Wie gelingt ein Übergang zur neuen Therapeutin?

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chrysokoll
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Wie gelingt ein Übergang zur neuen Therapeutin?

Beitrag Do., 18.05.2023, 12:05

nun habe ich endlich eine neue Therapeutin gefunden.
Meine frühere Therapeutin wurde ja schwanger und beendete die Therapie, da sie erst einmal für ihr Kind pausiert.
Der neue Therapeut ging nach nur wenigen Monaten weg.

Ich war tief frustriert, entschied mich dann aber doch für die Suche nach einer weiteren Therapie und dafür weiter zu machen.

Nun habe ich tatsächlich eine Therapeutin gefunden: Sie ist empathisch, freundlich, hat einen Platz frei, die Praxis ist nicht weit entfernt, sie hat Erfahrung und Qualifikation auch in Traumatherapie. Ich mochte sie sofort, konnte und kann mir gut vorstellen dort Therapie zu machen. Also eigentlich ein Sechser im Lotto.
Aber - und nun kommt das große ABER: Es fällt mir so unendlich schwer mich einzulassen.
Wieder von vorne anzufangen. Wieder alles zu erzählen. Natürlich kennt sie mich nicht, kennt keine Hintergründe. Sie ist fremd, alles ist fremd, die Therapeutin, die Praxis, die Vorgehensweise. Ich vermisse die frühere Therapeutin, ich vermisse sogar den Therapeuten der mich ja nur kurz behandelte und dann weg ging.

Wie ist es euch gelungen euch einzulassen? Auf eine Folgetherapie einzulassen? Was hat euch geholfen, habt ihr bitte Tipps für mich was mir helfen könnte?
Neben der Angst wieder weggeschickt zu werden bin ich so müde davon neu anzufangen. Und doch gibt es ja keine Alternative wenn ich Therapie möchte. Was könnte ich noch tun?

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alatan
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Beitrag Do., 18.05.2023, 12:18

Grundsätzlich wie bei jedem Therapieanfang: Klar wissen, was das Therapieziel ist. Abwägen, ob die "Müdigkeit" überwiegt und erstmal keine Therapie gut wäre oder ob es sinnvoll wäre, den "Sechser im Lotto" zu nutzen. So gut eine Therapeutin auch sein mag, nutzen wird sie nur, wenn du es willst. Dir klar sein, dass es deine Entscheidung ist und deine Freiheit.

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chrysokoll
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Beitrag Do., 18.05.2023, 12:47

Meine Therapieziele stehen für mich klar fest, sie sind formuliert und auch realistisch.
Die Entscheidung für eine Therapie und zwar jetzt steht ebenfalls fest, es gibt keinen Grund zu warten, es war auch nicht meine Idee da zweimal eine Therapie mitten drin abzubrechen.

Es geht mir lediglich um den Übergang, der sich schwerer gestaltet als ich mir das vorgestellt habe


Bluemoon123
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Beitrag Do., 18.05.2023, 13:13

Also meine Therapie wurde ja auch nicht von mir beendet, auch wenn die Situation ein bisschen eine andere war als bei Dir. Dennoch hatte auch ich meine Schwierigekeiten mit dem Übergang auf die neue Therapeutin. Obwohl sie - das ist dann ähnlich wie bei Dir - auch quasi ein 6er im Lotto war. Geholfen hat mir, dass die neue Therapeutin die alte Therapie und den Abbruch immer wieder als Thema zugelassen hat, bzw. das Anfangs sogar selbst öfter thematisierte als ich es getan hätte.
Ich wollte nicht, dass die alte Therapie in der neuen so viel Raum einnimmt. Aber das war nötig um mich auf die neue Therapie einzulassen. Und das dauert seine Zeit. Gerade wenn die Ängste vor einem erneuten Abbruch, den man nicht in der Hand hat, so groß sind. Diese Angst "fallen gelassen" zu werden, geht nicht von heute auf morgen weg. Und das was dahinter steht ist ja auch Teil der Therapie.

Also ich kann Dich nur ermutigen, Deine Gefühle und Schwierigkeiten mit dem Übergang und "wieder von vorne anzufangen" bei der neuen Therapeutin anzusprechen. Und auch das Vermissen der alten Therapeuten. Wenn sie eine gute Therapeutin ist, dann kennt sie das, und weiß damit umzugehen. Das hat ja überhaupt nichts mit Abwerten ihrer Person zu tun, sondern mit Deiner Geschichte und den Umständen die zu Deinen Therapie-enden geführt hatten. Dass Du da völlig macht- und schuldlos warst und trotzdem in der Luft gehangen bist. Das hinterlässt ja Spuren. Und die gilt es wahrzunehmen und vor allem da sein zu lassen und dem Raum geben.

