Entthronung der Therapeutin

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Hasenmaus123
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 35
Beiträge: 213

Entthronung der Therapeutin

Beitrag Fr., 21.01.2022, 15:34

Hallo zusammen,

viel habe ich hier mitgelesen und geschrieben, wenn es um die Liebe zum Therapeuten geht.

Selbst war ich sehr verliebt und wollte am liebsten in sie hineinkriechen. Nun ist es passiert, ich habe mich entliebt. Wie ist das passiert?

Ich glaube, die Therapie hat mich so stark gemacht, dass ich einigermaßen ohne sie klar komme, zumindest was die Liebe betrifft.

Nun zum Problem
Es ist total komisch, sie nicht mehr zu verehren. Klar, ich liebe mich nun selbst mehr und stelle dadurch fest, dass sie ein ganz normaler Mensch mit auch komischen oder abstoßenden Seiten ist. Irgendwie finde ich es aber schwierig, dies mit ihr zu besprechen. Ich kann ja schlecht sagen, „he, ich liebe sie nicht mehr“… Außerdem glaube ich, dass sie nicht weiß, dass ich so lange in sie verliebt war, obwohl ich das mal thematisiert habe.

Nachdem ich noch weitere Baustellen habe, geht die Therapie noch weiter.

Hat jemand Erfahrungen im Abnabeln?

Lg

Werbung

Benutzeravatar

Philosophia
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
anderes/other, 39
Beiträge: 4614

Beitrag Fr., 21.01.2022, 15:44

Hallo, liebe Hasenmaus123, aber wahre Liebe ist auch die abstoßenden Seiten zu sehen. Verehrung und Verliebtsein haben nicht viel mit Liebe zu tun. Du bist jetzt vermutlich eher an Liebe dran als vorher ;-). Ich denke, dass sich deine Therapeutin freuen wird, wenn du sie nicht mehr vereehrst und idealisierst - denn in in einer gesunden (auch therapeutischen) Beziehung möchte man doch gar nicht, dass der ander immer nur zu einem aufschaut, oder?
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Hasenmaus123
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 35
Beiträge: 213

Beitrag Fr., 21.01.2022, 15:50

Stimmt, in einer Beziehung ist es gut, wenn man auf Augenhöhe ist.

Ich empfinde für sie aber keine Liebe. Es ist Dankbarkeit für das, was sie für mich getan hat. Ansonsten bin ich ziemlich rebellisch.

Benutzeravatar

Philosophia
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
anderes/other, 39
Beiträge: 4614

Beitrag Fr., 21.01.2022, 15:58

Na ok, das ist ja auch nicht schlimm - vielleicht befindest du dich gerade in so was wie einer Pubertät?
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

Werbung

Benutzeravatar

münchnerkindl
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 38
Beiträge: 9547

Beitrag Fr., 21.01.2022, 21:46

War das wirklich Liebe und nicht starkes Idealisieren.

Ich tu mich immer schwer so abhängig-bedürftig-klebrige Gefühle mit dem Begriff Liebe zu benennen.

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Hasenmaus123
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 35
Beiträge: 213

Beitrag Sa., 22.01.2022, 07:34

Ich glaube, es stimmt beides.

@ Philio: Pubertät kling passend und macht auch großen Sinn!
@MK: ja, es war wohl keine Liebe, sondern starkes idealisieren. Es hat sich aber immer wie Liebe angefühlt.

Benutzeravatar

münchnerkindl
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 38
Beiträge: 9547

Beitrag Sa., 22.01.2022, 10:01

Bei Emotionen ist klar, dass sie nie ewig "anhalten". Wenn man eine Emotion hat vergeht die nach einer Zeit wieder. So wie man wenn man wütend wird ja auch die Wut nicht ewig anhält (wenn man über lange Zeit Wut hat liegt das daran dass man sie immer wieder neu erzeugt dadurch dass man sich den Wutanlas immer wieder mental vor Augen führt)

Also ja, ganz normaler Effekt.

