Habe mein Leben nicht mehr im Griff

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Anve
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Habe mein Leben nicht mehr im Griff

Beitrag Di., 02.06.2015, 09:24

Hallo,

ich bin 24 Jahre alt, hab mein Abitur gemacht, habe dann einen Bachelorabschluss erlangt und hatte Ziele im Leben.
Frühjahr 2014 habe ich dann einen Masterstudiengang an einer anderen Uni begonnen, denn so war es immer mein Plan. Doch es kam die Prüfungsphase und ich habe mich schlecht vorbereitet gefühlt und habe nur eine Prüfung mitgeschrieben. Ich hatte vor die verpassten Prüfungen im nächsten Semester dann aufzuholen. Ich bin zu keiner einzigen Prüfung gegangen, weil ich wieder Angst hatte eine schlechte Note zu bekommen. Weil ich in der Prüfungsordnung etwas übersehen hatte, wurde ich dann exmatrikuliert. In mir und meinem Freund wuchs Ende 2014 immer mehr die Idee und schließlich immer konkreter Pläne uns selbständig zu machen. Aber eigentlich erst nach meinem erfolgreich absolvierten Masterabschluss, damit mir alle Wege offen stehen. Aber ich wurde exmatrikuliert. Mein Freund hat das nicht so schwer aufgefasst wie ich. Er sagt, dann machen wir uns eben jetzt selbständig.
Dazu wollte ich die Prüfung für die Gaststättenkonzession machen. Aber wieder bin ich nicht richtig vorbereitet. Ich habe das Gefühl mein ganzes Leben geht den Bach runter.
Ich bin den ganzen Tag zuhause, ich schaffe es nicht mal die Wohnung in Ordnung zu halten. Ich kann mich zu nichts aufraffen und ich könnte die ganze Zeit nur heulen.
Ich habe keine Ahnung wie ein strukturierter Tagesablauf aussieht, ich schiebe alles auf. Ich finde kein Mittelmaß und fühle mich immer überfordert. Sobald etwas in meinem Privatleben geschieht (zb Streit mit der Familie oder dem Freund) wirft mich das ewig aus dem Konzept. Ich liege dann auf der Couch und sitze die Zeit ab. Ich mache nicht mal was, was mir Freude bereitet, meistens surfe ich ziellos im Internet rum.
Ich war immer sehr perfektionistisch und leistungsorientiert. Und jetzt geht alles den Bach runter.
Ich hoffe, dass mir irgendjemand helfen kann, denn ich weiß langsam wirklich nicht mehr weiter. Sobald ich alleine bin, versinke ich in Trauer, Selbsthass und Lethargie. Ich kriege die einfachsten Dinge nicht hin, wie beispielsweise Pakete zurückschicken oder einen Vertrag zu unterschreiben. Ich bin froh, dass ich meinen Freund habe und ich weiß, dass ich wenigstens eingekauft haben muss und grob aufgeräumt haben muss, wenn er heimkommt, denn sonst hätte ich sicherlich nicht mal mehr etwas zu essen im Haus.
Ich fühle mich so schlecht in Anbetracht meines verkackten Lebenslaufes und habe das Gefühl nie wieder etwas in meinem Leben erreichen zu können. Ich habe kaum mehr sowas wie ein Selbstwertgefühl, ich will niemand anderen mehr sehen und ich fühle mich unwohl wenn ich beispielsweise einkaufen gehe, weil ich angst habe, dass mich Jemand anspricht. Mittlerweile habe ich schon Probleme mit meinem Äußeren.. ich war eigentlich immer zufrieden, wie das eben als Frau so ist.. mal mehr mal weniger zufrieden. Aber wenn ich mich jetzt im Spiegel sehe fühle ich mich einfach zum kotzen. Ich hab schon 4 kg abgenommen, aber glücklicher oder zufriedener macht mich das auch nicht. Im Gegenteil.
Ich habe Angst mein Leben nie wieder in den Griff zu kriegen. Bald Hartz 4 zu beziehen (aktuell bekomme ich Unterhalt von meinen Eltern) und irgendwann mein Leid nicht mehr ertragen zu können und mir was anzutun.

Habt ihr einen Rat? Wie soll ich vorgehen? Wie sieht ein normaler Tagesablauf aus?

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Chancen
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Beitrag Di., 02.06.2015, 10:18

Hallo Anve!

Auch wenn es sich momentan so anfühlt: es ist nichts verloren!
Die allermeisten Menschen haben Krisen, Phasen der Niedergeschlagenheit und Depression oder einfach mal keinen Plan, wie's weitergehen soll.

Das gehört zum Erwachsenwerden und Erwachsensein dazu. Besonders wenn man sich in Ausbildung und Schwebe befindet und noch nicht auf lange Zeit der Stabilität zurückblicken kann.

Die gute Nachricht: solche Zustände gehen vorbei.

Aus Krisen entsteht Neues, auch wenn's nicht ersichtlich ist, wenn man sich noch mittdendrin befindet.

Als Sprungbrett und Hebel aus der Krise darf ich dir dieses Übungsbuch ans Herz legen:

... avid+burns


Chancen

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Anve
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Beitrag Di., 02.06.2015, 10:25

Vielen Dank für die schnelle Antwort. Das Buch werde ich mir ansehen. Ich habe es gerade zumindest geschafft mich zu duschen und etwas anzuziehen, womit ich das Haus verlassen kann.
Ich hatte mir heute morgen einen Tagesplan gemacht, aber mal wieder das Duschen vergessen und jetzt ist der ganze Plan schon wieder total durcheinander.

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Chancen
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Beitrag Di., 02.06.2015, 10:31

Im buch gibt's ein eigenes Kapitel zu solchen Tagesplänen und man lernt auch, damit klarzukommen, wenn man seinen perfektionistischen Plan nicht durchbringt.

Kurz: auch wenn dein Plan durcheinander ist, du bist und bleibst unberührt davon, ein wertvoller und liebenswerter Mensch.
Das einzusehen, wirst du lernen müssen.

Chancen

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Anve
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Beitrag Di., 02.06.2015, 10:33

Aber was bringt es mir ein wertvoller Mensch zu sein, wenn ich meine ganzen Ziele niemals erreichen kann, weil ich meinen Tagesablauf nicht auf die Reihe bekomme? :(

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Grashalm
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Beitrag Di., 02.06.2015, 10:33

Hallo Anve,

wenngleich ich dir kaum eine Hilfestellung leisten kann, da ich mit einer ähnlichen Problematik zu kämpfen habe (Bachelor fertig, danach Wechsel in neuen grundständigen Studiengang und nun schon wieder unglücklich mit der Entscheidung...) möchte ich dir Mut zusprechen. Du bist nicht alleine.
Man sollte wohl versuchen, sich auf neue Aufgaben zu konzentrieren, statt seine Energie an vergangene Verluste und Misserfolge zu verschwenden.

Beste Grüße
Grashalm
"Wer a sagt, der muß nicht b sagen. Er kann auch erkennen, daß a falsch war." - Bertolt Brecht -

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Anve
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Beitrag Di., 02.06.2015, 10:37

Danke.
Das habe ich ja auch immer wieder versucht, aber scheitere immer daran, dass ich keinen stringenten Tagesablauf hinbekomme und mich immer überfordert fühle. Ich habe einfach Angst erneut zu versagen.

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Chancen
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Beitrag Di., 02.06.2015, 10:38

Anve hat geschrieben:Aber was bringt es mir ein wertvoller Mensch zu sein, wenn ich meine ganzen Ziele niemals erreichen kann, weil ich meinen Tagesablauf nicht auf die Reihe bekomme? :(
Eine Frage dazu:

Warum musst du denn deine Ziele erreichen?

Was passiert, wenn du deine Ziele nicht erreichen würdest?

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Anve
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Beitrag Di., 02.06.2015, 20:18

Ich würde niemals den Lebensstandard halten können bei dem ich glücklich wäre und den ich gewöhnt bin.

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candle.
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Beitrag Di., 02.06.2015, 20:24

Hallo Anve !

Willkommen im Forum!

Ich hätte da wohl einige Fragen: Was hat das denn ausgelöst, dass es zum Abbruch des Masters kam? Ging es dir vorher schon nicht gut? Und was ist das mit der Selbständigkeit? Ich hatte jetzt den Eindruck, dass das alles auf deinen Schultern lastet. Wieso macht dein Freund denn nicht diesen Schein? Seid ihr finanziell schon gut aufgestellt oder baut ihr da Luftschlösser?

Könntest du den Master noch machen?

Viele Grüße!
candle
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Chancen
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Beitrag Di., 02.06.2015, 20:42

Anve hat geschrieben:Ich würde niemals den Lebensstandard halten können bei dem ich glücklich wäre und den ich gewöhnt bin.

Und was wäre daran so schlimm, wenn du deinen gewohnten Lebensstandard nicht halten könntest?

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Anve
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Beitrag Di., 02.06.2015, 21:25

candle. hat geschrieben:Hallo Anve !

Willkommen im Forum!

Ich hätte da wohl einige Fragen: Was hat das denn ausgelöst, dass es zum Abbruch des Masters kam? Ging es dir vorher schon nicht gut? Und was ist das mit der Selbständigkeit? Ich hatte jetzt den Eindruck, dass das alles auf deinen Schultern lastet. Wieso macht dein Freund denn nicht diesen Schein? Seid ihr finanziell schon gut aufgestellt oder baut ihr da Luftschlösser?

Könntest du den Master noch machen?

Viele Grüße!
candle
Ich hatte immer Phasen in denen ich das Problem mit der Motivation habe und generell machen mir Prüfungen enormen Druck und lösen starken Stress aus. Auch im Bachelorstudium. Aber irgendwie hat trotzdem alles gut geklappt und ich habe einen guten Abschluss gemacht.
Ich weiß es nicht, wieso ich gescheitert bin. Ich glaube einfach, weil ich das Lernen usw. soweit vertrödele bis ich durchdrehe.
Was heißt finanziell so gut aufgestellt.. es besteht die Möglichkeit, dass es evtl an der Finanzierung scheitert, aber wir könnten schon einige Zeit ohne zu arbeiten überleben. Ein gewisses Polster ist schon vorhanden. Er macht den Schein nicht, da ich zum einen durch mein Bachelorstudium die Hälfte der Prüfungen angerechnet bekomme und zum anderen, weil er Vollzeit arbeitet und auch im Job stark eingespannt ist. Zudem wollte ich jetzt auch mal wieder was auf die Reihe bekommen.
Ich könnte den Master an einer anderen Uni noch machen. Da hab ich rechtzeitig reagiert und mich exmatrikuliert bevor die Zwangsexmatrikulation gekommen wäre. Allerdings gibt es hier keine andere Uni in der Nähe, die einen passenden Master anbietet. Deswegen spiele ich mit dem Gedanken mich ab Herbst an der Fernuni zu immatrikulieren, da ich eigentlich immer sehr gut alleine lernen konnte. Das ist ja das verrückte. Ich hab mein Abi damals aufgrund Krankheit per Eigenregie gemacht, weil ich unter keinen Umständen länger fürs Abi brauchen wollte. Hab das dann auch erfolgreich durchgezogen und auch den Bachelor geschafft. Da die Selbständigkeit ein Saisongeschäft wäre, könnte ich bei "Nichtsaison" dem Studium nachgehen um meine Selbstachtung irgendwie zurückzugewinnen.

Ich glaube ich habe mir vielleicht auch einfach zuviel Druck gemacht. Im ersten Semester im Master war es noch so, dass ich mir vorgenommen hatte keine schlechte Note zu schreiben um gute Chancen bei einem meiner Wunschunternehmen für einen Job zu haben. Und deswegen hab ich die Prüfungen dann nicht geschrieben.. und im zweiten Semester, keine Ahnung.. auch noch der Druck schlechte Noten zu schreiben und gleichzeitig auch die Angst zu versagen. Ich weiß es nicht genau. Wenn ich es so genau wüsste, wär ich denk ein gutes Stück weiter.

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Anve
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Beitrag Di., 02.06.2015, 21:28

Chancen hat geschrieben:
Anve hat geschrieben:Ich würde niemals den Lebensstandard halten können bei dem ich glücklich wäre und den ich gewöhnt bin.

Und was wäre daran so schlimm, wenn du deinen gewohnten Lebensstandard nicht halten könntest?

nie wieder den Sport machen, den man geliebt hat?
niemals Kinder ernähren zu können, die man sich gewünscht hat?
niemals wieder die Urlaube machen können, die einem Spaß machten?


Klar ich kann auch nichts machen, auf dem Sofa liegen, Hartz 4 beziehen, mein ganzes Leben verkackt haben und es toll finden. Aber das ist doch total absurd und alles andere als erstrebenswert. Und ich bin auch kein Mensch, der für sowas geschaffen ist.

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Anve
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Beitrag Di., 02.06.2015, 21:31

Ich habe heute gemacht:
- Spülmaschine aus und eingeräumt
- geduscht
- Bad geputzt
- eingekauft
- Vereinssport gemacht, der mir aber heute keinen Spaß gemacht hat, da ich bei jedem Fehler am liebsten im Erdboden versunken wäre und mich für meine Unfähigkeit am liebsten geohrfeigt hätte.

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Chancen
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Beitrag Mi., 03.06.2015, 07:51

Anve hat geschrieben: nie wieder den Sport machen, den man geliebt hat?
niemals Kinder ernähren zu können, die man sich gewünscht hat?
niemals wieder die Urlaube machen können, die einem Spaß machten?


Klar ich kann auch nichts machen, auf dem Sofa liegen, Hartz 4 beziehen, mein ganzes Leben verkackt haben und es toll finden. Aber das ist doch total absurd und alles andere als erstrebenswert. Und ich bin auch kein Mensch, der für sowas geschaffen ist.
Das ist doch absoluter Blödsinn. Du zeichnest ein krasses schwarz-weiß Bild.

Bloß weil du nicht genau die erstrebte Position im Unternehmen xy erreichst oder dich genau mit Plan A selbstständig machst oder bloß weil du den Master nicht machst oder nicht gleich jetzt oder nicht so gut, heißt das ja nicht, dass du vollständig am Boden leben wirst und niemals deinen Sport machen kannst, Kinder kriegen oder schöne Urlaube.

Bloß weil du ein bestimmtes Ziel nicht (oder nicht zeitgerecht) erreichst, bedeutet das nicht, dass du dein Leben verkackt hast und auf dem Sofa liegen bleibst und nichts tust und unglücklich bist.

Eine Abweichung vom Lebensplan und ein Neu-Anpassen der Ziele bzw. das Eingehen einiger Umwege bedeutet keineswegs die absolute Hölle.
Es kann sich vielmehr als glückliche Fügung herausstellen, weil man auf dem Holzweg gewesen war.

Die absolute Hölle ist es aber, wenn man sich Ziele steckt, die man nicht erreichen kann oder wird oder soll und dann nicht loslassen kann und auf dem Holzweg bleibt. DAS ist das Schreckliche und das ist die Hölle.

Gerade als Perfektionistin (und ich weiß, wovon ich spreche) ist man da ausgeliefert und macht sich kaputt, für etwas, das man niemals einholen kann.

Ein Überdenken und genaues Überprüfen der Pläne und dahinterliegender Motivation und einen Realitätsabgleich (=werde ich wirklich Hartz4 beziehen müssen oder den ganzen Tag kaputt und lustlos am Sofa liegen müssen, wenn Plan A, B oder C nicht aufgeht?) scheint mir hier unbedingt vonnöten, da du sonst auf geradem Kurs ins Unglück bleibst.

Eine Abkehr vom Schwarz-Weiß-Denken.

Lies das Buch, das ich dir empfohlen habe oder merke es dir und lies es in ein paar Jahren, falls du keinen anderen Weg gefunden haben solltest, mit deinen Zwängen und deiner Depression umzugehen.

Chancen

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