Erfahrungen aus der Arbeit in der Psychiatrie

Hier haben Sie die Möglichkeit, anderen Ihre Erfahrungen zur Verfügung zu stellen - oder sie nach deren Erfahrungen im Kontext von klinischer Psychotherapie, Psychiatrie und Neurologie zu fragen.
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Krebsmann79
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Erfahrungen aus der Arbeit in der Psychiatrie

Beitrag Sa., 21.12.2019, 20:47

Hallo Ich möchte hier einmal von meiner Erfahrung aus der Arbeit in der Psychiatrie berichten. Ich war im Auftrag einer Personalgesellschaft als Pflegehelfer in Seniorenheimen und Psychiatrien tätig. Meine Aufgabe während meiner Tätigkeit in der Psychiatrie bestand darin, Patienten 1 zu 1 zu betreuen die einen hohen Betreuungsaufwand hatten da sie entweder selbst oder fremdgefährdend waren.
Ich habe viele Leute kennengelernt die sich kritisch zur Psychiatrie geäußert haben. Die Erfahrungen die ich machte waren zum größten Teil positiv. Die Psychiatrie kann ein Ort sein um sich mit sich selber auseinander zusetzen. Dazu braucht es manchmal einen Abstand vom persönlichen Umfeld. Die Pfleger, Ärzte und Therapeuten gerade auf den geschützten Stationen arbeiten mit einer hohen Professionalität, damit sich der Pat gut aufgehoben fühlt. Ich möchte die Leute die Angst vor einer stationären Behandlung haben ermutigen diesen Schritt zu tun. Die meisten Patienten mit denen ich zu tun hatte waren übrigens freiwillig da. Ich habe einige betreut die sich aufgrund Ihrer Angst oder aufgrund von depressiven Phasen selber eingewiesen haben. Nur Mut an die die Bedenken WG einer Einweisung haben. LG

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Pianolullaby
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Beitrag Sa., 21.12.2019, 23:05

Nun, es gibt aber leider auch ganz andere Erfahrungen
und die machen es leider schwierig sich da "einfach mal hinzubegeben"
Es gibt nämlich auch extrem gute Gründe, wieso man Angst hat davor.
Ich finde du zeichnest hier einen sehr einseitigen Bericht.
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Broken Wing
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Beitrag Sa., 21.12.2019, 23:34

Krebsmann79 hat geschrieben: Sa., 21.12.2019, 20:47Ich möchte hier einmal von meiner Erfahrung aus der Arbeit in der Psychiatrie berichten.
War spannend zu lesen, ich kenne es nur aus Patientensicht.
Krebsmann79 hat geschrieben: Sa., 21.12.2019, 20:47 Die Psychiatrie kann ein Ort sein um sich mit sich selber auseinander zusetzen. Dazu braucht es manchmal einen Abstand vom persönlichen Umfeld.
Ich gehöre wohl auch zur kritischen Fraktion. Keine Ahnung, worin die Auseinandersetzung mit sich selbst besteht, wenn man geradeaus gesagt einen auf mehrfachbehindert macht und alles neu lernt. Das geht schon beim Atmen los. Die können ja gar nichts und brauchen Hilfe beim Essen, Schlafen, Atmen. Überall wird man angeleitet. Selbst das Kommunizieren wird eingeübt. Aber natürlich nur Mist, denn es handelt sich bei den Anleitenden nicht um professionelle Trainer, sondern Therapeuten.
Am Ende des Tages habe ich viel gemacht ohne etwas zu lernen und ohne die Zeit zu haben, mich mit mir zu beschäftigen oder gar mein Problem zu lösen. Kurz: Ich wurde beschäftigt und zwar wie in einer Einrichtung für Menschen mit geistigen und motorischen Beeinträchtigungen.

Krebsmann79 hat geschrieben: Sa., 21.12.2019, 20:47Die Pfleger, Ärzte und Therapeuten gerade auf den geschützten Stationen arbeiten mit einer hohen Professionalität, damit sich der Pat gut aufgehoben fühlt.
Wenn man nicht beabsichtigt, große Bekanntschaft mit dem Medikamentenschrank zu machen, sollte man die Gefühlslage des Mitarbeiters gut kennen und in der Nacht seine Schlaflosigkeit besser für sich behalten. Oder auch seinen Redebedarf, das hat ja Zeit bis zur Einzelthera.
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Broken Wing
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Beitrag Sa., 21.12.2019, 23:52

Pianolullaby hat geschrieben: Sa., 21.12.2019, 23:05 Nun, es gibt aber leider auch ganz andere Erfahrungen
und die machen es leider schwierig sich da "einfach mal hinzubegeben"
Es gibt nämlich auch extrem gute Gründe, wieso man Angst hat davor.
Ich finde du zeichnest hier einen sehr einseitigen Bericht.
Genau das denke ich auch. Gerade auf der Akutstation, wo nicht alle freiwillig da sind, gibt es große Probleme. Das Personal ist selbst oft stark belastet, da wird ja jeder genommen. Die Fähigen und Guten ergreifen die Flucht.

