Glaubhaftigkeitsgutachten

Hier können Sie Ihre Fragen rund um die Rahmenbedingungen von Psychotherapie (Methoden, Ablauf usw.) anbringen.
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Zerrissene
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Glaubhaftigkeitsgutachten

Beitrag Sa., 06.12.2008, 16:13

Hallo,

ich habe heute zum ersten Mal von Glaubhaftigkeitsgutachtern gehört.
Mein Therapeut erwähnte dies beiläufig in der Therapie, also dass er auch als Glaubhaftigkeitsgutachter tätig sei.

Jetzt bin ich doch irgendwie perplex, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass Glaubhaftigkeitsgutachten für die Gerichte von Wichtigkeit sein könnten.

Ich denke da besonders an sexuellen Missbrauch in der Kindheit.

Viele Grüße

Zerrissee

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SilentPain
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Beitrag Sa., 06.12.2008, 17:46

ich habe dieses jahr ein glaubwürgigkeitsgutachten gemacht.
meist werden diese gutachten vor gericht gebraucht um wirklich feststellen zu können ob das opfer tatsächlich mißbraucht wurde, dem täter was böses will oder vielleicht so psychisch krank is das sie sich das einbildet.

solche gutachten müssen von wichtigkeit sein weil sie vom gericht anerkannt werden und auch meist angeordet sind...

liebe grüße
SilentPain
-=[ Schmerz ist Schwäche, die den Körper verlässt ]=-

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candle
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Beitrag Sa., 06.12.2008, 17:57

Ich würde mal ganz schlicht sagen, er hat Dir seine Arbeitsbereiche vorgestellt- nicht mehr und nicht weniger.

Haben bei mir die Therapeuten auch gemacht.
Was erschreckt Dich denn daran?

candle
Es ist besser ein Kerze anzuzünden, als über die Dunkelheit zu klagen.
Sommer-Stumpenhorst


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Zerrissene
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Beitrag So., 07.12.2008, 14:38

Hallo candle,

was mich daran erschreckt?

Dass ich wirklich glaubhaft bin, sonst würde er sich nicht jahrelang um mich bemühen.

Und das macht mir Angst!!!

Zerrissene, die jetzt bestimmt wieder nicht verstanden wird...
Zuletzt geändert von Zerrissene am So., 07.12.2008, 20:17, insgesamt 1-mal geändert.

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candle
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Beitrag So., 07.12.2008, 17:45

Jahrelang? Huiiie dann wird die Erkenntnis mal Zeit! Nun ja, es macht Angst, aber das vergeht!

candle
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Taffi
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Beitrag So., 07.12.2008, 19:26

Liebe Zerrissene,

ist es so, dass deine Diagnose bzw. das, was mit dir ist, für dich jetzt irgendwie wahrer wird? Dein Therapeut glaubt dir unbedingt, und das erlaubt dir nun weniger, es nicht zu glauben? Hast du bis jetzt immer noch gedacht: "Vielleicht stimmt es ja doch nicht..."? Daher das Erschrecken?

Alles Liebe,
Taffi
Es ist wichtig, jemanden dort abzuholen, wo er gerade ist. Aber manchmal ist es auch wichtig, jemanden dort zu lassen, wo er gerade sein will.

"Erfahrungen sind Maßarbeit. Sie passen nur dem, der sie macht." Carlo Levi


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Zerrissene
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Beitrag So., 07.12.2008, 20:24

Liebe Taffi,
Taffi hat geschrieben: ist es so, dass deine Diagnose bzw. das, was mit dir ist, für dich jetzt irgendwie wahrer wird? Dein Therapeut glaubt dir unbedingt, und das erlaubt dir nun weniger, es nicht zu glauben? Hast du bis jetzt immer noch gedacht: "Vielleicht stimmt es ja doch nicht..."? Daher das Erschrecken?
Ja, so ist es, genau so.

Und egal, wie lange ich noch Therapie mache, wieviel Beweise ich noch
von innen erhalte, ich glaube, so richtig werd/kann ich es nie glauben.

Oder, bin ich eines Tages stark genug, ES doch anzunehmen?

Weißt du, es tut so weh, nur, wenn ich hingucke.

Ich, die gerade wieder mit IHM telefoniert hat... Das aber nur am Rande...

Taffi, ich grüße dich ganz lieb.

Zerrissene

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Taffi
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Beitrag Mo., 08.12.2008, 00:08

Liebe Zerrissene,

dass du denkst, es (die Diagnose) vielleicht nie glauben zu können, kann ich total verstehen. Das setzt nämlich voraus, dass du glaubst, was dir angetan wurde. Und es ist unglaublich (im Sinn von unfassbar), was dir widerfahren ist. Es ist einfach entsetzlich.

Es ist etwas vollkommen anderes, aber ich bin zurzeit mit einem Menschen und dessen Verhalten konfrontiert, wo ich etwas ähnliches erlebe: Ich sehe mit meinen eigenen Augen, was vor sich geht - und kann es dennoch nicht (ganz) glauben. Es sprengt meine Vorstellungskraft, dass jemand so sein und handeln kann, dass so etwas sein kann. Erstaunlich, dass es nicht reicht, selbst zu sehen und zu erleben, um glauben zu können.
Zerrissene hat geschrieben:Oder, bin ich eines Tages stark genug, ES doch anzunehmen?
Glaubst du, dass es von deiner inneren Stärke abhängt? Fühlst du das so?

