Partner hat Depression, ich weiss nicht weiter

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Erika123
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Partner hat Depression, ich weiss nicht weiter

Beitrag Mi., 16.02.2022, 15:09

Hallo an alle,

ich brauche einfach Raum und Menschen mit denen ich das teilen kann und vielleicht ein bisschen Hoffnung und Erfahrungen. Kurz zu meiner/ unserer Situation.

Wir sind seit 9 Jahren in einer Fernbeziehung. Das ging über mehrere Länder, ich lebte in Deutschland, studierte aber im Ausland. Er lebte in Österreich, arbeitete aber in einem anderen Ausland. Nun bin ich in D. und er in Ö. . Wir hatten es irgendwie geschafft.

Seit zwei Jahren ist er in ein tiefes Loch gerutscht, es wurde eine Depression diagnostiziert. Ich konnte ihn zu einer Therapie mobilisieren. Gleichzeitig bekam er die ersten Medikamente. Die Med. halfen nicht, er bekam neue, dann wieder neue, alles ohne Erfolg. Daraufhin schlich er sie alle aus. Die Therapie verlief sich nach einigen Monaten im Sand, war wohl nicht die richtige, brachte keine Veränderung. Dann der zweite Ansatz mit einer Logotherapie, brachte auch nichts.
Er ist in einem Dauertief, kann aber noch arbeiten. Ein Zustand aber der schon 2 Jahre anhält. Seit Herbst ist er nicht mehr in Behandlung und sagt, das er auch keine mehr möchte. Er wolle nicht nochmal eine fremde Person mit einspannen.

In den letzten Wochen ist es immer schlechter geworden, er kommuniziert nicht mal mehr mit mir. Es ist nun die 3 Woche das wir nicht mehr telefoniert haben. Ein Netzwerk hat er nicht aufgebaut nach seinem letzten Umzug, ist also ganz allein, hat niemand. Ich lasse ihm den Abstand, denn zuvor habe ich genau das Gegenteil gemacht, wollte helfen. Habe seine Aufgaben übernommen, Therapeuten gesucht und so lange darüber gesprochen bis er dann den Schritt machte. Wohl nicht für sich selbst.

Wir sind Anfang des letzten Jahres endlich an den Punkt gekommen das wir zusammen ziehen wollten. Ich sollte zu ihm und wollte mich selbständig machen. Wollten gern weiter kommen, irgendwann eine Familie usw. . Ich wohne in einer Ferienwohnung, war nur vorübergehend geplant, bis wir eine Wohnung dort finden. Ich mach aber alles allein, was er erledigen sollte macht er nicht. Habe da einfach auch einen zeitlichen Druck. Ich weiss einfach nicht wie das so weiter gehen soll. Was kann ich von ihm verlangen, was kann ich tuen? Wie weit soll ich gehen? Wenn ich Grenzen setze, dann überschreitet er sie. Ich sage er soll wenigstens schreiben wenn wir nicht reden können, aber da kommt nichts. Mir geht es dann jeden Tag einfach nur schlecht, warte und warte... . Ich muss mein Leben ganz anders planen, wenn dass was wir planten, gerade den Bach runter geht. Ich kann nicht einschätzen was ihm hilft.

Was sind eure Erfahrungen, was würde Sinn machen von meiner Seite aus, was hilft? Noch hoffe ich einfach, langsam denke ich aber vergebens.

Ich danke euch!

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Sinarellas
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Beitrag Mi., 16.02.2022, 17:49

Genau das was du geschrieben hast ausdrucken und ihm vorlesen.
..:..

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Erika123
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Beitrag Mi., 16.02.2022, 17:59

Sinarellas hat geschrieben: Mi., 16.02.2022, 17:49 Genau das was du geschrieben hast ausdrucken und ihm vorlesen.
Danke dir. Das habe ich wörtlich etliche Male. Irgendwie hab ich das Gefühl er ist wie paralysiert. Ausser sich Vorwürfe zu machen, macht er leider nichts.

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Pianolullaby
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Beitrag Mi., 16.02.2022, 19:49

Verlangen kannst Du erstmal gar nichts.
Es ist SEIN Leben, und er kann entscheiden was er tut und was er lässt.
Damit musst Du klar kommen.
Du kannst ihn ermuntern, mit ihm sprechen.
Aber wenn er nicht will, kannst Du ihn zu nichts zwingen.

Vllt kannst Du Dir eine eigene Therapie als "Angehörige" suchen, evt. auch eine Selbsthilfegruppe
alles andere liegt in seiner Verantwortung
Träume nicht Dein Leben, lebe Deinen Traum

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Philosophia
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Beitrag Mi., 16.02.2022, 20:08

Das Problem ist... du kannst ja gar nichts machen, wenn er nicht mitmacht, nicht will. Wenn du ihm all das, was du hier schon geschrieben hast, mitgeteilt hast, dann hast du echt getan, was möglich ist. Ich denke, es gibt zwei Möglichkeiten: 1. du wartest, bis er sich meldet und beschäftigst dich jetzt erstmal nur mit deinem Leben. 2. du wartest nicht mehr, und findest dein eigenes Glück.
Eines steht ja fest - du hast offenbar schon vieles ausgehalten. Aber ohne ein bissl Entgegenkommen und Austausch funktioniert keine Beziehung.
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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Erika123
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Beitrag Mi., 16.02.2022, 20:59

Pianolullaby hat geschrieben: Mi., 16.02.2022, 19:49 Verlangen kannst Du erstmal gar nichts.
Es ist SEIN Leben, und er kann entscheiden was er tut und was er lässt.
Damit musst Du klar kommen.
Du kannst ihn ermuntern, mit ihm sprechen.
Aber wenn er nicht will, kannst Du ihn zu nichts zwingen.

Vllt kannst Du Dir eine eigene Therapie als "Angehörige" suchen, evt. auch eine Selbsthilfegruppe
alles andere liegt in seiner Verantwortung
Mit Verlangen meine ich z.B. das er auch meine Grenzen akzeptiert. Klar kann ich nicht Verlangen das er eine Therapie macht. Ich weiss, wenn ich mit ihm darüber rede, dann macht er den Schritt, aber ist das denn Sinn der Sache? Dann wird es wieder nicht für ihn selber, sondern für mich passieren.

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Erika123
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Beitrag Mi., 16.02.2022, 21:03

Philosophia hat geschrieben: Mi., 16.02.2022, 20:08 Das Problem ist... du kannst ja gar nichts machen, wenn er nicht mitmacht, nicht will. Wenn du ihm all das, was du hier schon geschrieben hast, mitgeteilt hast, dann hast du echt getan, was möglich ist. Ich denke, es gibt zwei Möglichkeiten: 1. du wartest, bis er sich meldet und beschäftigst dich jetzt erstmal nur mit deinem Leben. 2. du wartest nicht mehr, und findest dein eigenes Glück.
Eines steht ja fest - du hast offenbar schon vieles ausgehalten. Aber ohne ein bissl Entgegenkommen und Austausch funktioniert keine Beziehung.
Genau das meine ich, mit was kann ich von ihm Verlangen? Denn, ich würde ein Entgegenkommen erwarten, er macht es aber nicht, weil er die Depression hat, sagt er. Kann ich denn also sowas von jemand verlangen, der diese Krankheit hat? Für alles ist das einfach die Erklärung. Ist das denn die Erklärung?

Schwer sich bei gemeinsamen Plänen um das eigene Leben zu kümmern. Dann muss ich ja automatisch das gemeinsame streichen leider.

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Philosophia
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Beitrag Mi., 16.02.2022, 21:06

Du hast ein Recht auf ein eigenes Leben und musst aufpassen, dass du in den Sumpf nicht mit reingezogen wirst. Ich finde, es ist dein gutes Recht dich jetzt auch abzugrenzen. Du musst dich nicht aufopfern. Eine Depression entschuldigt nicht alles.
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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Erika123
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Beitrag Mi., 16.02.2022, 21:16

Philosophia hat geschrieben: Mi., 16.02.2022, 21:06 Du hast ein Recht auf ein eigenes Leben und musst aufpassen, dass du in den Sumpf nicht mit reingezogen wirst. Ich finde, es ist dein gutes Recht dich jetzt auch abzugrenzen. Du musst dich nicht aufopfern. Eine Depression entschuldigt nicht alles.
Ich hatte einfach immer gehofft es wird besser, es stabilisiert sich. Hoffe ich ja immer noch. Irgendwie passiert es aber einfach nicht. Wollte ja ein Leben mit ihm, ich liebe ihn ja. Ich versuche aufzutanken, Abstand zu nehmen aber es belastet mich dennoch viel zu sehr. Dann auch noch keine Kommunikation, das ist wie eine Folter.

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lisbeth
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Beitrag Mi., 16.02.2022, 21:54

Erika123 hat geschrieben: Mi., 16.02.2022, 21:16 Ich hatte einfach immer gehofft es wird besser, es stabilisiert sich. Hoffe ich ja immer noch. Irgendwie passiert es aber einfach nicht. Wollte ja ein Leben mit ihm, ich liebe ihn ja. Ich versuche aufzutanken, Abstand zu nehmen aber es belastet mich dennoch viel zu sehr. Dann auch noch keine Kommunikation, das ist wie eine Folter.
So wie du seine Depressionen beschreibst, wird sich das vermutlich von alleine nicht wesentlich bessern. Er braucht Behandlung, Medikamente, Therapie. Und er muss es auch selbst wollen und auch was an sich und seinem Leben verändern wollen. Falls er das will, wird das ein längerer, schmerzhafter Prozess sein. Eine Therapeutin hat mir mal ganz unverblümt gesagt: Durch die Depression verhalten Sie sich wie eine absolute Ober-Egoistin, auch wenn Sie das im Grunde Ihres Herzens nicht sind. Soll heißen, in diesem Sumpf sieht man nur sich selbst, die eigenen Wunden, Bedürfnisse, man wabert auch ganz schön im Selbstmitleid rum. Aber du kannst ihn da nicht rausziehen. Eher wird er dich da mit reinziehen.

