Lebensperspektiven

Thomas liegt mit einem Oberschenkelhalsbruch im Spital, ist aber glücklich. Sein bester Freund lebt bei warmen Temperaturen in den Tropen und braucht nicht mehr zu arbeiten – ist aber ständig griesgrämig …

Brigitte wird von mehreren guten Freunden empfohlen, sich doch therapeutische Hilfe zu suchen – sie selbst sagt aber: “so schlimm ist es nun auch wieder nicht!”. Ihre Nachbarin dagegen nimmt sich Coaching- oder Beratungsstunden, wann immer sie das Gefühl hat, eigentlich mehr aus ihrer Situation machen zu wollen, aber nicht weiterzukommen …

Jeder von uns verfügt über unterschiedliche Toleranzgrenzen, Kompensationsfähigkeiten und Erwartungen an das Leben. Die einen scheinen mit einer “Elefantenhaut” ausgestattet zu sein und beinahe unbeschränkt viel “einstecken” zu können. Dieser Eindruck kann allerdings auch entstehen, wenn die betreffende Person einfach weniger Erwartungen an das Leben hat: treten dann Probleme oder Beziehungskonflikte auf, kann sie das kaum aus dem Gleichgewicht bringen, denn sie erwarten ja auch gar nichts Besseres!

Andere Menschen wiederum sind dünnhäutiger, empfindsamer und leiden bereits unter relativ geringen Belastungen, Konflikten oder Hürden in ihrem Leben. Vielleicht haben sie aber einfach auch höhere Ansprüche an ihr Lebensglück und möchten sich nicht einfach mit jeder Schwierigkeit nur abfinden und dann so weiter tun, als wäre nichts gewesen.

Aus psychologischer Sicht handelt es sich bei diesen Zugängen zu unserem Leben um frühe Prägungen: wuchs ein Kind unter schwierigsten Bedingungen auf, dann wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit auch von seinem restlichen Leben nicht viel erwarten und geübt darin sein, auftretende Probleme eher zu verdrängen statt sich ihnen zu stellen. Kinder, die in einem stabilen und förderlichen elterlichen Klima aufwuchsen, werden dagegen ihr späteres Leben an diesen Erfahrungen messen und bereit sein, an einer Verbesserung ihrer Situation zu arbeiten – weil sie erfahren haben, dass ein besseres Lebensgefühl tatsächlich möglich ist!

Und wie würden Sie selbst sich einschätzen? Sind Sie eher “dünnhäutig” oder “dickhäutig”? Haben Sie hohe Ansprüche an Ihr Leben und darüber, wie Sie es nützen möchten – oder sind Sie schon zufrieden, wenn Sie ohne allzu große Schrammen durch den Tag kommen? Und last not least: möchten Sie an diesem Zustand etwas ändern – oder passt es so?

(Dieser Kurzartikel ist Teil einer wöchentlichen Serie, die sich mit psychischen Problemen von Expats und generellen Themen psychischer Gesundheit befaßt und in verschiedenen Medien Thailands veröffentlicht wird, 2011; Image src:myfivesenseworth.blogpress.com)

Richard L. Fellner, DSP, MSc.

Psychotherapeut, Hypnotherapeut, Sexualtherapeut, Paartherapeut



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11.11.22