Abschiedsgestaltung

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Wolkenbruch
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Abschiedsgestaltung

Beitrag Mo., 20.12.2021, 17:00

Hallo zusammen,

die Frage geht an diejenigen unter euch, die ein Therapieende hinter sich haben: 1. wie habt ihr den Abschied gestaltet? (was habt ihr gesagt? habt ihr was geschenkt? etc.) 2. wie hat der Therapeut das gehandhabt? Ich schätze, die Corona-Situation spielt dabei auch eine Rolle...

Mich interessiert das sehr, wie so ein Abschied/Therapieende gestaltet wird/werden kann...

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Philosophia
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Beitrag Mo., 20.12.2021, 17:08

Hallo Wolkenbruch,
ich denke, das ist ganz individuell - darum würde ich sagen: Frage dich, was du dir wünscht, was du brauchst, um gut gehen zu können.
Ich habe bei meinem Abschied von der Analytikerin ihr etwas geschenkt - das hatte eine enge Verbindung zu meiner Analyse. Sie hat mir auch etwas mitgegeben. Ansonsten habe ich geweint, sie auch ein wenig, dann haben wir aber auch gelacht, wir haben uns bedankt, zum Schluss haben wir uns beide dumm angestellt. Mir war wichtig, dass jede von uns in dem Moment so sein kann, wie sie ist. Und auch, wenn es ganz komisch und unsicher ist, dann soll es so sein. Sein und spüren - auch die Unterschiede, und all die verschiedenen Gefühle.
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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Winni
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Beitrag Mo., 20.12.2021, 19:02

Hallo Wolkenbruch,

ich habe meinen Abschied schon etliche Wochen vor der letzten Stunde eingeläutet. Immer wieder darüber mit meinem Analytiker gesprochen. Weil mir das Herz recht schwer wurde zum Ende hin.

So war dann die allerletzte Stunde „nur“ der finale Schlussstrich. Die meisten Tränen waren in den vorherigen Stunden schon geflossen (bei mir ;) ),so dass tatsächlich noch ein einigermaßen gefasstes Gespräch möglich war. Ich habe ihm ein kleines Büchlein geschenkt, das einen Titel trug, das an eine meiner typischen Verhaltensweisen in der Therapie anspielte.
Es war als scherzhafte Selbstironie gedacht - und er hat es genau so verstanden. Wir haben sehr gelacht, und dann flossen doch noch Tränen. Es war für mich ein guter Abschied, und wenn nicht Corona gewesen wäre, hätten wir uns auch umarmt. So musste ein „Namaste“ reichen.

Ich wünsche Dir einen für Dich stimmigen, guten Abschied!
"An Ärger festhalten ist wie wenn Du an einem Stück
Kohle festhältst mit der Absicht, es nach jemandem zu werfen -
derjenige, der sich dabei verbrennt, bist Du selbst" (Buddha)

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DieBeste
Forums-Gruftie
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Beitrag Mo., 20.12.2021, 20:19

Kurz und schmerzlos

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Wolkenbruch
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Beitrag Mo., 20.12.2021, 20:46

Vielen Dank schon einmal für eure Rückmeldungen! :)

Meinen Abschied habe ich schon hinter mir. Er war eher emotionslos und ohne große Zusammenfassung oder Ähnliches. Es verlief Sitzung für Sitzung irgendwie im Sande. Ich hätte mir eine Reflexion und einen emotionsvollen Abschied gewünscht. Den ersten Punkt habe ich auch angesprochen, wurde aber nicht erfüllt. Im Grunde hatte ich auch zweimal den Abschied, einmal im Frühling und dann jetzt im Winter. Beides emotionslos. Jetzt frage ich mich, hätte so ein Abschied nicht auch anders verlaufen können/sollen. Denn eigentlich war zwischenzeitlich ein gutes Verhältnis vorhanden.

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Shukria
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Beitrag Mo., 20.12.2021, 21:02

Wolkenbruch hat geschrieben: Jetzt frage ich mich, hätte so ein Abschied nicht auch anders verlaufen können/sollen. Denn eigentlich war zwischenzeitlich ein gutes Verhältnis vorhanden.
Wie Abschied laufen ist ja ein dynamisches Geschehen also abhängig schon auch vom Therapeuten aber auch von dir, was und wie du dich in den Abschiedsprozess einbringst.

Was hättest du dir denn gewünscht und was hast du selber in den Prozess eingebracht oder wo hast du etwas zurückgehalten?

