Therapieabbruch durch Therapeuten nach Suizidversuch

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.
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Laura296
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Therapieabbruch durch Therapeuten nach Suizidversuch

Beitrag Do., 29.06.2023, 18:44

Guten Abend,

ich red nicht lang drumherum: ich hatte am Montag die erste ambulante Sitzung nach Suizidversuch vor wenigen Tagen.

Mein Therapeut sagte (neben vielen anderen Dingen), wenn ich das nochmal tue, beendet er die Therapeutische Begleitung. 😳

Also, klar ein Teil von mir kann schon verstehen, dass das für ihn keine angenehme Erfahrung war. Aber gibts sowas? Was mach ich denn dann? 🙈 da bleibt ja nur, eine zuverlässigere Methode zu finden….

Nachdenkliche Grüße

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Sydney-b
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Beitrag Do., 29.06.2023, 19:10

Wenn du hoch suizidal bist, langt eine ambulante Therapie nicht aus.
Das meint er damit.
Dann bist du in einer psychiatrischen Klinik besser aufgehoben.
Eine Rundumbetreuung kann die ambulante Therapie einfach nicht leisten.

Deshalb: Wenn du so instabil bist, dann solltest du die nächste Klinik aufsuchen.

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Laura296
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Beitrag Do., 29.06.2023, 19:24

Nein, das hat er nicht gemeint. Er meinte ganz sicher, dass er dann die ambulante Therapie beendet.


ziegenkind
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Beitrag Do., 29.06.2023, 19:31

Ist die Therapie der einzige Grund für Dich zu leben?
Die Grenzen meines Körpers sind die Grenzen meines Ichs. Auf der Haut darf ich, wenn ich Vertrauen haben soll, nur zu spüren bekommen, was ich spüren will. Mit dem ersten Schlag bricht dieses Weltvertrauen zusammen.

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DiemitdemHundgeht
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Beitrag Do., 29.06.2023, 19:43

Naja, ein Suizidversuch hat ja im allgemeinen das Ziel gehabt dein Leben zu beenden und damit würdest du auch die Therapie beenden automatisch. Du hast dich also im Grunde gegen die Therapie entschieden. Ich kann schon verstehen, dass dein Therapeut da dann eine Grenze zieht. Das ist übrigens auch eins der üblichen Vorgehen in der Fachliteratur zu dem Thema.

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Candykills
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Beitrag Do., 29.06.2023, 19:43

Ich weiß nicht, ob es da so wirklich um "angenehme oder unangenehme" Erfahrung geht.
Bis zu einem gewissen Grad tragen die meisten Psychotherapeuten die Suizidalität mit. Auch das ist nicht angenehm für den Psychotherapeuten.
Aber eine Psychotherapie kann halt nur funktionieren, wenn der Patient lebt. Selbsterklärend, oder?
Wenn man als Patient nicht mehr in der Lage ist diesen Vertrag, den man mit dem Psychotherapeuten geschlossen hat, einzuhalten, nämlich als Patient an der Therapie lebend teilzunehmen, dann macht sie halt keinen Sinn mehr (vorerst).
Und dann kommt vielleicht hinzu, dass er nicht das Gefühl hat ausreichend helfen zu können, wenn es zu diesen Aktionen kommt und dass du vielleicht andere Form der Hilfe brauchst.

So würde ich mir seine Ansage erklären...
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

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Sydney-b
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Beitrag Do., 29.06.2023, 19:46

Laura296 hat geschrieben: Do., 29.06.2023, 19:24 Nein, das hat er nicht gemeint. Er meinte ganz sicher, dass er dann die ambulante Therapie beendet.
Ja, ist doch klar.
Wenn du hoch suizidal bist, was soll dann eine ambulante Therapie bringen?
Er kann nicht 24/7 h für dich da sein.
Dann musst du in die Klinik.
Und er beendet dann die Therapie, weil seine Hilfe nicht ausreicht.
Er entscheidet folgerichtig.
Zu deiner eigenen Sicherheit.

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chrysokoll
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Beitrag Do., 29.06.2023, 20:05

Laura296 hat geschrieben: Do., 29.06.2023, 19:24 Er meinte ganz sicher, dass er dann die ambulante Therapie beendet.
bei einem erneuten Suizidversuch ist klar, dass er dir nicht helfen kann mit seiner (ambulanten) Therapie.
Ein Therapeut möchte auch nicht die weitere Verantwortung übernehmen.

