Immer wieder die falschen Männer?

Körperliche und seelische Gewalt ebenso wie die verschiedenen Formen von Gewalt (wie etwa der Gewalt gegen sich selbst (SvV) oder Missbrauchserfahrungen) sind in diesem Forumsbereich das Thema.
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larajoy3
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Immer wieder die falschen Männer?

Beitrag Sa., 16.02.2008, 09:03

Hallo,

ich bin als Kind sexuell missbraucht worden von einem alten Nachbarn (so etwa im Alter um die 3-5 Jahre), zu dem mich meine Eltern zum Babysitten gaben. Seitdem scheint es in meinem Leben immer so weiter zu gehen: Mit 12 Jahren betatscht - wieder von so nem alten Typen an die 70.

Später vergewaltigt mit 23. Da haben wir mit mehreren gefeiert auf dem Schützenfest. Hier war es ein Bekannter, der mir das angetan hat: Ich hatte ihn (freundschaftlich und verständnisvoll für seine Situation) abgewiesen: er hatte mir an dem Abend zunächst seine Liebe gestanden, ich war aber auch in einer Beziehung, wollte nur Kumpel sein... bis alles später bei ihm Zuhause, als wir alleine waren, eskalierte.

Auch in zwei Beziehungen (einmal mit 18 und einmal vor 2 Jahren) ist es zu sexuellen Übergriffen, Sex gegen meinen Willen, der Partner gekommen. Ich habe die Beziehung dann jeweils recht flott beendet. Alles Alte kam ebenfalls wieder hoch. Mir ging es sehr schlecht.

Was ich nicht verstehe: Diese beiden Partner waren eigentlich total "liebe" Männer, also nicht welche, die schon mal in irgend einer Form durch Brutalität oder Ähnliches auffällig geworden sind. Keine Machos oder so. Und ich war eher immer die Stärkere in der Beziehung, soll wohl auch allgemein Selbstbewusstsein ausstrahlen - auf jeden Fall auch ausstrahlen, dass ich mir nichts großartig gefallen lasse und fest im Leben stehe. Als ich sie damals nach dem "Warum" fragte, kam als Erklärung einmal die unheimlich starke Erregung in dem Moment, die ihn über mein Nein und mein Wehren hinweg setzen ließen. Beim zweiten Ereignis und Mann kam als Erklärung: Ich hatte Angst, Dich zu verlieren, wollte Dich spüren.

Jetzt bin ich gottlob in einer tollen Beziehung mit einem sehr umsichtigen Partner. Obwohl ich das früher auch gedacht hatte, dass die anderen beiden toll sind. Die wussten auch von meiner Vergangenheit, waren darüber selhr betroffen und wollten mir sogar bei der Bewältigung HELFEN.

Ich werde wohl nie wieder einem körperlich stärkeren Mann ganz vertrauen können.

Habt ihr eine Erklärung dafür, was dies alles auslösen kann? Warum ich "Das Unglück - die falschen Männer? - bisher anzuziehen scheine?" Strahle ich etwas aus, was es immer wieder passieren lässt? Ich denke manchmal, dass die Häufung doch fast kein Zufall sein kann....Hoffe jetzt, dass der Spuk endlich einmal vorbei ist.

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Lea1970
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Beitrag Sa., 16.02.2008, 09:34

Liebe Larajoy,

ich habe ein ähnliches "Muster" - allerdings nicht so heftig wie du: Meine Mama wurde ab ihrem 7. Lebensjahr von einem 70ig-jährigen Lehrer missbraucht (das weiß ich erst seit 8 Jahren - sie hat es Jahrzehnte niemandem anvertreaut ).

Ich selber habe (co-betroffen?!?!? durch Erziehung?!?!?) auch immer wieder (sexuelle)Übergriffe zu erleiden gehabt - allerdings erst mit späterem Alter.

Mein erstes Erlebnis war, dass ich mit ca. 15 in der Mittagspause in einem Park saß - mit vielen Menschen. Hinter einem Baum stand ein Mann und wackelte so komisch, als ich genauer hinschaute, sprang er zur Seite, schloß seine Hose und düste mit seinem Mini-Rad ab....

