Paartherapie / Paarberatung / Beziehungscoaching / Eheberatung in Wien bei R.L.Fellner (Bild: Karolina Kolacz @Unsplash)

Sexualstörungen und Sexualberatung / Sexualtherapie

Grundlagen-Informationen und solche zu meiner Praxis

Inhalt: EinführungWahrnehmung und Diagnose "sexueller ProblemeDie häufigsten BeschwerdenUrsachen für sexuelle ProblemeAblauf einer SexualtherapieKostenNachwort

"Den Körper lustvoll zu erleben stärkt das Selbstbewusstsein und erhöht die Lebensqualität.
Niemand soll davon ausgeschlossen sein." (Quelle: Alphanova.at)

Sexualstörungen sind nach heutiger wissenschaftlicher Auffassung Ausprägungen des Sexualverhaltens bzw. des sexuellen Erlebens, die durch die Betroffenen selbst als "Störung" empfunden werden. Es kann vorkommen, dass eine derartige Störung von Betroffenen gar nicht als solche erkannt wird, da sie sich der möglichen Qualität sexueller Entfaltung gar nicht bewusst sind (also ihr verhältnismäßig eingeschränktes sexuelles Erleben als "normal" empfinden). Die große Bandbreite dessen, was grundsätzlich als "normal" titulierbar ist, führt ferner dazu, dass selbst fundamentale Zustände wie Partnerlosigkeit sowohl als Leidenszustand (wenn ungewollt) als auch als neutral oder sogar positiv (z.B. wenn "freiwillig" gewählt) empfunden werden können. Wenn der Betroffene seine sexuellen Neigungen bzw. das daraus resultierende Verhalten nicht als Störung empfindet, aber Partner bzw. Gesellschaft diese Vorlieben anders bewerten, so kann dieser Konflikt dennoch als Störung wahrgenommen werden. Insgesamt also ist es schwierig, die Randbereiche sexueller Störungen allgemeingültig und wissenschaftlich exakt zu definieren.

Häufige Ursachen für diagnostizierbare sexuelle Störungen sind frühkindliche Störungen, verletzende Erfahrungen im Lebensverlauf, Beziehungsprobleme in der Partnerschaft, körperliche Probleme oder innerpsychische Konflikte im Spannungsfeld zwischen Ansprüchen, Wünschen und realen Möglichkeiten.

Wahrnehmung und Diagnose "sexueller Probleme"

Bei allen Schwierigkeiten, sexuelle "Störungen" als solche zu erfassen: wirklich zufrieden mit ihrem sexuellen Leben sind nur wenige Menschen, und die Zahl der Unzufriedenen oder Enttäuschten nimmt tendenziell zu. Menschen, die längere Zeit hindurch keine oder nur defizitäre Sexualkontakte haben, empfinden i.a. weniger Lebensqualität, häufig geht sexuelle Unzufriedenheit auch mit Depressionen oder anderen psychischen Belastungen einher. Letztlich liegt es aber in den meisten Fällen an den Betroffenen, ob sie sich professionelle Unterstützung für ihre sexuellen Probleme suchen oder nicht. Da diese Probleme immer noch als "peinlich" empfunden werden, passiert dies jedoch verhältnismäßig selten: die überwiegende Mehrheit der Betroffenen leidet folglich jahrelang, ohne dass eine nachhaltige Veränderung erreichbar wäre.

Jene, die aber eine Sexualtherapie bei professionell arbeitenden SexualtherapeutInnen in Anspruch nehmen, erfahren zunächst eine diagnostische Abklärung der jeweiligen Beschwerden. Bleibt es lediglich beim Abfragen der Erscheinungsform(en), wie es mitunter bei nicht oder unzureichend ausgebildeten Sexualtherapeuten vorkommt, greift dies häufig zu kurz - und kann folglich zu ausbleibendem Therapieerfolg führen, da die eigentlichen Ursachen ggf. weitgehend unberührt bleiben. Häufig zeigt sich dies, wenn aufgrund einer rein psychischen Ursachensuche (=häufig bei BeraterInnen, PsychologInnen oder PsychotherapeutInnen) allzu schnell irgendwelche "Tipps" oder trickreich wirkende "Aufgaben" gegeben werden, oder (=häufig bei ÄrztInnen oder HeilpraktikerInnen) sofort Tabletten oder andere Substanzen verordnet werden.

