Nocebo - Wenn Ärzte krank machen

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Lilly111
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Nocebo - Wenn Ärzte krank machen

Beitrag Mi., 15.08.2012, 09:08

... durch unbedachte Äußerungen über Behandlungsrisiken oder Nebenwirkungen.

Das nennt sich dann negative Suggestion.
Ob das im Behandlungszimmer eines Arztes oder Therapeuten immer unbedacht erfolgt, sei dahingestellt.
"Angehende Mediziner und Ärzte in der Fort- und Weiterbildung müssen mit einem speziellen Kommunikationstraining für solche Zusammenhänge sensibilisiert werden", fordert Häuser. Der Arzt müsse die Macht seiner Worte kennen und diese zum Nutzen des Patienten einsetzen. "Das sollte auch in der Pflegeausbildung vermehrt berücksichtigt werden", sagt Häuser. Gemeinsam mit zwei Kollegen hat er unlängst in einer Übersichtsarbeit im Deutschen Ärzteblatt die Literatur zum Nocebo-Effekt zusammengetragen.
http://www.spiegel.de/gesundheit/psycho ... 47838.html

Im Übrigen bin ich der Meinung, dass eine große Anzahl von Beiträgen hier im Forum denselben Effekt haben.

Lilly
... as stubborn as a mule.

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Blaubaum
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Beitrag Mi., 15.08.2012, 10:36

hallo Lilly,

gehört zur ausbildung ALLER ärzte nicht auch das fach psychologie?

könnte es sein, dass die gesicherte existenz im rahmen eines geregelten gesundheitssystems, in dem das konkurrenzprinzip der freien wirtschaft nicht gilt, irgendwie nachlässig macht, oder dass der (natürlich gänzlich unbewusste) wunsch des arztes, dass ein patient wegen bleibender störungen wiederkommen möge, um das geldsäckel des arztes oder des krankenhauses, das sein gehalt zahlt, zu füllen, aus dem unbewussten heraus wirksam wird und zu "unprofessioneller unbedachtheit" und flapsiger grobheit führen kann?

ist nicht die seelische schutzschicht erkrankter besonders "dünnhäutig", die suggestibilität erhöht?

welche art von beiträgen oder äusserungen hier im forum sind es denn, die Dich an den im Spiegel-artikel genannten nocebo-effekt erinnern?
spezialisten wissen zuerst viel über wenig und am ende alles über nichts

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Lilly111
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Beitrag Mi., 15.08.2012, 11:58

Hallo Blaubaum,

lauter Suggestivfragen...
gehört zur ausbildung ALLER ärzte nicht auch das fach psychologie?
Weiß ich nicht. Vielleicht, ja. Und wenn schon, das sagt...? Nichts.
Oder wolltest du mit der Frage suggerieren, dass allein ein Studium Garant für Unfehlbarkeit und moralische Integrität ist?
...aus dem unbewussten heraus wirksam wird und zu "unprofessioneller unbedachtheit" und flapsiger grobheit führen kann?
Und sie wissen nicht, was sie tun?
Ich denke sie haben alle das Fach Psychologie belegt? Ja, was denn nun, Blaubaum?
welche art von beiträgen oder äusserungen hier im forum sind es denn, die Dich an den im Spiegel-artikel genannten nocebo-effekt erinnern?
U.a. solche, in denen User versuchen herauszufinden welche, sorry, salopp gesagt, Macke sie denn nun haben. Vielleicht ein bisschen was von dieser Störung, ein bisschen was von der anderen, es könnte natürlich auch ICD-0815 sein, was meint ihr?

Erinnert mich immer an Robert Lembke "Welches Schweinchen bin ich?"

Diese, in meinen Augen, oftmals viel zu starke Fokussierung auf Krankheiten aller Art (körperlich & seelisch) kann nicht gesund sein. Mehr noch, sie kann letztlich tatsächlich zur Krankheit führen. Und wenn nicht gleich zur Krankheit, so doch aber zur Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens und auch des Selbstwertgefühls.
Wenn ich jeden Tag denke, dass mit mir was nicht stimmt, stimmt's tatsächlich nicht (mehr).

Lilly
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stern
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Beitrag Mi., 15.08.2012, 14:53

Na, ich glaube durchaus, dass Bemerkungen auch eine negative Wirkung haben können... denke aber, das liegt teils wirklich an Flapsigkeit bzw. man kann in niemanden reinsehen, wie jemand im Einzelfall reagiert. Och, bei einem Arzt, der im allgemeinen nicht für besondere Sensibilität bekannt ist, bin ich nach einem Spruch gleich mal aus den Latschen gekippt (habe ich sogar auch noch angesprochen... aber mehr kann ich nicht, wenn er darauf nicht reagiert bzw. in dem Fall gar nochmals mit einem unpassenden Spruch reagierte).