Das ekligste Erlebnis hatte ich an einem der ersten Abende, an denen ich selber weg-gehen durfte: da sprach mich ein alter Mann (!) an und zog mich in einen Hinterhof und betatschte mich und entblöste meine Brust und zog seinen *****`aus der Hose. Ich kannte das Wort "Abwehr", den aktiven Vorgang "Abgrenzen" nicht. Ich kannte es einfach nicht! Wahrscheinlich, weil´s meine Mama auch nie konnte und ich es nicht gelernt habe zuhause (?!?) Schrecklich! Als ich endlich so richitg realiesierte, was mir geschah, konnte ich mich losreissen und gehen. Das "typische" "duschen danach" folgte: ich fühlte mich unheimlich beschmutzt und eklig und erniedrigt...... meine Brüste, die dieser alte, geifernde, sabbernde **** berührt hatte - die wusch und wusch und wusch ich.... immer wieder.

In diesem Stil hätte ich noch unzählige Beispiele auf Lager...... (z.B. ein Mann steht beim Urinieren,mitten in der Stadt, an eine Hausmauer - als ich vorbeigehe, sagt er: der drückt mich nicht mehr - magst du ihn ausschlecken? oder: ich liege mit einer Freundin am See - legt sich einer unweit neben uns und masturbiert unter dem übergelegten Handtuch etc.pp.) (....da könnte ich jetzt locker noch 20-30 Erlebnisse aufzählen....)

Für mich stand irgendwann fest: da gibt es ein Muster. Als ich mich dann (so ab 19) bewusst mit Missbrauchs-Themen auseinandersetzte, habe ich mich in vielen Symptomatiken wiedergefunden. Erst dachte ich, dass ich wahrscheinlich SELBER in der Kindheit missbraucht wurde, da ich alle Symptome aufwies. Erst, als ich 29ig war, ist die Verdrängung von meiner Mama "aufgebrochen" und es platzte (vor mir und meiner Schwester) zum ersten Mal hinaus, was ihr (und ihrer 2 Jahre jüngeren Schwester - die war 5) dieser alte **** *** angetan hatte....

Da verstand ich. Auf Anhieb - dass nicht ich selber direkt - sondern durch die Erziehung etc. solche Erlebnisse wie "magisch" angezogen habe.

Ich weiß nicht, ob Du mit diesen meinen Aussagen jetzt was anfangen kannst für Dich??!?

Ich weiß für mich, dass ein "Opfer" anscheinend irgendwas ausstrahlt, was (beschissene) "Täter" anscheinend einlädt..... vermutlich wenig Abwehr-Kräfte im Seelischen. Diese Sch**ss - Täter haben einfach keine moralische Hemmschwelle, wenn jemand sich nicht so gut wehren kann. Nein, die nützen das auch noch SchamLOS aus .

Ich denke, dasss ich von zuhause (von meiner Mama) zu wenig Selbstvertrauen mitbekommen habe, mich angemessen und gesund "zur Wehr" zu setzen, angemessen und gesund "NEIN" zu sagen.

Bei uns in der Familie stand "Anpassung" ganz oben, gleich hinter "Schönheit, Perfektionismus, und Makellosigkeit" (vordergründig). Die ganzen "Abgründe" lagen im Verborgenen, Jahrzehnte......

Und ich? Wurde zur "Rebellin", ab dem ich 15 war. Ich habe Ihnen ihre "Heile Welt" nicht abgenommen, ich habe den "schönen Schein" nicht mehr ausgehalten. Ich ging los und suchte selber, was auf dieser Welt so los ist.....

Inzwischen habe ich viel, vieles aufgearbeitet. Ich kann "NEIN" sagen, wenn ich was nicht möchte. Meine Mama ist ebenfalls in Therapie, und arbeitet diese alten Wunden und Narben auf - endlich!!!!

Ich sende Dir ganz, ganz liebe Grüße und wünsche Dir und Deiner Familie alles, alles Gute!

lea

P.S.: meine "große Liebe", mit dem ich zusammen war von ca. 18 - 21, der hat mich auch öfter "genötigt". Obwohl er dann akzeptierte, wenn ich nein sagte - aber hat´s mega-mäßig probiert

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larajoy3
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Beitrag Sa., 16.02.2008, 11:34

Liebe Lea,

das ist wirklich verrückt, wenn man das alles hört. Passiert das "normal aufgewachsenen Frauen", die das alles nicht erlebt haben wie wir, auch?? Wenn man das hört, sorry, könnte man meinen, in ganz vielen Männern steckt ein Schwein...

Ich habe auch Angst, dieses "Manko" an meine Tochter weiter zu geben. Wie Du ja gelesen hast, ist ihr ja auch schon etwas in der Richtung passiert.

In unserer Familie scheint der Missbrauch auch eine lange Tradition zu haben. Bei meinem Opa mütterlicherseits ist herausgekommen nach seinem Tod (es wurden Unterlagen gefunden), dass er wohl seine Stieftochter in der Nachkriegszeit misshandelt und sexuell missbraucht haben muss. Meine Mutter (ihre Halbschwester) angeblich nicht, sagt sie. Meine Mutter wollte das aber auch alles nicht genau wissen. Sie hat sich die Unterlagen selbst nie angesehen. Ihre Schwester kam als "schwer erziehbar" damals ins Heim nach den Geschehnissen, sie hätte sich "rumgetrieben". Schrecklich....

Ich wünsche Dir erstmal alles Gute. Das ist toll, wie weit Dein eigener Heilungsprozess schon ist.

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Lea1970
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Beitrag Sa., 16.02.2008, 13:52

Liebe Larajoy,
Passiert das "normal aufgewachsenen Frauen", die das alles nicht erlebt haben wie wir, auch??
Nein, nicht so. Und wenn: dann können sich die oftmals sofort angemessen abgrenzen und NEIN sagen (oder brüllen, notfalls mit körperlicher, massiver Abwehr).

Normalerweise spüren das DIE Männer, die ein "inneres Schwein" sind oder haben, ganz genau, so wie der Hund die Angst beim Menschen erschnüffelt: Ah, lecker, da ist ein "Opfer", das sich nicht (so gut) wehren kann. Ein "gefundenes Fressen" für solche seelisch-moralischen Vollversager.......

Es gibt ganz viele "gute" Männer, ich bin sooo froh, das erfahren zu dürfen. (Mein Männer-Bild war lange Zeit nicht unbedingt das Beste......)

Die Therapeutin meiner Mutter meinte, dass der Missbrauch meiner Mutter nur zustande kam, weil die Familie so "dysfunktional" war - hätte sie ein anderes Elternhaus gehabt, hätte ihr der alte, geile Bock gar nichts tun können....... weil sie sich entweder selber gewehrt hätte oder sich ihren Eltern anvertraut hätte..........

Was heisst das für uns jetzt?

Diese "alten" Familien-Narben haben wir, da helfen keine Scheuklappen, da hilft nur "Wund-Pflege".

Du hast deiner Tochter schon so prima beigestanden (schlimm, dass das passieren musste..... aber: ihr geht doch sehr gut mit den Folgen um!!!), Du machst das schon richtig!

Alle Eltern haben "irgendwelche" Schwächen. Damit muss JEDES Kind leben.

Und soooo schlimm, dass du "verantwortlungslos" oder "nicht zumutbar" für Deine Kinder wärest (ich "inszeniere" grade den schlimmsten Fall....) bist Du ja ÜBERHAUPT NICHT, oder?

Du arbeitest an Dir. Du hast einen wunderbaren Partner. Du schaust NICHT WEG!! (wie so viele..... )

Du schaffst das.

Lea

P.S.: danke für dein Kompliment , ja, ich bemühe mich seit Jahrzehnten um die Aufarbeitung - und kann inzwischen einige "Früchte" ernten..... das tut guuuut! Und gibt neuen Mut!

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Raziel
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Beitrag Sa., 16.02.2008, 21:14

Sei gegrüßt, Lea
Normalerweise spüren das DIE Männer, die ein "inneres Schwein" sind oder haben, ganz genau, so wie der Hund die Angst beim Menschen erschnüffelt: Ah, lecker, da ist ein "Opfer", das sich nicht (so gut) wehren kann. Ein "gefundenes Fressen" für solche seelisch-moralischen Vollversager.......
Ob das immer nur die Angst ist, die man(n) da wahrnimmt, würde ich nicht unbedingt sagen. Da liegt auch meist in der Erziehung einiges im Argen. Ich hab auch in letzter Zeit noch viele Männer kennengelernt, die noch nach traditioneller Rollenverteilung erzogen wurden. Das wäre nur halb so schlimm, wenn man ihnen auch noch ethische Werte mit auf den Weg geben würde wie z. B. Respekt. Ich wage aber zu bezweifeln, das man darauf beim Großteil hoffen darf. Von den ganzen verkorksten "Erziehungsversuchen" ganz zu schweigen. Die Supernanny kann halt nicht überall sein.

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Tradition ist nicht das Bewahren der Asche,
sondern die Weitergabe des Feuers.

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