Eine sexualtherapeutische Diagnose besteht aus

  • Sexualanamnese (Geschichte und Erfahrungen der eigenen sexuellen Entwicklung)
  • Familienanamnese (Beziehung zu Vater und Mutter und zu Geschwistern, Beziehung der Eltern, Vorbilder, Werte und Normen, Umgang mit Angst und Schuld, prägende Erlebnisse)
  • Fragen nach der aktuellen Beziehung (Kennenlernen, weiterer Verlauf, aktueller Stand)
  • Fragen nach dem aktuellen Sexualleben (Lust, Erregung, Kontakt, Orgasmus)

 

Sexualtherapie / Sexualberatung

Sexuelle Probleme in der Partnerschaft (Bild: sasint @Pixabay)Es ist ganz normal, die Freude am Sex zu verlieren, wenn sich im Bett zunehmend Frust statt Lust breitmacht. Eine Sexualberatung hilft dabei, den psychischen Ursachen auf den Grund zu gehen und diese nach Möglichkeit zu beseitigen. Aufgrund der starken Wechselwirkungen zwischen unserer Sexualität und der Psyche können Sexualtherapie und Psychotherapie häufig sogar bei rein organischen Beschwerden im Sexualbereich eine Verbesserung der Symptomatik erreichen.

Sexuelle Probleme sind in einem typischen Lebensverlauf keineswegs etwas Außergewöhnliches: statistische Erhebungen deuten darauf hin, dass jeder Mensch im Verlauf seines Lebens zumindest 1x Schwierigkeiten sexueller Art haben dürfte! Um aber nicht womöglich jahrelang oder das ganze Leben lang darauf warten zu müssen, dass3 das Problem "wie von selbst" verschwindet, ist es ratsam, es nach einigen Wochen ohne deutliche Verbesserung ernst zu nehmen und sich ggf. Unterstützung durch einen Sexualtherapeuten zu holen.

Die häufigsten Beschwerden

  • sexuelle Lustlosigkeit (Appetenzstörung, Libidoverlust) - das Verlangen nach Sex wurde immer geringer oder ist gar nicht mehr vorhanden (Frauen, Männer)
  • sexuelle Hemmungen / Blockaden ('Sexual Shyness') - es bestehen Hemmungen oder Blockaden gegenüber dem eigenen oder dem anderen Körper, sexuelle Aktivitäten können aufgrund der Unsicherheiten nicht genossen werden (Frauen, Männer)
  • sexuelle Abneigung (sexuelle Aversion) - der Gedanke an Sex wird als unangenehm und abstoßend erlebt, "keine Lust auf Sex".. (Frauen, Männer)
  • ausbleibender Orgasmus (Anorgasmie) oder Schwierigkeiten, einen Orgasmus zu erreichen (Frauen, Männer)
  • Orgasmus oder Samenerguss mit ausbleibender Befriedigung (Frauen, Männer)
  • sexuelle Wünsche oder auch Probleme, die in der Partnerschaft nicht angesprochen werden können (Frauen, Männer)
  • Fetischismus oder ausgeprägte andere sexuelle Vorlieben, die nur schwierig ins Leben integriert werden können (Frauen, Männer) [Liste]
  • plötzlicher Erregungsabbruch (Frauen, Männer)
  • chronische Erektionsstörungen (Fachbegriff: erektile Dysfunktion, auch bekannt als Impotenz): der Penis wird nicht mehr (ausreichend) steif (Männer)
  • ausbleibende sexuelle Erregung und Lubrikationsstörungen (kein Feuchtwerden der Scheide) (Frauen)
  • vorzeitiger Samenerguss (Ejaculatio praecox) - tritt schon vor dem Einführen in die Scheide oder kurz danach ein (Männer)
  • ausbleibender Samenerguss (Anejakulation) - trotz Erektion und intensiver Stimulation wird kein Samenerguss erreicht (Männer)
  • Vaginismus (ugs.: Scheidenkrampf) - aufgrund einer krampfartigen Verengung der Scheidenmuskulatur ist das Einführen des Penis nicht oder nur unter Schmerzen möglich (Frauen)
  • Pelvipathie (ugs.: chron. Unterleibsschmerzen) - "versteckte" Sexualstörung: Schmerzen (verschiedene Ursachen möglich) lassen den Gedanken an Geschlechtsverkehr erst gar nicht aufkommen (Frauen)
  • Schmerzen beim Geschlechtsverkehr (Dyspareunie) - (Frauen, Männer)
  • Postkoitale Störungen (nachorgastische Reaktion) - Depression, Gereiztheit, innere Unruhe, Wein- oder Lachanfälle, Kopfschmerzen u.a. nach dem Sex (Frauen, Männer)

  • sonstige, die Sexualität betreffende Störungen (Störungen der Sexualpräferenz bzw. Paraphilien bzw. sexuelle Deviationen gemäß internationalem Diagnoseschema ICD-10) sind z.B.

