Me-Too-Opfer oder Rache an meinem Chef?

Das Leben ist wesentlich durch unsere Arbeit geprägt. Der Job kann jedoch auch Quelle von Ärger und Frustration sein, oder persönliche Probleme geradezu auf die Spitze treiben...
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Adventskranz
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Me-Too-Opfer oder Rache an meinem Chef?

Beitrag Mo., 05.03.2018, 17:51

Liebe Forum-Mitschreibende,

ich habe früher öfters ein bisschen mitgeschrieben und bin jetzt eher nur sporadische Mitleserin, weil ich auch keine Therapie mehr mache. Jetzt möchte ich Euch aber sehr gerne um Eure Meinung zu einem sehr brisanten Thema bitten:

Seit einem halben Jahr habe ich eine neue Stelle und habe jetzt die Probezeit bestanden. Das Verhältnis zu meinem Vorgesetzten und seiner Frau (beide arbeiten gemeinsam in der Leitung, auch wenn die Frau offiziell keine Leitungsposition inne hat) war eigentlich immer gut, wenn es manchmal auch Differenzen gab. Allerdings merkte ich schon früh, dass ich mir bei Problemen selber helfen musste, weil sich die Probleme eher verschlimmerten, wenn man zu den beiden ging. Dennoch schaffte ich es meine Arbeit gut zu machen, ohne allzu sehr anzuecken, oder die beiden zu kritisieren, weil die mit Kritik oder auch nur ansatzweisen Bitten nicht gut umgehen können, selber aber groß am Austeilen sind. Dies hat zur Folge, dass die Stimmung im Büro ziemlich schlecht ist. Ich hatte es geschafft, mich mehr oder weniger rauszuhalten, weil ich aufgrund meines speziellen Jobs auch ein bisschen eine Sonderposition habe.

Jetzt hat es fürchterlich geknallt, weil ich es wagte etwas zu kritisieren. Darauf hin zitierte mich das Ehepaar in sein Büro, machten die Türe zu und erklärten mir zwei Stunden lang wie unmöglich ich bin,fachlich, charakterlich und in meinem Verhalten.

Von meinem Chef fiel folgender Satz:
"Guck nicht so! Ich schreie Dich nicht an und ich schlage Dich nicht. Und ich fasse Dich nicht an den Po."
(Der Satz fiel, nachdem ich eigentlich schon lange nichts mehr sagte, weil ich mich nicht für diese Anschuldigungen rechtfertigen konnte und wohl ziemlich traurig guckte."

An meinen Hintern hat er mich tatsächlich nie gefasst, aber er ist sehr distanzlos und touchy. So legt er mir ständig die Hand sehr fest auf die Schulter, wenn er mit mir redet, oder legt mir den Arm um die Schulter. Einmal hat er mich tatsächlich wie ein Oktobussi um die Schultern gepackt und an sich gedrückt, als ich nur am Flur vorbei in mein Büro wollte.

Oder er legt mir von hinten die Hand auf die Schulter und wenn ich Distanz suche, legt er mir den Arm um die Schulter und meint, er habe nichts dagegen eng hinter mir zu stehen.

Seine Frau ist auch nicht besser. Sie stand einmal direkt hinter mir. Ich bot ihr dann einen Stuhl an und sie meinte nur "Ach ich stehe gern so hinter Dir, Du zitterst dann so schön."

Leider habe ich meinem Chef nie gesagt, wie unangenehm mir das ist, weil es mir manchmal auch geschmeichelt hat und es eben auch ein Zuneigungsbeweis ist. Was ich tat ist, dass ich bewusst Abstand hielt, also am Schreibtisch zur Seite rutschte, wenn er mir was erklären wollte, oder bewusst, wenn ich auf ihn zu gehe, etwas früher zu stoppen, als sonst. Oder dass ich ihm an Weihnachten die Hand gab, was er leider ignorierte und mich in seine Arme schloss. Durch die bewusste Distanz wurde es etwas weniger.