Wenn es dir so schlecht geht ist eine Klinik wirklich angebracht

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Kreativus50
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Beitrag Do., 29.06.2023, 20:19

Hallo Laura,

ich kann Dir nur von meinen Erfahrungen berichten.

Am Anfang meiner Therapie war ich lange Zeit suizidal, hatte lange vorher bereits mehrere Versuche unternommen.
Ich habe immer offen mit meinem Thera darüber reden können.

Er hat da klar Position bezogen mit dem Satz: 'Ich verstehe meine Arbeit als eine Arbeit FÜR das Leben. Ich mache keine Sterbehilfe.'

Suizidalität durfte immer da sein und wurde thematisiert. Und wir haben per Handschlag eine Vereinbarung getroffen, die Voraussetzung für die Therapie ist: Wenn ich konkret auf einen Versuch zusteuer, kann und soll ich mich jederzeit bei ihm melden. Sofern er erreichbar ist, meldet er sich baldmöglichst wegen eines Notfallgesprächs. Er werde alle Unterstützung die er geben kann zur Verfügung stellen. Alternativ, wenn er nicht erreichbar ist, MUSS ich mich umgehend in Behandlung begeben (Notarzt, Psychiatrie) oder - wenn ich das nicht möchte - vorher mit ihm nochmals sprechen (persönlich oder am Telefon) und die Therapie beenden. Er werde dann natürlich aus persönlicher Überzeugung und beruflicher Verpflichtung alle Hebel in Bewegung setzen (Polizei/Notarzt/Zwangseinweisung) um einen Suizid zu verhindern. Die Therapie würde er dann beenden, da die Vertrauensbasis beschädigt ist.
Mir hat das sehr geholfen und hilft noch immer. Damit nimmt er das Thema und meine Not 100% ernst. Macht aber zugleich klar, dass ICH die Verantwortung für mein Leben trage und auch die Entscheidung für/gegen Leben und für/gegen Therapie.
Das war - wie manch einer vielleicht denkt - keine 'Erpressung' sondern eine beidseitige Abmachung.
Bis heute trägt diese Vereinbarung. In den ganz schlimmen Krisen war/ist er dagewesen; natürlich in den Grenzen seiner Möglichkeiten. Und ich konnte mich mit dieser Klarheit immer rechtzeitig in Sicherheit begeben. Also habe um einen Notfalltermin gebeten bzw. bin ich auch zwei Mal notfallmäßig freiwillig in die Psychiatrie gegangen.

Hast Du mit Deinem Thera ganz klare Notfallstrategien besprochen/ einen Notfallplan erarbeitet? Was bietet er Dir an Unterstützung an, damit Du keinen weiteren Versuch unternimmst, sondern Dir VORHER Hilfe holst.
Ansonsten finde ich die Ansage von ihm korrekt. Wie soll er mit Dir arbeiten, wenn er immer befürchten muss, Du unternimmst einen weiteren Versuch. Da braucht es erstmal klare Abmachungen bevor Ihr weiterarbeiten könnt.

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Scars
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Beitrag Do., 29.06.2023, 20:23

Laura296 hat geschrieben: Do., 29.06.2023, 18:44 Was mach ich denn dann? 🙈 da bleibt ja nur, eine zuverlässigere Methode zu finden….
Bleiben schon noch andere Optionen übrig als dich umzubringen. Auf gar keinen Fall solltest du dich um bringen bloß weil dein Therapeut ggfls. nicht mehr mit dir arbeiten wollen würde. Wenn es dein Zahnarzt wäre würdest du das ja auch nicht tun, oder? Sondern dir einen anderen suchen…
Remember to leave pawprints on hearts.

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Tobe
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Beitrag Fr., 30.06.2023, 01:26

Hallo Laura,

ich kann Deine Gefühle gut verstehen, jedoch kann ich auch Deinen Therapeuten verstehen.
Versuche Dich doch auch mal in seine Situation zu versetzen.
Laura296 hat geschrieben: Do., 29.06.2023, 18:44 ...wenn ich das nochmal tue, beendet er die Therapeutische Begleitung.
Er hat viel Zeit und Energie in Dich investiert um Dir zu helfen.
Er hat Dich wohl schon eine ganze Weile begleitet und Hoffnung gehabt Dir helfen zu können.
Es entstand ein Vertrauensverhältnis zwischen Dir und Deinem Therapeuten.

Dann der Suizidversuch Deinerseits...
so gesehen ein Vertrauensmissbrauch gegenüber Deinem Therapeuten.

Was soll er dann auch anderes tun, als die Therapie mit Dir zu beenden, wenn seine Hilfe nicht ausreicht, um Dich am Leben zu halten, weil Du womöglich zu instabil für eine ambulante Therapie bist?

