Therapie zu Ende - und nun?

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Stikelbarge
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Therapie zu Ende - und nun?

Beitrag Mo., 24.04.2023, 19:44

Hallo zusammen,

Meine Therapie ist nun zu Ende und ich glaube, es geht mir schlechter als vorher. Damit möchte ich nicht sagen, dass das an der Therapie liegt.
Es ist nicht so, als ob es mir erst jetzt nach Ende so geht. Eigentlich ist es schon monatelang so. Vielleicht wollte ich es mir nicht richtig eingestehen und ansprechen konnte ich es sowieso nicht.
Ich weiß nicht, warum ich hier erst nach Ende der Therapie nun schreibe. Eigentlich macht es für mich keinen Unterschied. Vielleicht habe ich noch auf irgendetwas gehofft?
Die Therapeutin fragte auch in der letzten Stunde, wie der Gedanke für mich sei, nicht mehr dort hin zu kommen. Und ich dachte mir in dem Moment, dass es mir eigentlich egal ist. Jetzt inzwischen vielleicht sogar ein bisschen wie befreit.
Aber es geht mir nicht gut. Ich weiß nicht, was ich tun soll und in meinem Kopf ist auch ein ziemliches Durcheinander.
Vielleicht fühle ich es auch nur mehr als damals vor der Therapie? So ganz weiß ich gar nicht mehr, wie es mir wirklich ging vorher, es ist so lange her. Rede ich mir jetzt nur was ein?
Aber auch dann, wie gehe ich damit um? Ist das nicht auch etwas, was ich in der Therapie hätte lernen können? Oder war die Therapieform nicht das Richtige für mich? Ich hätte mir gewünscht, mich irgendwie vielleicht ein bisschen aufgefangen zu fühlen, nicht so allein mit allem, oder so etwas. Aber letztlich steht man auch mit Therapie ja alleine da, tun muss ich selbst, aber ich weiß einfach nicht was und wie.

Ich weiß nicht so recht, was eigentlich meine Frage ist, aber ich schicke es jetzt mal so ab, vielleicht hilft schreiben ja auch, das Durcheinander ein wenig zu sortieren.

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Tobe
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Beitrag Mo., 24.04.2023, 19:50

Weshalb warst Du in Therapie?
Damit meine ich, welche Therapieziele hattest Du und wurden die denn erreicht?

L.G. Tobe
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Stikelbarge
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Beitrag Mo., 24.04.2023, 20:06

wow, dank dir für deine schnelle Antwort!

Das kann ich gar nicht wirklich beantworten. Ich hatte schon ganz lange den Gedanken, mal zu einem Therapeuten zu gehen, konnte aber nie so richtig benennen warum. Denn Essstörung, SVV, etc. hatte ich von allein schon soweit überwunden. Also ging ich dann mehr oder weniger "für meinen Freund", also nahm es als Aufhänger, dass ich nicht die gleichen körperlichen Bedürfnisse habe, wie er, um es hier mal zu umschreiben.
Ich bin damals zu 2 Sprechstundenterminen bei einer anderen Therapeutin gewesen und die wusste auch nicht so recht, was sie als Diagnose aufschreiben soll, meinte aber, dass definitiv Bedarf besteht. Also schrieb sie etwas bezüglich Sexualität (ich weiß den Wortlaut nicht mehr) und Anpassungsstörung. Diese Therapeutin hatte keinen Therapieplatz also erklärte ich es der Nächsten auch so und letztlich war Sexualität nur selten überhaupt Thema.

Also weiß ich jetzt gar nicht so genau, was für welche Therapieziele sich daraus ergeben?

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chrysokoll
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Beitrag Mo., 24.04.2023, 20:11

Stikelbarge hat geschrieben: Mo., 24.04.2023, 20:06
Also weiß ich jetzt gar nicht so genau, was für welche Therapieziele sich daraus ergeben?
die Therapieziele müsstest du ja zunächst mal für dich finden und festlegen. Dann auch zusammen mit der Therapeutin. Aber du wirst ja Gründe gehabt haben in Therapie zu gehen, oder war das wirklich nur "für den Freund" ?

Was für eine Therapieform war das denn, wie viele Stunden hattest du und wie lange ist die letzte Stunde her ?

