Wie kommt ihr mit der Trauer und der Arbeit zurecht

Hier können Sie sich über Belastungen durch eigene oder fremde schwere Erkrankungen, aber auch den Umgang mit Tod und Trauer austauschen.
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Stern3
neu an Bo(a)rd!
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Wie kommt ihr mit der Trauer und der Arbeit zurecht

Beitrag Do., 23.01.2020, 11:32

Hallo,

ich bin neu hier. Und ich habe so viele Fragen. Im Dezember ist meine Mutter gestorben, was mich schwer getroffen hat, weil ich sie lange umsorgt habe. Und seitdem geht es mir richtig schlecht. Ich habe an nichts Freude und der Schmerz ist groß. Nun ist es aber so, dass in der Arbeitswelt nicht unbedingt jemand danach fragt, wie man sich in der Trauerzeit fühlt und wie es einem geht. Ich soll zum Beispiel übernächste Woche auf eine Messe, die drei Tage dauert und bin mir nicht so sicher, ob ich das schaffe.
Könnt Ihr mir sagen, wie es bei Euch so läuft? Das wäre ganz lieb.

Stern3

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CrazyChild
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Beitrag Do., 23.01.2020, 12:35

Als meine Mutter vor 14 Jahren gestorben ist, war das auch extrem schlimm für mich. Mir wurde in der Arbeit ein paar Tage nach der Beerdigung gesagt, man wäre froh, dass ich jetzt wieder "wie immer" sei. Das hat mich tief getroffen. Denn von "wie immer" sein war ich danach noch Jahre lang entfernt.

Aber es geht eben auch nicht, private Dinge mit in die Arbeit zu nehmen. Das muss man wirklich trennen. Denn die anderen / Vorgesetzten können ja nichts dafür, dass es einem schlecht geht und man kann ja auch nicht verlangen, dass darauf Rücksicht genommen wird. Arbeit ist eben Arbeit und da Privates nicht wirklich was zu tun damit.

Das ist hart, das finde ich auch. Ich habe jedoch die Erfahrung gemacht, dass es schon ganz gut ist, wenn man sich trotz allem Schmerz nicht zu sehr hängen lässt und ganz normal arbeitet. Das lenkt einem ein wenig davon ab, sich den ganzen Tag mit der Trauer zu befassen. Das ist auch nicht gut.

Ich persönlich habe mich damals nicht krank gemeldet und bin ganz normal weiter in die Arbeit. Aber das ist wohl bei jedem anders. Mir hat es geholfen, diese Normalität zu spüren.

Alles Gute !!
LG, CrazyChild

***stay strong***

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Candykills
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Beitrag Do., 23.01.2020, 13:52

Arbeit und Privates sind halt zwei völlig getrennte Felder. Da ist es völlig egal, ob es um Trauer, Depressionen, Psychose oder whatever geht.
Dass dich das so schlimm trifft, ist natürlich nachvollziehbar für mich. Aber ich denke, dass du da von Kollegen oder dem Chef nicht viel erwarten darfst, denn die Arbeit muss erledigt werden und dafür wirst du ja auch bezahlt. Das ist leider die harte Realität.
Wenn dich die Trauer so schlimm trifft, dass es schon Richtung Depression geht, dann könntest du es vielleicht mit einer Psychotherapie probieren oder Medikamenten als kleine Unterstützung. Eventuell könnte dir dein Hausarzt da auch schon mal was verschreiben und dich dann zum Psychiater überweisen (die Wartezeiten sind teilweise sehr lang). Den Weg würde ich empfehlen.
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)


Tränen-reich
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Beiträge: 3420

Beitrag Do., 23.01.2020, 19:50

Ich weiß nicht, ob es dir weiterhilft, wenn ich dir sage, dass ich dann einfach nur funktioniere.
Gleichwohl ist Arbeit wirklich die beste Ablenkung, da stellt sich automatisch eine andere Stimmung ein, wie so ein Kippschalter... Mir persönlich hilft es auch nicht, wenn die Menschen mir ständig sagen "es tut mir so leid" oder sowas, sondern mich ganz normal behandeln. Gleich nach Feierabend beim Verlassen ist der Kippschalter wieder aktiv und meine Mundwinkel ganz tief unten.