Aber selbst wenn man auf eine halbwegs friedliche Station kommt, sollte man sich nicht zu viel erwarten. Möglichst unauffällig ein Ballaballa-Programm abarbeiten und so tun, als hätten einem die Grünschnäbel und Übriggebliebenen gerade Dinge gesagt, die das eigene Leben oder gar die Welt bewegen. Vielleicht hätte ich, hätte ich die Medikamente tatsächlich genommen, das auch geglaubt.
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Anna-Luisa
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Beitrag So., 22.12.2019, 00:43

Krebsmann79 hat geschrieben: Sa., 21.12.2019, 20:47 Die Psychiatrie kann ein Ort sein um sich mit sich selber auseinander zusetzen. Dazu braucht es manchmal einen Abstand vom persönlichen Umfeld. Die Pfleger, Ärzte und Therapeuten gerade auf den geschützten Stationen arbeiten mit einer hohen Professionalität, damit sich der Pat gut aufgehoben fühlt.
Es gibt ja nun wirklich genug Orte, an denen man sich mit sich selber auseinandersetzen kann. Da würde ich nicht gerade die Psychiatrie wählen.

Als Besucherin in der Psychiatrie habe ich festgestellt, dass das ein Ort ist, an dem ich nie länger als eine Stunde sein möchte. Als albern empfinde ich die Umbenennung der geschlossenen Station in den Begriff "geschützte/beschützte Station". Warum wurde sie umbenannt? Sie ist doch geschlossen - abgeschlossen.

Als äußerst problematisch empfand ich, dass in der Psychiatrie viele Mitarbeiter nur sehr gebrochen Deutsch sprachen. Das allein hätte mich schon daran gehindert, mich gut aufgehoben zu fühlen.

Wenn jemand suizidal ist, würde ich ihm auch raten, sich in die Psychiatrie zu begeben. Sonst eher nicht.
Fordere viel von dir selbst und erwarte wenig von den anderen. So wird dir Ärger erspart bleiben.
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Beitrag So., 22.12.2019, 10:18

Hallo ich glaube ich habe mich falsch ausgedrückt. Auch ich denke das eine Stationäre Behandlung die letzte Wahl ist da es gerade auf den akut Stationen sehr unruhig sein kann da viele Unterschiedliche Leute zusammenkommen. Als angehender Heilerziehungspfleger finde ich die Englisch psychiatrische Pflege besser als die deutsche. Hier werden Psychosepatienten statt stationär zu Hause im persönlichen Umfeld betreut. Eine Stationäre Aufnahme kann aber auch bei der Umstellung von Medis helfen.Hatte eine Bekannte die Kreislaufprobleme und Krämpfe in Folge falscher Psychopharmaka hatte. Wenn so jemand dann alleine ist zu Hause ist es besser wenn die Umstellung stationär passiert.

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Anna-Luisa
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Beitrag So., 22.12.2019, 10:32

Falsch ausgedrückt ist gut. ;) .

Dein letzter Beitrag hat mit dem Ausgangspost quasi nichts zu tun.
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Coriolan
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Beitrag So., 22.12.2019, 12:11

Krebsmann79 hat geschrieben: Sa., 21.12.2019, 20:47 Die Pfleger, Ärzte und Therapeuten gerade auf den geschützten Stationen arbeiten mit einer hohen Professionalität, damit sich der Pat gut aufgehoben fühlt.
Ich kenne beide Seiten (also sowohl mit, als auch ohne Schlüssel) und kann deine romantische Sichtweise von der Arbeit auf der Geschlossenen leider null bestätigen.

Auf der Geschlossenen wird man oft einfach nur verwahrt (mit Beruhigungsmitteln abgeschossen) und sitzt entweder seinen Beschluss ab und/oder wartet auf die Wirkung der Medikamente.

Gespräche mit Therapeuten gab's für die Pat. nicht - lediglich das tägliche Mandala-Ausmalprogramm mit einer Ergotherapeutin konnte man dafür nutzen (falls man da zu Wort kam - Gruppentherapie).

Von Professionalität leider keine Spur. Das Pflegepersonal verkroch sich zu 90% im Dienstzimmer (um dort Privatgespräche zu führen) und die Pat. haben die für sie zuständige Pflegekraft manchmal die komplette Schicht kein einziges Mal gesehen. Dafür ging das Macht demonstrieren und zeigen, wer hier der Chef ist, aber ganz gut. Gesprächsbedarf sollte man nicht haben - das Personal hat dafür aufgrund von Privatgesprächen leider keine Zeit und wofür gibt's Mitpatienten (die können ja schließlich eh nicht weg...)
Pat. zur Strafe zu fixieren (was nicht erlaubt ist), anzubrüllen und zu beleidigen halte ich ebenso nicht für professionell.

Klinikaufenthalte sind sicher nicht immer und für jeden schlecht. Aber so ein romantisches Bild von einer Station zu zeigen, wo es oft sehr viel (nicht nur verbale) Gewalt gibt, halte ich für falsch.

Ich möchte garantiert niemanden von einem Klinikaufenthalt abschrecken und eher ermutigen, sich Hilfe zu suchen, bevor es eskaliert und man auf der Geschlossenen landet.
Behinderung/Erkrankung ist eine Erklärung für Vieles, aber keine Entschuldigung für Alles.

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stern
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Beitrag So., 22.12.2019, 12:18

Krebsmann79 hat geschrieben: So., 22.12.2019, 10:18 Als angehender Heilerziehungspfleger finde ich die Englisch psychiatrische Pflege besser als die deutsche. Hier werden Psychosepatienten statt stationär zu Hause im persönlichen Umfeld betreut. Eine Stationäre Aufnahme kann aber auch bei der Umstellung von Medis helfen.Hatte eine Bekannte die Kreislaufprobleme und Krämpfe in Folge falscher Psychopharmaka hatte. Wenn so jemand dann alleine ist zu Hause ist es besser wenn die Umstellung stationär passiert.
Auch hier gilt: Psychiatriepatient ist eben nicht Psychiatriepatient. Bei Selbst- oder Fremdgefährdung (egal aufgrund welcher Störung) wäre eine Daheim-Behandlung in D nicht vorgesehen (aus sehr einleuchtendem Grund). Und in anderen Fällen muss man ja nicht stationär gehen, wenn man glaubt anderweitig besser versorgt zu werden. Kann man dann ja abwägen.
Liebe Grüße
stern 🌈💫
»Je größer der Haufen,
umso mehr Fliegen sitzen drauf
«

(alte Weisheit)

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Malia
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Beitrag So., 22.12.2019, 13:16

Ich kenne die Psychiatrie auch von beiden Seiten und kann nicht nachvollziehen, wie man einen Aufenthalt dort quasi anpreisen kann.
Nach meinen Erfahrungen gibt es Unterschiede.
Ich habe totale Entmündigung erlebt und auch einfühlsame Unterstützung.
Wenn es nötig ist, sich in die Psychiatrie einweisen zu lassen, kann man nur hoffen, an eine "gute" Station zu geraten.
„Moralisten sind Menschen, die sich dort kratzen, wo es andere juckt.“
Samuel Beckett

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Broken Wing
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Beitrag So., 22.12.2019, 15:24

Sind doch mehr vernünftige Schreiber hier als ich erwartet hatte. In der Allgemeinbevölkerung herrscht in diesem Bereich das blanke Unwissen. Da ist nach dem WK II alles wieder in Ordnung und es wird tatsächlich geholfen oder sogar geheilt ;-)
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Candykills
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Beitrag Mo., 23.12.2019, 10:06

Ich arbeite ja grade auf der Geschlossenen, wobei das noch frisch ist. Und ic kenne die Geschlossene auch gut als Patient.
Meine Erfahrung bisher: Das Pflegepersonal geht sehr freundlich und wohlwollend mit den Patienten um. Es wird wenig über die Patienten gelästert. Das Pflegepersonal ist am Mann, auch die Stationsärzte führen Gespräche. Therapien gibt es auch. Natürlich nehmen die Patienten Medikamente. Abgeschossen finde ich sie nicht, wenn ich das mit meiner eigenen medikamentösen Therapie vergleiche, unter der ich ja auch zur Zeit arbeite.
Ich finde die Station sehr gut, auf der ich arbeite. Als Patient habe ich teilweise ganz andere, schlechtere Erfahrungen machen müssen, allerdings auf anderen Stationen bzw. anderen Kliniken.
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

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Anna-Luisa
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Beitrag Mo., 23.12.2019, 12:26

Candykills hat geschrieben: Mo., 23.12.2019, 10:06 Es wird wenig über die Patienten gelästert.
(...)
Natürlich nehmen die Patienten Medikamente.
Ich finde auch diesen Beitrag erschreckend. Warum wird denn überhaupt über Patienten gelästert?

Warum nehmen sie "natürlich" Medikamente?
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Candykills
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Beitrag Mo., 23.12.2019, 12:32

Weil Medikamente bei Psychosen indiziert sind.

Und das Personal, so kannte ich es bisher, über Patienten gelästert hat, sogar bei anderen Patienten. Das ist halt wie ich es bisher kannte.
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

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Anna-Luisa
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Beitrag Mo., 23.12.2019, 12:40

D.h. Psychotiker müssen Medikamente nehmen - ggf. auch gegen ihren Willen?

Und auf der Geschlossenen sind doch nicht nur Psychotiker. Und trotzdem nehmen sie, natürlich, Medikamente?

Wenn "leichte Lästereien" als normal/harmlos angesehen werden, gewinne ich Verständnis für die Anti-Psychiatrie-Bewegung.
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