    • Störungen der Geschlechtsidentität (ein Mann will eine Frau sein und umgekehrt), wenn sie vom Betroffenen als Störung oder die Lebensqualität einschränkend erlebt wird (mehr dazu siehe "sexuelle Variationen")
    • störende Andersartigkeit (siehe auch ff.)
    • sexuelle Straftaten (alle Formen von Missbrauch, Belästigung, Nötigung,.. - siehe auch ff.)
    • Automasochismus (Männer, Frauen, u.U. strafbar)
    • BDSM / 'Sadomasochismus' (Männer, Frauen)
    • Erotophonie (meist Männer, u.U. strafbar)
    • Exhibitionismus (meist Männer, u.U. strafbar)
    • Frotteurismus (meist Männer, u.U. strafbar)
    • Gerontophilie (Männer, Frauen)
    • Kleptomanie mit sexueller Komponente (meist Frauen, u.U. strafbar)
    • Koprophilie, Koprophagie (Männer, Frauen, u.U. strafbar)
    • Nekrophilie (Männer, Frauen, u.U. strafbar)
    • Pädophilie (Männer, Frauen, u.U. strafbar)
    • Sodomie (auch: Zoophilie, sodomistischer Sadismus) (Männer, Frauen, u.U. strafbar)
    • Transfetischismus bzw. Transvestitismus (Männer)
    • Urolagnie (Männer, Frauen)
    • Voyeurismus (meist Männer, u.U. strafbar)


    Entscheidend für die Beurteilung aller unter "sonstige" angeführten Erscheinungsformen ist die Schwere des Verhaltens, etwaiges eigenes Leiden daran, ob bereits abhängiges Verhalten vorliegt (= ohne das entsprechende Sexualverhalten kann keine ausreichende Erregung aufgebaut und/oder kein Orgasmus erreicht werden), sowie ob es womöglich zu Straftaten führen könnte oder wiederholt zu anderweitigen Problemen im sozialen Umfeld führt.
    Nach dem sog. "Kriterium A" des amerikanischen Klassifikationsschemas DSM-IV sind Paraphilien über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten wiederkehrende intensive sexuell erregende Phantasien, sexuell dranghafte Bedürfnisse oder Verhaltensweisen, die sich beziehen können
    1. auf nichtmenschliche Objekte (z.B. Fetischismus, Sodomie),
    2. auf Leiden oder Demütigung, Schmerz oder Erniedrigung seines Partners oder seiner selbst (Masochismus, Sadismus),
    3. auf Kinder (Pädophilie) oder nicht einwilligende oder nicht einwilligungsfähige Personen.
    Als ergänzende Abwechslung und mit einer gemeinsamen Haltung von Neugier können manche Formen sexueller Deviationen eine Beziehung aber auch durchaus bereichern und mit dem richtigen Partner sogar einen Schwerpunkt in der sexuellen Beziehung bilden. Andererseits entwickeln zahlreiche Menschen bei zunehmender Ausprägung sexueller Deviationen häufig ein geradezu zwanghaftes Verhalten, was deren Ausübung und Verwirklichungsbedürfnisse betrifft - so mag in einer aufgeklärten Gesellschaft eine Paraphilie zwar sozial akzeptabel sein, die Betroffenen aber dennoch eine nur schwerlich als 'gesund' (im Sinne des Gesundheitsbegriffes der WHO1) zu bezeichende Einengung ihres sexuellen Spektrums aufweisen. Dies gilt speziell dann, wenn diese 'Spiel'art beginnt, das Sexualverhalten zu dominieren oder nur mehr bei ihrer Ausübung ein körperlicher Erregungszustand erreichbar ist.
    = unter bestimmten oder allen Umständen strafbare oder gesundheitsschädigende Paraphilien

Keine Sexualstörungen im eigentlichen Sinne, aber mitunter damit verbunden:

