Kindliches Trauma? Permanente Angst und Gefühllosigkeit

Fragen und Erfahrungsaustausch zu Phobien, Zwängen, Panikattacken und verwandten Beschwerden.
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Vielfarbig
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Kindliches Trauma? Permanente Angst und Gefühllosigkeit

Beitrag Di., 28.12.2021, 13:16

Hallo

bin ganz neu im Forum - ich weiß einfach keinen Ausweg und bin am Ende. Ich wäre unendlich dankbar, wenn jemand seine Gedanken zu meiner Geschichte teilt.

Ich habe diesen Sommer die Oberstufe mit Matura abgeschlossen, doch die letzten 5 Jahre waren von permanentem Leid geprägt. Ich wollte nicht in diese Schule doch meine Eltern pochten darauf, dass ich dahingehe weil es dann gute Berufschancen gibt (Zudem fing ich schon ein Jahr früher als "normal" in der Volksschule an). Ich studiere jetzt das was ich will, und das fühlt sich merklich besser an.

Ich fühlte mich von Anfang an in der Oberstufe überfordert, fand keine richtigen Freunde und konnte nur unter großem Stress mithalten. Zu Hause hatte ich schlaflose Nächte, spürte die erforderliche Unterstützung und die Liebe der Eltern nicht (die waren oft auf Urlaub weg) und ich zerbrach innerlich. Ich vergleiche das oft mit einem Kleinkind, dass in einer Großstadt ausgesetzt wird und niemanden hat. Hier war ich dann auch schon in psychiatrischer und psychologischer Behandlung.

Ich hatte die Hoffnung, dass nach der Schule alles besser wird, doch das bewahrheitete sich nicht - es wurde sogar schlimmer. Mittlerweile bin ich am absoluten Tiefpunkt. Ich fühle nichts, weder Freude noch Liebe und schlafe fast gar nichts mehr. Habe ständig Bilder der Angst von früher im Kopf und ein beengtes Gefühl in der Brust. Eine Psychologin hatte die These, dass das ursprünglich alles auf ein kindliches Trauma zurückzuführen ist, wo ich möglicherweise mal vergessen wurde und das Alleinsein durch die Schule wieder hochgekommen ist. Auch eine medikamentöse Behandlung brachte nach 3-maliger Abänderung gar keinen Erfolg. Weiß jemand wie ich wieder gesund werden kann?

Ich möchte so gern heilen oder zumindest mal wieder Besserung verspüren, sonst weiß ich nicht wie es mit mir weitergeht, das zieht sich alles schon so lange hin...

Liebe Grüße an Euch

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Gespensterkind
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Beitrag Di., 28.12.2021, 15:07

Hallo Vielfarbig, schön, dass Du hier schreibst!
Du schreibst, dass es lange so ist, auch von Medikamenten und einer These einer Psychologin schreibst Du. Medikamente sind oft für sich allein nicht sehr hilfreich, sondern können allenfalls unterstützen. Hast Du denn jemanden, mit dem Du sprechen kannst? Wie kam es zu dieser Psychologin?
Es klingt nicht so, als ob es da jetzt eine schnelle Lösung gibt, weil es Dich ja auch schon so lange plagt. Wichtig ist meines Erachtens, darüber zu sprechen, wenn Du magst. Und dann zu schauen, was Du brauchst, damit es Dir besser geht. Oft braucht man dazu jemanden, der das ein bisschen neutraler von außen anschauen und Dir raten kann. Hast Du so jemanden?

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münchnerkindl
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Beitrag Di., 28.12.2021, 17:28

Vielfarbig hat geschrieben: Di., 28.12.2021, 13:16Eine Psychologin hatte die These, dass das ursprünglich alles auf ein kindliches Trauma zurückzuführen ist, wo ich möglicherweise mal vergessen wurde und das Alleinsein durch die Schule wieder hochgekommen ist. Auch eine medikamentöse Behandlung brachte nach 3-maliger Abänderung gar keinen Erfolg. Weiß jemand wie ich wieder gesund werden kann?