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chrysokoll
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Beitrag Do., 18.05.2023, 13:24

vielen Dank für deinen Rat und Hinweis bluemoon! Das ist ein wichtiger Gedanke, den ich so noch nicht zugelassen habe.
Die neue Therapeutin spricht sogar aktiv über den Übergang, über meine alte Therapeutin, lässt mir den Raum.
Nur ich dachte bisher es sei nicht nötig dem Zeit zu geben. Ich will gar nicht dass das Raum einnimmt. Irgendwie bin ich auch verärgert über den Verlauf, zweimal gescheiterte Therapien, Monate vertrödelt mit Unsicherheiten, ausgefallenen Stunden, Abschied, Suche, Gesprächen... ich möchte endlich an MIR weiter arbeiten.

Und dennoch ist es nunmal so und geht wohl nicht so einfach und schon gar nicht mit der Brechstange. Doch, das hat alles erneute Spuren hinterlassen


Bluemoon123
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Beitrag Do., 18.05.2023, 13:55

Ich dachte auch Anfangs, dass ich nicht will, dass das "Alte" so viel Raum einnimmt ... dass es überhaupt Raum einnimmt.
Aber es war nötig. Und das dauert seine Zeit. Selbst jetzt, wo ich schon fast ein Jahr bei der aktuellen Therapeutin ist, blitzt immer nochmal was von der Enttäuschung, der Verlassens-Angst und der Hilflosigkeit von damals auf. Mich nervt das auch, und ich bin da sehr streng und ungeduldig mit mir. Aber meine Therapeutin lässt das zu und sie zeigt mir immer wieder, dass es auch anders geht und dass ich nicht Schuld an dem bin, was passiert ist. Und das hilft ungemein.

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Candykills
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Beitrag Do., 18.05.2023, 15:20

Klingt platt, aber: Augen zu und durch.

So habe ich es gemacht, weil ich gefühlt auch keine Wahl hatte, als ich die neue Therapie anfing. Ich brauchte neue Therapie und bei der alten Therapeutin war es nicht möglich und wäre es nicht mehr sinnvoll gewesen.

Deswegen am besten nicht zerdenken, sondern einfach mal auf dich zukommen lassen. Du bist ja zu nix verpflichtet erstmal, hast immer die Option zu gehen und meine Erfahrung ist, dass die immer so geschickt fragen, dass es am Ende gefühlt gar nicht so anstrengend war den ganzen Mist schon wieder erzählen zu müssen.
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

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Shukria
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Beitrag Do., 18.05.2023, 15:45

Ich bin auch nicht bei Augen zu und durch sondern genau hinschauen, das was dich am Prozess emotional beschäftigt zum Thema machen denn es hat immer etwas mit dir, deinen allen Erfahrungen und Ängsten zu tun.

Ich habe lange die alte Therapie besprochen und wenn ich dachte jetzt ist gut kam wieder ne Phase wo es Raum brauchte, meistens wenn sich etwas veränderte.

Dem Raum zu geben ist total wichtig sonst drückst du nur alles beiseite und behindert Dich an zentrale Themen zu kommen die unten drunter Liegen. Wie ne Zwiebel, Schicht für Schicht abtragen , anschauen und danach sortiert beiseite legen können.

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chrysokoll
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Beitrag Do., 18.05.2023, 16:30

Candykills hat geschrieben: Do., 18.05.2023, 15:20 Klingt platt, aber: Augen zu und durch.

So habe ich es gemacht, weil ich gefühlt auch keine Wahl hatte, als ich die neue Therapie anfing. Ich brauchte neue Therapie und bei der alten Therapeutin war es nicht möglich und wäre es nicht mehr sinnvoll gewesen.
ich habe ja nun nicht nur "gefühlt" auch keine Wahl.
Ok, ich hätte die Wahl zwischen gar keiner Therapie und nun dieser. Und natürlich, theoretisch, auch weiter suchen oder später suchen. Das sind aber alles keine Alternativen.
Die Wahl bei meiner früheren Therapeutin weiter zu machen gibt es nicht, beim anderen Therapeuten auch nicht.

Ich brauche und will die Therapie, aber "Augen zu und durch" erscheint mir nicht die richtige Lösung. Ich will ja dass diese neue Therapie gelingt.

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Candykills
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Beitrag Do., 18.05.2023, 16:49

Es gibt meistens noch eine Wahl, die man nicht auf dem Schirm hat, deswegen schrieb ich gefühlt, aber ich will hier jetzt keine Wortklauberei betreiben.

Ich bin verwundert, wie mein "Augen zu und durch" interpretiert wird, weil das in meinen Augen gar nix damit zu tun hat, ob eine Therapie gelingt.
Sondern ich damit sagen wollte: versuche es, wenn du (wie du schreibst) keine andere Wahl hast.
Und im weiteren: lass es auf dich zukommen.

Meine Erfahrung ist zumindest, dass sich keine Situation planen lässt, einfach weil die Gegenüber unabhängig von einem selbst agieren und deshalb nicht planbar ist, wie die Therapie verläuft.
Man kann sich Ziele stecken und absprechen, welche Themen auf den Tisch sollen, aber meiner Erfahrung nach ist eine Therapie grundsätzlich dynamisch und wenn etwas so fest abgesteckt abgearbeitet wird, dann ist ja kein Spielraum mehr, dass sich etwas selbst entfaltet und entwickelt - aus dem Zusammentreffen, aus der neuen Beziehung und Erfahrung.
Das meine ich mit "lass es auf dich zukommen".

