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Di., 03.01.2023, 19:24
Hallo Molaika,
grundsätzlich ist das sogenannte Morgentief in erster Linie eines der klassischen möglichen Symptome einer Depression und nicht eine Nebenwirkung von Antidepressiva. Dennoch sollte man gemeinsam mit dem Arzt prüfen, ob die Medikation richtig ist, ob die Dosierung und der Zeitpunkt der Einnahme passt. Wie oben schon geschrieben, kann es auch eine Zeitlang dauern bis Medikamente ihre Wirkung entfalten.
Davon abgesehen kann für das Morgentief einiges helfen, was bei der Depression insgesamt wirkt: Also zB kein Schlaf unter tags, täglich Bewegung bei Tageslicht, regelmässige Ernährung, Verzicht auf Aufputschmittel (Koffein, Nikotin, Alkohol). Ich weiss, das ist alles leichter gesagt als getan. Geduld mit sich selbst lernen war wichtig für mich und lernen zu erspüren, was möglich ist (Disziplin) und was nicht (Depression). Die Depression kam auch nicht von heute auf morgen und wird daher auch Zeit brauchen, um wieder zu verschwinden.
Zu Zeiten mittelschwerer Depresssion habe ich es auch nicht jeden Tag in die Arbeit geschafft und so alle paar Wochen mal einen Tag oder zwei unter der Bettdecke verbracht. Die Frage der Arbeitsfähigkeit ist aber ebenso grundsätzlich wie die Frage der Medikation und ich empfehle dir sehr, das mit deiner/m TherapeutIn/en abzuklären. Mal kann eine kurzfristige Krankschreibung helfen, um Druck rauszunehmen, daneben unbedingt weiter Therapie machen und besprechen wie es weitergehen kann. Wenn die Therapie hilft - was sie ja bereits tut - kann sich das durchaus auch recht schnell gut einpendeln, sodass du recht gut arbeitsfähig bleiben kannst. Hängt natürlich auch von der Art der Arbeit ab, Depression ist immer auch noch eine erhebliche Zusatzbelastung.
Ich kenne depressive Phasen unterschiedlicher Schweregrade und nach meiner Erfahrung kann die Arbeitsfähigkeit recht gut wiederhergestellt werden, finde ich auch wichtig, um im Alltag und im Leben verankert zu bleiben. Genauso wichtig ist es aber, die Depression ernst zu nehmen und nicht mit zu viel Arbeit und Disziplin Deckel drauf halten. Ich kenne beide Extreme - zu viel und zu wenig Disziplin - und bin beide Male sehr übel und sehr lange abgestürzt. Von daher: Ein bisschen Diszplin, ein bisschen Verständnis für die Depression und jeden Tag schauen, was geht. Und am wichtigsten ist nach meiner Erfahrung Psychotherapie, ohne die wäre ich nicht rausgekommen.
Fundevogel