Solche Spekulationen sind eine ganz heisse Nummer. Bringen nichts und sorgen nur für noch mehr Unsicherheit. Und warum sollten jahrelanger Druck, Stress und Überforderung und dass dir deine Eltern das ohne jede emotionale Unterstützung aufgezwungen haben nicht alleine ausreichend sein für zB Depressionen oder eine Traumatisierung. Übrigens ist es oft so dass man halbwegs funktioniert so lange das Stresslevel hoch ist aber dann wenn es eigentlich besser wird zusammenklappt. Ist zB auch so dass bei Depressionen oft der Urlaub es noch verschlimmert. Dass du jetzt zusammenklappst und nichts mehr geht ist also nicht ungewöhnlich oder ein Zeichen für irgendein frühes Trauma oder sowas. Arbeits-Burnout kann sich exakt so manifestieren wie du es gerade erlebst.

Wenn das was aus der Ecke Derealisation/Deprsonalisation ist, dann ist klar, dass Medikamente dagegen nicht helfen. Dagegen gibt es keine Medikamente, wenn man zusätzlich noch depressiv ist könnte ein Antidepressivum helfen, aber generell sind Antidepressiva nichts was jedem Depressiven hilft. Es gibt genug da schlägt kein Medikament an.

Ich würde evtl zu einem für deine Symptomatik passenden psychohtherapeutischen Klinikaufenthalt suchen. Da gibt es dann auch Sachen wie Kunsttherapie, Bewegungstherapie, Körpertbherapie, Gruppen etc, ich denke ein Mal die Woche im Kopf "Blabla" hilft da nicht so wirklich, du brauchst was handfesteres, was dein ganzes Wesen, incl den Körper in einen Genesungsprozess einschliesst.

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Beitrag Fr., 31.12.2021, 10:53

Gespensterkind hat geschrieben: Di., 28.12.2021, 15:07 Hallo Vielfarbig, schön, dass Du hier schreibst!
Du schreibst, dass es lange so ist, auch von Medikamenten und einer These einer Psychologin schreibst Du. Medikamente sind oft für sich allein nicht sehr hilfreich, sondern können allenfalls unterstützen. Hast Du denn jemanden, mit dem Du sprechen kannst? Wie kam es zu dieser Psychologin?
.................
Danke für Deine Antwort! War schon etwa 3 Jahre bei einem Psychologen, aber merkte die letzten Monate das es keinen Fortschritt mehr gibt. Jetzt wechselte ich zu einer Psychologin und da fühl ich mich sehr wohl. Aber Sie kann mir halt auch nur Tools in die Hand geben die ich anwende. Ich denke ich brauch etwas umfangreicheres. Möchte auch in naher Zukunft den Arzt wechseln, brauche auf der Ebene auch einen neuen Input.

Am meisten spreche ich mit meinem Freund darüber, aber auch mit meinen Eltern in letzter Zeit. Ich möchte Sie halt nicht zu sehr belasten. Sie leiden eh genug durch mich und meine Wutausbrüche die ich ab und an habe weil ich teilweise keine Hoffnung mehr seh. Ist sicher der falsche Weg aber ich weiß sonst nicht wie ich meine Verzweiflung rauslassen soll..
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Beitrag Fr., 31.12.2021, 11:00

münchnerkindl hat geschrieben: Di., 28.12.2021, 17:28
Vielfarbig hat geschrieben: Di., 28.12.2021, 13:16Eine Psychologin hatte die These, dass das ursprünglich alles auf ein kindliches Trauma zurückzuführen ist, wo ich möglicherweise mal vergessen wurde und das Alleinsein durch die Schule wieder hochgekommen ist. Auch eine medikamentöse Behandlung brachte nach 3-maliger Abänderung gar keinen Erfolg. Weiß jemand wie ich wieder gesund werden kann?


Solche Spekulationen sind eine ganz heisse Nummer. Bringen nichts und sorgen nur für noch mehr Unsicherheit. Und warum sollten jahrelanger Druck, Stress und Überforderung und dass dir deine Eltern das ohne jede emotionale Unterstützung aufgezwungen haben nicht alleine ausreichend sein für zB Depressionen oder eine Traumatisierung. ...............