Wegen des Gesprächs, indem die beiden mich so fertig machten, wird es mit einer Kollegin vom Betriebsrat und dem Oberchef und dem Ehepaar ein Gespräch geben, vor dem es mir graut, weil es eben auch gerechtfertigte Kritik gab.

Das mit dem Nicht-an-den-Po-fassen habe ich nicht erwähnt, weil ich meinen Chef nicht ruinieren möchte und ich eben auch nie deutlich NEIN gesagt habe.

Dennoch wird Körperkontakt ein Thema sein, weil die Frau äußerte, dass sie ständig das Bedürfnis habe mich streicheln zu müssen, weil ich so schwach und klein wirken würde. Als sie mir wieder zu nahe kam, wich ich sehr weit zurück und erklärte ihr, dass ich das nicht mehr wolle, weil ich jetzt wisse, warum sie (beide) das täten. Daraufhin meinte sie nur :"Ich streichel Dich nicht."

Fakt ist, dass ich wütend bin und Angst habe und mich fühle als ob ich ein Ass im Ärmel habe. Auch wäre es die Gelegenheit ein für alle mal klarzustellen, dass er auch als Chef mich nicht anfassen braucht. Aber wenn so etwas erst mal im Raum steht, was dann? Ich will weiter dort arbeiten.

Jetzt bin ich erstmal woanders, weil ich quasi strafversetzt wurde. Ich merke, wie gut es mir geht, wenn niemand mir so nahe kommt. Aber vielleicht bin ich auch einfach froh, nach dem großen Streit wegzu sein, weil es so schwer ist, normal mir ihnen über Dienstliches zu sprechen.

Was meint ihr? Ich bin auf Eure Meinungen gespannt und vielen Dank für alle, die sich die Mühe machen, das zu lesen.

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1000YardStare
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Beitrag Mo., 05.03.2018, 18:06

Ich würde das jetzt weniger in einem sexuellen Kontext sehen.

Allerdings ist das definitv übergriffig, und sämtliche deiner geschilderten Gesten sind (bewusste oder unbewusste) Tricks dich klein zu halten. Es ist eine klare Handlung der "Unterdrückung". Hände die von oben auf die Schulter gelegt werden, und vielleicht sogar etwas Druck ausüben, symbolisieren genau das. Klein halten, runterdrücken. Das mit dem "weil du so schön zitterst" hat auch mit Erniedrigung zu tun.

Um auch mal ein kleiner Schnellschießer hier im Forum zu sein: Extreme ...löcher und/oder Psychopathen die beiden. Das ist einwandfrei Mobbing (bzw. in der Konstellation heißts glaub ich Bossing).
Lest das Buch.

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Gewitter
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Beitrag Mo., 05.03.2018, 20:47

Hallo,

bist du Gewerkschaftsmitglied? Wenn ja, würde ich mich dort beraten lassen. Habt ihr einen Betriebsrat? Wenn ja, dann solltest du dich an ihn wenden.
Haben deine Kollegen mitbekommen, wie sich die Beiden dir gegenüber verhalten?

Liebe Grüße
Quäle nie ein Tier zum Scherz, denn es fühlt wie du den Schmerz.
:rose:

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Rainer-JGS
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Beitrag Mo., 05.03.2018, 23:47

Hallo, liebe A., Du schreibst:

"Wegen des Gesprächs, indem die beiden mich so fertig machten, wird es mit einer Kollegin vom Betriebsrat und dem Oberchef und dem Ehepaar ein Gespräch geben, vor dem es mir graut, weil es eben auch gerechtfertigte Kritik gab."

Außerdem würdest Du - wie Du schreibst - gerne weiterhin in der Firma bleiben.

Wenn Dir dies wirklich ganz wichtig ist, so solltest Du Deine weitere Vorgehensweise darnach ausrichten, wenn es dafür nicht schon zu spät ist, denn mit jedem weiteren Gespräch über das gleiche leidige Thema, insbesondere mit weiteren Bezugspersonen, verschlechtern sich nach meiner Erfahrung die Chancen, daß alles wieder gut wird!