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Tobe
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Beitrag Mo., 24.04.2023, 20:19

Es kann sein, daß wenn natürlich die eigentlichen Probleme gar nicht bearbeitet wurden sind, Du auch quasi nichts wirklich mitnehmen kannst aus dieser “Therapie“...
Du stehst somit am selben Punkt wie vor der Therapie.

Da wundert es mich wenig, daß Du nun so überhaupt keine Orientierung hast, was Du nun machen möchtest oder solltest.
Auch ist es nicht so erfolgversprechend, wenn Du eigentlich “nur“ wegen Deinem Freund zur Therapie gegangen bist.

Die Essstörung und SVV sind ja auch nur Symptome, bzw. “Ersatzhandlungen“, die tiefgründige Ursachen haben.
Da frage ich mich natürlich auch, was habt ihr denn die Ganze Therapie über bearbeitet?

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Beitrag Mo., 24.04.2023, 20:45

Damals konnte ich die Gründe nicht benennen. Es ging mir nicht gut, ich funktionierte zwar meistens, aber fühlte mich immer fehl am Platze und anders. Ich hatte jahrelang überlegt, ob ich mal mit einem Therapeuten spreche. Hatte mir auch ein paar mal einen Anrufbeantworter angehört. Aber da ich es nie benennen konnte, hab ich es erst gemacht, als es bezüglich Sexualität zu schwierig wurde. Deshalb schrieb ich „für meinen Freund“ es war mein Aufhänger, etwas das ich benennen konnte und etwas, was ich wollte, dass es besser wird. „Nur für mich“ hätte ich wahrscheinlich niemals einen Therapeuten kontaktiert. Meine Ansicht war, dass ja etwas mit mir falsch ist, also gehe ich zum Therapeuten, um „normal“ zu werden bezüglich körperliche Nähe.
Ich glaube, das habe ich tatsächlich so naiv gesehen.

Mit der Therapeutin habe ich allerdings nie über die Diagnose weiter gesprochen außer in der ersten Stunde und auch über konkrete Ziele nie, glaube ich.

Es war tiefenpsychologisch fundiert und es gab eine Verlängerung, also müssten es 50 Stunden gewesen sein, oder? Könnte auch hin kommen, ich habe im Mai 2018 angefangen und hatte letzte Woche den letzten Termin.

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chrysokoll
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Beitrag Mo., 24.04.2023, 20:51

stimmen diese Zahlen? Du hattest 50 Stunden in fünf Jahren ??
Also zehn pro Jahr?? Das ist ja eigentlich keine Therapie, sondern nur gelegentliche stützende Gespräche.

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Beitrag Mo., 24.04.2023, 20:56

Oh, entschuldige Tobe, deine Antwort hatte ich noch nicht gesehen.
Ja, tatsächlich hatte ich gerade kurz den Gedanken, dass ich nicht so viel weiter bin eigentlich....
Aber doch, schon. Ich verstehe etliche Dinge jetzt schon besser. Allerdings würde ich sagen, dafür hätten mir vielleicht auch die ersten 25 Stunden schon gereicht. Denn die meisten alltäglichen Schwierigkeiten lassen sich irgendwo darauf zurück führen. Deswegen habe ich auch das Gefühl gehabt, dass es irgendwie nicht voran geht, auch weil ich oft die gleichen Sachen wieder erzählen musste und sie getan hat, als hätte ich es nie zuvor erzählt. Deswegen kann ich nicht wirklich beantworten, was wir bearbeitet haben. Es fehlte mir auch soetwas wie ein roter Faden.
Konkrete Therapieziele wären soetwas vielleicht gewesen...

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Beitrag Mo., 24.04.2023, 20:59

chrysokoll hat geschrieben: Mo., 24.04.2023, 20:51 stimmen diese Zahlen? Du hattest 50 Stunden in fünf Jahren ??
Also zehn pro Jahr?? Das ist ja eigentlich keine Therapie, sondern nur gelegentliche stützende Gespräche.
ja, es war einmal im Monat. selten mal 2 Wochen Abstand. Dafür aber auch manche Monate nicht. Sie hatte nur Termine an Samstagen, deswegen hatte sie manche Monate lang keinen freien Termin.

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chrysokoll
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Beitrag Mo., 24.04.2023, 21:08

das ist sehr sehr wenig und eigentlich auch keine Therapie. Es ist sehr klar dass da für dich wenig bis nichts herauskommen konnte.