  • Hypersexualität / "Sexsucht" (bzw. Sex-Sucht)
  • Porno-Sucht
  • Bordell-Sucht / Prostituierten-Sucht / Bordellsucht
  • Schwierigkeiten, eine(n) PartnerIn zu finden oder langjährige Partnerlosigkeit
  • psychische Störungen mit Querwirkung auf sexuelles Erleben oder Sexualverhalten
  • Störungen der Zeugungsfähigkeit bzw. Fruchtbarkeit oder gänzliche Unfruchtbarkeit. Insbesondere langjähriger, erfolgloser Kinderwunsch kann eine enorme Belastung für ein Paar darstellen - Sexualtherapie oder Paartherapie kann hier bereits eine wichtige entlastende Funktion haben, zusätzlich zu einer Unterstützung hinsichtlich der Ausschaltung etwaiger Ursachen.

Weitere sexuelle Variationen:

Homosexualität (erotische Liebe und der sexuelle Kontakt durch Personen des gleichen Geschlechts, vorwiegend verwendet für Männer) bzw. Lesbiertum (Frauen) unterliegt bis heute gesellschaftlichen (d.h. "moralischen") Wertungen, wird in Fachkreisen aber nicht mehr als krankhaftes Verhalten bezeichnet und ist daher auch in den modernen Klassifikationssystemen psychischer Krankheiten nicht mehr enthalten.
Transgender (fehlende Akzeptanz des eigenen Geschlechts, dagegen vollständige Identifikation mit dem anderen), auch bezeichnet als Transsexualismus oder Transsexualität, gilt gemäß dem ICD-10, der Internationalen Klassifizierung von Krankheiten der WHO, als eine Form der Geschlechtsidentitätsstörung. Das Verständnis von Transgendern als Menschen mit einer von der Norm abweichenden sexuellen Präferenz gilt heute als unexakt und wird von den betroffenen Menschen abgelehnt.
Das "Image" beider sexueller Variationen unterlief während der letzten Jahrzehnte eine bedeutende Wandlung, Homosexualität ist heute vor allem in der westlichen Welt weitgehend akzeptiert. Dennoch - beide bedeuten für die betreffenden Menschen meist eine erhebliche psychische Belastung während der Phase des 'coming outs' (zunächst des Sich-selbst-bewußt-Werdens, dann des Sich-Erklärens), was eine psychotherapeutische Begleitung fast immer zu einer wichtigen Unterstützung macht. Bei geplanter operativer Geschlechtsumwandlung von Transgendern ist diese auch gesetzlich vorgeschrieben.
Die Ursachen beider Ausprägungen sind bis heute noch nicht eindeutig abgrenzbar - weder existieren triftige psychokausale Erklärungsmodelle, noch ein Nachweis biologischer bzw. genetischer Ursachenfaktoren.

 

Ursachen für sexuelle Probleme

Körperliche Ursachen

Impotenz Erektionsstörungen (Bild: Nik Shuliahin @UnsplashMänner erleben üblicherweise ab dem Alter von etwa 30 Jahren ein Abfallen der Intensität ihrer sexuellen Bedürfnisse, spätestens ab 50 Jahren auch ihrer sexuellen Leistungsfähigkeit. Dies sind ganz normale körperliche Prozesse, die durch verschiedenste Faktoren (Umwelt, Psyche, Gene, körperl.Defekte,..) verursacht aber auch schon wesentlich früher auftreten können. Aufgrund der möglichen organischen Ursachen ist eine ärztliche Abklärung beim Urologen bzw. Andrologen daher fast in allen Fällen als erster Schritt anzuraten. Lässt sich auf diesem Weg keine Erklärung für die Beschwerden finden, wäre baldmöglichst eine Sexualtherapie indiziert.
Auch bei rein physiologischen Ursachen aber kann eine Sexualtherapie unterstützen und häufig sogar die Symptomatik lindern, da die psychischen Auswirkungen des Problems dieses häufig zusätzlich verstärken.

Bei Frauen finden sich verhältnismäßig selten körperliche Ursachen für Sexualstörungen - abgesehen von Schmerzen beim Sex oder sonstigen unübersehbar organischen Symptomen ist fast immer eine Sexualtherapie bzw. Psychotherapie indiziert.