Danke auch für deine schnelle Antwort! So wie du das beschreibst klingt das alles sehr nachvollziehbar. Ich denke auch das die Behandlung mit Medikamenten der falsche Weg bei mir ist. Eventuell etwas Angstlösendes aber da hat bis jetzt nichts angeschlagen. Werde in naher Zukunft jetzt eh den Arzt wechseln, möchte nochmal das mich jemand ganz von Neuem durchcheckt.

Über Reha hab ich schon mal nachgedacht aber das klingt für mich alles so beängstigend. Ich möchte da grundsätzlich nicht hin. Ich weiß auch gar nicht was da alles auf mich zukommt. Aber wenn du von etwas Handfestem schreibst, ist das wohl der nächste Schritt, da hast du bestimmt recht. Sehr schwierig, aber werde mir darüber mal konkrete Gedanken machen.
Zuletzt geändert von Pauline am Sa., 08.01.2022, 06:18, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitrag Fr., 31.12.2021, 13:38

Was macht Dir Angst vor einer Reha? Und was für eine Therapierichtung machst Du denn? Wenn Du lediglich - wie Du schreibst - "Tools an die Hand bekommst" - erscheint mir das schon recht reduziert. Ich kenne das schon so, dass man auch viel darüber spricht, woher was kommt und was man selbst gerade braucht. Hast Du das Gefühl, dass Du mit Deiner Psychologin über all das gut sprechen kannst, was Dich belastet?

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Beitrag Mi., 05.01.2022, 09:27

Gespensterkind hat geschrieben: Fr., 31.12.2021, 13:38 Was macht Dir Angst vor einer Reha? Und was für eine Therapierichtung machst Du denn? Wenn Du lediglich - wie Du schreibst - "Tools an die Hand bekommst" - erscheint mir das schon recht reduziert. ............
Ganz generell die Stimmung in so einem Rehazentrum - Leute denen es genauso geht wie mir. Habe Angst dann noch mehr runter gezogen zu werden und was erzähl ich meinen Verwandten und Freunden wenn ich einige Zeit weg bin... Jetzt im Moment ist es so, dass ich auch ständig Ablenkung suche, ich möchte mich keine Sekunde nur mit mir beschäftigen weil meine innerliche Angst und Unruhe dann groß wird. Wie wird es dann dort sein?
Hm ja ich fühle mich bei meiner gegenwärtigen Psychologin sehr wohl und habe auch das Gefühl, dass ich ihr alles erzählen kann. Ich muss einfach etwas finden, dass meine negative Grundstimmung aus Angst und Unruhe vergeht. Manchmal äußert sich das in starken Aggressionsanfällen, wenn ich einfach verzweifelt und überfordert bin. Da belaste ich dann meine Eltern und meinen Freund sehr. Das muss ich auch in den Griff bekommen.
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Beitrag Mi., 05.01.2022, 15:13

Aber das ist doch schon mal gut, dass Du Dich bei Deiner Psychologin gut aufgehoben fühlst. Ich kann Dich gut verstehen - Dein Wunsch, sich mit ganz viel abzulenken, um die innerlichen Gefühle fern zu halten. Ein bisschen ist das Selbstschutz. Und wenn Du das im Moment so brauchst, dann ist es auch okay.
Aber vielleicht kannst Du ja in ganz kleinen Schritten und mit ganz viel Achtsamkeit mit Deiner Psychologin zusammen hin und wieder dort hinschauen, was Dir Angst macht? Ich glaube nämlich, dass es das braucht, damit man sich wirklich mit etwas auseinandersetzen kann.
Ich habe übrigens die Erfahrung gemacht, zumindest in psychosomatischen Kliniken, dass es dort anderen sehr ähnlich geht und niemand sich so richtig gern mit sich beschäftigt. Deshalb gibt es dort eben noch ganz viel anderes "Programm" - da kommt man dann über Umwege zu sich. Das ist auch keine schlechte Erfahrung...Ergo, Bewegungstherapie, Klangtherapie, Sandspiel etc. - es gibt so vieles. Manchmal ist das leichter und angstfreier. Manches davon kann man auch ambulant machen.