Kannst du dir vorstellen nochmal eine Therapie zu machen?

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Beitrag Mo., 24.04.2023, 21:53

chrysokoll hat geschrieben: Mo., 24.04.2023, 21:08 Kannst du dir vorstellen nochmal eine Therapie zu machen?
Ich hatte den Gedanken schon, ja, weil ich glaube ich schon Hilfe brauche. Aber bis eben dachte ich, dass es sinnlos wäre, weil ich es ja schon in dieser Therapie nicht geschafft habe.
Aber durch deine Antwort und das Lesen in diesem Forum beschleicht mich das Gefühl, dass ich schon lange, lange hätte abbrechen sollen und ich so viel Zeit einfach verschwendet habe.

Ergibt auch gerade total Sinn… Bindung und überhaupt Beziehungen sind Kernthema, denke ich. Und dann hab ich die ganze Zeit ne Therapie gemacht, wo genau das überhaupt nicht „ausprobierbar“ war. Das Gefühl mit allem allein zu sein… Das wurde tatsächlich sogar verstärkt durch diese Therapie.
Ich halte Distanz zu jedem und dann hab ich so eine distanzierte Therapie, wo ich mich auch nicht getraut habe, meine Maske fallen zu lassen. Wie soll sie es verstehen, wenn ich immer so aussehe, als ginge es mir gut? Klar habe ich die Dinge benannt, und wir konnten sie auch besprechen, aber ich war zum Beispiel nicht ein einziges Mal emotional.

Ich erinnere mich an eine Stunde, wo ich mich endlich getraut hatte, ihr das erst Mal -meiner Meinung nach- deutlich zu sagen, dass es mir nicht gut geht und dass mir alles zu viel ist und ich nicht weiter weiß und keine Motivation zu nichts habe. Darauf hin meinte sie, dass es mir ja aber auch irgendwann mal besser gehen müsse.
Das habe ich wie einen Vorwurf verstanden und mich erst recht nicht mehr getraut zu sagen, dass es mir nicht gut geht.
Als ich dann auch noch wieder einen Termin bekommen habe, der 2 Monate hin war, habe ich geheult, als ich dort raus war.
Das war das einzige Mal.
Ich war kurz davor, noch einmal rein zu gehen und nach einem früheren Termin zu fragen, aber dann hab ich mich gefragt, was das bringen soll. Ich hab mich gefragt, was ein Termin bringen soll, da es mir eh nicht helfen würde. Und fühlte mich noch ehlendiger allein und überfordert.
Spätestens da hätte ich abbrechen sollen.

Ich fühle mich gerade so dumm. Ich hätte Ziele festlegen sollen, mit ihr über sowas sprechen sollen, vielleicht wäre es mir früher schon mal aufgefallen dann. Hab vorher noch nie Therapie gemacht, daher wusste ich gar nicht, wie das eigentlich läuft. So viele Sachen fallen mir gerade auf. Gespiegelt hat sie mich nur ein einziges Mal, dabei wäre das ziemlich wichtig für mich. Die Male, wo ich das Gefühl hatte, dass sie gleich einschläft… Metakommunikation gab es nie. Wir haben am Anfang nicht einmal darüber gesprochen, ob ich die Therapie überhaupt bei ihr machen möchte. Ich bekam gleich beim 2. Termin die Zettel für die Beantragung in die Hand gedrückt und hab halt nicht widersprochen, weil ich mir dachte, dass ich froh sein kann, dass ich bei ihr scheinbar einen Platz bekommen kann.

Uff… ja, ihr habt mir geholfen, ein bisschen zu sortieren. Vielen, vielen Dank :heart:
Und gleichzeitig muss ich es erst einmal sacken lassen… noch mal Therapie?
Und kann ich das überhaupt gleich wieder einfach so?

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Tobe
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Beitrag Di., 25.04.2023, 03:52

Hallo Stikelbarge,

eine tiefenpsychologisch fundierte Therapie läuft normalerweise mit 1-2 Stunden pro Woche ab und nicht wie bei Dir 1 Stunde im Monat. Da kann meiner Meinung nach keine Therapie, egal welche Form, irgendetwas bewirken. Mal davon abgesehen, wenn die eigentlichen Probleme gar nicht besprochen werden.