Du hast auch die Möglichkeit noch einmal hinzugehen und das was dir gefehlt hat noch mal anzusprechen oder nachzuholen. Also du kannst auch jetzt noch aktiv werden.

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Wolkenbruch
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Beitrag Mo., 20.12.2021, 21:09

Shukria hat geschrieben: Mo., 20.12.2021, 21:02 Was hättest du dir denn gewünscht und was hast du selber in den Prozess eingebracht oder wo hast du etwas zurückgehalten?

Du hast auch die Möglichkeit noch einmal hinzugehen und das was dir gefehlt hat noch mal anzusprechen oder nachzuholen. Also du kannst auch jetzt noch aktiv werden.
Ich habe mehrmals angesprochen, was ich mir wünsche. Ich hingegen war sogar emotionsvoll... Mehr konnte ich nicht tun. Die Sitzungen sind aufgebraucht, ich habe also auch theoretisch keine Möglichkeit. Insgesamt ist es in Ordnung für mich. Für mich ist die Therapie beendet. Ich wollte einfach nur gern wissen, wie es bei anderen erfolgt, um meinen Abschied besser einordnen zu können. Gehört zum meinem derzeitigen Verarbeitungsprozess irgendwie dazu. :)

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Shukria
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Beitrag Mo., 20.12.2021, 21:21

Wolkenbruch hat geschrieben: Ich habe mehrmals angesprochen, was ich mir wünsche. Ich hingegen war sogar emotionsvoll... Mehr konnte ich nicht tun. Die Sitzungen sind aufgebraucht, ich habe also auch theoretisch keine Möglichkeit. Insgesamt ist es in Ordnung für mich. Für mich ist die Therapie beendet. Ich wollte einfach nur gern wissen, wie es bei anderen erfolgt, um meinen Abschied besser einordnen zu können. Gehört zum meinem derzeitigen Verarbeitungsprozess irgendwie dazu. :)
Ich kann mir nicht vorstellen was du dir gewünscht hast, das ist sehr unkonkreter um mitzuüberlegen.

Aber von meinen Abschieden
Buch lesen, Tee trinken und Plätzchen essen
Kleines Geschenk
Ein Abschied liefs völlig verquer also im Streit auseinander und ich bin Monate später noch mal hin für eine Aussprache und habe mir mehr Zeit für den Abschied gewünscht und bekommen. Also das geht auch wenn die Therapie vorbei ist.
Emotional waren alle.

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Wolkenbruch
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Beitrag Mo., 20.12.2021, 22:30

Shukria hat geschrieben: Mo., 20.12.2021, 21:21 Ich kann mir nicht vorstellen was du dir gewünscht hast, das ist sehr unkonkreter um mitzuüberlegen.
Ich hätte gerne in den letzten Sitzungen meine Entwicklung reflektiert, über Ziele/Zielerreichungen und Veränderungen gesprochen, über noch bestehende Baustellen, über noch vorhandene Schwierigkeiten im Sein und Verhalten. Solche Sachen eben. Und auf emotionaler Ebene hatte ich zumindest ein wenig spürbare Wehmut beim Therapeuten erwartet. Leider musste ich eher ein "Ich bin sie endlich los" feststellen, obwohl wir wie gesagt zwischenzeitig und eigentlich auch zum Ende hin ein gutes Verhältnis hatten. Aber alles in Ordnung wirklich. Letzten Endes habe ich Abschied genommen von einer Person, die ich in keinster Weise kenne. Ich bin eben nur neugierig, wie das bei anderen so läuft und für die Einordnung eben.

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Gespensterkind
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Beitrag Di., 21.12.2021, 07:04

Das tut mir leid, dass es bei Dir nicht so war, wie Du es Dir gewünscht hättest. Ich glaube, gerade in der Abschiedssituation merkt man sehr stark, dass der Therapeut nur seine Arbeit macht. Und dass es nicht der Mensch an unserer Seite ist.
Hilfreich war für mich, dass ich das zum Abschiedszeitpunkt bereits verstanden hatte. Das Ende ging von mir aus weil ich umgezogen bin. Es war für mich aber auch der richtige Zeitpunkt. Ich brauchte meinen Thera nicht mehr so sehr. Deshalb auch ein unspektakulärer nüchterner Abschied. Das war für mich so stimmig. Ab und zu schreibe ich ihm noch mal kurz, er antwortet manchmal auch- aber es passt alles so.
Die Beziehung war zum Abschied bereits beendet, auch innerlich.
Lg