Ich habe dann immer das Gefühl des Hin- und Herswitchens. Eine unechte Rolle neben all den echten Gefühlen.
Und das ist sehr anstrengend, etwas zu sein, was man derzeit nicht will. Ich kann dir nur sagen, dass mein Kippschalter nur funktioniert, wenn ein MUSS dahinter steht.

Viel Kraft dir!

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RoboCat
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Beiträge: 551

Beitrag Do., 30.01.2020, 16:43

Arbeit und Privat voneinader trennen und auf der Arbeit "lächeln und funktionieren"? Chapeau, wem das gelingt. Mir nicht und ich weiß aus Erfahrung, dass man auch vom Arzt für min. 14 Tage krank geschrieben wird bei einem Trauerfall. 14 Tage sind der Standard, sagte meine Hausärztin mal. Das würde ich auch jedem raten das in Anspruch zu nehmen.

Natürlich ist nach 14 Tagen nicht wieder alles in Butter. Ich denke jeder Mensch ist da anders. Persönlich würde ich ich nur wenig zögern, mich auch länger krank schreiben zu lassen, wenn es eben nicht anders geht. Da bin ich knallhart. ich weiß auch nicht, ob mich der AG nicht nächsten Monat vor die Türe setzt. Und man macht es ja nicht, weil man besseres zu tun hat, sondern weil man sich nicht konzentrieren kann und einfach zu sehr trauert.

Andererseits kann Arbeit auch ablenken und wenn das Umfeld passt, ist es vielleicht besser gerade in der Trauer zur Arbeit zu gehen. Das muss man testen und muss jeder für sich selbst entscheiden. Es kommt auch darauf an, wie viel Verantowrtung man trägt und ob man in der Lage ist ggf wirklich 100 % bei der Sache zu sein. Ein Fernfahrer oder ne Chirurgin haben da vielleicht eher Probleme, als ein Verwaltungsfachangestellter.

Dass man auf der Arbeit ein anderer Mensch sein kann als Zuhause, daran glaube ich persönlich nicht. So professionell sind wohl die wenigsten. Wobei ich das nicht mal professionell nennen kann, sondern vielleicht eher gestört? Sorry, mag niemanden angreifen...
:axt:

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Erdbeere02
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Beitrag So., 29.03.2020, 19:24

Ich wollte keinen neuen thread aufmachen, weil mein Beitrag paßt irgendwie zum Thema.

Ich wäre froh, wenn ich jetzt wieder arbeiten könnte, aber der Reihe nach: Planmäßig hatte ich Urlaub vom 1.3. bis zum 22.03. im Hauptjob. Nebenbei arbeite ich auch am Wochenende und an ein paar Urlaubstagen, wenn es denn paßt. Am 17.03. rief ich mein Chef aus dem Hauptjob an, daß ein anonymer Brief bei ihm eingangen wäre, daß ich nebenbei am WE und sogar im Urlaub arbeiten würde. Ob das so stimmen würde, wollte er wissen. Da ich meinen Chef nicht anlügen wollte/konnte, habe ich kleinlaut zugegeben, daß dem so ist. Ich habe mich natürlich gleich für mein Verhalten entschuldigt, aber das wollte er so nicht gelten lassen und mich am liebsten gleich "rausschmeißen" würde.

Danach war ich fix und fertig und konnte die ganze Nacht nicht schlafen. Am nächsten Morgen bin ich gleich zum Arzt und mich für drei Tage krank schreiben lassen. Am 19.03. kam dann die Antwort: eine Abmahnung und weitere zwei Wochen unbezahlten Urlaub nehmen. Naja, wenigstens keine Kündigung, trotzdem sch... Dann gleich zum Betriebsrat hin, der konnte oder wollte mir auch nicht weiterhelfen. Wenn ich mir jetzt einen Anwalt deswegen nehmen würde, wäre das (Arbeits-)Verhältnis ganz im Eimer, daher habe ich mir gesagt: lieber das so akzeptieren und keinen weiteren Ärger bekommen.