Bei mir schleicht sich auch gerade der Verdacht ein, ob dies überhaupt eine Psychotherapeutin mit einer Kassenzulassung war? Professionell klingt dies, was Du schilderst jedenfalls nicht.
Hattest Du jemals einen Antrag für die Krankenkasse unterschrieben?
Und auch von Deiner Krankenkasse ein Bewilligungsschreiben erhalten?

Ich kann Dir, sofern Du es nochmal versuchen willst, ebenfalls nur anraten nochmal eine Therapie auszuprobieren. Du wirst dann, sofern dies über Deine Krankenkasse lief, vermutlich nicht um ein Verfahrenswechsel drumherum kommen.
Aber dies macht natürlich nur dann wirklich Sinn, wenn die eigentlichen Themen auch auf den Tisch kommen. Ich habe diesbezüglich auch eine “Vorahnung“ (ein Gefühl) worum es sich dabei handeln könnte. Und keine Angst, man wird da nicht gezwungen ins Detail zu gehen. Nur soviel wie man möchte und kann.

Du hast vermutlich mittlerweile auch eine eigene Vermutung, was bei Dir Deine Probleme auslöst, bzw. verursacht haben könnte. Aber es kann sich eben auch nur verändern, bzw. verbessern, wenn man diese (alten) Erlebnisse verarbeitet hat und nicht einfach verdrängt.

Und nein, Du bist nicht dumm...
Du bist genauso unvorbereitet in die Therapie hinein gestolpert wie ich. ;)
Nur hatte ich das Glück, daß ich an einen Therapeuten geriet, der mich in die richtige Richtung geschubst hat und auch nicht nachgibt oder aufgibt, wenn ich mal wieder stehenbleibe.
Es versteht sich glaube ich von selbst, daß dies auch nur behutsam durch einen Therapeuten geschehen darf und man nicht unter massiven Druck gerät.

Grundsätzlich gilt bei jeder Therapie, je mehr Dein(e) Therapeut(in) über Dich weiß, desto besser kann er/sie Dir helfen. Wenn Du so schwerwiegende Probleme, oder auch Erlebnisse verschweigst, wird eine Therapie nicht sehr erfolgversprechend ablaufen können.
Und nein, man muß nicht gleich mit der Türe ins Hausfallen, aber zumindest Andeutungen in der Richtung, sollten schon relativ früh auf den Tisch, damit der Therapeut zumindest weiß, da gibt es noch mehr. Ohne sich dem Therapeuten zu öffnen, wird dies nicht funktionieren.

Ich weiß selber wie schwierig dies ist und ich habe auch so meine Probleme damit.
Aber man kann dies auch in kleinen Schritten angehen, je nach dem wie viel Vertrauen man schon zum Therapeuten hat. Und schämen braucht man sich auch nicht vor dem Therapeuten, oder der Therapeutin. Ich weiß, ist leichter gesagt, als getan.
Aber glaube mir, Therapeuten haben sehr viel schon von Menschen gehört und nahezu nichts dürfte ihnen neu sein. Du bist mit Sicherheit nicht die Einzige mit diesen Problemen.

Wie schon gesagt, ich kann Dir nur nahelegen, es noch mal mit einer Therapie zu versuchen, wenn Du etwas verändern willst.
Viele haben so wie Du in der ersten Therapie leider einen “Misserfolg“ zu verbuchen. Nimm dies einfach als eine Erfahrung und gib nicht auf.

Ich habe selber vor sehr langer Zeit (ca. 25-29 Jahren), schon 3 mal einen Versuch gestartet und merkte aber, das ich mich absolut nicht auf mein Gegenüber einlassen konnte, so daß ich dies jedes mal nach wenigen Stunden (also unter 5) abgebrochen habe. So kam es auch nie dazu, daß ich früher mal einen Antrag unterschrieben habe. Deshalb erwähne ich diese Versuche eigentlich erst gar nicht.