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Shukria
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Beitrag Di., 21.12.2021, 09:21

Wolkenbruch post hat geschrieben: Und auf emotionaler Ebene hatte ich zumindest ein wenig spürbare Wehmut beim Therapeuten erwartet. Leider musste ich eher ein "Ich bin sie endlich los" feststellen, obwohl wir wie gesagt zwischenzeitig und eigentlich auch zum Ende hin ein gutes Verhältnis hatten. Aber alles in Ordnung wirklich.
Das würde mich total verletzen wenn ich gar keine emotionale Berührung beim anderen spüren würde, immerhin hat man sich geöffnet und alleine das sollte schon gewertschätzt werden und berühren.

Bei allen Abschieden war bei meinem Gegenüber Wehmut spürbar, sogar bei dem wo es so krass Zoff gab und wir im Streit auseinander sind.

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MerleX
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Beitrag Di., 21.12.2021, 13:57

@Wolkenbruch: kann es sein, dass du die Echtheit deiner Therapieerfahrung am Grad der Emotionalität beim Abschied misst?
Wenn das so ist, dann kann ich dir anhand meiner „Lebenserfahrung“ sagen - das ist ein gaanz schlechter Gradmesser und ist viel eher Typsache (und ist manchmal auch einfach nur ein reingesteigertes Gefühl - auf beiden Seiten!). Emotionale Abschiede haben häufig auch ihre Ursache in der eigenen Erwartung (oder sogar in der Angst vor Abschieden). Es gibt gar nicht so wenige Menschen, die wollen Abschiede möglichst schnell hinter sich bringen

Ich hatte aufgrund meiner Mobilität schon viele Abschiede im Leben (also nicht-therapeutische Abschiede). Es gab nüchterne, herzliche, völlig überzogen emotionale mit viel Tränen…. Ich behaupte, es gibt keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen Tiefe der Beziehung, Qualität der Begegnung und der Emotionalität in der Abschiedssiituation. Selbst Tränen und Umarmungen sind kein „Beweis“ für irgendetwas.

Auf deine Abschiedsstunde bezogen - nicht der letzte Moment dieser Begegnung wäre da für mich ausschlaggebend, sondern die Summe der intensiven Erfahrungen. Alles andere ist „schade“ oder umgekehrt „ein schöner Abschluss“, mehr aber auch nicht.

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Wolkenbruch
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Beitrag Mi., 22.12.2021, 13:57

Wie unterschiedlich doch die Perspektive auf den Abschied ist... also eigentlich sehe ich es auch so wie Shukria. Andererseits gebe ich MerleX auch recht, man sollte es nicht an einem einzigen Augeblick bemessen. Und @Gespensterkind: wenn ihr noch weiterhin Kontakt danach hattet, wenn auch nur sehr wenig und kurz, so ist es ja doch kein endgültiger Abschied genau genommen.

Es spielen sicherlich viele Faktoren beim Abschied mit rein und letzten Endes ist das Abschiednehmen für Theras auch Routine. Und sie gehen vermutlich davon aus, von dem einen oder anderen doch noch was zu hören.

Wie dem auch sei. Igendwie hat auch Corona zu dieser Distanz geführt. Früher hatte man den Händedruck, man saß sich viel näher gegenüber. Da verliert sich einiges.

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chrysokoll
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Beitrag Mi., 22.12.2021, 14:06

vor allem muss man sich klar machen:
Ein Therapeut hat immer mehrere, viele Patienten und es ist für ihn der Job die zu behandeln.
Da geht einer und jemand neues kommt. Da ist ein Abschied nie in dieser Heftigkeit und Intensität wie für Patienten.

Mir fehlt tatsächlich der Händedruck, ich schüttel gerne die Hand!
Aber wir sitzen nicht weiter auseinander und ich kann sowieso den ganzen Raum nutzen.

Was für mich wirklich gar nicht geht ist allerdings Online-Therapie, das hatte ich zum Glück nur ein paar Stunden im ersten lockdown. Das ist für mich eine nicht mehr erträgliche Distanz, so vor dem Laptop

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Gespensterkind
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Beitrag Mi., 22.12.2021, 14:11

Also ich habe meinen Therapeuten einfach mal gefragt, ob wir uns nicht trotz Corona die Hand zur Verabschiedung geben können und er war damit einverstanden. Man kann sich danach auch die Hände desinfizieren ohne dass man sofort krank wird. Mir hat das nämlich auch echt gefehlt.

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