Weiß nicht, ob es wirklich eines besonderen Kommunikationstrainings bedarf, um zu lernen, dass manche Bemerkungen vielleicht so psychologisch wertvoll sind (vgl. "deinen" Artikel") ... vielleicht einfach etwas mehr Sensibilität walten lassen (dass Bemerkungen wir "Wir schläfern Sie ein, gleich ist es vorbei" nicht bei jedem Menschen "gut" ankommen, empfinde ich jetzt nicht als so neue Erkenntnis, wenn man ein Minimum an Menschenkenntnis und -einfühlungsvermögen hat, was ein Arzt eigentlich haben sollte ... wenn man das nicht hat, braucht man anderes als ein reines Kommunikationstraining). Bzw. Formulierungen mit Bedacht wählen (=> notfalls erst denken, dann aussprechen ), wenn man zu einem "flotten Mundwerk" neigt.

Heikler ist der Punkt "ausführliche Aufklärung über Behandlungsrisiken" kann zu negativen Effekten führen. Klar, für mich nachvollziehbar. Teils wurden bei mir auch schon Aufklärungen etwas verkürzt, aber nicht ganz unterlassen. Ich tendiere sogar dazu zu sagen, dass das vermutlich auch unzulässig war, obwohl ich das gar nicht so genau hören wollte. Denn ohne Aufklärung kann man ja nicht wirklich eine Entscheidung für oder gegen etwas treffen, zumal Risiken bzw. Nebenwirkungen ja auch heftigere Konsequenzen haben können... insofern weiß ich nicht, ob das Recht auf Nichtwissen höher einzuschätzen wäre, um evtl. negative Placeboeffekte zu vermeiden... das dürfte zumdem einige rechtliche Fragen aufwerfen. Ich habe halt die Bögen unterschrieben, insofern wäre der Doc vermutlich formal abgesichert).
Zuletzt geändert von stern am Mi., 15.08.2012, 15:25, insgesamt 1-mal geändert.
Liebe Grüße
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stern
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Beitrag Mi., 15.08.2012, 15:05

U.a. solche, in denen User versuchen herauszufinden welche, sorry, salopp gesagt, Macke sie denn nun haben. Vielleicht ein bisschen was von dieser Störung, ein bisschen was von der anderen, es könnte natürlich auch ICD-0815 sein, was meint ihr?

Erinnert mich immer an Robert Lembke "Welches Schweinchen bin ich?"

Diese, in meinen Augen, oftmals viel zu starke Fokussierung auf Krankheiten aller Art (körperlich & seelisch) kann nicht gesund sein. Mehr noch, sie kann letztlich tatsächlich zur Krankheit führen. Und wenn nicht gleich zur Krankheit, so doch aber zur Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens und auch des Selbstwertgefühls.
Wenn ich jeden Tag denke, dass mit mir was nicht stimmt, stimmt's tatsächlich nicht (mehr).
Der Punkt ist aber IMO auch: Reagiert nicht jeder gleich... also ich behaupte, es gibt auch Patienten/User, denen es hilft, wenn sie etwas als Störung einordnen können oder der Behandler das übernimmt (z.B. so in die Richtung: so abnormal bin ich dann vielleicht doch nicht bzw. ich bin nicht die einzige, wenn Macke xy sogar einen Namen hat. Oder eine Art Entlastung nicht persönlich versagt zu haben, sondern "nur" an einer Krankheit zu leiden, usw.). Auf den nächsten Patienten haben diagnostische Gespräche wiederum einen negativen Effekt. Bzw. es kann auch mal so und mal so sein... also z.B. auch abhängig davon, um welche Störung es geht.

Aber abzuschätzen können wie jemand reagiert ist eher eine Frage der Menschenkenntnis bzw. wie gut kennt man jemanden bzw. des Einfühlungsvermögens. Und selbst wenn das gegeben ist, bleibt ein Restrisiko, da menschliche Reaktionen nicht immer vorhersehbar sind.
Liebe Grüße
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Blaubaum
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Beitrag Mi., 15.08.2012, 18:27

Lilly111 hat geschrieben:Ich denke sie haben alle das Fach Psychologie belegt? Ja, was denn nun, Blaubaum?
ja, Lilly, genau das. sie haben alle das fach psychologie "gehabt", aber was heisst das schon? nichts.
Wenn ich jeden Tag denke, dass mit mir was nicht stimmt, stimmt's tatsächlich nicht (mehr).
das, was Du hier im forum beobachtest, ist mE ein tagtäglicher bestandteil unserer lebens-und informationsumwelt.

wer ist schon an starken und gesunden menschen interessiert? an menschen, die genug energie und genug loslösung von sich selbst/ihren verstrickungen besitzen, dass sie sich weniger manipulieren und vor irgendjemandes karren spannen lassen? die, anstatt in einer emotionalen endlosschleife gefangen zu sein, a von b klar unterscheiden können und sich bewusst für das entscheiden, was ihrem unverfälschten selbst entspricht?

wer?