Um die Sache zu retten, würde ich an Deiner Stelle, vorbehaltlos alle meine Fehler zugeben, Mißverständnis freundlich ausräumen und vor allem keine neuen heiklen Themen mehr ansprechen!

Wenn Du Dein Munition zurück hälst und Dich ruhig und bescheiden gibst, so würde Dir das wahrscheinlich von Deinem Vorgesetzten-Ehepaar - auf deren Wohlwollen Du ja angewiesen bist - positiv angerechnet werden. Ansonsten könnten es zu einem Hauen und Stechen auf Teufel komm raus kommen, was meistens nur noch mit einem Verzicht auf die Arbeitsstelle zu überleben ist!
Liebe Grüße vom Rainer-JGS,
der immer gerne das aufhebt, was ihm der liebe Gott vor die Haustüre legt.

Wegen der besseren Lesbarkeit und aus Liebe zur deutschen Sprache benütze ich gerne die traditionelle Rechtschreibung und das generische Maskulinum.

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Faux
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Beitrag Di., 06.03.2018, 01:20

Fällt mir automatisch ein ...............lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Du solltest es realistisch betrachten, grundsätzlich gesehen hast du die schlechteren Karten in dieser Konfrontation. Also wird es wohl darauf hinauslaufen, dass du abwägen musst, ob du dir eine Anpassung an solche Strukturen zumuten willst. Du bist neu in dieser Firma, hattest keinen Zeugen dabei.................deine Position - auch mit Betriebsrat - erscheint nicht gerade berauschend. Wenn du weiter dort arbeiten willst - und das willst du ja -, würde ich mich nicht von Emotionen beeinflussen lassen und nicht nach einem halben Jahr einen Krieg mit einem Vorgesetzten anfangen, der nicht unbedingt einen Preis für "Fairness" erhalten würde. Versuche in dem Gespräch rational auf die Grenzübertretungen einzugehen, eigene Fehler zu benennen und auch Grenzen zu setzen. Die "Strafversetzung" ist ja vielleicht eine Möglichkeit diesen beiden Gestalten künftig aus dem Weg zu gehen. Andernfalls bleibt die Diplomatie, ein gut vorbereitetes Gespräch und die künftige Haltung zu deinem Vorgesetzten. Lächeln beim Gespräch nicht vergessen, die Firma positiv erwähnen und natürlich wie gerne du dort arbeitest. Viel Glück dabei.

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Adventskranz
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Beitrag Di., 06.03.2018, 18:08

Hallo ihr Drei,

vielen herzlichen Dank für Eure Antworten. Ihr habt mir gute Denkanstöße gegeben.

Nun ich bin leider nicht wirklich strafversetzt worden, sondern für drei Wochen in die Zentrale geschickt worden, weil mir, eben auch aufgrund zu kurzer Einarbeitung, zu viele Fehler passiert sind. Danach soll ich zurück und sie scheinen zu recht zu befürchten, dass ich das nicht will. Es hat mich gefreut, dass sie keinesfalls wollten, dass ich meinen Schlüssel abgebe und bei der Verabschiedung betonten, dass ich wieder zu kommen habe. Es ist also nicht alles verloren.

Zwei Kollegen in der Zentrale hatten auch schon das Vergnügen mit den "beiden Gestalten" :) und haben mir auch erklärt, dass sich nichts ändern wird und mir tatsächlich empfohlen, zu gehen. Meine Vorgängerin hat sich auch beschwert und das komplette Büro mit drei Sachbearbeiterinnen wurde kurz vor und während meiner Zeit in der Firma ausgetauscht. Es liegt also dieses Mal wirklich nicht nur an mir, wenn auch der Auslöser für diesen Shitstorm von mir ausging und ich mich nicht sonderlich klug verhalten habe.

Ich mache mir also keine großen Hoffnungen und werde in diesem Gespräch so wenig wie möglich sagen und mich nicht großartig verteidigen. Irrsinnnigerweise habe ich nämlich meine Fehler nie bestritten.

