Die Zeit danach

Haben Sie bereits Erfahrungen mit Psychotherapie (von der es ja eine Vielzahl von Methoden gibt) gesammelt? Dieses Forum dient zum Austausch über die diversen Psychotherapieformen sowie Ihre Erfahrungen und Erlebnisse in der Therapie.

Thread-EröffnerIn
Bilderbuch
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 40
Beiträge: 357

Die Zeit danach

Beitrag Mi., 09.06.2021, 13:06

Hallo zusammen
Mir brennt die Frage, ob ihr einen Kontakt nach dem Abschied zu euren Therapeuten,- innen hattet. Egal ob schriftlich, telefonisch, persönlich oder erneute Therapie wegen Krise o.ä hattet?
Die zweite Frage ist: hat das euch gut getan, eher nicht oder sogar die Sehsucht verschlimmert?

Ich frage, weil ich gar keinen Kontakt habe und aber überlege ihr eine Grußkarte aus dem Urlaub, wie jedes Jahr zu schicken. Ich tendiere eher zu nein, da ich keine Antwort kriegen würde von ihr.
Das würde sich nicht gut anfühlen. Das gilt auch für die Weihnachtskarte z.B.

Ich meide auch den Ort, wo sie wohnt, um nicht konfrontiert zu werden, obwohl ich schon hier und da den Gedanken habe, bei ihr einfach zu klingeln, was ich nicht ernsthaft machen würde.

Es sind jetzt 6 Monate her und den inneren Abschied zu nehmen für immer, ohne jeglichen Kontakt, fehlt mir schwer. Auf der anderen Seite weiß ich, dass das so besser ist.

Also was sind eure Erfahrungen?

Werbung

Benutzeravatar

~~~
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 26
Beiträge: 1531

Beitrag Mi., 09.06.2021, 13:26

Bilderbuch hat geschrieben: Mi., 09.06.2021, 13:06 Also was sind eure Erfahrungen?
Gemischt.
Ich hatte immer Kontakt per Mail oder telefonisch auch nach der Therapie.
Das Problem ist, dass man oder ich dann wirklich gerade so in schlechteren Zeiten zuviel erwartet.
Denn auf eine Mail ohne Bezahlung antworten die meisten Therapeuten dann ja nicht sofort oder ausführlich.
Es ist dann oft eine Diskrepanz zwischen den Kontakt den ich dann manchmal gefühlt brauche und der tatsächlich möglich ist.
Mich persönlich verletzt es extrem emotional, wenn ich tage- oder wochenlang keine Reaktion von meiner ehemaligen Therapeutin bekomme. Rational verstehe ich das. Aber emotionak is das was ganz anderes. Ich komme damit nicht so gut klar. Auch wenn die Therapie schon lange her ist.
Also für mich wäre gar kein Kontakt eigentlich besser.
Nur ziehe ich das nicht so durch und nehme dann manchmal doch wieder Kontakt auf :anonym:

Ja, bei mir verschlimmert das quasi eher die Situation. Auch wenn es im ersten Moment ne Art Erleichterung ist. Aber langfristig überwiegen die negativen Emotionen dann.
Aus dem Grund finde ich es mittlweile besser keinen Kontakt zu haben und es in positiver Erinnerung zu behalten.

Außer die Therapeutin ist noch vor Ort und kann dann auch wirklich Notfallstunden oder sowas anbieten. Dann wäre es wieder etwas anders.
"You cannot find peace by avoiding life."
Virginia Woolf


Thread-EröffnerIn
Bilderbuch
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 40
Beiträge: 357

Beitrag Mi., 09.06.2021, 14:33

Danke sehr für deine Antwort!

Das bestätigt mich darin, nichts mehr zu unternehmen, auch nicht zu schreiben. Denn irgendwo bleibt da dieser Funken Hoffnung, dass sie ggf. doch kurz mailt und sich für die Karte bedankt. Diese Hoffnung lässt einen neue Idee zu entwickeln, wie man doch noch näher kommt.

Das, was man sich wünscht, wird eh nicht erfüllt und ich glaube wenn man Kontakt hat, wird die Verführung in einer kleinen Krise eine große daraus zu machen, um wieder mehr Kontakt zu haben, u.a. durch erneute Therapie.

Viel Kraft uns beiden abstinent zu bleiben-:)

Benutzeravatar

Arakakadu
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
anderes/other, 33
Beiträge: 1401

Beitrag Mi., 09.06.2021, 14:35

Kam das bei keinem von euch vor, dass ihr ein gutes Ende hattet, freiwillig gegangen seid und komplett gesättigt wart?
Irgendwie macht mir das eher Angst wenn ihr das so schreibt. Hattet ihr im Vorhinein schon gewusst bei Stunde x ist es vorbei? Ich mache seid 2,5 Jahren eine tfp und bin bei Stunde 140, aber es ist noch kein Ende in Sicht aber ich breche höchstwahrscheinlich am Montag ab, genau aus den Gründen. Mag nicht mehr länger dort sein, weil ich Angst habe dass der Abschied dann viel schlimmer wird und ich einfach nur mehr Panik habe. Ich finde das ganz schlimm

Werbung


Thread-EröffnerIn
Bilderbuch
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 40
Beiträge: 357

Beitrag Mi., 09.06.2021, 15:00

Komplett gesättigt? Nein, bei mir nicht.
Ich hatte ein gutes Ende aber jetzt Nachhinein entdecke ich sie neu. Das bedeutet, es fehlen mir Antworten auf Fragen, die ich ihr heute gestellt hätte, ohne Rosabrille und Verliebtheit. Ich entdecke im Verlauf jetzt Fehler in der Behandlung und würde diese heute ansprechen wollen oder klar formulieren, was das Ende bei mir emotional verzögert und etwas kaputt macht. Ich meine die positive Erfahrung, die ist nicht so positiv, wie zum Schluss.

Aber früher abbrechen, wegen Panik? Nein, das kann nicht gut sein. Dann kann man gar nix mehr besprechen. Mir kam ein Abbruch nicht wirklich in den Sinn und die Panik vor dem Abschied in dem Ausmaß, wie ich sie hatte, war unbegründet und schädlich. Das weiß ich erst heute.

Benutzeravatar