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Beitrag Mi., 05.01.2022, 16:09

Vielfarbig hat geschrieben: Mi., 05.01.2022, 09:27
Ganz generell die Stimmung in so einem Rehazentrum - Leute denen es genauso geht wie mir. Habe Angst dann noch mehr runter gezogen zu werden und was erzähl ich meinen Verwandten und Freunden wenn ich einige Zeit weg bin... ...........


Du gehst nicht in eine Akutpsychiatrie sondern in eine stationäre Psychotherapie. Da sind die allermeisten Leute schon so stabil dass da ein recht normales Miteinander möglich ist. Du kannst auf jeden Fall dort deine Probleme offen vor den anderen Patienten dort haben ohne dass dich irgendwer be- oder verurteilt damit. Das kann sehr entlastend sein dass du da nicht schauspielern musst. In solchen Kliniken findest du ganz normale Leute, den totalen Querschnitt durch die Bevölkerung. Die "Stimmung" da ist echt nicht das Problem.

Wie gesagt, die Therapieformen die du neben "Blabla" in einer Klinik bekommen kannst, Kunsttherapie, Entspannungsverfahren, Körpertherapie etc.
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Beitrag Sa., 08.01.2022, 01:25

Vielfarbig hat geschrieben: Mi., 05.01.2022, 09:27
Ganz generell die Stimmung in so einem Rehazentrum - Leute denen es genauso geht wie mir. Habe Angst dann noch mehr runter gezogen zu werden und was erzähl ich meinen Verwandten und Freunden wenn ich einige Zeit weg bin...
Hallo Vielfarbig,

deine Gedanken kann ich nachvollziehen. Für mich war der Gedanke eine psychosomatische Reha zu machen auch nie greifbar, obwohl ich innerlich wusste, dass das eine gute Möglichkeit wäre aus dem Trott heraus zu kommen, der einen immer wieder herunter zieht und engmaschiger an Themen zu arbeiten, was nicht heißen soll, das der Therapeut keine gute Arbeit leistet. Manchmal kommt man an den Punkt, an dem die Therapie gut läuft, aber das auch nicht ausreicht.

Ich hatte auch immer diese Gedanken im Kopf "Was erzähle ich meinen Verwandten? Wie kann ich das mit meiner Arbeit vereinbaren?" Ich bin gerade dabei diesen Gedanken Reha gar nicht mehr so weit von mir weg zu schieben und auch der Angst keinen großen Raum zu geben.
Ich versuche die Gedanken zuzulassen, dass es ein guter Schritt ist. Meine Kollegin war auch schon mehrfach in einer psychosomatischen Reha und berichtete, dass der Austausch untereinander eher bestärkt als runter zieht, denn du triffst auf Menschen, denen es so geht wie dir. Menschen, die ungefiltert schildern, wie es ihnen ergeht und vor allem Menschen, die dich nicht verurteilen. Sie empfand das als wertvollste therapeutische Handlung neben den weiteren, intensiveren Behandlungen. Es nahm ihr die Angst, dass sie mit ihren psychischen Problemen alleine auf der Welt sei.
Zuletzt geändert von Pauline am Sa., 08.01.2022, 06:20, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Absätze für bessere Lesbarkeit angebracht.
Sieht so aus als ob ich mich verliere-.. schon wieder.

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Beitrag Mi., 12.01.2022, 13:47

Vielen vielen Dank für Eure Antworten, das gibt mir dann alles doch wieder ein bisschen Hoffnung. Ich werde mit meiner Psychologin etwaige zusätzliche Therapieformen besprechen und mir überlegen welchen Schritt ich als nächstes gehen werde. Vielleicht ist eine Reha im Moment genau das richtige weil ich dort wie ihr sagt nicht alleine bin und auch nicht verurteilt werde.