Wegen der "Grabsch-Geschichte" denke ich auch, dass es wohl besser ist, das nicht zu erwähnen, weil es eben einfach unfair ist, weil ich das schon längst hätte tun sollen. Ich würde mich auf ihr Niveau begeben. Immerhin bei der Frau habe ich es geschafft klar NEIN zu äußern und wenn der Mann mir wieder zu nahe kommt, schaffe ich das bei ihm auch.

Vielleicht werde ich mit der Chefin der Abteilung in der Zentrale im größten Vertrauen darüber sprechen.

Und nach dem Gespräch kann ich mir dann in aller Ruhe überlegen, ob ich unter diesen Bedingungen es schaffen kann zu bleiben, oder ob ich mal wieder Bewerbungen schreibe. Das Problem ist, dass ich bereits mehrere Jobwechsel hinter mir habe und sich das im Lebenslauf nicht gut macht.

Liebe Grüße
Adventskranz

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Faux
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Beitrag Mi., 07.03.2018, 08:48

Hallo Adventskranz,

also ich finde, du machst das sehr gut und auch abwägend. Auch das Eingeständnis von Fehlern würde ich jetzt nicht unbedingt durch das übliche Blendwerk ersetzen wollen. Ehrlichkeit ist ja auch meistens entwaffnend und wenn der Effekt offener Münder entsteht, sogar durchaus amüsant. Jedenfalls ist es richtig, auch mehrere Optionen durch zudenken, eben abzuwägen, Fehler zu erkennen und diese/sich auch zu korrigieren. Und immerhin hat dich der "Fehler" ja auch dazu gebracht, zu erkennen, dass du nicht der berüchtigte Einzelfall warst und dass man dich ja anscheinend auch halten will.
LG Faux


Eremit
[nicht mehr wegzudenken]
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Beitrag Mi., 07.03.2018, 09:04

Ich kann Dir nur raten zu gehen, wenn Du Dich nicht versetzen lassen kannst.

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dhmg
neu an Bo(a)rd!
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Beitrag Mi., 07.03.2018, 20:33

Dass es sowas überhaupt gibt, wundert mich. Ich würde wahrscheinlich den Job verlassen an deiner Stelle.

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Gewitter
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Beitrag Mi., 07.03.2018, 20:54

Würde ich auch machen, es sei denn, du kannst in eine andere Abteilung wechseln, wo du mit den Beiden nicht mehr zusammen arbeiten musst.
Auch wenn du schon öfters den Job gewechselt hast, würde ich, wenn ich in deiner Situation wäre, trotzdem gehen.
Ich habe in der Vergangenheit auch schon den Arbeitsplatz wegen Vorgesetzten gewechselt. Ich glaube nicht, dass die Beiden mit ihrem Verhalten aufhören werden.
Quäle nie ein Tier zum Scherz, denn es fühlt wie du den Schmerz.
:rose:

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Adventskranz
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Beitrag Do., 08.03.2018, 05:43

Hallo,
ja, ich denke auch, dass sich nicht viel ändern wird. Das sagen mir auch die Kollegen in der Zentrale, die auch schon das Vergnügen mit beiden hatten.
Inzwischen sind mir die auch egal. Mir geht es um mich. Mir ist das Gespräch wichtig um zu lernen zu mir und meinen Macken zu stehen und den Mut zu haben auch klar und reflektiert meine Anteile zu benennen, ohne wie früher zu Hause quasi auf Knien zu rutschen und gleichzeitig klar zu kommunizieren, dass ich so nicht behandelt werden möchte!
Dann mal schauen. Ich habe ja alle Freiheiten. Vielleicht schreibe ich einfach mal Bewerbungen um zu gucken, wie mein Marktwert ist und ich könnte den Wechsel auch sehr plausibel begründen, ohne den Konflikt auch nur zu erwähnen. Eure Anregungen haben mir sehr geholfen.

PS Die Verkürzung der Überschrift ist etwas unglücklich. Andererseits hm zischen Reinwürgen und Rache ist nicht viel Unterschied. Mir macht Wut angst, weil sie so zerstörerisch ist. deshalbbin ich fro, nicht mehr wütend zu sein.

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