~~~
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 26
Beiträge: 1531

Beitrag Mi., 09.06.2021, 16:37

Marlena hat geschrieben: Mi., 09.06.2021, 14:35 Kam das bei keinem von euch vor, dass ihr ein gutes Ende hattet, freiwillig gegangen seid und komplett gesättigt wart?
Irgendwie macht mir das eher Angst wenn ihr das so schreibt. Hattet ihr im Vorhinein schon gewusst bei Stunde x ist es vorbei?
Es war ein okayes Ende.
Es ist einfach so, dass das Gehirn bei einem Menschen eine Bindung aufbaut.
Die einen haben mehr Probleme mit dem Ende, die anderen weniger.
Ich würde dir auf jeden Fall raten mit deiner Therapeutin über das Ende zu reden.

Komplett gesättigt ist man meine Meinung nach niemals.

Weil Bindung ein menschliches Urbedürfnis ist genauso wie Hunger und Durst bleibt es ein Leben lang.
So sehe ichs.

Es ist so, dass das Kappen von Bindung weh tut, aber man überlebt es.
"You cannot find peace by avoiding life."
Virginia Woolf

Benutzeravatar

ExtraordinaryGirl
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 33
Beiträge: 4042

Beitrag Mi., 09.06.2021, 17:21

Ich habe noch regelmäßigen Kontakt zu meiner letzten Therapeutin.

Kurz gesagt: Es ist kompliziert. Kein therapeutisches Verhältnis mehr - weil sie dafür keine Kapazitäten übrig hat, weil ich einen therapiefreien Versuch machen will, das auch das Ziel ist -, aber auch kein Privates, weil das nicht gewünscht ist.
"Charakter zeigt sich in der Krise."

(Helmut Schmidt)

Benutzeravatar

Fairness
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 40
Beiträge: 1509

Beitrag Mi., 09.06.2021, 18:56

Nachdem ich meine letzte Therapie beendet habe, haben die Gespräche und Gedanken dazu weiter in mir gearbeitet. Die Ideen haben sich irgendwann von den Therapeuten und Coaches, welche ich kannte, losgelöst und haben sich nur mehr auf mein eigenes Leben bezogen. Darauf, welche Entscheidungen ich für mich nicht traf, und wie wählte ich die Entscheidungen aus, welche ich traf, und warum...