Ich wüsste nicht, wie man eine gelingende Therapie plant, außer sich bestmöglich drauf einzulassen und in dem Sinne einen Vertrauensvorschuss zu gewähren, wenn man nicht die Hälfte der Stunden mit "ich weiß nicht, ob ich vertrauen kann" verbrauchen will. Tut man trotzdem, aber es ist einfach so, dass eine Entscheidung zu vertrauen durchaus guten Einfluss nehmen kann.
Es gibt keine Garantie für ein Gelingen.
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

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chrysokoll
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Beitrag Fr., 19.05.2023, 07:35

Shukria hat geschrieben: Do., 18.05.2023, 15:45
Dem Raum zu geben ist total wichtig sonst drückst du nur alles beiseite und behindert Dich an zentrale Themen zu kommen die unten drunter Liegen. Wie ne Zwiebel, Schicht für Schicht abtragen , anschauen und danach sortiert beiseite legen können.
danke! Das mit der Zwiebel ist ein schönes Bild.
Ich hänge eben immer noch so daran dass ich jetzt schon ohne es zu wollen wieder eine Menge Zeit verloren habe und es nun endlich "los gehen" sollte.
Aber so einfach ist es offenbar nicht.

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Sinarellas
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Beitrag Fr., 19.05.2023, 10:08

Aber ist es nicht genau das Gegenteil? Also im Gegenteil du verlierst keine Zeit sondern arbeitest genau jetzt an einem Thema, was dich wahrscheinlich schon lange beschäftigt: Bindung, Bindungsängste vielleicht, Vertrauensaufbau usw.
Du bist da an etwas dran, was vielleicht auf den ersten Blick sich durchgemogelt hat, ist es aber genau das Thema, was jetzt gerade dran ist.
..:..

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chrysokoll
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Beitrag Fr., 19.05.2023, 11:53

Candykills hat geschrieben: Do., 18.05.2023, 16:49 Es gibt meistens noch eine Wahl, die man nicht auf dem Schirm hat, deswegen schrieb ich gefühlt, aber ich will hier jetzt keine Wortklauberei betreiben.

Ich wüsste nicht, wie man eine gelingende Therapie plant, außer sich bestmöglich drauf einzulassen
Natürlich hat man theoretisch immer noch eine Wahl, das ist mir schon klar.
Ich könnte keine Therapie mehr machen, also jetzt keine oder überhaupt keine mehr. Oder später eine - und neu suchen. Oder jetzt neu suchen. Das ist mir schon klar.
Aber ich hatte keine Wahl ob die vergangenen beiden Therapien mittendrin beendet werden von den Therapeuten.
Zwar nicht durch irgendetwas das ich verantworten müsste oder verschuldet hätte, sondern durch deren äußere Umstände. Das ändert aber nicht viel, das Ergebnis ist gleich: Therapie beendet, Therapeut weg

Und natürlich kann man kein "Gelingen" erzwingen, das sehe ich ganz genau so.

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Scars
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Beitrag Di., 23.05.2023, 08:51

Hallo chrysokoll :) Ich finde das was Sinarellas geschrieben hat sehr wichtig und finde es schade, dass du deine vorherige Therapie als gescheitert ansiehst. Du konntest sie zwar nicht zu Ende führen aber aus der Zeit doch einiges mitnehmen, oder? Ist es dieses „Therapie beendet, Therapeut weg“ was sich für dich als Scheitern anfühlt?

Ich habe kürzlich wieder gelesen, dass Beziehungsfähigkeit das A und O für uns als Menschen sei. Ich kann das aus meiner Perspektive (leider) nur unterschreiben. Ich habe jetzt auch eine VT gemacht und die Strategien gegen Depressionen finde ich nett, aber eigentlich unwirksam. Hauptfaktor meiner psychischen Probleme ist wohl einfach mein Problem mit anderen Menschen. Dementsprechend würde ich auch sagen, dass du gerade an einem sehr wichtigen Thema arbeitest und es schon „los geht“ auch wenn deine eigentlich gewünschten Inhalte vllt noch nicht dran kommen können. LG!
Remember to leave pawprints on hearts.

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chrysokoll
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Beitrag Di., 23.05.2023, 21:13

Scars, vielen Dank auch für deine Gedanken.
Ich denke das ist ein wichtiger Punkt, es fällt mir nur sehr schwer das anzunehmen.

Es stimmt natürlich, es ist nicht alles weg was in der Therapie erarbeitet wurde. Aber eine Therapie die einseitig vom Therapeuten beendet wird, aus "externen" Gründen, ist für mich schon ein Stück gescheitert. Das ist kein freiwilliges, von mir mit bestimmtes Ende. Sondern wegen Gründen, die nicht bei mir liegen.
Dass es jetzt gleich zweimal passierte ist schwierig für mich. Auch wenn ich jetzt jemand gefunden habe. Aber die Übergange sind nicht so einfach, ich bin da auch ungeduldig und noch misstrauischer als früher.

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