Mache Dir vor einem nächsten Versuch noch mal Gedanken, was Du erreichen/verändern möchtest (Therapieziele). Vielleicht schreibst Du Dir dies auch einfach mal auf einem Zettel auf in Stichpunkten, nur für Dich.
Und dann überlegst Du Dir,...
“könnte ich meine Probleme auch ansprechen (ggf. auch schriftlich), oder zumindest Andeutungen machen“
“könnte ich mich in kleinen Schritten öffnen, wenn das Vertrauen zum Therapeuten wächst und passt“

Und keine Sorge, wenn die Chemie stimmt, kommt das Vertrauen auch in kleinen Schritten.
Ich glaube Niemand hat von Anfang an, das Vertrauen seinem Therapeuten alles wichtige zu erzählen. Das wächst aber mit der Zeit und den Erfahrungen, die man mit seinem Therapeuten macht. Das ist quasi so eine Art Herantasten und schauen, wie er/sie darauf reagiert.
Mein Therapeut würdigt diese kleinen Vertrauens- und Öffnungsschritte bei mir.
Und auch wenn dies vielleicht im ersten Moment lächerlich klingt, oder sich auch so anfühlt, hilft mir dies sehr. Er gibt mir damit das Gefühl, daß er versteht, wie schwierig für mich diese kleinen Schritte sind und ich denke mittlerweile sogar, daß er dies wirklich nachempfinden kann.

Sorry für diesen langen Text, aber mir war dies jetzt ein Bedürfnis.
Auch um Dir die Hoffnung zu geben nicht aufzugeben und das es auch anders laufen kann.

L.G. Tobe
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Beitrag Di., 25.04.2023, 13:33

Nein, bitte entschuldige dich doch nicht. Im Gegenteil, ich sage: Danke!

Ja, so einen Antrag hab ich für die KK unterschrieben und bin mir auch ziemlich sicher, dass ich einen Brief bekommen hatte.
Aber sehe auch so einen Unterschied zu wie es hätte sein sollen, nachdem was ich hier nun so gelesen habe und ja, es weckt die Hoffnung, dass eine weitere Therapie helfen könnte und es nicht alles meine Schuld ist, weil ich diese nicht ausreichend genutzt habe.
Gleichzeitig hab ich aber auch das Gefühl, dass ich übertreibe, denn es gibt gar nicht so krasse Erlebnisse oder so.
Ich weiß nicht so wirklich, was die Probleme eigentlich auslöst. Ja, es war nicht alles optimal in meiner Kindheit, aber eben auch nicht so schlimm. Nein, ich idealisiere meine Eltern nicht mehr und trotzdem finde ich, dass es nicht so schlimm war. Kann ja nicht einmal wirklich etwas benennen. Und ja, mein Verhalten lässt sich schon daraus erklären, meiner Meinung nach, aber es ist jetzt nunmal auch nicht so unnormal, dass Kindheiten nicht perfekt sind. Daher frage ich mich auch, warum ich so ein Problem draus machen muss. Andere haben viel Schlimmeres erlebt und kommen besser klar.

Zwischendurch hab ich schon den Gedanken, dass ich vielleicht eine leichte depressive Phase habe, aber denke dann, dass ich es überbewerte und auch allgemein, wenn es wirklich „so schlimm“ wäre, dann hätte die Therapeutin doch auch sicherlich irgendwas gesagt und nicht nur „ein schönes Leben noch“, oder? Also ich habe ihr in der letzten Stunde auch noch mal gesagt, was ich noch so alles als Baustellen sehe.

Habe schon alles Relevante angesprochen in der Therapie, denk ich. Das fällt mir gar nicht so sehr schwer, da ich nicht so den Zugang zu meinen Gefühlen habe. Was ich gestern meinte war, dass ich den Eindruck hatte, dass sie gar nicht verstanden hat, dass es mir zu der Zeit nicht gut ging. Das wäre nicht verwunderlich, da ich es so gut wie nie zeige und meist auch nicht deutlich sage. Daher nahm ich mir vor, es wirklich klar zu sagen. Was ich meiner Meinung nach dann auch das erste Mal richtig deutlich tat. Aber vielleicht war es immer noch nicht deutlich, wie verzweifelt ich da eigentlich war. Ihre Reaktion überraschte mich jedenfalls und ich hab mich nicht mehr getraut zu sagen, wie es mir geht. (was ich sowieso nur selten wirklich beantworten kann)