Er möchte im Prinzip sicher gehen, daß Du in einer akute Krise in der Lage bist, Dir ggf. zusätzlich Hilfe in einer Klinik zu holen.
Er kann kaum mit einem Patienten arbeiten, wo er ständig Angst haben muss, daß der Patient sich ggf. umbringt.

Und dies hat nichts damit zu tun, daß diese Situation für ihn “nur“ unangenehm ist.
Er übernimmt ja auch einen gewissen Teil von Verantwortung für seine Patienten.
Aber er kann eben nicht die komplette Verantwortung für Dich übernehmen.
Du bist und bleibst eben auch für Dein Leben selbst verantwortlich.

Wenn Du in akuten Krisensituationen nicht in der Lage bist, Hilfe durch eine Klinik in Anspruch zu nehmen, wäre vorerst eine stationäre Therapie wohl besser und im Anschluss wenn Du stabiler bist, dann eine ambulante Therapie.

L.G. Tobe
Haltet die Welt an, ich will aussteigen.
Wenn du den Tag wie die Nacht empfindest,
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Laura296
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Beitrag Fr., 30.06.2023, 02:00

ziegenkind hat geschrieben: Do., 29.06.2023, 19:31 Ist die Therapie der einzige Grund für Dich zu leben?
Naja nu - vor einigen Tagen gab es überhaupt keinen Grund mehr…. Ganz offensichtlich.
Aber in der Tat ist die Therapie eine der wenigen Hoffnungsstrohhalme und ich habe nach vielen Anläufen auch eine Stelle wo es passt.

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lisbeth
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Beitrag Fr., 30.06.2023, 06:11

Dann besprich mit ihm wie ein Notfallplan aussehen könnte, was du tun kannst, falls du erneut akut suizidal bist, und wo du Hilfe und Unterstützung bekommen kannst.

Mit seiner Ansage gibt er dir die Verantwortung für dich und dein Handeln zurück. Er kann und wird dich nicht retten, und auch sonst keiner. Das kannst nur du selbst.

PS deine Überschrift liest sich so als hätte er schon die Therapie abgebrochen. Das stimmt ja so nicht. Aber du scheinst fest davon auszugehen dass es dazu kommt? Ein Grund mehr, dass du anfängst nach anderen Bewältigungs- und Regulierungsstrategien zu suchen.
When hope is not pinned wriggling onto a shiny image or expectation, it sometimes floats forth and opens.
― Anne Lamott

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münchnerkindl
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Beitrag Fr., 30.06.2023, 09:08

Laura296 hat geschrieben: Do., 29.06.2023, 19:24 Nein, das hat er nicht gemeint. Er meinte ganz sicher, dass er dann die ambulante Therapie beendet.


Naja, wenn du ihm so wenig vertraust dass du ihm solche ensthaften S- Impulse nicht vorher mitteilst, läuft die Therapie dann so gut? Es wäre eigentlich dein Job, wenn du merkst dass es so stark bergab geht dich darüber mitzuteilen und eben schon vorher in eine Akutklinik zu gehen.

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Louna
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Beitrag Fr., 30.06.2023, 11:14

Du schreibst es schon richtig, er würde dann die "therapeutische Begleitung" beenden, denn das ist tatsächlich so.
Hier wurde schon viel geschrieben und ich würde Dir auch sehr ans Herz legen, einen Notfallplan zu machen.
Ich wurde auch schon mehrfach in die Psychiatrie eingewiesen, als ich nur von Suizidgedanken redete. Früher, heute darf ich das mit einer anderen Begleitung.
Was sollen denn Therapeuten auch anderes machen? Sie haben eine Fürsorgepflicht und wenn sie wissen, Du suizedierst Dich nach der Stunde, MÜSSEN sie handeln.

Ich selbst habe auch schon Personen einen Notarzt geschickt, weil sie mir gegenüber Suizidpläne äußerten. Natürlich waren sie sauern, aber später auch dankbar.

Erarbeite auch für Dich einen Notfallplan, nicht einen, der dem Therapeuten passen könnte, sondern einen, wo Du Hilfe findest in solchen Situationen. So etwas habe ich auch. Ohne Therapie erarbeitet. Es gibt sehr viele Anlaufstellen, im äußersten Notfall die Klinik, die Psychiatrie. Und auch dort war ich schon oft. Nicht immer schön, aber zum überleben und weiter leben (was anderes wollte ich gar nicht), hast gereicht.

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