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Hasenmaus123
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 35
Beiträge: 213

Beitrag Sa., 22.01.2022, 17:10

Die Liebe zu meiner Familie, zB. ist keine „Emotion“ so wie du es gegenüber der Thera nennst und vergeht daher nicht… schlechter Vergleich also

Benutzeravatar

Philosophia
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
anderes/other, 39
Beiträge: 4614

Beitrag Sa., 22.01.2022, 17:12

Liebe ist vielleicht auch keine Emotion in dem Sinne - es ist mehr. Liebe ist auch eine wohlwollende Haltung dem anderen gegenüber und zeigt sich nicht nur das Gefühl der Zuneigung, sondern auch durch die Taten und den Umgang.
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

Benutzeravatar

Philosophia
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
anderes/other, 39
Beiträge: 4614

Beitrag Sa., 22.01.2022, 17:14

Wie dem auch sei - du wirst erwachsen in deiner Therapie, das ist schön! Denn wer will schon ewig regressiv idealisieren?
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Hasenmaus123
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 35
Beiträge: 213

Beitrag Sa., 22.01.2022, 18:37

Das Anschmachten war teilweise echt hart. Ständig ein Auf und Ab. Die neue Lage des erwachsen seins ist total komisch und verunsichert mich.

Momentan habe ich, wie geschrieben, nicht das Gefühl, dies mit ihr besprechen zu können. Oder fällt jemandem eine gute Alternative zu „he, ich liebe Sie nicht mehr“ ein?

Das was ich nie erwartet hätte, ist jetzt Realität und so groß der Erfolg für mich ist so schwer ist es auch wieder…

Benutzeravatar

münchnerkindl
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 38
Beiträge: 9547

Beitrag Sa., 22.01.2022, 18:40

Hasenmaus123 hat geschrieben: Sa., 22.01.2022, 17:10 Die Liebe zu meiner Familie, zB. ist keine „Emotion“ so wie du es gegenüber der Thera nennst und vergeht daher nicht… schlechter Vergleich also

Auch Familienmitglieder kann man irgendwann hassen statt lieben. Liebe zu Familienangehörigen ist auch nicht zwingend dauerhaft. Ich habe gehört Todesfälle und dann auftretendes Hauen und Stechen um das Erbe wenn die Leiche noch nicht kalt ist dürfte da recht effektiv sein.

Benutzeravatar

Koala141
sporadischer Gast
sporadischer Gast
anderes/other, 30
Beiträge: 23

Beitrag Sa., 22.01.2022, 19:06

Du könntest ansprechen, dass sich eure Beziehung verändert hat? Und sie fragen, ob ihr das auch aufgefallen sei. Du könntest sagen, dass dir aufgefallen sei, dass du stärker seist (und, falls du Angst vor sofortigem Therapieende durch Ansprechen von Stärke hast, ja gleich hinterherschicken, dass du das mit Vorbehalt sagst wegen ebendieser Angst.)

Ich finde es schön, dass du es merkst.
Nur zu oft liest man hier von nicht aufgelösten Übertragungen. Sie wird es auch als eigenen Erfolg verbuchen können :-D
Zuletzt geändert von Koala141 am Sa., 22.01.2022, 19:10, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar

Philosophia
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
anderes/other, 39
Beiträge: 4614

Beitrag Sa., 22.01.2022, 19:07

Na ja, wie gesagt, ob du sie je geliebt hast, ist ja auch so überhaupt die Frage. Du kannst doch sagen: "Ich himmle Sie nicht mehr an." Wenn sie eine gute Therapeutin ist, dürfte sie sich sehr darüber freuen, weil das ein Fortschritt ist. Die Analytikerin von mir hasst es, wenn sie idealisiert wird. Oder nur gelobt wird.
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

Benutzeravatar

Thread-EröffnerIn
Hasenmaus123
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 35
Beiträge: 213

Beitrag Sa., 22.01.2022, 19:18

Ihr seid wirklich eine große Hilfe.
Angst vor dem Ende der Therapie habe ich nicht. Wir beide wissen, dass es noch ein weiter Weg ist.

Ich nenne es einfach mal „Liebe“, auch wenn es keine war. Eine Alternative fällt mir nicht ein. Meine Thera hasst es auch, angehimmelt zu werden, ich gehe davon aus, dass sie froh darüber ist, weil es ja ein Fortschritt ist, den ich mit ihrer Hilfe geschafft habe.

Vor einiger Zeit hat sie mal gesagt, dass wir es schaffen müssen, dass wir beide auf Augenhöhe kommen. Ich könnte ihr sagen, dass ich mich der Augenhöhe annähere. Ob ich sie schon ganz erreicht habe, ist schwer einzuschätzen und vermutlich auch tagesabhängig.

Es fühlt sich so an, als ob ich einen wichtigen Menschen verloren habe. Vom Kopf her weiß ich, dass das nicht stimmt. Außerdem war sie vorher meine Therapeutin und jetzt ist sie es auch noch. Meine Mama, etc. war sie ja nie, auch wenn ich es mir so gewünscht hätte. Sie ist jetzt einfach ein normaler Mensch und kein göttliches Wesen mehr… das schmerzt.

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag