Ich halte meinen Job nicht mehr aus

Das Leben ist wesentlich durch unsere Arbeit geprägt. Der Job kann jedoch auch Quelle von Ärger und Frustration sein, oder persönliche Probleme geradezu auf die Spitze treiben...
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Grimalkin
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Ich halte meinen Job nicht mehr aus

Beitrag Mo., 18.11.2013, 03:47

Ich habe gerade einen Verlängerungsvertrag für ein weiteres Jahr in meinem Job unterschrieben. Das Gehalt ist gut, und eigentlich liebe ich die Arbeit die ich mache. Trotzdem graut es mir am Sonntag Abend bereits vor Montag, und ich kann kaum erwarten, dass die Woche vorbei ist. Ich spiele mit dem Gedanken, zu kündigen, obwohl das meine Karriere in diesem Bereich wahrscheinlich beenden würde.

Rational gesehen weiß ich, dass ich wahrscheinlich einen Burn Out habe, aber ich habe keine Ahnung, was ich dagegen tun soll.

Ich arbeite in der Wissenschaft. Das heißt, ich habe zwar offiziell eine 40 Stunden Woche, aber tatsächlich arbeite ich 55+ Stunden die Woche (ohne die Überstunden bezahlt zu bekommen). Mein Boss sieht das als selbstverständlich an. Tatsächlich hat er mir vor kurzem gesagt, ich würde nicht genug arbeiten und sollte öfter am Wochenende kommen. (dazu muss man sagen er arbeitet auch selbst 11 Std pro Tag und am Wochenende)

Offensichtlich ist mein Boss mit der größte Faktor, warum ich aus diesem Job raus will, aber es gibt auch noch viele andere Gründe. Ich habe meine Arbeit mal geliebt, aber inzwischen kommt sie mir sinnlos vor. Selbst Dinge, die ich früher mal gern getan habe, machen mir keinen Spass mehr. Mit meinen Kollegen komme ich eigentlich gut klar, aber sie können nicht verstehen, warum ich nicht mehr mit Begeisterung an die Arbeit gehe.

Ich muss mich jeden Morgen zwingen, zur Arbeit zu gehen, und komme inzwischen auch öfter mal zu spät (das macht mich bei meinem Boss natürlich nicht beliebter, auch wenn ich dann Abends länger bleibe). Ich habe auch nicht mehr das Gefühl, dass ich meine Arbeit wirklich gut mache.

Wochenende erhohlt mich nicht, Urlaub auch nicht. (Hab aber auch seit Jahren keinen Urlaub mehr gemacht, der länger als eine Woche war, länger Urlaub zu nehmen ist bei meinem Boss schwierig).

Mein Plan war es eigentlich, das Jahr noch zuende zu arbeiten, und mir dann was anderes zu suchen, aber inzwischen habe ich das Gefühl, dass ich es einfach nicht noch ein Jahr aushalte. Aber wenn ich jetzt aufhöre, fehlt mir die Qualifikation mich für die nächste Karrierestufe zu bewerben, und mein Boss wäre wahrscheinlich so sauer, dass er mir kein vernünftiges Empfehlungsschreiben schreibt. Außerdem wird mir von allen Seiten gesagt, dass es so gut wie unmöglich ist, sich in meinem Bereich aus der Arbeitslosigkeit heraus zu bewerben (hab das auch schon bei einigen ehemaligen Kollegen erlebt, die jetzt mehrere Jahre arbeitslos sind).

Was kann ich tun?

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Fouché
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Beitrag Mo., 18.11.2013, 07:16

Hallo,
Was genau ist das Problem? Du schreibst, daß Du die Arbeit an sich gerne machst; daß die Bezahlung ok ist; daß die Kollegen ok sind.
Unterm Strich bleiben als Negativfaktoren die Arbeitszeit (kann man nachvollziehen) und die Person Deines Chefs (wobei da für mich nicht ganz klar wird, was da die wirklichen Probs sind). Vielleicht kannst Du ein bissl genauer sagen, was Dich so fertig macht.


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Grimalkin
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Beitrag Mo., 18.11.2013, 08:55

Das Problem ist, dass ich das selbst nicht wirklich weiß. Früher habe ich das gleiche gemacht und gerne, und ich habe auch gerne am Wochenende gearbeitet, weil ich mich für meine Arbeit begeistert habe.

Inzwischen komme ich mir nur noch wie ein Roboter vor. Meine Arbeit macht mir keinen wirklichen Spaß mehr, es kommt mir alles sinnlos und ineffizient vor.

Wenn ich sage, ich liebe meine Arbeit, heißt das, ich bin gerne Wissenschaftler, aber im Moment verabscheue ich meine alltägliche Arbeit.

Teilweise hat das vielleicht damit zu tun, dass mein Chef nicht wirklich an dem interessiert ist, was ich tue. Er will nur die Publikationen aus meiner Arbeit wo dann sein Name mit draufsteht. Wie die zustande kommen interessiert ihn nicht, nur dass sie zustande kommen, und bitte gestern. Hin und wieder stellt er wilde Theorien auf und ist dann sauer, wenn die Daten sie nicht belegen. Wenn dann was publiziert wird, macht er Druck damit das nächste Mal höher publiziert wird. Ich hab nicht das Gefühl, dass er mich als Mitarbeiter schätzt oder die Arbeit würdigt die ich mache. Das ist mein Problem mit ihm. Andere in der Gruppe sehen das auch so, aber sie ignorieren seine Art einfach und sind politisch gewiefter, d. h. sie sagen ihm halt, was er hören will. Ich habe aber das Gefühl, dass ich meine Integrität aufgäbe, wenn ich das machen würde.

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Rosella
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Beitrag Mo., 18.11.2013, 09:27

Hallo Grimalkin,
was hältst du von einem Besuch bei einem Berufscoach (nennen sich manchmal auch berufliche Supervisoren)? Die gibt es in Berlin bestimmt sehr zahlreich. Ein professionell geführtes Gespräch über Ressourcenschonung, Zeitmanagement oder einen evtl. Arbeitsplatzwechsel halte ich hier sehr hilfreich. Das kann eine überstürzte Kündigung vermeiden! Nebenbei gibt einem schon die Aussprache an sich etwas von der Energie zurück, die man in einem ressourcenfressenden Job verloren hat. Auch ohne zwingenden Arbeitsplatzwechsel kann man dort einige hilfreiche Strategien für den aktuellen Job erfahren und mit Unterstützung umsetzen (allein den professionellen Rückhalt halte ich schon für sinnvoll).
Schade, dass es immer noch Chefs gibt, die den Wert der freien Zeit und des ressourcenstärkenden Privatlebens nicht kennen und schätzen!

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Fouché
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Beitrag Mo., 18.11.2013, 17:43

Sehe ich das richtig, daß Du Dich von Deinem Chef mehr oder weniger ausgenutzt fühlst (Publikationen usw.) und in Dir sich alles dagegen sträubt, Überstunden für Dinge zu machen, die er erstens nicht würdigt und die zweitens Dir selber nicht angerechnet werden? Daß Du dadurch das Gefühl hast, daß alles was Du machst sinnlos (für Dich) ist?

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Hiob
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Beitrag Mo., 25.11.2013, 17:34

von Grimalkin: Mein Plan war es eigentlich, das Jahr noch zuende zu arbeiten, und mir dann was anderes zu suchen, aber inzwischen habe ich das Gefühl, dass ich es einfach nicht noch ein Jahr aushalte. Aber wenn ich jetzt aufhöre, fehlt mir die Qualifikation mich für die nächste Karrierestufe zu bewerben, und mein Boss wäre wahrscheinlich so sauer, dass er mir kein vernünftiges Empfehlungsschreiben schreibt. Außerdem wird mir von allen Seiten gesagt, dass es so gut wie unmöglich ist, sich in meinem Bereich aus der Arbeitslosigkeit heraus zu bewerben...
Liebe Grimalkin.

Irgendwie kann ich das nicht so ganz verstehn. Das würde doch bedeuten, dass du eine moderne Sklavin bist, die zur Arbeit gezwungen wird? Versteh ich irgendwie nicht, ich dachte soetwas gibt es nicht und wir wären frei? Man freut sich doch, wenn ein neuer Mensch geboren wird, aber wird denn ein neuer Sklave geboren? Empfindest du es wirklich als so schlimm? Würdest du das Jahr mit Psychotherapie denn vielleicht durchhalten?

Viele Grüße
H.
Zuletzt geändert von Hiob am Mo., 25.11.2013, 17:42, insgesamt 1-mal geändert.

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luftikus
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Beitrag Mo., 25.11.2013, 17:42

Hiob hat geschrieben:[Irgendwie kann ich das nicht so ganz verstehn. Das würde doch bedeuten, dass du eine moderne Sklavin bist, die zur Arbeit gezwungen wird? Versteh ich irgendwie nicht, ich dachte soetwas gibt es nicht und wir wären frei?
Hm, naja, Freiheit gibt es im Berufsleben halt doch nicht so richtig, oder? Klar kann man kündigen, aber letztlich sind viele Menschen halt doch mehr oder weniger an ihre Arbeit gekettet - und die Kette heißt "Einkommen". Ich sehe es im Bekanntenkreis: hat man erstmal seinen Job verloren (die Kette ist also gerissen), dann gerät man halt finanziell rasch ins Trudeln...

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Farinata
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Beitrag Mo., 25.11.2013, 18:10

@ Hiob

Das Sklavenband heißt heute Selbsterhalt und Existenzangst, wobei der Maßstab von der Gesellschaft gesetzt wird.

Die Arbeit ist es nicht unbedingt, die fesselt, aber wer möchte Status und Lebensqualität einbüßen? Die nackte Existenz mit Essen von der Tafel und einem Zimmer im Obdachlosenasyl bekommt jeder, aber nicht jeder ist dafür geboren, damit zufrieden zu sein.

Allerdings ist es jedem freigestellt, die Ansprüche ein Stück weit herunterzuschrauben, um zu mehr persönlicher Freiheit zu gelangen. Es gilt abzuwägen. Aber von der Angst vor dem Stellenverlust förmlich hypnotisiert zu sein, bringt außer Symptomen nichts ein.

@ TE

Ist es nicht im wissenschaftlichen Bereich wirklich so, dass endlose Fleißarbeit erwartet wird, ja fast Bedingung ist?
Bester Gruß,
Farinata

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peppermint patty
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Beitrag Mo., 25.11.2013, 19:22

Grimalkin hat geschrieben: Rational gesehen weiß ich, dass ich wahrscheinlich einen Burn Out habe, aber ich habe keine Ahnung, was ich dagegen tun soll.
Vorschlag: ernst nehmen.

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liquid uranus
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Beitrag Mo., 09.12.2013, 22:10

Grimalkin hat geschrieben:Das Problem ist, dass ich das selbst nicht wirklich weiß. Früher habe ich das gleiche gemacht und gerne, und ich habe auch gerne am Wochenende gearbeitet, weil ich mich für meine Arbeit begeistert habe.

Inzwischen komme ich mir nur noch wie ein Roboter vor. Meine Arbeit macht mir keinen wirklichen Spaß mehr, es kommt mir alles sinnlos und ineffizient vor.


Ich denke, dass dein vermutliches Burnout von einem Gefühl der Ohnmacht kommt. Du kannst dich durchaus mit Überstunden arrangieren aber durch das Verhalten deines Chefs entsteht bei dir vielleicht ein Gefühl der Fremdbestimmung. Das, was du leistest, wird als selbstverständlich hingenommen und es wird noch mehr gefordert. Das macht die Arbeit nicht nur weniger reizvoll sonder belastend, weil man immer weiter entfernt vom Erfolgserlebnis ist.

Ein Knackpunkt hier könnte, neben konkreten (rechtlichen?) Schritten, deine bewusste Einstellung zu der Sache sein. Die Tatsachen kann man vielleicht nicht direkt dadurch änder, aber zumindest ist es wichtig, dass du das Gefühl hast, Herr deiner Situation zu sein. Selbstbestimmt und frei im Handeln. Auch wenn es nicht tatsächlich so läuft, die Illusion kann oft helfen. >fake it till you make it.
[center]"Feuer und Wasser kommt nicht zusammen. Kann man nicht binden, sind nicht verwandt.
In Funken versunken steh ich in Flammen.. und bin im Wasser verbrannt."[/center]

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