Auswanderer-Kinder in Asien

Es kann ganz schön hart sein, ein Kind oder Teenager in Asien zu sein! Auf den ersten Blick könnte man sich ja fragen, ob überhaupt eine bessere Umgebung denkbar wäre, um natürlich und unbeschwert aufzuwachsen. Doch tatsächlich beobachten viele ausgewanderte Eltern an ihren Kindern Anzeichen von etwas, das man bemüht zurückhaltend “Anpassungsprobleme” nennen könnte. Aber warum ist das so?

Die schwierigste Herausforderung für die Kinder von Auswanderern nach Asien ist es, ihre Freunde und ihr gewohntes Umfeld zurücklassen zu müssen und in ein fremdes Land “transferiert” zu werden, das sich zunächst einmal ungewohnt, ja feindlich anfühlen kann. Sie verstehen die Landessprache nicht, fühlen sich unwohl, da die Menschen anders als gewohnt aussehen, ja sogar das ungewohnte Klima und Essen kann sie belasten. Häufig sind es tatsächlich gerade die “kleinen” Dinge: Faktoren, die uns Erwachsenen gar nicht auffallen, die es Kindern und Jugendlichen schwer machen, sich zurechtzufinden.

Jüngere Kinder tun sich mit den Veränderungen noch am leichtesten – es fällt ihnen leichter, eine neue Sprache zu erlerenen und sie erhalten in den meisten Regionen Asiens viel positive Zuwendung und Neugier, fühlen sich also insgesamt “willkommener”. Ab etwa 7 Lebensjahren aber kämpfen Teens eher mit der Veränderung, die ihnen ihre Eltern “angetan” haben, wobei ihnen diese Abwehrhaltung die Anpassung noch weiter erschwert.
Denn kulturelle Unterschiede werden von bereits etwas älteren Kindern oder Teenagern besonders stark empfunden. Wenn wir uns versuchen vorzustellen, dass eine der größten Herausforderungen für Kinder in der Entwicklung von Selbstvertrauen nicht nur bezogen auf sich selbst, sondern auch auf ihren Umgang mit anderen liegt, mag es uns leichter fallen zu verstehen, warum es für Kinder regelrecht einer traumatischen Erfahrung ähneln kann, wenn sie aus ihrem vertrauten Umfeld gerissen werden und lernen müssen, mit zum Teil höchst unterschiedlichen ‘sozialen Regeln’ umzugehen und Kontakte mit Menschen herzustellen, die sie weder sprachlich, noch von ihrem gelegentlichen Verhalten her verstehen.

Kinder und Jugendliche, die mit solchen Irritationen und Herausforderungen konfrontiert sind, reagieren häufig mit Protest oder gar Aggression, mit Rückzug, schulischem Rückfall oder sie entwickeln psychosomatische Störungen. Da die Eltern als Verantwortliche für all diese Veränderungen wahrgenommen werden, ist es in der Regel weise, die Krise nicht unter allen Umständen alleine bewältigen zu wollen, sondern einen Freund/eine Freundin von daheim oder einen Berater vor Ort zu involvieren, der beim erforderlichen Anpassungsprozess unterstützt. Dies kann ein bißchen Zeit benötigen, doch üblicherweise ist es auf diese Weise selbst den “schwierigsten” Jugendlichen möglich, sich Schritt für Schritt zu öffnen und wieder zu einer konstruktiveren Einstellung ihrer neuen Lebenssituation gegenüber zu finden.

In einem Folgeartikel werde ich mich mit den Herausforderungen befassen, mit denen bereits in Asien geborene Expat-Kinder konfrontiert sind.

(Dieser Kurzartikel ist Teil einer wöchentlichen Serie, die sich mit psychischen Problemen von Expats und generellen Themen psychischer Gesundheit befaßt und in verschiedenen Medien Thailands veröffentlicht wird, 2011; Image:Janine Wiedel Photolibrary / Alamy)

Richard L. Fellner, DSP, MSc.

Psychotherapeut, Hypnotherapeut, Sexualtherapeut, Paartherapeut



1 Antwort

Petra Reply

Dem Text kann ich nur zustimmen. Vor allem ältere Kinder haben mit dem Auswandern ein großes Problem. Jüngere Kinder bringen zumindest noch eine gewisse Neugier für das Zielland mit. Ja, wenn dann auch noch die Kulturunterschiede so groß sind, ist das Auswandern noch schwieriger.

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11.11.22