Ich habe aber nichts aus meinem Leben verschwiegen, was irgendwie mit dem zu tun hatte, worüber wir gesprochen haben. Auch wenn das Vertrauen nicht so vorhanden war und mich ihre Reaktionen teilweise abgeschreckt haben, habe ich erzählt, denn ich wollte und will ja an mir arbeiten.
Vielleicht ist es sogar schwieriger mit dem Erzählen, wenn das Vertrauen größer ist?
Tobe hat geschrieben: Di., 25.04.2023, 03:52“könnte ich meine Probleme auch ansprechen (ggf. auch schriftlich), oder zumindest Andeutungen machen“
“könnte ich mich in kleinen Schritten öffnen, wenn das Vertrauen zum Therapeuten wächst und passt“
Ja ich will :lol:

Mit den Therapiezielen fällt mir schwer, sehe so viele Baustellen, aber bin halt auch nicht objektiv. Und sowas wie Menschen mehr an mich ran lassen oder Motivation fürs Leben bekommen sind eher schwierig als Therapieziel, oder? Bin mir auch unsicher, ob ich nicht vielleicht auch einfach unrealistische Vorstellungen davon habe. Mit den Emotionen auch zum Beispiel: Erinnere mich daran, dass ich als junge Erwachsene oder auch in der Pubertät richtig gefühlt habe, also sehe da einen Unterschied zu jetzt. Als ich das der Therapeutin erzählte, meinte sie, dass ich wieder so fühlen wolle wie ein Kind. Ich habe nicht den Eindruck, dass es das ist, aber bin mir jetzt unsicher, ob ich da nicht einfach Maßstäbe habe, die ich gar nicht erreichen kann (oder sollte).
Tobe hat geschrieben: Di., 25.04.2023, 03:52Nur hatte ich das Glück, daß ich an einen Therapeuten geriet, der mich in die richtige Richtung geschubst hat und auch nicht nachgibt oder aufgibt, wenn ich mal wieder stehenbleibe.
Es versteht sich glaube ich von selbst, daß dies auch nur behutsam durch einen Therapeuten geschehen darf und man nicht unter massiven Druck gerät.
[…]
Mein Therapeut würdigt diese kleinen Vertrauens- und Öffnungsschritte bei mir.
Und auch wenn dies vielleicht im ersten Moment lächerlich klingt, oder sich auch so anfühlt, hilft mir dies sehr. Er gibt mir damit das Gefühl, daß er versteht, wie schwierig für mich diese kleinen Schritte sind und ich denke mittlerweile sogar, daß er dies wirklich nachempfinden kann.
Das klingt richtig gut.

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Beitrag Di., 25.04.2023, 13:34

Tobe hat geschrieben: Di., 25.04.2023, 03:52Ich kann Dir, sofern Du es nochmal versuchen willst, ebenfalls nur anraten nochmal eine Therapie auszuprobieren. Du wirst dann, sofern dies über Deine Krankenkasse lief, vermutlich nicht um ein Verfahrenswechsel drumherum kommen.
Also bleiben Analyse und VT, richtig?
Muss man denn bei Analyse wirklich die ganze Zeit von sich aus irgendwas erzählen? Das kann ich nämlich so gar nicht, also nicht ohne Impulse. Die Couch gibt’s heutzutage nicht mehr so, oder? Bei Analyse geht’s auch um die Identitätsentwicklung, oder? Das wäre dann vielleicht gar nicht so schlecht.
Und wie ist VT? Habe schon etwas gelesen, kann mir da aber immer noch nicht wirklich etwas drunter vorstellen.
Letztendlich habe ich aber wahrscheinlich eh keine wirkliche Wahl, wohne sehr ländlich.

Was mir auch gerade die ganze Zeit im Kopf umher geht:
Hatte damals die Chance, noch bei einer anderen Therapeutin in absehbarer Zeit einen Platz zu bekommen, aber zum einen war die direkt vor dem Fenster meines Arbeitgebers und zum anderen empfahl sie mir sofort bei dem Gespräch in eine Klinik zu gehen. Das hatte mich so abgeschreckt, weil es für mich so war nach dem Motto „so schlimm ist es nun auch nicht“ und zum anderen wollte ich meinem Umfeld nicht erklären, wo ich so lange hin gehe.
Das habe ich die letzten Jahre schon so manches Mal bereut aber nun noch um so mehr.

Jetzt hab ich’s übertrieben mit der Länge :red:
Entschuldigung,
Ich bin so zwiegespalten.