Psychische Ursachen

Experten sind sich heute einig, dass bei den meisten sexuellen Störungen zwar organische Auffälligkeiten ausgemacht werden können, für diese aber in der überwiegenden Anzahl der Fälle psychische Ursachen zumindest mitverantwortlich sind. Und diese Ursachen sind vielgestaltig: häufig äußern sie sich in Leistungsdruck oder dem Gefühl, bestimmten Erwartungshaltungen oder Normen entsprechen zu müssen - viele Menschen haben verlernt, auf ihre eigenen Bedürfnisse zu hören oder nehmen diese nicht ernst genug. Besonders Männer haben häufig ein geradezu peinigendes Bedürfnis, dass im Bett alles "funktioniert": so greifen immer mehr von ihnen selbst schon in einem Alter von unter 45 Jahren wiederholt zu erektionsfördernden Arzneimitteln wie Viagra oder Cialis, wodurch sich häufig nach einigen Jahren des Arzneimittelgebrauchs auch noch eine zumindest psychologische Abhängigkeit von der Einnahme entwickelt.
Bei Frauen wiederum sind es häufig Schwierigkeiten rund um allgemeine sexuelle Lustlosigkeit oder sexuelle Höhepunkte zu erreichen, unter denen sie mitunter sogar Jahrzehnte leiden - weil sie das Problem lange nicht wichtig genug nehmen oder aus Hemmung, sich diesbezüglich selbst professionellen Beratern zu öffnen.

Probleme auf Paarebene als Ursache

Wenn Konflikte in der Partnerschaft existieren, bleibt das früher oder später nicht ohne Auswirkung auf das Sexualleben des Paares. Es müssen aber gar keine akuten Konflikte vorliegen - auch ungelöste Probleme, unterschiedliche Auffassungen über die gemeinsame Sexualität (Frequenz, Spielarten, Bedürfnisse) können zu sexuellen Problemen bei einem oder beiden Partnern führen, oder wenn über Sexualität nicht oder nur begrenzt gesprochen werden kann. Hier können gemeinsame Sexualtherapie - Stunden bzw. Paartherapie - Stunden gewissermaßen ein "Forum" dafür darstellen, dass unter professioneller Begleitung und Moderation die schwierigen Themen besprochen und gelöst werden können.

 

Ablauf einer Sexualtherapie

Inhalt und Ablauf einer professionellen Sexualtherapie werden sich immer nach der vorgenommenen Diagnose richten und nur selten in der reinen "Verschreibung" psychologisch ansetzender "Tipps" oder von Arzneimitteln bestehen.
Liegen psychische Ursachen für die sexuellen Störungen nahe (etwa bei frühkindlichen Störungen und Belastungen, Neurosen, psychischer Begleitsymptomatik etc.), ist ein ausschließlich psychotherapeutischer Ansatz der erfolgversprechendste, wobei eine parallele Behandlung der funktionalen sexuellen Störungen sinnvoll ist. Die angewandte Methode ist dabei von zweitrangiger Bedeutung, wichtig ist vor allem die Wahl des "passenden" Therapeuten. Beim Vorliegen von Traumata ist es zusätzlich wichtig, sich TherapeutInnen zu suchen, die über Erfahrung in Traumatherapie verfügen.
Allgemein wird eine integrative Kombination von angeleiteten verhaltensorientierten (erotische Massage, Verwöhn- und Wunsch-Tage, Phantasien kommunizieren und umsetzen, erotische Filme, Rollenspiele, ungewöhnliche Orte etc. etc.), systemischen (insbesondere bei paralleler Beziehungssymptomatik bzw. Paarkonflikten) und kommunikativen (Gesprächstraining, Kommunikationsübungen, u/o Besuch einschlägiger Seminare) Ansätzen als besonders wirkungsvoll betrachtet. Der Sexualtherapeut oder die Sexualtherapeutin empfehlen die jeweiligen Schwerpunkte aufgrund ihrer Erfahrung und auf Basis der vorgenommenen Diagnose, unterstützen das Paar bei der Überwindung der meist unvermeidlichen Schwierigkeiten am Beginn und bieten einen geschützten Rahmen für den Austausch und die Reflexion des Erlebten. Die meisten Menschen (ob einzeln oder als Paar) empfinden eine Sexualtherapie, sind die von vielen zunächst als "unangenehm" empfundenen ersten Hürden, sich mit den Problemen an jemand Außenstehenden zu wenden, erst einmal überwunden, als spannenden und interessanten, nicht nur das Beziehungsleben, sondern auch das eigene Erleben erweiternden Prozess!

