Depression / versauter Lebenslauf

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Palayl
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Depression / versauter Lebenslauf

Beitrag Mo., 30.03.2020, 18:54

Ich hatte jahrelang eine Depression und konnte daher nicht rechtzeitig meine Ausbildung beenden.
Nachdem ich die Ausbildung beendet habe, konnte ich nicht arbeiten.

Nun geht es mir erheblich besser, so daß ich arbeiten könnte.
Das Problem: Wie erkläre ich bei meiner Bewerbung die langen Pausen, in denen ich nichts gemacht habe?
Wenn ich sage "Ähmm ja, da hatte ich eine Depression" kann ich doch gleich einpacken.

Machen wir uns nichts vor. In dieser scheiss Leistungsgesellschaft darf man keine psychischen Probleme haben.

Ich habe überlegt, ob ich nicht einfach sagen soll, daß ich in der Zeit im Ausland war. Wenn ich gefragt werde, was ich dort gemacht habe, könnte ich sagen, daß ich gejobbt habe.

Müsste ich in so einem Fall diese Tätigkeiten nachweisen? Wenn ich zum Beispiel sage, dass ich in Spanien gekellnert habe?

Ich halte diese Notlüge für die bessere Alternative als zu sagen, daß ich depressiv war.

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theweirdeffekt
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Beitrag Mo., 30.03.2020, 19:20

Keine Ahnung wie das in D ist. In Ö wird gerne der Sozialversicherungsauszug verlangt, wenn man die Zeiten nicht anhand von Dienstzeugnissen nachweisen kann.
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chrysokoll
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Beitrag Mo., 30.03.2020, 21:08

also ich glaube Lügen haben kurze Beine, wie will man sowas durchhalten?

Ich war auch lange und mehrfach draussen durch meine schwierige psychische Lage und hab dann doch noch die Kurve gekriegt

Wie lange ist denn die Ausbildung her, hast du darin schon mal gearbeitet, ist es ein gefragter Beruf?
Hast du schon mal probiert dich zu bewerben? Dieses "das wird sowieso nichts" ist ja auch sehr typisch für Depressionen und keine gute Voraussetzung für die Jobsuche

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Miss_Understood
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Beitrag Mo., 30.03.2020, 23:38

Dienstzeugnisse und Sozialversicherungsauszug? WOW! Das habe ich in Deutschland noch nie gehört.
Aber ist vermutlich auch eher bei sehr speziellen Berufsgruppen und ÖD so, oder?

Ich denke, das kommt sehr auf die Branche an, in der du dich bewegst. Und auf deinen individuellen Lebenslauf, wann und wie lange die Zeiten sind um die es geht. Zwei, drei Monate unmittelbar nach der Ausbildung 'arbeitssuchend' ist glaub ich nicht sonderlich negativ in einem Lebenslauf, das ist fast schon normal.

Im Lebenslauf würde ich NIEMALS 'Depressionen' oder 'Krankheit' hinschreiben.

Könntest du vielleicht Projekte, auch vielleicht ehrenamtliches oä, was vielleicht online noch sichtbar ist, als in dieser Zeit verortet im Lebenslauf erwähnen? So dass es als freiberufliche Zeit gewertet werden könnte?

Und - ja, ich tendierte da eher zu Notlüge - sofern plausibel (sprichst du sehr gutes Spanisch?), mit der Wahrheit legst du dir selbst wohl zu viele Steine in den Weg. Außer du suchst eine Arbeit zb in der Software-Entwicklung in einem größeren Sozialunternehmen. Ein Bekannter von mir hat beim Vorstellungsgespräch tatsächlich gesagt, dass er länger krank geschrieben und dann in Kur war wegen Depressionen - und bekam den Job. Er hatte aber auch recht spezielle, eher seltene Programmierkenntnisse.

Im Vorstellungsgespräch wenn überhaupt und NUR auf Nachfrage knapp sagen, dass du krank geschrieben warst - die Diagnose geht keinen etwas an - und dass du jetzt wieder gesund bist. Am besten überlegst du dir, wie DU selbst dann zum nächsten Thema überleitest und führst das Gespräch weiter.
ch-ch-ch-chaaaaaaange

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nulla
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Beitrag Di., 31.03.2020, 00:05

Ich würde auf Anfrage wohl am ehesten sagen, dass ich in der Zeit gesundheitliche Probleme hatte, die mittlerweile aber gelöst sind und ich deshalb besonders motiviert bin, mich in die Arbeit zu stürzen.
"Wege entstehen dadurch, dass man sie geht."
(Kafka)


theweirdeffekt
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Beitrag Di., 31.03.2020, 09:42

Miss_Understood hat geschrieben: Mo., 30.03.2020, 23:38 Dienstzeugnisse und Sozialversicherungsauszug? WOW! Das habe ich in Deutschland noch nie gehört.
Aber ist vermutlich auch eher bei sehr speziellen Berufsgruppen und ÖD so, oder?

Ich denke, das kommt sehr auf die Branche an, in der du dich bewegst.
Sofern man nicht als ungelernter Hilfsarbeiter wo anfangen will, ist es tatsächlich so. Das hängt alleine schon mit der Gehaltseinstufung, die sich ja auch an Dienstzeiten orientiert zusammen.

Bis zu 3 Monaten "Auszeit" ist selten ein Problem. Der Arbeitgeber muss halt überzeugt werden, warum ausgerechnet du besser geeignet bist als jemand anderer. Was spricht für dich, was zeichnet dich aus? Was kannst du gut? Es lohnt sich deshalb deine Stärken und Schwächen auszuarbeiten. Und zu überlegen wie du mit unangenehmen Fragen umgehst. Je sicherer du selbst bist, umso weniger bringt dich jemand aus dem konzept.

Dazu ist aber die erste hürde die Bewerbung. Die sollte vollständig, ohne Schlampigkeitsfehler, chronologisch und formal sauber sein. Ich bin da ganz bei Miss Understood: gibt es irgendwas in der Zeit, dass "verwertbar" ist a la "Selbststudium im Bereich k.a. Konfliktmanagement" falls du dich mit Mobbing auseinandergesetzt hast. Oder musstest du ein Familienmitglied pflegen, Familienmanagament stemmen etc.

Alles Gute
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Miss_Understood
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Beitrag Di., 31.03.2020, 10:38

theweirdeffekt hat geschrieben: Di., 31.03.2020, 09:42
Miss_Understood hat geschrieben: Mo., 30.03.2020, 23:38 Dienstzeugnisse und Sozialversicherungsauszug? WOW! Das habe ich in Deutschland noch nie gehört.
Aber ist vermutlich auch eher bei sehr speziellen Berufsgruppen und ÖD so, oder?

Ich denke, das kommt sehr auf die Branche an, in der du dich bewegst.
Sofern man nicht als ungelernter Hilfsarbeiter wo anfangen will, ist es tatsächlich so. Das hängt alleine schon mit der Gehaltseinstufung, die sich ja auch an Dienstzeiten orientiert zusammen.
Von welchem Land redest du? Und du bist im Öffentlichen Dienst, wenn du von 'Gehaltsstufeneinstufung' schreibst. Das ist ein sehr großer Unterschied.

Hier in sehr vielen Branchen (NICHT öffentlicher Dienst), die ich kenne in Deutschland, in über 20 Jahren Bewerben (mehr oder weniger) und Kontakt mit BewerberInnen habe ich noch nie gehört, dass ein Sozialversicherungsauszug angefordert wurde. AUCH mit akademischem Abschluss. Deine Aussage kann ich hier zumindest überhaupt nicht bestätigen. Statement einer Bekannten, die im Jobcenter arbeitet, das sei noch außerhalb des Öffentlichen Dienstes äusserst selten.
ch-ch-ch-chaaaaaaange

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theweirdeffekt
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Beitrag Di., 31.03.2020, 11:01

Ich bezieh mich auch auf Ö. Und hab ganz zu Beginn geschrieben, dass ich nicht weiß wies in D aussieht.

"Sofern man nicht als ungelernter Hilfsarbeiter wo anfangen will, ist es tatsächlich so. Das hängt alleine schon mit der Gehaltseinstufung, die sich ja auch an Dienstzeiten orientiert zusammen" bezieht sich auf deine Äußerung: "Aber ist vermutlich auch eher bei sehr speziellen Berufsgruppen und ÖD so, oder?" In Ö gehört das tatsächlich zum "guten Bewerbungston", es sei denn man kommt irgendwo mit Vitamin B unter vielleicht.
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nulla
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Beitrag Di., 31.03.2020, 11:07

Miss_Understood hat geschrieben: Di., 31.03.2020, 10:38 Und du bist im Öffentlichen Dienst, wenn du von 'Gehaltsstufeneinstufung' schreibst. Das ist ein sehr großer Unterschied.
Nein, da geht es um die Vordienstzeiten, die bei der Grundeinstufung berücksichtigt werden, im Hinblick auf die Gehaltsvorrückung. Wenn du die Vordienstzeiten nicht belegen kannst, werden sie dir auch nicht angerechnet.
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pandas
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Beitrag Di., 31.03.2020, 11:09

Es ist wohl schon so, dass es Länder gibt, in denen ein lückenloser, belegbarer Lebenslauf bis zur Stunde 0 nicht die Bedeutung zukommt wie hierzulande, wie in den USA. Anderseits sind dort die Arbeitnehmerrechte dann viel schlechter. Auch nach langen Arbeitsverhältnissen kann plötzlich wieder draussen sein, Sozialversicherung ist viel armseliger bestellt.
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard


pandas
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Beitrag Di., 31.03.2020, 11:13

Im Vergleich zum deutschen Lebenslauf werden in einem Resume nur die wichtigsten beruflichen Stationen genannt. Ein Bild des Bewerbers wird dem Lebenslauf nicht angehängt, auch finden sich dort keine Informationen zu Alter, Geschlecht, Religion oder Nationalität. Der Verzicht auf solche Angaben soll helfen, Diskriminierung zu verhindern.

Im Gegensatz zum deutschen Lebenslauf werden im amerikanischen Resume Referenzen angegeben, die in den USA standardmäßig verlangt werden. Hierbei handelt es sich um die Angabe von Kontaktdaten früherer Vorgesetzter oder anderer Menschen, die Aussagen über die Fähigkeiten und Qualifikationen des Kandidaten treffen können. Quelle: https://tabellarischer-lebenslauf.net/f ... ebenslauf/
"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit." Kierkegaard


theweirdeffekt
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Beitrag Di., 31.03.2020, 12:05

In Ö gibts, soweit ich weiß, auch so eine Art zweiter Arbeitsmarkt mit Projekten, wo man unter bestimmten Umständen bis zu einem Jahr unter "rücksichtsvolleren" Umständen arbeiten kann. Dort wird geschaut, dass man dann in eine weitere fixe Stelle übermittelt wird. Das nennt sich sozialökonomischer Betrieb. Vielleicht wäre das als Einstieg eine Idee, wenns etwas äquivalentes in D auch gibt?
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Miss_Understood
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Beitrag Di., 31.03.2020, 13:53

Palayl, du hast 'Frankfurt' als Wohnort angegeben. Können wir davon ausgehen, dass das heisst, dass du in Deutschland eine Arbeit suchst? Magst du die Branche bzw die Berufsgruppe nennen?
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Candykills
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Beitrag Di., 31.03.2020, 15:40

Ich würde nicht sagen, was für eine Krankheit, sondern einfach ehrlich sein und sagen "ich war krank, jetzt bin ich aber wieder gesund und möchte gerne arbeiten".
Ich bin wie einer, der blindlings sucht, nicht wissend wonach noch wo er es finden könnte. (Pessoa)

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Malia
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Beitrag Di., 31.03.2020, 17:04

Ich hatte mehrmals die Möglichkeit, eine Arbeitsstelle zu erhalten, weil das Arbeitsamt einen Teil der Lohnkosten für ein Jahr übernahm.
Damit ging der AG ein geringes Risiko ein, als er mich einstellte.
Meine Erfahrung ist, dass es immer besser ausgegangen ist, wenn ich meine beruflichen Ausfallzeiten mit Krankheit, Therapie/Neuorientierung begründet habe, also mit der Wahrheit.
In der Bewerbung und im Lebenslauf hab ich meine Stärken hervorgehoben.
Auch die Überwindung einer psychischen Erkrankung ist eine Stärke und so hab ich es auch dargestellt, aber möglichst kurz.
Wenn man damit trotzdem zum Vorgespräch eingeladen worden, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, die Stelle zu bekommen.
Arbeitgeber wollen meistens die Sicherheit, einen unkomplizierten und zuverlässigen Menschen einzustellen.

Also leicht war das alles nicht ;-) , ich hatte allerdings auch viele Krisen, viel Klinikaufenthalte u.s.w.
Aber ich hatte außerhalb solcher Zeiten immer Arbeit (wenn ich wollte ;-) ) und wenn es putzen oder ähnliches war.

Ich denke, ob man eine Arbeitsstelle bekommt oder nicht, hängt ganz viel von der inneren Haltung ab.
„Moralisten sind Menschen, die sich dort kratzen, wo es andere juckt.“
Samuel Beckett

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