Dann am 22.03. die nächste Hiobsbotschaft: Meine langjährige Freundin/Bekannte (66 Jahre alt) mußte plötzlich ins Krankenhaus, sie ist zuhause hingefallen. (Wir wohnen etwa 15 km auseinander). Ihre erwachsenen Kinder haben sich um sie gekümmert, nach mehreren Telefonaten war klar: schwere Hirnblutung (Aneurysma geplatzt). Trotz Op. am Montag ist sie dann am Dienstag abend eingeschlafen. Wegen Corona konnte ich sie nicht mal im Krhs. besuchen, nur ihre Tochter durfte zu ihr (mit Sondergenehmigung). Am Mittwochnachmittag war dann schon die Bestatterin da und hat gesagt, daß es alles etwas dauern wird wg. der Corona-Einschränkungen. Wir haben bis heute keine Sterbeurkunde geschweige denn einen Bestattungstermin.

Ich bin natürlich nervlich fertig wg. der beiden Sachen, ich kann nicht mal trauern deswegen. Arbeiten darf ich ja auch noch nicht, weil die zwei Wochen noch nicht rum sind, das würde mich wenigstens etwas ablenken. Bin ich noch normal oder will ich das im Moment nicht "an mich ranlassen " ? Vielleicht kann mir jemand einen Rat geben, danke.
Zuletzt geändert von Tristezza am So., 29.03.2020, 19:36, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Absätze zur besseren Lesbarkeit eingefügt.

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Anna-Luisa
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Beitrag So., 29.03.2020, 19:30

Erdbeere02 hat geschrieben: So., 29.03.2020, 19:24 Am 19.03. kam dann die Antwort: eine Abmahnung und weitere zwei Wochen unbezahlten Urlaub nehmen.
Die Abmahnung war gerechtfertigt, fürchte ich. Allerdings bist du nicht verpflichtet nun unbezahlten Urlaub zu nehmen!

Kann es sein, dass es deinem Chef ganz gut in den Kram passen würde, wenn er dich nicht bezahlen muss? Wegen Corona-Einschränkungen vielleicht? Ich würde mir einen Anwalt nehmen.
Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben.
(Konfuzius)

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Erdbeere02
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Beiträge: 218

Beitrag So., 29.03.2020, 19:47

Wenn ich mir jetzt einen Anwalt deswegen nehmen würde, wäre das (Arbeits-)Verhältnis ganz im Eimer, daher habe ich mir gesagt: lieber das so akzeptieren und keinen weiteren Ärger bekommen.
Mein Chef mag mich nicht besonders und außerdem mag er seine Entscheidungen nicht in Frage gestellt wissen, da würde er mich nur weiter schikanieren, und das möchte ich auf keinen Fall, das zehrt noch mehr an den Nerven.

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Anna-Luisa
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Beitrag So., 29.03.2020, 19:54

Erdbeere02 hat geschrieben: So., 29.03.2020, 19:47 Mein Chef mag mich nicht besonders und außerdem mag er seine Entscheidungen nicht in Frage gestellt wissen, da würde er mich nur weiter schikanieren, und das möchte ich auf keinen Fall, das zehrt noch mehr an den Nerven.
Das glaube ich nicht. Wenn du dir einen Anwalt nehmen würdest, müsste er ja auch erkennen, dass du seine Ansinnen in die Schranken weisen kannst!

Aber wenn du nicht möchtest, kannst du es natürlich bei dem unbezahlten Urlaub belassen.
Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben.
(Konfuzius)

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sgtmax1
Helferlein
Helferlein
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Beiträge: 129

Beitrag Do., 02.04.2020, 10:22

Jeder Mensch trauert, auf seine eigene Weise.
Natürlich ist es durch die Corona-Krise noch schwieriger. Manche wollen dann einfach nur etwas zu tun haben und verdrängen die Trauer bzw. verarbeiten sie unterbewusst.
Als mein Großvater gestorben ist, hab ich mich im nachhinein sehr abgegrenzt und war auch in der Schule eher distanziert und teils echt ein Arschloch.
Als allerdings der Lebensgefährte meiner Großmutter gestorben ist, war ich innerlich nur ruhig, zu diesem Zeitpunkt hatte ich allerdings schon den Zivildienst hinter mir und ließ solche Sachen generell nicht mehr so stark an mich ran.

Ich würde mal Sagen, da Trauerarbeit von Mensch zu Mensch so unterschiedlich sein kann, finde ich deine Reaktion völlig normal und kann sie auch verstehen.

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