Ansätze abseits integrativer Verfahren

In der Urologie werden Sexualstörungen meist als "Funktionsstörung" betrachtet. Urologen sind spezialisiert auf chirurgische, medikamentöse und Hormon-Behandlung (beispielsweise Prostata-Operation, Sildenafilbehandlung ("Viagra"), Testosteronbehandlung). Sexualtherapie im hier beschriebenen Sinne gehört nur selten zum Angebot des Urologen.

Für Klienten ohne Partner oder ohne Sexualpartner arbeiten einzelne Sexualtherapeuten mit Prostituierten mit therapeutischer Kompetenz als Ersatzpartner zusammen. Insbesondere beim Vorliegen sexueller Störungen oder aufgrund von Schüchternheit bzw. durch soziale Ängste mitbedingte Partnerlosigkeit stellt das bloße Aufsuchen von Prostituierten (wie es häufig von gut-meinenden Freunden oder auf manchen Internetseiten empfohlen wird) aber erfahrungsgemäß nur in den seltensten Fällen eine Lösung dar, oder kann die zugrundeliegende Problematik sogar noch verstärken - etwa, wenn dadurch der sexuelle Druck oder der Wunsch nach einer(m) "wirklichen" PartnerIn noch erhöht wird oder zusätzliche Frustrationserlebnisse gesammelt werden. Frauen fällt es i.d.R. leichter, SexualpartnerInnen zu finden - dies allein aber löst, langfristig gesehen, jedoch auch ihre Probleme nicht, wirklich befriedigende und sexuell erfüllende Beziehungen aufzubauen. Somit erweist es sich längerfristig meist als sinnvoller, zumindest parallel das Problem auf Beziehungsebene (z.B. "warum finde ich keine Freundin, keinen Freund?") zu bearbeiten.

Abschließend sei der Vollständigkeit halber angemerkt, dass jegliche Formen von sexuellem Kontakt zwischen Psychologen, PsychotherapeutInnen und (professionell ausgebildeten und nach wissenschaftlichen Standards arbeitenden) SexualtherapeutInnen und deren KlientInnen von allen etablierten Standesorganisationen als Missbrauch verurteilt werden und in vielen Ländern strafbar sind2. Körperlichkeit kann in der Psychotherapie in bestimmten Bereichen eine sehr hilfreiche Ergänzung oder Methodik darstellen (körperorientierte Ansätze in der Psychotherapie wie z.B. Bioenergetik oder Holotropes Atmen), nicht aber solche sexueller Natur.

 

Abschließende Betrachtungen

Zufriedenstellendes SexuallebenSexuelle Störungen oder sexuelle Probleme in der Partnerschaft sind nicht lebensbedrohlich - prinzipiell könnte man mit ihnen das ganze Leben verbringen. Allerdings beeinträchtigen sie die Lebensqualität zumindest in bestimmten Lebensphasen erheblich. Betroffene erzählen von sich, dass sie sich enorm anstrengen und mitunter schon viel über ihr Problem gelesen haben, mit nur geringem oder kurzfristigem Erfolg. Häufig entsteht der Eindruck, als wollten sie sich gleich der Sage von Münchhausen am "eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen". Ganz besonders häufig ist dies bei Männern der Fall, da es dem klassischen Männerbild entspricht, seine Probleme allein zu lösen.

Auch eine Sexualtherapie ist häufig ein komplexer Prozess, der nicht immer gleich im Zuge der ersten Stunden Erfolg verspricht - zu lange schon tragen Klienten häufig das Problem mit sich herum, und zu tief sind die Problemursachen im Organismus 'verdrahtet'. Lassen sich die Betroffenen aber ernsthaft auf eine Sexualtherapie ein und halten sie diese einige Stunden lang durch, wird sich häufig nach etwa 3-5 Stunden eine Verbesserung einstellen.

1 "Gesundheit ist ein Zustand vollkommenen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht die bloße Abwesenheit von Krankheit oder Gebrechen." (offizielle Definition von Gesundheit gemäß der Verfassung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vom 22. Juli 1946)
2 Österreich: § 212 Abs. 2 StGB, Schweiz: Art. 193 Abs. 1 StGB, Deutschland: § 174 c StGB

Anhang: weitere Literatur zum Thema, mit Leserrezensionen:

Richard L. Fellner, MSc., 1010 Wien

Richard L. Fellner, MSc., DSP

R.L.Fellner ist Psychotherapeut, Hypnotherapeut, Sexualtherapeut und Paartherapeut in Wien.

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