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Tobe
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Beitrag Di., 25.04.2023, 14:34

Hallo Stikelbarge,

es kann dennoch sein, daß in Deiner Kindheit nicht so offensichtliche Dinge passiert sind, die aber dennoch massive Auswirkungen auf Dein späteres eigenes Bildungsverhalten Auswirkungen haben kann. Z.B. Entwicklungstrauma oder emotionale Vernachlässigung. Nur um mal zwei Beispiele zu nennen. Dies ist bei mir, neben mehrerer Traumata, der Fall und wurde erst durch Gespräche mit meinem Therapeuten aufgedeckt. Mir war dies bis dahin gar nicht so sehr bewusst. Sicher hatte mir vieles gefehlt in meiner Kindheit und ich sah auch, daß dies bei anderen nicht so war.
Aber das dies solche Auswirkungen haben kann, wusste ich nicht.

Man muss nicht immer ein unübersehbares Trauma haben und trotzdem können die Auswirkungen massiv sein. Das Du aktuell keinen wirklichen Zugang zu Deinen eigenen Emotionen hast, ist auch nicht normal.
Dies wäre z.B. ein mögliches Therapieziel.
Ebenso wie z.B. Bindung und Nähe, Selbstfürsorge, Selbstwertgefühl, Selbstvertrauen usw.

Es geht bei Therapiezielen eher um das jeweils übergeordnete Problem und meist nicht so direkt um ein sehr spezifisches Problem.
Ich weiß nicht so genau, wie ich dies erklären kann und nehme mal ein (blödes) Beispiel...
Problem: Ich weiß nicht wie ich den schweren Karton aus dem Keller holen kann.
Eigentliches Problem: z.B. ich traue mich nicht um Hilfe zu bitten (Selbstwert, Selbstfürsorge, Selbstvertrauen).

Vielleicht ist es anhand dieses, naja blöden Beispiels einfacher für Dich Deine Therapieziele zu finden oder zu benennen. Übrigens helfen gute Therapeuten auch dabei, die eigentlichen Therapieziele zu finden.
Ich denke, es ist in den wenigsten Fällen so, daß Patienten schon zu Beginn wirklich wissen, was ihre eigentlichen Ziele sind.

Und um noch auf die möglichen Verfahren einzugehen...
Es gibt zur Zeit wohl 4 Verfahren, die von der Krankenkasse finanziert werden, dies sind die Analytische Psychotherapie, Systemische Therapie, Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und Verhaltenstherapie.
Die “aktivste“ ist wohl die Verhaltenstherapie, also wo eben auch der Therapeut selber aktiv ist.
Ich kann auch nur zur Verhaltenstherapie aus meinen Erfahrungen berichten.
Ich weiß auch nicht was die Therapeuten von Damals eigentlich für eine Richtung verfolgten. Zu der Zeit wusste ich auch noch nicht, daß es verschiedene Verfahren überhaupt gibt. :lol:

Ich kann jedenfalls überhaupt nichts mit Therapeuten anfangen, die auf mich warten,
z.B. “so nun erzählen sie mal...“ und dann warten diese, schauen mich wartet an und es vergeht eine gefühlte Ewigkeit, in der ich mich unter Druck fühle und vor allem auch beobachtet.
Das ist absolut nichts für mich.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, bei einem Therapeuten auf einer “Couch“ zu liegen und den Therapeuten nicht mal sehen zu können.
Für mich ist es sehr wichtig den Therapeuten sehen zu können, mit seinen Reaktionen, Gesichtsausdruck und ähnlichem. Nur so kann ich mich bei der Anwesenheit eines Therapeuten “sicher fühlen“.
Genauso brauche ich es, ab und an eben auch mal “angestubst“ zu werden. Also das der Therapeut aktiv wird, damit ich weiter vorwärts komme.
In meinem Fall ist da die Verhaltenstherapie, wohl das bessere Verfahren. Zumal ich eben auch die hauptsächlichen Schwierigkeiten in meinem Verhalten sehe und nicht so sehr im im eigenen Verständnis und analysieren meiner Probleme.

Vielleicht kann Dir mein Beitrag ein wenig Orientierung geben.
Sei es Dir selber Wert (Selbstwert) nochmal eine Therapie zu versuchen.

L.G. Tobe
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Wenn du den Tag wie die Nacht empfindest,
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