diabtetes. An sich war es schon interessant. Nur habe ich mich auch gleichzeitg aufgeregt. Ich hatte das Gefühl das Medien und Gesellschaft doppelt als Moralinstanz inszeniert werden. Und ich stelle fest das es mir als chronisch kranke gut tut wenn man sich über Krank sein bzw Krankheiten nicht unterhalten muss.
Zuletzt geändert von Help79 am Fr., 21.12.2018, 12:35, insgesamt 1-mal geändert.


Help79
Helferlein
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Beitrag Fr., 21.12.2018, 12:18

MariJane hat geschrieben: Mo., 03.12.2018, 14:15 Ja, erst Mal erkennen, dass es Depression ist. Und dann: Alltag strukturieren. Spazieren gehen, sich was kochen und im hier und jetzt vielleicht vorsorglich an das depressive Ich schreiben. Karteikärtchen mit Aufforderungen zu Dingen, die Freude machen, Aufforderung zum Gedankenstopp. Und vielleicht ein Stundenplan (mit Ruhepausen) für Krisenzeiten ala 8 Uhr aufstehen, danach duschen und min 30 min Spazieren, Pause, Einkaufen und anschließend gut für sich Sorgen aka kochen etc.

Hallo


also 8 Uhr aufstehen ist für mich keinen erholsamen Start in den Tag. Ich kann auch keine Strukturen gebrauchen. Dieses auferlegten Strukturen bewirken bei mir nur einen Eingriff in meinen aktuellen Rythmus. Ich bin als depressive morgens zwar nicht immer schlecht gelaunt. Aber ich schlafe immer länger. Weiss nicht was ich so früh morgens wach soll. Ich komme da oft schräg drauf dann.


cinikus
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Beitrag Fr., 21.12.2018, 19:24

Help79 hat geschrieben: Fr., 21.12.2018, 12:18 Dieses auferlegten Strukturen bewirken bei mir nur einen Eingriff in meinen aktuellen Rythmus.
Mach dir deine eigenen Strukturen. Oder eher Rituale. Ich merke, dass vor allem Rituale, wiederkehrende strukturelle Ereignisse eines Tages, enorm helfen. Quasi das obligatorische Zähneputzen am Abend. Es leitet die Nacht ein. Auch, wie und wann ich etwas zu mir nehme, gewisse Abstände zwischen Handlungen. Eben kleine Regelsätze, die mich nicht niedermachen und gängeln sollen, sondern mir für die Zeiten, in denen ich im tiefschwarzen dunklen Raum fliege, eine Art Handlauf sind, an dem ich mich entlangtasten kann. Einerseits, um in Bewegung zu kommen und zu bleiben, andererseits, um nicht zu sehr ins destrukives Verhalten zu fallen.
Ich habe auch ein Problem, mir einen festen Stundenplan zu machen. Aber etwa so was wie: Acht Stunden Schlaf, egal, wann ich mich hinlege. Oder umgekehrt: um diese oder jene Zeit aufstehen oder schlafengehen, egal, ob ich da müde bin. Variiert bei mir mit den Jahreszeiten. Solche Regeln und Strukturen müssen ja nicht in Stein gemeißelt sein, und sollen nicht vergleichbar mit Schulstundenplänen sein. Eher ist es so, dass du dir die Sachen planst, von denen du weißt, dass sie dir gut tun, die du aber in einer depressiven Episode vergisst, oder für sinnlos hältst, dich dagegen sperrst, weil du nicht kannst oder willst. Sie helfen, in Bewegung zu bleiben. Denn das Fatale ist ja dieses immer mehr im Beton der Grübelspirale feststecken und völlig emotionslos, leer und tatenlos zu werden.

Es geht auch darum, sich kennenzulernen und damit umgehen zu lernen, wie man tickt. Das ist ein lebenslanger Prozess, und gerade die düsteren Zeiten im Leben zwingen einen, da hinzusehen, sich selbst herauszufinden. Depression ist zwar an sich keine Comfort-Zone, aber es besteht die Gefahr, dass man sich in diesem Alles-sinnlos und Alles-überfordert-mich abdriftet und einrichtet. Nihilismus hat auch seine angenehmen Seiten. Etwa, keinen Verantwortung für sich selbst (und andere) zu übernehmen.
Auch der Anblick des Schlechten kann eine Schulung für das Gute sein! Niccolò Tommaseo


Help79
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Beitrag So., 23.12.2018, 01:09

Hallo


ich dachte mir gestern mittag noch weil ich gute Laune hatte ich gehe noch etwas shoppen bzw sehen ob mir was gefällt. Fazit war das mir einen Pulli gekauft habe. Und meine Laune immer schlechter wurde. Weil es mich wiedermal so viel Kraft gekostet hat mich in Gesellschaft zu begeben. Das war früher nicht so bei mir.

Es ist derzeit eigentlich fast immer so das wenn ich mich einklinken will das es mich nicht zufriedenstellt in Gesellschaft. Ich muss auch immer Kraft tanken wenn ich alleine wieder bin.

Und dieses ständige anprobieren der Kleider die mich nicht wirklich überzeugt haben waren auch nicht das richtige für mich gestern mittag irgendwie. Als ich dann noch wegfahren wollte und konnte nicht weil jemand hinter mir geparkt hatte und einige Minuten warten musste. Stand ich fast wieder kurz vor einer Panikattacke. Es war somit eigentlich kein schönes Erlebnis wirklich.

Kennt ihr das auch sowas ?

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SR71Blackbird
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Beitrag So., 23.12.2018, 19:00

hallo
vor 3 wochen habe ich mich ins Krankenhaus begeben nach 10 min u dem Versprechen mir nichts anzutun gab mir die ärztin trittico und wellbutrin. habs 4 tage lang genommen, das war der absolute horror körperlich und geistig hat mich das zerstört ich war depressiver als je zuvor. nach dem Absetzen gings wieder besser, aber die letzten tage merke ich wieder wie ich zwischen hoffnungsvollen gedanken wie ih schaffe das und schaffe es zu arbeiten werde Disziplin haben etc. und ich möchte nicht mehr es soll alles aufhören . aber so wahr ich hier schreibe, ich werde nie mehr Antidepressiva nehmen.
ich frage mich also ob jemand Erfahrungen mit rhodilon hat das ist wirklich pflanzlich han einiges davon gelesen . hilft das hat das schon mal euch geholfen ?

lg
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cinikus
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Beitrag So., 23.12.2018, 19:34

SR71Blackbird hat geschrieben: So., 23.12.2018, 19:00 gab mir die ärztin trittico und wellbutrin. habs 4 tage lang genommen [...] ich werde nie mehr Antidepressiva nehmen.
Zweierlei:
1. Es ist oft so, dass man mehrere Medikamente durchprobieren muss, bis man welche findet, die passen. Da sind wir als Patienten leider so was wie Versuchstiere, was schlicht daran liegt, dass es (noch) keine simplen Methoden gibt, herauszufinden, was die Depression auslöst und wie der individuelle Organismus auf gewisse Medikation reagiert. Ein bisschen ist es immer noch ein Tappen im Dunkeln. Die Ärzte verschreiben nach (persönlicher) Statistik, also was hat den meisten Patienten, die sie hatten, geholfen. Diese persönliche Statistik ist grob Fehlerhaft, was nicht unbedigt Schuld der Ärzte selbst ist. Viele Patienten nehmen die Medikamente nicht, oder nicht wie vorgeschrieben, oder geben kein Feedback.

2. Die meisten Psychopharmaka brauchen eine gewisse Zeit, bis sie wirken können. Je nach Pärparat bis zu vier Wochen. Bei den meisten Präparaten kommt es auch zur Erstverschlechterung. Nicht umsonst steht in den Beipackzetteln eine entsprechende Litanei drin, weil da nicht selten die Suizidalität steigt. Vier Tage sagen also nicht unbedingt aus, dass das Präparat nicht wirkt, wobei ich vollstes Verständnis habe, etwas abzusetzen, das einem am Boden Liegenden noch ordentlich nachtritt.

Was tun?
Wenn die Depression zu heftig ist, um aktiv werden zu können, sind Medikamente eine gute Hilfe. Wenn nicht die Einzige. Alles andere fordert Kraft. Wenn man die hat, dann gibt es verschiedene Wege.

Die eine ist natürlich Therapie. Eine Frage der Zeit (wann kriegt man den Termin, es braucht Zeit, bis sie wirkt, und zwar mehr als vier Wochen, eher vier Monate und mehr) und eine der Kosten.

Eine andere ist, herauszufinden, ob die Depression vielleicht andere körperliche Ursachen hat. Ein Nährstoffdefizit ist gar nicht mal so selten, oder Fehlernährung, Nahrungsmittelunverträglichkeit oder sie ist generell eine Lebensstilsache. Zu wenig Licht, Bewegung, Sinn, Leben im Chaos, unsicheren oder zu starren Verhältnissen usw. Darüber kann man schon enorme Verbesserungen erzielen, braucht aber Zeit, Energie und Geduld, um sich damit zu befassen. Das kann man nur selbst, dafür gibt es keine Ärzte (die man sich leisten kann).