Ich habe deswegen kein starkes Vermissen mehr, bezüglich meiner Helfer, aber mehr vermisse ich Menschen, welche mir nah sind - diese bleiben jedoch gerne und von sich aus im Kontakt mit mir, zum Glück. Und ich vermisse die Zeit meines Lebens, in welcher ich zu wenig begriff, wie das (mein) Leben war.

Ich lächelte, als ich diesen Thread sah... habe mich im Februar bei meinem Therapeuten gemeldet und bekam damals eine Antwort von ihm. Ich habe noch ein Zukunftsthema, welches mich bewegt und möchte wissen, ob er mir mit dem Umgang damit helfen kann, vorbeugend. Vor kurzem schickte er mir nach ein paar Monaten ein Terminangebot und ich werde diese Woche hingehen. Keine Ahnung, ob das ein Termin bleiben oder daraus nochmal eine Therapie wird... das werde ich sehen, basiert darauf, ob nur ich ratlos da sein werde, oder er und ich zu zweit... wie viel ich mit ihm besprechen kann.
Man sieht, was man am besten aus sich sehen kann. (C.G.Jung)

Grief is just love with no place to go. (Jamie Anderson)

Benutzeravatar

metropolis
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 36
Beiträge: 1969

Beitrag Mi., 09.06.2021, 19:19

Hallo Bilderbuch,

meine Erfahrungen nach dem Therapieende waren/sind ganz breit gefächert.

Ein Jahr nach Therapieabschluss habe ich nochmal ein Follow-Up-Termin ausgemacht, um zu erzählen, wie es mir ergangen ist. Diese Sitzung war nicht schlecht, aber auch nicht besonders gut oder erkenntnisreich. Sie hat auch die Flamme nicht entfacht.

Danach folgten viele Jahre, in der ich sich selten ihn oder die Therapie vermisst habe. Ich setzte mich auch kaum damit auseinander. Wenn mal Sehnsucht o.ä. da war, habe ich es mit mir ausgemacht, weil ich dachte, dass dies eine Kontaktaufnahme nicht rechtfertigt. Ich hielt den Kontaktwunsch unten, indem ich mir einredete, dass ich einen guten Vorwand bräuchte, um mich wieder zu melden. Diesen Irrglauben habe ich zum Glück überwunden.

Fortsetzung folgt
"Ja und dann? Weißt du nicht mehr? Wenn ich und du nicht gekommen wären und den kleinen Häwelmann in unser Boot genommen hätten, so hätte er doch leicht ertrinken können!"

Theodor Storm

Benutzeravatar

Solage
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 48
Beiträge: 2812

Beitrag Mi., 09.06.2021, 19:26

Hallo Bilderbuch,

meine Therapie ist zwar noch nicht vorbei, aber ich beschäftige mich jetzt schon sehr mit dem Ende und wie es danach sein wird. Mein Therapeut meinte, dass wir das besprechen, wenn es soweit ist. Also, ob wir danach noch in welcher Form Kontakt haben können. Dass wir das gemeinsam entscheiden.

In deinem Fall würde ich auf jeden Fall wie jedes Jahr die Grußkarte schicken. Wenn du das Bedürfnis hast dann mach das, weil es eben dein Bedürfnis ist. Das ist etwas was ich in meiner Therapie gelernt habe, dass meine Bedürfnisse berechtigt sind und Raum haben. Ich neige nämlich leider dazu mir den Kopf meines Therapeuten zu machen. Also, wie er das empfinden würde und bremse mich dadurch aus. Will ihn doch nicht belästigen usw.
Eines Tages sagte er: "Frau Solage, ich kann sehr gut auf mich selbst aufpassen. Das müssen Sie nicht für mich tun."

Ich würde mir die Freiheit nehmen, das zu tun, was ich tun möchte. Wenn dann so gar keine Antwort käme, fände ich es unhöflich.