(das wäre möglicherweise der tod der neurose und vielleicht auch der der psychose... )
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Tigerkind
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Beitrag Mi., 15.08.2012, 18:38

Blaubaum hat geschrieben:die, anstatt in einer emotionalen endlosschleife gefangen zu sein, a von b klar unterscheiden können und sich bewusst für das entscheiden, was ihrem unverfälschten selbst entspricht?
Kann man ja dran arbeiten...
Je weiter sich eine Gesellschaft von der Wahrheit entfernt, desto mehr wird sie jene hassen, die sie aussprechen.

-George Orwell-

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candle.
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Beitrag Mi., 15.08.2012, 18:50

Hallo zusammen!

Ich habe mich natürlich gefragt was das nutzt oder nicht nutzt, wenn es sowieso reichlich Menschen gibt, die erstmal den Waschzettel akribisch lesen. Ich denke, dass Mediziner allgemein eher keine Informationen zu Medikamenten und deren Nebenwirkungen machen (von sich aus).

Ich möchte anmerken, dass ich die Studie nicht kenne und nicht weiß, ob das in dem Spiegel Artikel gut widergegeben wurde. (Hoffenlich war das ein Medizinjournalist har har).

VG candle
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Lilly111
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Beitrag Mi., 15.08.2012, 21:27

stern hat geschrieben:Heikler ist der Punkt "ausführliche Aufklärung über Behandlungsrisiken" kann zu negativen Effekten führen.
Ja, an der Stelle habe ich auch meine Probleme mit dem "Recht auf Nichtwissen".
Wie du schon schreibst, kann ich mich nur für oder gegen bspw. eine OP entscheiden, wenn ich möglichst umfassend über Risiken und Nebenwirkungen aufgeklärt bin.

Bisschen anders sehe ich es bei Medikamenten. Da wird die, gesetzlich vorgeschriebene, Aufklärungspflicht mE übertrieben. Wenn man sich die Beipackzettel durchliest, ist einem eigentlich schon schlecht bevor man die Pillen genommen hat. Ich kann mir vorstellen, dass nicht wenige Patienten aus Angst vor möglichen Nebenwirkungen die Medikamente dann gar nicht nehmen. Was auch nicht im Sinne der Erfinder ist.

Für mich der "Klassiker" sind die völlig überflüssigen Kommentare während oder nach einer Untersuchung. Was ich da schon alles über die Beschaffenheit meiner Organe zu hören gekriegt habe... Dabei ist es ganz egal, ob es positiv oder negativ war. Ich mein, was nützt es mir? Nichts. Solange, was immer, nicht behandlungsbedürftig ist, darf das jeder Doc gern für sich behalten.
Die Motivation hinter diesem "Geplapper" habe ich nie verstanden.
Blaubaum hat geschrieben:wer?
Ich.
(das wäre möglicherweise der tod der neurose und vielleicht auch der der psychose... )
Als nächstes würde ein ganzer Berufszweig aussterben.
Wäre ja auch traurig.

Lilly
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Blaubaum
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Beitrag Mi., 15.08.2012, 23:46

Lilly111 hat geschrieben:Ich
auch
spezialisten wissen zuerst viel über wenig und am ende alles über nichts

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Passat
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Beitrag Mi., 15.08.2012, 23:55

Blaubaum hat geschrieben:sie haben alle das fach psychologie "gehabt", aber was heisst das schon? nichts.
Mein Vater, ein Gymnasiallehrer, hat auf Kritik an seiner schwachen Menschenkenntnis und autoritären schulischen Maßnahmen immer so geantwortet: "Ich hatte doch nur ein Semester Pädagogik während meines Studiums."
"Alles entsteht durch den Konflikt" (Heraklit)

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Blaubaum
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Beitrag Do., 16.08.2012, 00:13

hallo Passat,

mein lieblingslehrer (mathe/physik) hatte gar kein semester pädagogik, er war elektroingenieur. und ein ehrlicher , herzenswarmer mensch. irgendwie muss er daran geglaubt haben, dass das ausreicht...
spezialisten wissen zuerst viel über wenig und am ende alles über nichts

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Passat
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Beiträge: 943

Beitrag Do., 16.08.2012, 00:48

Hallo Blaubaum,

mein Vater hätte vielleicht schon eher an seine Herzenswärme geglaubt, wenn er immerhin zwei Semester Pädagogikseminare belegt hätte.

Entweder man ist Mensch, oder nicht.
"Alles entsteht durch den Konflikt" (Heraklit)


Eremit
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Beitrag Do., 16.08.2012, 00:51

Passat hat geschrieben:Entweder man ist Mensch, oder nicht.
Jeder Mensch ist Mensch, auch die kalten, die mörderischen, die verlogenen, die grausamen.

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Passat
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Beiträge: 943

Beitrag Do., 16.08.2012, 00:55

Da hast du leider recht, Eremit. Zumindest sehen sie so aus.
"Alles entsteht durch den Konflikt" (Heraklit)

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