Dann gibt es die üblichen Möglichkeiten, die auch wissenschaftlichen Erkenntnissen standhalten, für jemanden in einer akuten depressiven Episode aber eher wie Spott oder eine Ohrfeige sind, weil atmen gerade noch geht, der Rest aber schon nicht mehr so richtig: Krafttraining, Spazierengehen, regelmäßiger Lebensstil, sinnhafte Tätigkeiten, soziale Interaktion, Lächeln (erzeugt ein Feedback im Hirn), gutes gesundes Schlafverhalten (regelmäßig, nicht zu wenig, nicht zu viel), gesunde Ernährung. Besonders, wenn die Depressionen im Herbst schlimmer werden, Tageslichtlampen und Vitamin D3. Oft kann auch ein Omega3-Supplement helfen. B-Vitamine könnten auch helfen. Ich habe sehr viel Positives über ketogene Ernährung und Depression gelesen (und erlebt).

Die Frage ist halt, welche Ursachen hat die Depression? Kam sie plötzlich einfach so? Ist sie Folge eines Traumas oder Überforderung? Gab es mehrere Auslöser? Gab es keinen merkbaren Auslöser? Seit wann besteht sie? Für viele Betroffene ist es eine längere Reise, bis sie finden, was ihnen hilft. So kann dir dieses Pärparat, das du nennst, helfen, einem anderen nicht. Oder umgekehrt. (So, wie einige hier mit deinen empfohlenen Medikamenten gut zurechtkommen.)
Auch der Anblick des Schlechten kann eine Schulung für das Gute sein! Niccolò Tommaseo


cinikus
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Beitrag So., 23.12.2018, 19:42

Help79 hat geschrieben: So., 23.12.2018, 01:09 ich dachte mir gestern mittag noch weil ich gute Laune hatte ich gehe noch etwas shoppen bzw sehen ob mir was gefällt. [...] Und meine Laune immer schlechter wurde. Weil es mich wiedermal so viel Kraft gekostet hat mich in Gesellschaft zu begeben.
Also man muss nicht unbedingt mit Depressionen kämpfen, um ans absolute Limit zu kommen, wenn man am letzten Einkaufstag vor Weihnachten Kleidung shoppen geht. Ich kenne praktisch niemanden, der danach nicht reif für eine ganzheitliche Seelenmassage wäre, um wieder im Reich der Lebenden anzukommen. Es ist eine Extremsituation.
Help79 hat geschrieben: So., 23.12.2018, 01:09 Kennt ihr das auch sowas ?
Ich schätze, ungefähr 100% aller Depressiven. So ist Depression. Das ist wenn nicht sogar eines DER Symptome. Sie raubt Kraft (für soziale Interaktion) und verhagelt einem auch die Freude an Dingen, die einem sonst Spaß machen.
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SR71Blackbird
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Beitrag So., 23.12.2018, 19:54

danke für deine lange und detaillierte antwort, ich mache auch paar Dinge von denen du schreibst, ich kann es selbst nicht mehr sagen warum es mir so geht habe einen knick seit ich 11 bin, war in Stationärer Behandlung was zu dem Ergebnis führte das ich nur selbst kämpfen kann, das ging auch lange gut.
mir fehlte immer die Disziplin etwas durchzuhalten und habe versagensängste und finanziell stehe ich unter solch einem druck das ich es dir hier nicht beschreiben kann, aber trotzdem mir kommt es vor das es alles zu viel ist das ganze leben ich kann einschätzen wenn ich depressiv bin das es nur die gedanken sind die mich jetzt fertig machen, aber ich bringe die kraft nicht auf mein leben selbst in die hand zu nehmen, Rückschläge wird es immer geben aber sie lösen übertrieben trauer und psychosomatische probleme aus.
ich hasse mich, dass ich lieber weinerlich bin und meinem versagen nachzutrauere anstatt es endlich zu schaffen und ein normales leben zu führen.
wenn ich arbeite dann kann ich nicht schlafen die zeit ein erfülltes leben zu haben ist zu kurz, also schalte ich auf embryomodus und mache garnix wofür ich mich hasse, ich hätte allee im Griff hätte ich nur mich selbst im griff, ich bekomme trauer um die Welt um leute denen es mies geht und um mich..
es ist alles so kompliziert in Worte zu fassen..
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