Ich weiß nicht, ob es für deine innere Heilung notwendig ist, dass du es (ich meine das Geschehene, was zu deiner Diagnose führte) absolut glaubst oder glauben kannst, oder ob es reicht, wenn ein Teil des Verstandes und des Gefühls weiß, dass es wahr ist. Und ich weiß auch nicht, ob man etwas annehmen kann, worüber man sagt: "Das kann doch nicht wahr sein!", weil es letztlich das eigene Denken und Fühlen um Längen übersteigt. Überhaupt weiß ich sehr wenig. Aber ich kann mir vorstellen, dass das Nicht-glauben-Können irgendwie auch etwas Gesundes ist. Auch auf die Gefahr hin, dass es pathetisch klingt: Ich halte es für den Kern der Menschlichkeit, für eine Art von "Reinheit", sich nicht vorstellen zu können oder eben nicht glauben zu können, dass jemand etwas Unmenschliches tut - sogar wenn man es am eigenen Leibe erfährt.
Deine Entwicklung hätte auch in eine andere Richtung gehen können. Du hättest theoretisch auch zum Täter werden können, ohne Gewissen, ohne einen Funken Menschlichkeit, kalt, grausam. Aber du bist zerbrochen - und menschlich geblieben. Dieser Kern hat keinen Schaden genommen. Er ist heil geblieben; er ist ganz rein und klar. Wie ein Diamant. (Und was man mit Diamanten alles schneiden und bohren kann, ist enorm! Noch dazu sieht ein Diamant verflucht schön aus und bricht so wundervoll das Licht, wenn er geschliffen ist )

Dass du aber nicht unbedingt das Gefühl hast, stark (genug) zu sein, kann ich durchaus verstehen. Und für den Diamanten im Inneren kann man sich irgendwie auch nix kaufen, hm? Aber vielleicht kannst du mit Hilfe dieses Bildes annehmen, dass du "es" nicht glauben kannst?

Ich drück und halte dich lieb, wenn du magst.

Ganz lieben Gruß,
Taffi
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Aditi
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Beitrag Mo., 08.12.2008, 14:47

Zerrissene hat geschrieben: Und egal, wie lange ich noch Therapie mache, wieviel Beweise ich noch
von innen erhalte, ich glaube, so richtig werd/kann ich es nie glauben.

Oder, bin ich eines Tages stark genug, ES doch anzunehmen?
liebe zerissene,

ich denke, dieses (noch) nicht-glauben-können ist ja auch ein schutz. stell dir vor, die ganze schreckliche wahrheit stünde auf einmal vor dir: das wäre doch überhaupt nicht auszuhalten. ich glaube auch nicht, dass es dann plötzlich einen tag gibt, wo man stark genug ist, um es annehmen zu können. es geht nur schritt für schritt und je langsamer man geht, um so schneller kommt man vorwärts.

ein glaubwürdigkeitsgutachten wurde auch bei mir erstellt. und damals, vor 5 jahren, war das für mich eine sehr heftige und belastende zeit, weil ich über meinen missbrauch innerhalb einer woche mehrmals ausführlich berichten musste (bundessozialamt, psychiater), meine schwestern gebeten habe, mir eine bestätigung für das bundessozialamt zu schreiben, dass sie auch betroffene sind und ausserdem mehrere erstgespräche mit theras geführt habe.

alles gute dir
aditi


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Zerrissene
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Beitrag Di., 09.12.2008, 07:13

Liebe Taffi,

du hast ES (mich?) so gut beschrieben.

Du, heute Nacht fiel mir ein Tagebucheintrag aus dem Jahr 2003 ein und jetzt, nachdem ich darin noch einmal nachgelesen habe, merke ich, dass ich doch schon viel, viel weiter bin, nur, merke ich es nicht immer.

Vielleicht findest du Zeit zum Lesen. Und wenn ich mich traue, setze ich den Eintrag: "Heilig Abend" ins Forum rein. Irgendwie paßt ja auch der Titel.
Auch wenn zum Teil sehr nüchtern geschrieben. Ich meine, eigentlich schreibe ich gefühlvoller.

Ich grüß dich ganz lieb

Zerrissene


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Zerrissene
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Beitrag Di., 09.12.2008, 07:26

Liebe Aditi,

das war wirklich eine schwere Zeit für dich und auch sehr mutig von dir.

Und ich finde mich in deinem Eintrag wahrhaft wieder. Besser hättest du dich nicht ausdrücken können. Manchmal denke ich, ich werde es nie ganz erfahren, denn immer, wenn ich dran bin, gehe ich weg (in der Therapie). Ich schaffe es nicht, meine Schutzmauern zu durchbrechen. Habe auch keinen Einfluss darauf, fühle mich dann wie fremdgesteuert.

Ich möchte es ja gern wissen, ohne darüber im klaren zu sein, welche Schmerzlawine ich da drinnen auslöse. Und wenn ich dann mal mutig und damit stark bin und zu meinem Therapeuten sage: "Heute können wir EMDR machen" dauert es nicht lange, bis ich mich in einem Raum befinde, wo ich nichts mehr höre und spüre.

Ich wünsche dir auch alles Gute.

Zerrissene

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