Thread-EröffnerIn
Bilderbuch
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 40
Beiträge: 357

Beitrag Mi., 09.06.2021, 20:19

Hallo Solage
Normal würde ich es auch tun und nicht nachdenken aber ich weiß wie verrückt ich war, als ich auf ihre letzte E-Mail wartete und nicht wusste, ob sie was zurück schreibt oder nicht.
Ich bin mir zu wertvoll, um mich wieder dieser Spirale der Hoffnung und Enttäuschung auszusetzen. Was sie denkt, das interessiert mich nicht wirklich, sondern wie es mir damit danach geht. Dieses Ich gebe und bekomme nichts zurück, könnte mich so kurz nach der Therapie ins Loch stürzen. Ich fühle mich nicht 100% stabil, um es zu riskieren. Ich würde das erst dann machen, wenn ich nicht mehr hoffe und ich den Abschied ganz verinnerliche.

Dein Therapeut macht das genau richtig, dass er das offen lässt und mit Dir dann bespricht.
Bei mir war klar; kein Kontakt mehr möglich.
Egal was kommt, sie steht nicht zur Verfügung.

Benutzeravatar

Solage
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 48
Beiträge: 2812

Beitrag Mi., 09.06.2021, 20:30

Hallo Bilderbuch,
ich wusste nicht, dass ihr so eine klare Absprache habt.
Dann würde ich es vielleicht nicht machen. Obwohl, es geht doch nicht darum, dass sie dir zur Verfügung steht, sondern, dass du ihr lediglich eine Grußkarte sendest. Die ist ja außerhalb der Therapie und normale Menschen sagen da : Danke! Wenn sie das nicht tut und du auch Angst vor Enttäuschung hast, dann war es vielleicht nicht so ein guter Abschluss? Hast du Angst vor ihr?
Zuletzt geändert von Solage am Mi., 09.06.2021, 20:33, insgesamt 1-mal geändert.


Thread-EröffnerIn
Bilderbuch
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 40
Beiträge: 357

Beitrag Mi., 09.06.2021, 20:32

Hallo Fairness
Schön, dass es als Thema für dich auch passt.
Ich finde es gut, wenn man wieder kommen darf.
Solange es nicht überhand nimmt.

Ich hätte jedoch Angst in meinem Fall wieder in der Vergangenheit zu suchen. Das Leben reicht nicht aus, um bei mir alles zu beleuchten.


Thread-EröffnerIn
Bilderbuch
Forums-Insider
Forums-Insider
weiblich/female, 40
Beiträge: 357

Beitrag Mi., 09.06.2021, 20:43

Solage hat geschrieben: Mi., 09.06.2021, 20:30 Hallo Bilderbuch,
.., Die ist ja außerhalb der Therapie und normale Menschen sagen da : Danke! Wenn sie das nicht tut und du auch Angst vor Enttäuschung hast, dann war es vielleicht nicht so ein guter Abschluss? Hast du Angst vor ihr?
Gute Frage.., Solage.. ob ich Angst vor ihr habe?
Vor ihr nicht, sondern was das mit mir ggf. macht, der Kontakt mit ihr. Ob der Abschluss gut war? Der war anders als erwartet. Wegen Corona zum Teil, mit Masken und Distanz. Anfangs fand ich ihn gut, jetzt fühlt sich dieser weniger gut. Es fehlte eben dieses „ich freue mich mal von Ihnen zu hören“ und die Stimmung war eher kalt als warm. Zwischendurch kurz warm aber leider überwiegend kalt, womöglich aus Schutz ihres Selbst.
Ich habe schon bessere Abschiede erlebt von Menschen, die mir nicht viel bedeuteten.

Benutzeravatar

Solage
[nicht mehr wegzudenken]
[nicht mehr wegzudenken]
weiblich/female, 48
Beiträge: 2812

Beitrag Mi., 09.06.2021, 20:50

Bilderbuch hat geschrieben: Mi., 09.06.2021, 20:43
warm aber leider überwiegend kalt, womöglich aus Schutz ihres Selbst.
Kann gut sein, dass sie sich auch nicht so wohl mit dem gezwungen distanzierten Abschluss fühlte. Kannst du vielleicht erfahren, wenn du ihr schreibst. Ist ein Risiko, aber wenn du es unterlässt, ist es vielleicht auch unbefriedigend, oder?

Wie heißt es bei der Sendung mit der Maus?" "...."Wer nicht wagt, der nicht gewinnt..."

Werbung

Antworten
  • Vergleichbare Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag