Mein Weg durch die Wälder der Therapie und Psychiatrie

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Ragneda
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Mein Weg durch die Wälder der Therapie und Psychiatrie

Beitrag Mi., 09.11.2011, 22:28

Vorerst möchte ich sagen, dass ich sowie positive, als auch die negative Erfahrungen gesammelt habe, was die Therapie und Psychiatrie betrifft.
Ich werde über die beide Seiten schreiben, dennoch habe ich mehr positives, als negatives erfahren und da mir momentan wesentlich besser geht, möchte ich mich bei meiner Ambulanz bedanken. Das tue ich auch wenn ich RL zu ihnen auf einen "Puster" komme.

Ich wusste schon mit 13 J.a, dass etwas mit mir nicht stimmt. Mit 13 landete ich das erste mal (in Weißrussland) auf die Kinderpsychiatrie mit der schweren Depressionen und Panikattacken.
Es lag sicher an meiner sehr unglücklichen Kindheit. Meine Eltern waren weit davon entfernt perfekt zu sein, oder mich wenigstens zu lieben. Sie nannten mich oft ein "Unfallskind" oder, dass sie froh wären, wenn meine Mutter mit mir nicht schwanger geworden wäre. Vor allem meine Mutter wiederholte es oft. Ich denke, da sie mit 20 (In Russland, noch als sie studierte) schwanger wurde, MUSSTE sie meinen Vater heiraten, den sie zum großten Teil ihres Lebens eher verachtet, als geliebt hat. Sie gab mir die Schuld, unbewusst.
"Wenn bloss nicht Du auf diese Welt gekommen wärst..."
Meine Eltern sind beide Akademiker, haben eine Topausbildung mit Auszeichnung als Ingeneuere (Waffen, Atomwaffen, Kriegsmaschinenentwicklung, Panzer, Sateliten) abgeschlossen, geheiratet und wurden nach Weißrussland in die Hauptstadt Minsk geschickt. (Damals war es üblich, dass man die frischen Akademiker, einfach hin und da in UDSSR schickte) Also landeten wir in Minsk und ich war damals 3 Jahre alt. Ich will jetzt nicht ins Detail gehen, wie schwere das alles war, das Leben, die Armut usw. Meine Mutter fing an meinen Vater zu betrügen und er fing an zu trinken. Mittlerweile ist er schwerst Alkoholkrank. Gewalt gab es fast jeden Tag bei uns Zuhause, furchtbaren Geschichten. Ich wollte immer nur meine Geschwister beschützen.

Auf einer anderen Seite experimentierten mit mir meine Eltern, indem sie mich: auf die "specialized english school" schickten, in die Musikschule (Klavier 8 Jahren) und mich diversen Sportarten (auch Ballet und Gymnastik) auslieferten. ich hatte keine freie Minute. In der Schule hatte ich nur "ausgezeichnet" und war so was wie eine Klassensprecherin. Und doch daheim...war es düster.

Wie ich das alles geschafft habe und dann sogar auf die Uni kam (Linguistische Universität englisch, französisch, weißrussisch, russisch- kein Deutsch! )weiß ich selber nicht. Irgendwann ergab sich die Möglichkeit zu heiraten und ins Ausland zu gehen. Die habe ich ergriffen. In Minsk gab es keine Perspektive. Ich floh vor der Armut, Wodka, Banditen, Perestroika usw…ich floh einfach davon.

Mehrere Jahre litt ich ständig an meinen psychischen Problemen, doch ich redete sie schön, ich war jung, naiv und wußte nicht mal, dass so was wie Depressionen, Manie und DIS gibt.
Bei uns, in Russland, wenn Du im Bett gelegen bist ohne in der Lage zu sein aufstehen zu können, hat man Dich nur als faul beschimpft. Man solle sich gefälligst aufraffen.
Erst mit 29 Jahren, als ich meinen jetzigen Lebensgefährten kennenlernte, erfuhr ich so nach und nach, was es alles für psychische Krankheiten gibt.
Ich wollte zu einem Profi. Weil ich exzesiv (aber mit großen Abständen)trank, war oft entweder ganz down oder manisch. Und ich war oft: ein anderer Mensch. Und die Black outs.
Aber ich hatte keine Versicherung in Ö. gehabt. Und noch keine EU Staatsbürgerschaft. Also war ich Ausländerin, halb Mensch, der weder studieren, noch arbeiten durfte.
Trotzdem gingen wir zu einem PND (glaube ich, psychologischer Notfall Dienst), da traf ich den Doktor K. der mich KOSTENLOS behandelt hat. An diese Stelle danke ich den Doktor K.
Zum ersten Mal, gab mir jemand eine plausible Erklärung für mein Befinden. Zum ersten Mal, kümmerte sich jemand um meine Psyche. Zum ersten Mal bekam ich Medikamente (gratis!)

Aber natürlich ohne Rechte, konnte ich nicht auf Dauer behandelt werden. Erst vor 5 Jahren!!! (ich bin jetzt 36) bekam ich endlich meinen Ausweiß und die deutsche Staatsbürgerschaft. Die Türen standen nun auch mir offen.
Ich stürzte mich in Nostrifikationen und in die Ausbildung und auf die Jobsuche (davor durfte ich in Ö. nicht arbeiten! Lebte aber schon dort). Nun ging ich auch zum ersten Mal mit einer KKVersicherungskarte - E-Card zum Psychiater. Man sprach mit mir und stellte leichtsinnig: Borderline fest.
Das war aber eine falsche Diagnose! Nur weil ich die Narben auf meiner linken Unterarm habe (ich habe mich verletzt, als ich erfuhr dass mein Ehemann gestorben war, aber nur einmal). Danach nie wieder, habe ich mich mit Messer verletzt.
Medikamente wirkten nicht, Therapie brachte nichts…
Dann kam ich zu der nächsten Therapeutin, die auf Eßstörungen spezialisiert war. Dank ihr, erkannte ich , dass nicht die Eßstörung mein Problem sei, sondern irgendwas, ganz anderes. Dieser Therapeutin verdanke ich, dass ich in der wunderbaren Klinik in Tulln ankam. Eine SUPER Klinik. An der Stelle möchte ich mich bei allen Pflegern, bei meiner Lieblingspflegerin, Schwester R., die mir zugeteilt war bedanken. Bei Frau. Dr. R. und auch bei Mitpatienten (mit denen ich sogar bis heute – mit einigen- im Kontakt stehe).

3 Monate lang wurde ich beobachtet. Mein Verhalten in der Gruppe, außer Gruppe, meine Launen. 2 Mal die Woche ginge ich zu einer wunderbaren Therapeutin Frau T. Sie war die erste, die bei mir ein gutes Gefühl erzeugen konnte und mein Vertrauen gewann.
Nach der Klinik, bekam ich die- für mich zerschmetternde Diagnose: DIS, Bipolar, Alkoholmißbrauch, Schwere Depression. Frau T. übernahm mich in Wien weiter..nur dann, aus privaten Gründen (Kassa hat die Therapie nicht genehmigt, und alles alleine zu bezahlen war/bin ich nicht imstande)
So, leider mußte ich mich von meiner tollen Therapeutin verabschieden.
Der nächste Abschnitt war grauenvoll. Es ging mir immer schlechter und schlechter, und schlechter als schlecht. Ich trank. Ich entdeckte Benzos. Ich entdeckte, dass wenn man Wodka trinkt und ein paar Benzos sich reinschmeißt, wird man higher denn je.
Und so fing es an, erst ne Halbe Flasche mit 4-5 Benzos, am Ende waren es 2 Päckchen Benzos und fast 2 Flaschen Wodka und ich beinah im Koma…
Vor 30 Tagen! Entschied ich mich einen Schlußstrich zu ziehen (nach dem der kalte Entzug bei mir nicht geklappt hat) ging ich in die Ambulanz.
Nun betreuen mich dort fantastische Menschen, nett, kompetent, verständnisvoll.
30 TAGE OHNE ALK UND BENZOS AUS TAILAND.
Das ist doch eine Erfolgsgeschichte, oder?
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flowerbomb2
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Beitrag Mi., 09.11.2011, 22:48

Ja, das ist ein Erfolg, ein großer .

Traurige Geschichte. So schlimm, als Kind zu denken, irgenwas stimmt nicht mit einem selbst, aber nicht zu wissen was oder wo man Hilfe bekommen kann und das Gefühl zu haben, es wird nicht mehr gut.

Schön, dass du jetzt anscheinend die richtige Hilfe bekommst. Hätte dir schon viel früher zugestanden, aber jetzt ist deine Zeit

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Ragneda
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Beitrag Do., 10.11.2011, 16:54

Danke flowerbomb für deine liebe Worte.
Ich empfinde es nicht als traurig, wenn man es selber durchlebt, dann kommt es einem so, als ob es normal wäre so zu leben. Ich hasse Selbstmitleid, ich versuche NIE in dem Sumpf des Selbstmitleids zu versinken. Ich würde mich selber dafür verachten. Selbstmitleid ist nicht erlaubt.

Wir sind stark, wir sind Borg, wiederstand ist zwecklos..
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