An deiner Stelle würde ich mich auch auf mich selbst und mein Leben konzentrieren. Falls er sich berappelt, und wirklich Hilfe annimmt und an sich arbeitet, dann kann man ja nochmal neu schauen, was geht und wie es funktionieren könnte. Aber jetzt auf unbestimmte Zeit da zu sitzen und zu warten, ob er überhaupt Hilfe will? Damit tust du weder dir noch ihm einen Gefallen.

Vielleicht gibt es auch eine Selbsthilfegruppe für Angehörige/Partner von psychisch Kranken in deiner Umgebung? Da könntest du dich mit anderen austauschen, die in einer ähnlichen Situation sind wie du.

Alles Gute!
When hope is not pinned wriggling onto a shiny image or expectation, it sometimes floats forth and opens.
― Anne Lamott

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candle.
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Beitrag Mi., 16.02.2022, 22:46

Hallo,

ich würde auch so verfahren, dass du dir selber Hilfe holst wie Piano das auch schrieb. Depression ist eben eine schwere Erkrankung.
Erika123 hat geschrieben: Mi., 16.02.2022, 20:59 Mit Verlangen meine ich z.B. das er auch meine Grenzen akzeptiert.
Was meinst du denn für Grenzen? Verlangen würde ich das nicht, sondern entsprechend handeln, dass er gar nicht erst eine "Grenze" übertreten kann. Aber wie gesagt ist es schwierig was zu schreiben, wenn ich gar nicht so recht weiß was du meinst. Aber es ist nicht leicht mit einem kranken Partner!

LG candle
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Philosophia
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Beitrag Do., 17.02.2022, 08:25

Aber warum soll sie selbst ne Therapie machen? Sie ist ja nicht die Kranke. Ich finde, Therapie sollte wirklich nur der/die machen, wer auch ne Krankheit hat. Sonst kommt man vielleicht in son Therapiekreislauf rein, wo man gar nicht reinmuss und alles wird pathologisiert. Erika123 hat einen depressiven Freund. Ich finds normal, die Situation blöd zu finden und dass es schwerfällt, das anzusehen, und dass es Sorgen macht, was die eigenen Träume angeht. Es gilt jetzt, sich abzugrenzen. Wenn Erika123 nicht von ihm loskommt, dann könnte man immer noch über ne Therapie nachdenken - aber so noch nicht. Meine Meinung.
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer


Waldschratin
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Beitrag Do., 17.02.2022, 08:46

Hallo Erika,
mein bissl "Senf" dazu:
Wie würdest du dich denn fühlen und damit umgehen, wenn dein Partner z.B. sowas wie MS hätte?
Da weiß man auch nicht, wie und ob das einschränkend verläuft, wann es Schübe gibt, wo es mal drauf hinausläuft etc.

Wäre das "anders" als jetzt bei den Depressionen?

Du setzt deine Hoffnung in Therapie und Medikamente etc., die er macht.
Aber auch wenn er aktiv dran teilnimmt, sich bemüht und engagiert, mit seinen Depressionen umzugehen, kann es sein (und ich halte es bei dem, was du da beschreibst eher für sehr wahrscheinlich), dass er die nie wieder "richtig" los wird.
Sich sein Leben lang damit auseinandersetzen und damit umgehen muss.
Und es mindestens immer wieder stark depressive Phasen geben wird, von denen du als Partnerin dann ja unweigerlich mitbetroffen sein würdest.

Jetzt ist die Frage : Bist du bereit, das mitzutragen?

Ich finde es nämlich auch mehr als legitim, dass du sehr gut und genau auf dein eigenes Leben schaust und das, was du selber willst und ob du es mit genau diesem Partner umsetzen willst oder nicht.

Dir selber Unterstützung, Rat, Austausch etc. zu holen, find ich auch gut.
Sei es für die Fortsetzung der Beziehung, sei es aber auch für eine eventuelle Trennung.

Denn wenn er seine Depressionen tatsächlich als "Grund und Erklärung für alles" in seinem Leben hernimmt, wird er dir bei einer Trennung auch entsprechend begegnen.
Und damit klarkommen, ohne in eigenen Schuldgefühlen zu versinken, ist schwer.

Ich wünsch dir viel Kraft, egal für welchen Weg du dich entscheidest!

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candle.
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Beitrag Do., 17.02.2022, 09:08

Danke Waldschratin! Ich finde es wirklich dringend notwendig, dass psychische Erkrankungen wie jede anderen schweren Erkrankungen gesehen werden!

LG candle
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Philosophia
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anderes/other, 39
Beiträge: 4614

Beitrag Do., 17.02.2022, 09:11

Ja - aber wie bei jeder schweren Erkrankung gibt es verschiedene Möglichkeiten damit einen Umgang zu finden
"Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen." - Albert Schweitzer

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